09.25 Uhr Zulu-Zeit
George Clooneys Boeing
Irgendwo über dem Atlantik
Der Schauspieler und Mac waren schon in aller herrgottsfrühe losgeflogen, musste er sich doch am 02. Januar zur Grundausbildung in Quantico melden. George schlief noch in dem bequemen Bett der Boeing, Mac neben ihm in seinem Arm haltend. Doch im Gegensatz zu ihm war sie bereits wach, sie wollte unbedingt noch Harm anrufen denn um Mitternacht Washingtoner Zeit war sie nicht zu ihm durchgekommen. >Warscheinlich war er mit Mattie unterwegs und die beiden haben irgendwo schön gefeiert gehabt.<, dachte sie als ein anderer Gedanke Macs Stimmung plötzlich in den Keller zog.
>Oder Julia war bei ihm und die beiden waren viel zu beschäftigt miteinander.< Ihr Herz begann augenblicklich schneller zu schlagen und ihr Magen krampfte sich zusammen. Einmal mehr sah sie seine zärtlichen Berührungen vor ihrem inneren Auge, seine leidenschaftlichen Küsse und die leisen Worte, die er ihr ins Ohr geflüstert hatte. Mac war machtlos, sie hatte das Gefühl je mehr sie versuchte diese Bilder zu verdrängen, desto öfter kamen sie zurück, ergriffen von ihren Gedanken und Gefühlen Besitz und brachten sie dazu, ihre Selbstkontrolle zu verlieren.
Energisch atmete sie ein paar mal tief durch, löste sich aus Georges Armen und stand auf um das kleine Schlafzimmer zu verlassen und sich auf die Couch zu setzen. Eine Weile starrte sie aus dem kleinen Flugzeugfenster auf die vorbeiziehenden Wolkenformationen bevor sie nach ihrem Handy griff und Harms Nummer wählte. >Bitte geh ran, bitte bitte bitte.<, flehte sie innerlich während sie wartete dass Harm abnahm. Es dauerte ewig und Mac wollte schon auflegen, als sich doch noch eine völlig verschlafene Stimme am anderen Ende meldete.
„Rabb?“, brummte Harm im Halbschlaf hervor, er war es mittlerweile gewohnt dass ihn irgendwann mitten in der Nacht jemand aus dem Bett klingelte. Seit er zum stellvertretenden J.A.G. der Navy befördert worden war und Admiral Chegwidden Urlaub hatte, schien es dem SecNav regelrecht Spass zu machen ihn aus dem Schlaf zu klingeln. „Hallo Harm.“, begrüßte ihn Mac mit leiser Stimme, sie hatte eigentlich darauf spekuliert dass er noch wach sein würde. Schließlich war es Silvester und so wie sie Mattie kannte, war die bestimmt noch nicht im Bett.
„Mac? Ist etwas passiert?“ Müde setzte Harm sich im Bett auf, sich mit seiner freien linken Hand durch die wirren Haare fahrend. Er konnte es nicht sehen, aber Mac musste lächeln bei seiner Frage. Es rührte sie, wie er sich Sorgen um sie machte. „Nein, Harm. Ich wollte Dir nur ein frohes, neues Jahr wünschen.“ Sie machte eine kleine Pause während der sie nervös mit der Ecke eines der Sofakissen spielte. „Entschuldige wenn ich Dich geweckt habe. Ich hab gedacht dass Du noch wach bist.“ „Das macht doch nichts, Mac. Ich bin heut schon etwas früher ins Bett gegangen, die nächste Woche wird die Hölle werden.“
„Wieso, ist etwas passiert von dem ich nichts weiß? Der Admiral müsste doch am 03. wieder da sein, oder?“ Mac konnte hören wie es im Hintergrund raschelte als Harm sich im Bett etwas aufsetzte. „Sollte er, aber Sheffield war der Meinung dass er doch auf dem Rückweg von Italien in Rammstein noch gleich eine Jag-Untersuchung in Rammstein durchführen kann. Er wird erst im Laufe der Woche wieder in Washington sein.“ „Oh oh, dann hat er ihm also den Urlaub versaut, der wird eine Laune haben!“ „Davon geh ich auch aus. Besser wir gehen in Deckung wenn er kommt.“
„Wird der Gesundheit zuträglicher sein, Flyboy. Um was geht's denn bei dieser Untersuchung?“ Macs Neugierde war geweckt, hatte Harm doch mit keiner Silbe Einzelheiten erwähnt. „Muss ja ziemlich wichtig sein wenn die den J.A.G. höchstpersönlich damit beauftragen.“ Captain Rabb war zwar hundemüde doch er wusste dass Mac erst Ruhe geben wird wenn sie ihre Auskunft hatte. „In der Nähe von Kabul wurde ein Erkundungstrupp der Marines welcher zusammen mit dem KSK der deutschen Bundeswehr unterwegs war von Heckenschützen angegriffen.
Es gab fünf Leichtverletzte und drei mit schweren Verwundungen. Man hat sie notdürftig zusammengeflickt und mit dem MedEvac der Bundeswehr über Rammstein nach Landstuhl in die Klinik geflogen. Leider konnte man noch keinen der Beteiligten befragen.“ Harm schloss einen Moment seine Augen, das schlimmste an der Geschichte wusste Mac ja noch gar nicht. „Klingt nach ner üblen Geschichte.“ „Ja, das ist es. Vor allem weil ein Leck in unseren Truppen vermutet wird. Aber Mac?“ „Ja?“ Aufmerksam lauschte sie in den Hörer, hatte sie doch die Veränderung in Harms Stimme bemerkt.
Leiser als gerade eben fuhr er fort:“Der Gunny ist unter den Schwerverletzten.“ Mac war es als ob sie einen Schlag in die Magengrube erhalten hatte. Sie mochte Gunny Garlindez, er war ihr ein guter Freund geworden während seiner Zeit bei J.A.G. und sie hatte sich schon öfters gefragt wie es ihm wohl gehen mochte, zurück im Gefecht. Leider bekam sie immer nur spärliche Nachrichten von ihm und auch der Admiral wusste nicht mehr als sie, wie er ihr immer wieder auf ihre Fragen hin mitteilte. „Mac, bist Du noch dran?“ „Öhm ja klar. Sorry, aber das hat mich jetzt doch kurzfristig aus den Schuhen genommen. Weißt Du was Victor hat?“
„Davon stand nichts in der Akte die ich nach Neapel geschickt habe. Die war überhaupt recht dünn, enthielt nur ein paar Seiten mit allgemeinen Informationen, zu mehr war anscheinend noch nicht die Zeit. Das soll wohl alles der Admiral rausfinden.“ Mac atmete hörbar aus, sie war zwar ein Marine und wusste ganz genau dass es bei Kampfhandlungen zu Verletzungen kommen konnte, doch wenn ein enger Freund von ihr betroffen war war das etwas ganz was anderes. Und dann war da auch noch Harm, der sich jetzt noch etwas länger mit der Vertreteung herumschlagen durfte.
>Er hat kein Weihnachten gehabt und um Mattie konnte er sich auch nicht so kümmern wie er warscheinlich gerne gewollt hätte und jetzt muss er warten bis der Admiral wieder da ist ehe er auch nur an Urlaub denken kann.< Ihr kam da eine Idee. „Harm?“ „Ja?“ „Hör zu, ich mach Dir einen Vorschlag. Du gibst mir einen Teil Deiner Fälle wenn ich zurück bin und sobald der Admiral wieder in Washington ist nimmst Du dir ein paar Tage frei und fährst zu Deiner Großmutter.“ Mac konnte es nicht sehen, doch Harm riss erstaunt seine müden Augen auf. „Zu meiner Großmutter? Wie kommst Du denn da drauf?“, rief er mehr als erstaunt aus.
„Ich dachte dass ist der Ort, wo Du dich am ehesten entspannen kannst.“ Eine kurze Pause trat ein in der jeder der beiden erstaunt für sich diese Worte Sarahs setzen lies. „Hast recht, sie war eh ein bisschen sauer auf mich dass ich mich nicht bei ihr gemeldet hab. Das wird sie versöhnen.“ >Und was ist mit Macs Rücken? Sie kann doch nicht die ganze Vertretung alleine schultern, und jetzt noch mit der neuen Ermittlung, da liegt ie gleich wieder flach.< „Eben. Und sie will ja auch mal was von ihrem Enkel haben, all zu oft siehst Du sie ja auch nicht.“
„Mac, ich will aber nicht dass es Dir vor lauter Arbeit wieder schlechter geht. Das wird kein Zuckerschlecken werden diese Vertretung. Ich denk mal die Laune des Admirals wird auf dem Tiefpunkt sein wenn er wieder zurück ist. Vor allem da ihm der SecNav einen ganzen Katalog mit Meetings und Konferenzen hat bringen lassen die in den nächsten Monaten im In- und Ausland anstehen.“ „Harm, stop! Ich werd schon auf mich aufpassen, mach Dir keine Sorgen. Bud und Sturgis sind ja auch noch da, zusammen werden wir das Schiff schon schaukeln. Du weißt so gut wie ich das Chegwidden diese Konferenzen weiter delegieren wird so gut er kann.
Und jetzt hör auf damit Ausreden zu finden damit ich Dich nicht in Urlaub schicken muss!“ „Aye Aye, Ma´am!“ , gab Captain Rabb in spielerischem Ton zurück, er wusste dass es nichts brachte mit Mac jetzt darüber zu diskutieren, erstens war er zu müde und zweitens wusste er ja nicht, wer so alles zu hörte. >Ob wohl der Clooney neben ihr sitzt oder ob sie sich davon geschlichen hat?< Harm hätte es nie im Leben zugegeben, doch er war ganz schön eifersüchtig auf den grauhaarigen Hollywoodschauspieler. Tief in seinem inneren begann es bereits zu kochen wenn er nur an den Mann dachte.
„Harm, ich mach jetzt schluss, ich möchte noch ein bisschen schlafen ehe ich in Dulles lande.“ „Hmmm, ist gut, Mac. Ich sollte auch noch eine Mütze voll Schlaf haben, Sheffield zu ertragen ist eine Aufgabe die es in sich hat. Ich hoffe dass der Admiral noch nicht vor hat in Pension zu gehen.“ „Oh, höre ich da ein Anzeichen von Schwäche bei Dir, Flyboy?“ Harm konnte Macs Grinsen buchstäblich vor sich sehen. „Nein, ich denke nur in manchen Situationen ist es besser, den Seals die Drecksarbeit zu überlassen!“ Beide mussten lachen als Mac einen erneuten Versuch unternahm aufzulegen.
Doch irgendwie konnten sich die beiden nicht dazu durchringen, den Ausknopf des Telefons zu drücken. Immer wieder starteten sie einen neuen Versuch der natürlich nicht funktionierte bis es schließlich George war, der Mac das Telefon aus der Hand nahm und mit einem „Gute Nacht!“ das Gespräch mit dem ihm unbekannten Teilnehmer beendete. Erstaunt aber auch frustriert zugleich lies sich Harm ins Bett zurück sinken, doch schlafen konnte er nicht. Immer wieder musste er daran denken, was dieser Schauspieler und Mac wohl jetzt gerade machten.
„He, George, das war nicht nett.“, schmollte Mac als er ihr das Telefon aus der Hand genommen hatte. „Entschuldigung, aber es war so einsam im Bett ohne Dich.“ Er sah sie mit seinem besten Hundeblick an dem sie nicht wiederstehen konnte. Mac lächelte. „Schon gut, das war nur Harm. Ich hab ihm ein frohes neues Jahr gewünscht und mich auf den neuesten Stand bringen lassen was im Büro so los ist. Er wird noch länger die Vertretung des Admirals sein.“ Aufmerksam schaute George Mac an. „Wieso? Ist etwas passiert?“ „Nein. Chegwidden wurde mit einer Ermittlung in Deutschland beauftragt und wird erst später als geplant in Washington zurück erwartet.“
„Uuh, sie beauftragen so ein hohes Tier wie den Admiral mit einfachen Ermittlertätigkeiten, dann muss der Fall ja besonders brisant sein.“ Mac lächelte während sie ihre Arme um den Hals des Schauspielers schlang. „Kein Kommentar, Dienstgeheimnis.“ Sie küsste ihn kurz. „Nein, im ernst. Ich weiß selber nicht was dort genau vorgeht. Warscheinlich bot es sich einfach nur an weil der Admiral gerade in der Nähe ist und auf seinem Rückflug sowieso in Deutschland landen muss.“ „Also spart man wo man kann.“
Diesmal war George es der Mac küsste. „Komm, lass uns noch ein bisschen schlafen. Wenn wir ankommen geht der Stress erst richtig los.“ Damit nahm der Schauspieler Mac auf seine Arme und trug sie ins Schlafzimmer, wo er sich sofort dicht an sie kuschelte und vom Geräusch der Flugzeugturbinen schläfrig gemacht sofort einschlief. Mac lag zwar noch einige Minuten wach, dennoch fielen dann auch ihr nach kurzer Zeit die Augen zu. Ihr letzter Gedanke allerdings galt Harm, begleitet von einem Lächeln auf ihrem Gesicht. Sie freute sich ihn wieder zu sehen.
13.20 Uhr Zulu-Zeit
J.A.G. HQ
Falls Church, Virginia
Captain Harmon Rabb jr. saß schon seit halb sieben morgens hinter dem Schreibtisch des Admirals und kämpfte gegen den Papierkrieg der sich während des Feiertags darauf angesammelt hatte. Die Akten türmten sich in zwei hohen Stapeln auf dem schweren Eichenschreibtisch Admiral Chegwiddens, es hatte Silvester eine ordentliche Schlägerei zwischen einer Gruppe Marines und einer Gruppe Seeleute von der USS Enterprise, welche wegen Reparaturarbeiten im Hafen lag, in einer der Bars in Norfolk gegeben und das war nun das Ergebnis davon.
Sehnsüchtig wartete er auf die Ankunft von Lt. Colonel Sarah MacKenzie, die heute ihren ersten Tag nach ihrem Urlaub hatte. >Wenn sie nur endlich kommen würde!<, schimpfte der Kampfpilot in Gedanken vor sich hin, er konnte es kaum abwarten bis er sie wieder sah. >Du führst Dich auf wie ein High School Kerl, Harm!< Sein Herz schlug schneller wenn er an Mac dachte und er konnte es nicht lassen, doch immer wieder wanderte sein Blick von der Digitaluhr am Telefon zur Bürotür, doch nichts geschah. Kein Klopfen und kein vorsichtiges öffnen.
Langsam aber sicher wurde Harm unruhig, es war jetzt schon kurz nach halb acht morgens und Mac war noch immer nicht da. Sonst war sie doch auch immer überpünktlich. Klar, da war das eiskalte Wetter und die Straßenverhältnisse, die sich seit dem Schneesturm noch immer nicht wirklich gebessert hatten da die städtischen Räumkommandos die Schneeberge einfach nur an die Straßenränder getürmt hatten so dass man jetzt Slalom fahren musste. Zur Nervenberuhigung goss er sich noch einen Kaffee ein, das war jetzt schon der vierte an diesem noch jungen Morgen.
Grinsend betrachtete er sich die leere Thermoskanne in seinen Händen. >Ich bin schon fast so schlimm wie Gibbs!<, schoss ihm durch den Kopf. Der Kaffeekonsum des NCIS-Chefermittlers war ihm in bleibender Erinnerung geblieben, selbst während er damals Captain Rabb wegen der Singer-Sache in U-Haft vernommen hatte hatte dieser Mann einen Kaffee bei sich. >Wieviel Kaffee der Typ wohl verträgt? Ich mein, nicht dass es mir ihn auf irgendeine Weise sympathischer machen würde, aber es wäre ein interessantes Detail, was vielleicht ganz nützlich wäre um mit ihm halbwegs zusammen arbeiten zu können.<
Ein Klopfen an der Tür lies ihn aufschrecken. „Herein!“ Rasch öffnete sich die Tür und Mac kam herein, nahm Haltung an und meldete sich vorschriftsmäßig zum Dienst zurück. Über Harms Gesicht legte sich augenblicklich ein Flyboylächeln, welches Mac in dieser Ausprägung nicht erwartet hätte. >Reiss dich zusammen, Marine! Nur weil er so lacht brauchst du noch keine Puddingknie zu kriegen!< Doch auch Lt. Colonel MacKenzie gelang es nicht ganz, ihr pochendes Herz zu ignorieren. Viel zu sehr freute sie sich darüber, Harm wieder zu sehen, auch wenn sie ihre Gefühle momentan nicht einordnen konnte.
„Schön Dich zu sehen, Mac. Hast Du dich gut erholen können?“ Es war eine aufrichtige, warme Frage die Captain Rabb da stellte, hatte er sich doch wirklich ernsthafte Sorgen über die Gesundheit seiner Partnerin gemacht. „Ja, danke.“ Mac lächelte und musterte mit einem schnellen Blick die Stapel auf dem Schreibtisch. „Uff, wo kommt denn das alles her?“ Harm rollte mit den Augen, stand auf und legte auf jeden der Stapel eine Hand:“Das ist das Ergebnis einer Hafenkeilerei in Norfolk in der Silvesternacht. Die MP hat sich jede Menge Mühe gemacht, aber soweit ich das bisher überblicken konnte, ist wenigstens unser Freund vom NCIS nicht dran beteiligt.“
Belustigt funkelte Mac ihren Partner an. „Schwierigkeiten mit ihm, Flyboy?“ >Warum sonst sollte er jetzt ausgerechnet von Gibbs anfangen?< „Nicht dass ich wüsste, bisher jedenfalls hat er sich nicht gemeldet und ich glaub auch Coates hat er in ruhe gelassen. Zumindest ist sie nicht zusammengestaucht hier rein marschiert.“ Dass Harm in Zusammenhang mit seinem Kaffeekonsum heut schoneinmal an den NCIS gedacht hat, das verschwieg er Mac erstmal.
Lt. Colonel MacKenzie war mittlerweile um den schweren Eichenschreibtisch herum gekommen und hatte sich eine der Akten aus den beiden Stapeln gezogen. „Hmm, sieht so aus als ob wir hier jede Menge Arbeit in nächster Zeit haben werden.“ Ihre braunen Augen blickten direkt in die blauen ihres Kollegen, der nur hilflos mit den Schultern zuckte. „Den Eindruck hab ich auch.“ Eine kleine Pause entstand während der Captain Rabb schlucken musste, der Klos in seinem Hals war plötzlich da. >Gott, wie soll ich mich Mac gegenüber blos verhalten?<, ratterte es in seinem Gehirn.
Er war unsicher, die Begegnung mit ihr im Büro des Admirals hatte ihn völlig durcheinander gebracht obwohl er ja gewusst hatte, dass sie heute morgen kommen würde. „Harm, hast Du mal drüber nachgedacht alle zusammen anzuklagen?“ Die blauen Augen des Kampfpiloten weiteten sich überrascht, ungläubig starrte er sie an. „Mac, das sind über 100 Mann! Die passen nie im Leben in einen Gerichtssaal! Und wer bitteschön soll die alle verteidigen?“ >Mist, soweit hab ich gar nicht gedacht gehabt.< Kleinlaut gab sie zu:“Tut mir leid, das hab ich nicht bedacht.“
Captain Rabb raufte sich die Haare. „Wir könnten aber immer fünf zusammen anklagen, vorausgesetzt Admiral Chegwidden erklärt sich damit einverstanden. Sonst haben wir die Prozesse in einem Jahr noch nicht durch.“ „Rufst Du ihn an oder soll ich es tun?“ Macs braune Augen sahen von der Akte auf die sie in den Händen hielt direkt in Harms blaue. Dieser seufzte auf, verspürte er doch nicht gerade große Lust darauf sich die warscheinlich eh schon lechte Laune Admiral Chegwiddens anzuhören und diese unter Umständen sogar noch zu verschlimmern.
>Wenn ihn der SecNav schon in seinem Urlaub belästigt und ihn mit diesem Fall beauftragt, wird er warscheinlich eh schon stinkwütend sein.< „Okay, ich mach es. Aber erst gegen später. Wenn ich seinen Terminplan richtig im Kopf hab, müsste er gerade in Rammstein gelandet sein. Dass die Jungs sich geprügelt haben steht ja außer Frage und die MP hat sie ja auch noch in Gewahrsam.“ Lt. Colonel MacKenzie nickte. „Okay. Sonst war ja glaub ich nichts außergewöhnliches, dann geh ich mal in mein Büro und bereite mich auf meine Verhandlung um elf vor.“
Sie wollte sich gerade mit einem Lächeln auf den Weg aus Harms Büro machen, als dieser nach ihrem Arm griff und sie zu sich drehte. „Mac? Geht's Dir wirklich gut?“ Ein mehr als besorgtes, blaues Augenpaar blickte sie forschend an doch sie lächelte nur. „Ja, mir geht's gut. Die paar Tage ausspannen habe ich wirklich gebraucht.“ Harm musste lächeln, auch wenn es ihm einen kleinen Stich ins Herz verpasste bei dem Gedanken an ihre Zeit mit Clooney. „Aber Du siehst müde aus. Wenn Julia das erste Wochenende frei hat in Quantico, dann fährst Du mit ihr weg und machst Dir ein paar schöne Tage.“
>Julia!< Es traf ihn mit einem Schlag, hatte er doch seit Mac bei ihm im Büro stand nicht mehr an die rothaarige Schauspielerin gedacht. Sein typisches Fliegergrinsen zeigte sich auf Harms Gesicht. „Ich fürchte das wird nicht so einfach werden, bei dem was mit der Presse los ist. Coates hat mich vor diesen Typen regelrecht retten müssen, die haben vor meiner Wohnung campiert!“ >Oh man, ich bin so eine blöde Henne! Warum nur musste ich ihn jetzt auf Julia ansprechen?<, scholt sich Mac. „Tja, in Italien war es nicht anders. Für Mattie ist das jetzt bestimmt nicht einfach, schließlich wird sie ja bestimmt auch verfolgt.“
Nachdenklich blickte Harm seine langjährige Kollegin und Freundin an. „Hmm, sie steckt es sehr gut weg. Mattie ist eh kaum zu Hause gewesen, die meiste Zeit hängt sie mit ihren Freundinnen herum.“ Traurigkeit trat in die Augen des stellvertretenden J.A.G.s und Mac konnte fühlen, dass er damit nicht wirklich einverstanden war. „He, sie muss ja erst nächste Woche wieder in Annapolis sein. Da ergibt sich für euch sicher noch die Gelegenheit für ein paar gemeinsame Abende. Kopf hoch, Seemann. Das wird schon.“ Aufmunternd klopfte Mac ihm auf die Schulter als auch schon PO Coates über die Sprechanlage ertönte und Harm daran erinnerte, dass er in fünf Minuten an einem Telefonat mit den Joint Chief of Staff teilnehmen musste.
„Ich geh dann jetzt wirklich, sonst ist heute nichts mehr gearbeitet.“ „Hmm.“, gab Captain Rabb nur von sich, mehr fiel ihm momentan nicht wirklich ein. Die ganze Situation zwischen Mac und ihm war einfach zu kompliziert, als das es sich hätte mit ein paar einfachen Worten regeln lassen. „Bis später dann, Mac.“ Lt. Colonel MacKenzie nickte nur mit einem Kopf, nahm kurz Haltung an wie es sich gehörte und war dann auch schon draussen, die Tür hinter sich ins Schloss ziehend. Harm blieb zurück, auf die geschlossene Tür starrend und versuchend, seine Gefühle in den Griff zu bekommen.
>Jetzt ist sie keine fünf Minuten wieder hier im Büro und ich weiß nicht mehr wie ich mich verhalten soll!< Harms Herz schlug ihm bis zum Hals, seine Hände zitterten leicht und er konnte regelrecht fühlen wie Kopfschmerzen sich ihren Weg zu seinen Schläfen bahnten und dort zu pochen begannen. Er war durcheinander, hatte er doch einige sehr schöne Stunden mit Julia Roberts verbracht die er nicht missen mochte. >Und dann kommt Mac daher, offiziell wohl jetzt die Freundin dieses Schauspielers und ich weiß nicht mehr wie mir geschieht!<
Frustriert seufzend lies sich Harm in den schweren Lederstuhl zurück sinken und griff nach dem Telefonhörer, die Joint Chief of Staff lies man nicht warten. „Sonst bin ich warscheinlich einen Kopf kürzer wenn der Admiral zurück ist und sie ihm das beim nächsten Treffen erzählen!“, brummte er vor sich hin während er auf den Verbindungsaufbau wartete. „Admiral Mullen, Sir. Einen schönen guten Morgen wünsche ich Ihnen......“ Ehe sich Harm versah befand er sich mitten in der Besprechung zwischen den obersten Kommandanten der Teilstreitkräfte.
Mac unterdessen war auf direktem Wege in ihr Büro gegangen und hatte die Tür hinter sich geschlossen, sie musste sich ja noch auf ihre Verhandlung vorbereiten. Die wichtigsten Notizen hatte sie sich zwar schon vor ihrem Urlaub gemacht, doch es konnte bestimmt nicht schaden wenn sie sich die Akte nocheinmal kurz anschaute. Doch so richtig war auch sie nicht mit dem Kopf bei der Sache. Harm geisterte immer wieder durch ihre Gedanken, ihre Gefühle waren ebenfalls völlig durcheinander geworfen worden.
>Schluss jetzt, Marine. Schlag dir diesen Navyflieger aus dem Kopf, diese Sache mit euch war ein einmaliges Erlebnis, es wird sich nicht wiederholen. Außerdem liebst du George also schluss jetzt mit diesen Flausen!< Auf Macs Gesicht zeigte sich ein Lächeln. >Jede andere Frau würde alles dafür geben, George nur mal anfassen zu dürfen. Und ich hab ihn ganz für mich allein! Wie es ihm und den anderen an ihrem ersten Tag in Quantico geht? Zu gern wüsste ich das.<
Einen Moment lang starrte sie zögernd das Telefon auf ihrem Tisch an, jedoch verwarf sie den Gedanken sofort wieder in Quantico anzurufen und sich nach den Privates zu erkunden. Das wäre lächerlich und würde außerdem die Deckidentitäten der drei Schauspieler gefährden. >Ich werds noch früh genug erfahren.<, stellte sie schlileßlich fest als es an ihre Tür klopfte. „Herein!“, brachte sie in ihrem besten Kommandoton hervor, der hatte ihr immer geholfen sich wieder in den Griff zu bekommen.
„Ah, Colonel. Guten Morgen.“ „Guten Morgen, Mr. Spielberg. Hatten Sie schöne Feiertage?“ Überrascht aber erfreut bat Mac Hollywoods bekantesten Regisseur mit einem Wink herein. „Ja danke, die hab ich gehabt. Ich will Sie nicht stören, Colonel. Aber ich wollte fragen ob Sie was dagegen hätten wenn ich heute mit in den Gerichtssaal gehe, im Publikum versteht sich natürlich.“ Lächelnd antwortete Mac:“Sicher, das ist kein Problem. Die Verhandlung ist öffentlich. Nur Kameras sind nicht erlaubt.“
„Och, das macht nichts. Ich mach mir Notizen wie solch eine Militärgerichtsverhandlung abläuft. Der Film soll ja was werden.“ „Dann seien Sie um elf pünktlich in Saal 3.“ „Ich werde da sein, viel Vergnügen noch und fröhliches arbeiten, Ma´am.“ „Das wünsche ich Ihnen auch, Mr. Spielberg.“ Damit war der Hollywoodregiseur auch schon wieder verschwunden, mit einem Plan der über die Feiertage in seinem Kopf zu reifen begonnen hatte. Er wusste zwar noch nicht wie er es anstellen sollte, doch das Unmögliche möglich machen, dafür war er ja bekannt geworden. Fröhlich pfeifend machte er sich auf den Weg in die Kantine, bei Kaffee und Brötchen konnte er am besten nachdenken. Außerdem wollte er die Atmosphäre die bei J.A.G. herrschte noch etwas auf sich wirken lassen.
14.05 Uhr Zulu-Zeit
U.S. Militärkrankenhaus Landstuhl
Landstuhl/Germany
Während der 20-minütigen Fahrt vom U.S. Airfield in Ramstein zum Militärkrankenhaus Landstuhl hatte Admiral Chegwidden gedankenverloren aus dem Fenster des Dienstwagens gestarrt, froh darüber nicht selber fahren zu müssen. Er wäre dazu nicht in der Lage gewesen. Es war erst knappe vier Stunden her dass er sich von Marcella und Francesca verabschiedet hatte, und doch vermisste er die beiden bereits jetzt schon mehr als gut für ihn war.
>Reiß dich gefälligst zusammen, A.J.! Nur weil du die beiden am liebsten mitgenommen hättest, kannst du es jetzt nicht zulassen völlig unkonzentriert zu sein. Du musst die Befragungen hier ordnungsgemäß über die Bühne bringen und kannst Dich nicht aufführen wie ein Rekrut der zum ersten Mal in seinem Leben das Ausbildungslager betritt!< Doch so ganz konnte der gestandene Seal seine Gedanken nicht unter Kontrolle halten. Gott sei Dank war der junge Air-Force-Seargant der ihn fuhr von der schweigsamen Sorte – sinnloses Geplapper wäre des guten nun wirklich zuviel gewesen.
Als sie endlich die vereiste Toreinfahrt des Militärkrankenhauses passierten, atmete A.J. erleichtert aus. Jetzt konnte, nein musste er sich auf die Arbeit konzentrieren. Ein etwas übereifriger Corporal riss die Tür des Wagens mit solch einem Schwung auf, dass sie bedenklich in den Scharnieren wackelte. Ein Grinsen unterdrückend stieg Admiral Chegwidden aus, grüßte den Ordonanzoffizier mit einem Nicken und wandte sich dann dem Klinikleiter, einem Army-General Harry Stamper, zu. „Willkommen in Landstuhl, Admiral. Ich hoffe Sie hatten einen guten Flug.“
„Danke, es ging.“ Eines seiner typischen Sealgrinsen musste dem General genügen, schließlich wollte A.J. so schnell wie möglich mit den Befragungen beginnen. „Hier entlang, Admiral. Ich habe die Krankenakten der verletzten Soldaten in mein Büro kommen lassen, ich denke Sie wollen einen Blick reinwerfen bevor Sie mit den Verwundeten sprechen. Leider muss ich Ihnen mitteilen, dass zwei von Ihnen noch nicht vernehmungsfähig sind.“ A.J. nickte nur brummig, das passte ihm zwar überhaupt nicht in den Kram, aber ändern konnte er es schließlich auch nicht.
Sie betraten das kleine aber feine Büro von General Stamper, welches typisch-ärztetauglich eingerichtet war. Edle Chrom- und Glasmöbel ergänzt von schwarzen Lederstühlen mit futuristisch anmutenden Halogenlampen an der Decke und auf dem Schreibtisch, kompletiert von anatomischen Schaubildern an den Wänden. General Stamper war gleichzeitig auch einer der besten Chirurgen an der Klinik, weshalb A.J. froh war als das Gespräch durch den Pieper des Arztes unterbrochen wurde. „Ich muss leider, Admiral. Ein Notfall. Nehmen Sie die Kopien der Krankenakten am besten mit, eine Schwester wird Ihnen den Weg zur Station zeigen.“
Einen kurzen Händedruck später war der General auch schon zur Tür draußen, A.J. sah ihm kopfschüttelnd nach. >Ich hasse Krankenhäuser!<, stellte er einmal mehr fest. Das war etwas, mit dem er sich wohl nie mehr anfreunden konnte. Als er auf den Flur trat, traf er auf eine Krankenschwester die sich ihm auch sofort vorstellte. „Schwester Jones, Sir.“ Die braunen Augen der kleinen aber schlanken Frau blickten ihn gütig an, man merkte sofort dass ihr das Wohl ihrer Patienten sehr am Herzen liegen musste.
„Folgen Sie mir, ich bring Sie direkt auf die Station.“ Mit einem hinreisenden Lächeln brachte sie den Admiral auf die Station. „Das zweite Zimmer links, Sir.“ „Danke, Schwester Jones.“ Er nickte ihr kurz zu ehe er an die Tür klopfte. Innerlich hatte er sich darauf gefasst gemacht, einen Soldaten vorzufinden der am liebsten nicht über das Geschehene sprechen wollte. Ihm selber war es früher in solchen Situationen ja nicht anders ergangen. Als er auf sein Klopfen keine Antwort erhielt, öffnete Chegwidden die Tür und trat ohne Aufforderung ein.
Mit ernstem Blick ging er auf das Krankenbett zu, er hatte bereits vermutet dass sein erster Gesprächspartner Gunnery Seargant Victor Garlindez sein würde, war er doch von den Schwerverletzten noch in bestem Zustand. Doch der Gunny lag mit geschlossenen Augen im Bett, Kopfhörer auf den Ohren und schien ihn überhaupt nicht zu bemerken. >Vielleicht schläft er auch.<, dachte A.J. als ihn auf einmal zwei müde, schwarze Augen verwundert anschauten. Mit der gesunden, linken Hand nahm der Gunny die Kopfhörer ab und aus reinem Reflex versuchte er sich aufzurichten.
„Bleiben Sie liegen, Victor. Das tut ihrer Schulter nicht gut, wenn Sie sich soviel bewegen!“ A.J. hatte seinen Kommandoton benutzt, anders hätte er bei Victor warscheinlich keinen Erfolg gehabt. „Aye Aye, Sir.“ Der verwundete Marine lies sich ein stöhnen unterdrückend zurück in die Kissen sinken, nach wie vor litt er unter starken Schmerzen. „Was führt Sie her, Sir?“, brachte er nach einer kurzen Zeit leise hervor. Admiral Chegwidden, der sich mittlerweile einen der Plastikstühle herangezogen und darauf Platz genommen hatte, blickte den blassen Mann im Bett vor ihm besorgt an.
Er hatte sehr wohl bemerkt dass Garlindez Schmerzen haben musste, alles andere wäre bei der Schwere seiner Schulterverletzung auch utopisch gewesen. Doch er ging nicht auf die Frage Victors ein, sondern wollte zuerst etwas ganz anderes wissen. Lange genug hatte der Gunny ja unter seinem Kommando gedient. „Wie geht es Ihnen, Victor?“ „Ich hab verdammtes Glück gehabt, Sir. Welsley und Schneider sind nicht so glimpflich davon gekommen.“ Der Navy-J.A.G. zog fragend eine Augenbraue hoch. „Schneider?“ >Wer ist denn Schneider? Ich hätte die Akten doch genauer lesen sollen, aber Namen konnte ich mir noch nie so einfach merken!<
„Ein Leutnant vom KSK der Deutschen Bundeswehr. Er war der Scharfschütze der unseren Rückzug gesichert hat. Der Heckenschütze hat ihn erwischt als er als letzter in den Hubschrauber sprang.“ Gunny Garlindez machte eine kleine Pause. „Ihm verdanken wir dass wir überhaupt rausgekommen sind. Wenn die Deutschen nicht gekommen wären, dann könnten wir uns jetzt alle miteinander die Radieschen von unten angucken.“ Das Gesicht schmerzhaft verziehend lies Victor das Kopfende des Bettes etwas nach oben.
Trotz der starken Schmerzmittel wunderte er sich schon ein wenig, warum ausgerechnet Chegwidden hier bei ihm am Bett saß. Sicher, er hatte damit gerechnet dass früher oder später einer vom J.A.G. bei ihm auftauchen würde, aber dass es der Admiral persönlich war, wunderte ihn doch ganz gehörig. „Scheint ein echter Teufelskerl gewesen zu sein, dieser Schneider.“ „Oh ja, Sir. Das ist er. Aber was treibt Sie hier her, wenn ich fragen darf`?“ „Sie dürfen.“ A.J. hatte sein typisches Sealgrinsen im Gesicht.
„Der SecNav hat mich geschickt um die Untersuchung dieses Falles zu leiten und die Zeugen zu befragen, soweit sie Vernehmungsfähig sind. Es bot sich an, da ich mich ja sowieso in Italien aufgehalten habe.“ „Stimmt, Sie waren in Neapel.“ Etwas überrascht blickte Admiral Chegwidden Victor an, er hatte nicht damit gerechnet dass er sich daran erinnern konnte, war er doch bei ihrer Begegnung in Ramstein beinahe schon weggetreten gewesen. „Ich habe nicht alles mitbekommen, aber sehr viel, Sir.“, grinste jetzt Victor müde aus dem weißen Kopfkissen heraus.
Admiral Chegwidden nickte ehe er in seiner Aktentasche zu kramen begann und mit entschuldigendem Blick Gunny Garlindez betrachtete. „Gunny, ich weiß dass Sie müde sind und ihre Ruhe haben wollen, trotzdem muss ich Ihnen einige Fragen zu dem Vorfall stellen.“ „Verstanden, Sir.“ Ein aufmunterndes Sealgrinsen huschte über das Gesicht des J.A.G.s. „Was ist passiert, Gunny?“ Die beiden Männer hielten einen Moment lang Blickkontakt bis Victor als erstes nachgab und die Augen schloss.
Umständlich versuchte er sich in eine halbwegs bequeme Liegeposition zu manövrieren, in der er am wenigsten Schmerzen spürte aber dennoch einen nicht all zu müden Eindruck hinterlies. Mit leisem Stöhnen lies er sich schließlich in die Kissen zurück sinken. „Wir waren hinter einer Gruppe Taliban her.“, begann er mit leiser Stimme zu erzählen. „Wir hatten Informationen dass ein Anschlag auf den Markt in Kabul geplant war und hatten sie schon einige Zeit lang beobachtet. Wir wollten zuschlagen und sie verhaften als der Mist los ging.“
Einen Moment lang schloss Victor seine Augen – die Bilder des Geschehens übermannten ihn. „Plötzlich lagen wir unter Beschuss, von allen Seiten hatten sie uns aufs Korn genommen. Wir rannten zu einem verlassenen Haus um uns hinter den Mauerresten zu verstecken, aber das war eine Sackgasse. Links und rechts ragten Felsen auf, in denen sich die Schützen versteckten. Unser Funkgerät war durch einen Querschläger zerstört worden, wir konnten also nur noch hoffen dass uns jemand findet, Sir.“
Aufmerksam hatte Admiral Chegwidden der Aussage des Gunnys gelauscht, sich immer wieder Notizen gemacht und ihn zwischendurch beobachtet. Er wusste aus eigener Erfahrung dass es nicht leicht war über das erlebte zu sprechen, dennoch musste es sein. Nicht nur damit man es verarbeiten konnte sondern auch damit das geschehen aufgeklärt werden konnte. Speziell in diesem Fall, wo von allerhöchster Stelle Ermittlungen eingeleitet worden waren.
>Hat der SecNav nicht gesagt dass das ganze in Kabul passiert ist? Warum erzählt mir Victor dann dass sie in einer Sackgasse von Felsen eingeschlossen waren? Irgendwas stimmt hier nicht!< Chegwidden war stutzig geworden. Auch das erneute Blättern in der dünnen Akte brachte ihn nicht wirklich weiter und so beschloss er nachzufragen:“Gunny, ich den Akten steht dass die Schieserei in Kabul stattgefunden hat, aber Sie erzählen mir von einer Art Tal? Waren Sie außerhalb?“
Forschend aber abwartend zugleich blickte ihm der J.A.G. in die Augen, die Akte weit von sich haltend damit er darin lesen konnte. Gunny Garlindez musste trotz seines miserablen Zustandes schmunzeln, ohne seine Lesebrille war sein Vorgesetzter schon immer aufgeschmissen gewesen. >Mist, muss ich doch meine Brille noch aus dem Aktenkoffer nehmen. Ohne das Ding bin ich beim Lesen blind wie ein Maulwurf!< A.J. Chegwidden hatte keine andere Wahl als sich zu bücken, den kleinen Lederkoffer zu öffnen und nach seiner Brille zu suchen.
Rasch hatte er sie gefunden und aufgesetzt, jetzt konnte er ohne größere Verrenkungen den kleingedruckten Bericht aus dem Pentagon entziffern. „Hier steht, der Vorfall ereignete sich im Stadtzentrum von Kabul, während Ihre Aufklärungseinheit auf Patroullienfahrt war.“ Jetzt war es Victor, welcher irritiert aus den weißen Kissen schaute. „Stadtzentrum war was anderes als das was wir da gesehen haben.“ Verstehend nickte A.J., er konnte sich schon denken dass da wieder was am laufen war, was nicht in die Öffentlichkeit gehörte.
>Mein lieber Edward, das wird noch ein Hünchen zu rupfen geben wenn ich zurück bin. Aber eigentlich sollte ich das so früh als möglich klären, so lassen sich nämlich keine Ermittlungen führen!< Langsam aber sicher wurde Admiral Chegwidden sauer, wenn er etwas hasste dann waren es Fälle die man aufklären sollte, zu denen man aber keine oder nur gefälschte Informationen bekam. „Wir waren bereits weit außerhalb Kabuls, mitten im nirgendwo als wir in den Hinterhalt gerieten, Sir.“ A.J. nickte.
„Was passierte nachdem das Funkgerät ausgefallen war?“ „Wir legten den schwer Verletzten Welsley hinter einen der Mauervorsprünge in Sicherheit und versuchten irgendwie das verdammte Funkgerät wieder zum laufen zu bringen. Doch das war hinüber. Ein Treffer mitten durch. Die Heckenschützen zielten derweil nicht mal mehr, sie ballerten einfach wild in der Gegend rum, nahmen alles aufs Korn was sich bewegte.“ Schwer lies Victor die Luft aus seinen Lungen entweichen, das alles nahm ihn doch stärker mit als er zugeben wollte.
Er sah die Situation genau vor sich, so als ob er mittendrin wäre. Er konnte das Blut riechen und die Schüsse knallen hören sowie die Panik in den Augen der anderen aus dem kleinen Trupp sehen. „Ich war schon oft in brenzligen Situationen, aber da hab ich zum ersten Mal gedacht dass wir es nicht mehr nach Hause schaffen würden.“ Chegwidden konnte diese Gedanken und Gefühle sehr gut nachvollziehen, kannte er doch solche Situationen aus eigenen Erlebnissen zu genüge.
„Gott sei Dank sind die Deutschen gekommen. Wie aus dem Nichts waren sie plötzlich da und haben uns Feuerunterstützung gegeben. Vor allem dieser Leutnant Schneider hat uns den Hals gerettet. Er hatte sich irgendwo in den Felsen versteckt. Mit präzisen Schüssen erledigte er einen nach dem anderen dieser Hunde.“ „Haben Sie gesehen von wo er geschossen hat?“ „Nein, Sir. Aber es muss von oberhalb der Verstecke der Taliban gewesen sein. Ich hab gesehen wie zwei von ihnen tödlich getroffen die Felsen herabgestürzt sind.“
Der Admiral nickte während er sich auf seinem kleinen Schreibblock Notizen machte. Müde beobachtete ihn Victor dabei als ihm der schmale, goldene Ring an der rechten Hand seines ehemaligen Kommandeurs auffiel. >Nanu? Hab ich da was nicht mitbekommen?Seit wann ist er denn verheiratet? Scuttlebutt scheint das ja auch noch nicht ausgekocht zu haben!< Unweigerlich begann Victor matt zu grinsen, er würde ganz sicher nicht Selbstmord begehen indem er den Admiral direkt darauf ansprechen würde.
Als Chegwidden seine Notizen beendet hatte und aufsah, entging ihm natürlich Victors Blick nicht. Ein kurzes, beinahe belustigtes Grinsen huschte über das Gesicht des älteren Mannes, ging aber sofort wieder in seine übliche, völlig emotionslose Sealmaske über. „Leutnant Schneider hat Ihnen also, wenn ich das richtig verstanden habe, den Weg freigeschossen.“ „So ähnlich. Er sorgte dafür dass die anderen Jungs aus seinem Team relativ unbehelligt und unbeschadet zu uns vordringen konnten.
Glenn und Fiddler haben ihnen von unserer Position aus Feuerschutz gegeben als die Deutschen endlich auf uns zu rannten. Der Sani vom KSK kümmerte sich sofort um Welsley während sein Truppführer und ich hinter der Mauer im Staub lagen und eine Lagebesprechung abhielten. Der Funker von denen, Leutnant Fischer hat sofort Verstärkung angefordert aber es dauerte geschlagene 15 Minuten bi der Hubschrauber da war.“ Victor richtete sich vorsichtig etwas auf und griff nach dem Wasserbecher auf seinem Nachttisch.
Nachdem er ein paar Schlucke getrunken hatte stellte er ihn zitterig wieder ab und lies einen gequälten Seufzer hören. „Gunny, wenn Sie zu erschöpft sind könne wir hier auch abbrechen und später oder morgen weiter machen.“ Trotz der Versuche Victors, sich seine mißerable Verfassung nicht anmerken zu lassen, hatte Admiral Chegwidden bemerkt dass er jeden Moment am einschlafen war. >Zu viel ist nicht gut, er soll ja wieder auf die Beine kommen!<
„Nein nein, Sir. Es geht schon. Schlafen kann ich auch noch wenn ich tot bin!“ Auch wenn der Galgenhumor Garlindez völlig fehl am Platze war, so trug er doch dazu bei dass beide Männer trotz der ernsten Situation grinsen mussten. „Also gut, wie sie wollen. Dann bringen wir es hinter uns damit Sie mich los sind und schlafen können.“ Es folgte unerdrücktes Gelächter und eine kleine Pause, während der der Admiral seine Sitzposition etwas veränderte. Der Stuhl auf dem er saß war nämlich alles andere als bequem.
„Lagen Sie die ganze Zeit unter Beschuss?“, begann er weiter seine Fragen zu stellen. „So gut wie, es gab immer wieder kleinere Pausen von maximal zwei Minuten, aber sobald sich etwas bewegte ging es von neuem los. Die schossen wie die Wilden und Schneider muss sich wohl Meter um Meter nach unten gekämpft haben. Als der Hubschrauber kam und wir Welsley eingeladen haben um dann selber einzusteigen, erwischte es mich an der Schulter und am Bein.
Ich ging zu Boden und schaffte es nicht mehr aufzustehen. Dann kam Schneider angelaufen, zog mich hoch und schleifte mich zum Hubschrauber. Er schmiss mich regelrecht hinein als es auch ihn erwischte.“ Victor konnte es nicht mehr verhindern, bei dem Gedanken daran floss ihm eine Träne über die Wange. „Als ich in seine Augen gesehen habe, das werde ich nie im Leben vergessen. Der Hubschrauber war bereits ein Stück vom Boden weg als Schneider sich nicht mehr halten konnte und hinunter fiel.
Weitere Schüsse trafen ihn als der Hubschrauber wieder aufsetzte und es uns mit vereinten Kräften gelang Schneider in den Hubi zu ziehen. Er hat mindestens vier Schüsse in den Oberkörper bekommen, von den Beinen ganz zu schweigen.“ Hektisch wischte sich Victor die Träne weg, er schämte sich vor dem Admiral zu heulen wie ein Schloßhund. Doch A.J. legte ihm nur kurz die Hand auf die gesunde Schulter und drückte ihn aufmunternd.
Vorneweg schick ich mal ne Warnung, der nächste Teil enthält Schilderungen und Worte der etwas deftigeren Sorte. Also wen das stört der möge nach der nächsten Zeitangabe bitte nicht weiter lesen! Danke schön.
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Worte waren jetzt nicht notwendig, die beiden Soldaten verstanden sich auch so. „Wenn Schneider nicht bis zum Schluss uns Deckung gegeben hätte, wären wir alle in der Holzkiste nach Hause gekommen. Admiral, der Mann hat einen Orden verdient und nicht ein Ermittlungsverfahren durch die deutsche Justiz.“ Dem Gunny war es verdammt ernst damit, das sah Chegwidden ihm an. „Was ist passiert nachdem sie im Hubschrauber waren?“ „Wir flogen direkt ins Deutsche Camp Warehouse wo Welsley, Schneider und ich sofort ins Lazarett kamen und operiert wurden.
So schnell es möglich war wurden wir dann zusammen mit den leicht Verletzten nach Ramstein ausgeflogen und sind hier gelandet. Die Schwester hat mir gesagt dass Schneider eigentlich weiter nach Ulm ins Bundeswehrkrankenhaus sollte, sein Zustand das aber nicht erlaubt hat.“ „Ja, ich habe davon gehört.“ A.J. stand auf, legte seinen Aktenkoffer auf dem Stuhl ab und begann damit seine Unterlagen einzuspacken. Für heute hatte er genug gehört, er musste jetzt erstmal in Ruhe seine Gedanken und die Informationen sortieren und ordentlich niederschreiben.
„Ich komm morgen nocheinmal vorbei, Gunny. Sie müssen die Aussage noch unterschreiben sobald ich sie fertig abgetippt habe und unter Umständen noch ein paar Fragen beantworten die sich vielleicht ergeben.“ Admiral Chegwidden klappte den Deckel seines Aktenkoffers zu. „Kann ich sonst noch was für sie tun? Soll ich irgendjemand verständigen?“ „Danke, Sir. Aber das hat das Corps schon gemacht. Bestellen Sie Grüsse an alle wenn Sie zurück in Washington sind, Admiral.“
„Das werde ich, Gunny. So wie ich die Gerüchteküche kenne, wird sich das was mit Ihnen passiert ist eh schon rumgeschwiegen haben.“ A.J. Chegwidden klappte seinen Aktenkoffer zu, griff nach seinem Mantel und der Mütze und drehte sich wieder dem Gunny zu. „Schlafen Sie sich aus, Victor. Damit sie schnell wieder auf die Beine kommen. Ich schau morgen nochmal rein und bevor ich abfliege sowieso.“ „Danke, Sir. Ich bemüh mich.“ Matt lächelte der Marine aus seinem Bett hervor, eines jedoch musste er unbedingt noch los werden bevor Chegwidden sich endgültig verabschiedete.
„Darf man gratulieren, Admiral?“ Im ersten Moment wusste A.J. nicht was gemeint war, als Garlindez Augen jedoch breit grinsend seine rechte Hand anvisierten, musste der ehemalige Seal lächeln. „Noch nicht, Gunny. Aber vielleicht in Kürze.“ Admiral Chegwidden gab sich geheimnisvoll, war doch sein Privatleben sein absolutes Heiligtum. Wortlos nickten die beiden Männer sich zu, es bedarf in dieser Situation keiner großen Reden. Sie verstanden sich auch so. „Wir sehen uns morgen, Gunny. Ruhen Sie sich aus.“ „Das werde ich, Sir.“
Victor Garlindez schaute seinem ehemaligen Kommandeur nach als dieser zur Tür hinaus ging bevor er sich die Decke mit der gesunden Hand nach oben zog und die Augen schloss. Wenige Minuten lang hing er noch seinen Gedanken nach, bis ihn der Schlaf übermannte und seinem geschundenen Körper die Ruhe gönnte die er dringendst benötigte. Den Besuch der Krankenschwester, die ihm die Infusion wechselte, bekam Victor in seinem Tiefschlaf nicht mit. Viel zu erschöpft war er.
17.34 Uhr Zulu-Zeit
U.S. MarineCorps Base
Trainingsgelände
Quantico/Virginia
"Was zur Hölle soll das werden, Private Richards? Haben Sie Angst das ihnen ihre Fingernägel abbrechen oder warum sind Sie so lahmarschig? Rauf mit ihrem hübschen Hintern, oder soll ich Sie zurück in ihr VIP- Appartment schicken, in dem Sie irgendwelche Hollywoodschwänze bearbeiten können? Die können Ihnen dann vieleicht beibringen, wie man richtig mit dem Arsch wackelt! Wissen Sie was? Ich bekomme gerade Lust ihren schwerreichen Arsch quer durch den Dschungel zu jagen! Würde ihnen das gefallen Private?”, brüllte der Drill-Seargant sie lauthals an.
“Ob ihnen das gefallen würde Private?”, die Stimme des Mannes war nun noch Ohrenbetäubender als sie sowieso schon war. “Sir, ja Sir!” krächzte Sie verzweifelt ihrem Ausbilder entgegen. Julia Roberts hing nun schon im zweiten Versuch an dem dicken Hanfseil, an welchem sie über die vier Meter hohe Holzmauer klettern sollte. Doch Gunnery Seargant Hartman war unerbittlich. Breitbeinig stand er neben der Mauer und brüllte was die Stimmbänder her gaben.
Obwohl die Außentemperatur nur knapp über null Grad lag, lief der Schweiß bei den neuen Rekruten des U.S. MarineCorps in Strömen. >Beiß die Zähne zusammen, Julia! Du bist doch nicht ein Weichei. Und wenn er noch so brüllt und beleidigt, diesem Typen zeig ichs!< In der rothaarigen Schauspielerin begann eine Mischung aus Zorn und Wut zu kochen. Sie war völlig durchnässt von ihrem Sturz in den Matsch und hatte auch mitbekommen, das George und Brad die Wand mit Leichtigkeit genommen hatten. Etwas, was sie unbedingt auch schaffen wollte.
Private Sandy Richards alias Julia Roberts rappelte sich also wild entschlossen ein weiteres mal aus dem Matsch hoch, griff mit beiden Händen nach dem Seil und begann sich unter Aufbietung aller ihr zur Verfügung stehenden Kräfte daran nach oben zu ziehen. Ihre Arme brannten wie Feuer und in ihren Händen hatte sie schon lange kein Gefühl mehr, dennoch schaffte sie es sich Stück für Stück nach oben zu ziehen. „Verflucht nochmal das muss schneller gehen! Oder meint ihr der Feind wartet darauf bis ihr es über diese lächerliche Wand geschafft habt? Ich werd euch mal was sagen, es wird für ihn das größte Vergnügen sein eure lächerlichen Ärsche in kleine, handlliche Stücke zu schiessen!“
Gunny Hartmans unerbittliche Stimme brüllte noch immer die Wand hinauf, mittlerweile war Julia Roberts die Letzte die noch daran hing, alle anderen waren bereits oben oder schon wieder ins Glied am Boden zurück gekehrt. George Clooney, einer der wenigen der noch oben stand, konnte sich das kaum mehr mit ansehen wie sie sich die letzten zwanzig Zentimeter quälte und unter Umständen sogar hinunter fiel. Er nahm einen tiefen Atemzug und rief ihr lauthals Mut zu:„Komm schon, Jules! Das schaffst Du. Gib ihm nicht die Chance, Dich weiter nieder zu machen!“
Achtung, wieder etwas deftigere Ausdrucksweise, siehe oben!
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Sie war kurz vor dem Aufgeben gewesen, doch die Stimme ihres Freundes und Kollegen brachte das Strahlen in ihr gequältes Gesicht zurück. Mit allerletzter Kraft, von der sie nicht einmal wusste woher sie sie nahm, erklomm sie das letzte Stück der Wand und ließ sich am gegenüberliegenden Ende auf den kalten und matschigen Boden sacken. Sie war am Ende und nicht sicher, ob sie überhaupt noch in der Lage war wieder aufzustehen. Doch diese Entscheidung wurde ihr von Hartmann abgenommen, der plötzlich neben ihr stand. „Aufstehen, Zuckerschnäutzchen! Und beweg Deinen Gucciverwöhnten Hintern rüber zum Wasserloch! Im Laufschritt!“
So schnell sie konnte rappelte sich Julia auf, folgte den anderen ihres Zuges bis sie schließlich zu George und Brad aufgeschlossen hatte. Besorgt musterten die beiden Männer ihre Freundin, sie sah wirklich fertig aus. „Alles okay?“ Brad Pitt riskierte es, in leisem Flüsterton mit ihr zu sprechen. „Geht schon.“, war die schnelle Antwort gefolgt von einem leichten Nicken ehe sie ihren Blick stur auf den Rücken ihres Vordermanns richtete. >Ich werde das hier durchhalten – sechs Wochen werde ich überleben. Irgendwie! Dieser Hartmann kriegt mich nicht klein, nie und nimmer!<, schwor sie sich in diesem Augenblick. So in Gedanken versunken bemerkte sie nicht wie George sie aus besorgten Augen ansah.
„Mein Gott, da ist ja meine Großmutter schneller als dieser lahme Haufen hier! Habt ihrs noch nicht begriffen oder wollt ihr es nicht begreifen? Bewegt euch endlich rüber zum Wasserloch oder ihr werdet erleben was es heißt, wenn ich euch Beine mache!“, unterbrach Gunny Hartmanns Gebrüll die drei Schauspieler. Instinktiv zogen sie die Köpfe ein. „Ist das hier ein Sonntagsspaziergang oder wollt ihr Marines werden? Be-we-gung!“ Obwohl sie bereits jetzt schon jeden einzelnen Knochen in ihrem Körper spürte, biss die Schauspielerin die Zähne zusammen und lief tapfer weiter.
Als der Zug beim Wasserloch angekommen war, blieb den Männern und Frauen jedoch keine Zeit um großartig Luft zu holen. „Wir sind hier doch nicht im Feriencamp! Dieser hübsche kleine Rundkurs hier ist dazu da, um abgelaufen zu werden!“ Gunny Hartmann lief langsam aber stetig, die Hände auf dem Rücken die Reihen der angetretenen Rekruten ab. „Durch die Reifen, über die Baumstämme, unter dem Draht durch und mit den Seilen über das Loch! Habe ich mich klar ausgedrückt?“
„Sir, ja Sir!“, schallte es ihm laut entgegen. „Wie bitte? Ich kann euch nicht hören!“; brüllte der Ausbilder seinen stillstehenden Zug an. „Sir, ja Sir!“ Ein Pfiff aus der Trillerpfeife gefolgt von Hartmanns lautem Gebrüll signalisierte das Startsignal. „Be-we-gung! Wir sind ja nicht zum Spass hier!“ So schnell es den neuen Rekruten möglich war rannten sie in Richtung des Parcours davon. Da jedoch der Waldboden stellenweise vereist und die Hindernisse ebenfalls glitschig waren, fielen nicht wenige der neuen Marines der Länge nach in den Dreck.
Auch Brad Pitt erwischte es, er rutschte vom Baumstamm ab und knallte beim Fallen mit dem Kopf auf das harte Holz. Einen Moment lang blieb er benommen liegen, doch als deswegen der Zug einen Augenblick innehielt, wurde es Hartmann zu bunt:“Hab ich etwas gesagt von aufhören? Weitermachen!“, bellte er in Richtung seiner Schützlinge. Die Marines machten augenblicklich weiter mit ihren Übungen während sich Hartmann vor Brad hin hockte und ihn ansprach.
Seinen Zeigefinger bewegte er dabei von Rechts nach Links, ihn auf Augenhöhe des Schauspielers führend um seine Pupillenreaktion zu testen. Brad jedoch hatte Mühe dem Finger zu folgen, noch immer war er leicht benommen was auch der Ausbilder bemerkte. Gunnery Seargant Hartmann war zwar ein harter Hund, jedoch konnte er sehr wohl zwischen einer Nichtigkeit und einer ernsthaften Verletzung unterscheiden. Und dies hier hatte zumindest den Anschein einer etwas ernsthafteren Sache.
„Wolf, Myer, sie begleiten Private Witt auf das Krankenrevier! Die sollen ihn sich dort einmal ansehen!“ „Aye Aye, Sir!“, kam die Antwort unisono von den beiden herbeigeilten Sanitätern. Hartmann klopfte Brad auf die Schulter als er aufstand. „Gut gemacht, Soldat!“ Bis zu seinem Sturz hatte sich der Schauspieler nämlich ganz gut durchgeschlagen, was der Ausbilder durchaus zu würdigen wusste. Dann wandte sich Hartmann wieder an seinen Zug:“Das muss schneller gehen! Oder ist es Ihnen zu anstrengend, Booney?
Falls ja, können Sie sich ja zum Synchronschwimmen bei der örtlichen High-School melden! Also bewegen Sie ihr verwöhntes Heck jetzt endlich zum Draht rüber!“ Augenblicklich kam wieder Bewegung in den Zug. Julia warf George einen besorgten Blick zu, beide hatten ja gesehen wie ihr Freund und Kollege von diesem vermaledeiten Baumstamm gerutscht und liegen geblieben war. „Komm schon, Jules. Gib dem Gunny nicht die Gelegenheit dazu Dir am Ende noch Extrastunden aufzubrummen!“
„Hast Recht, George. Das halt ich warscheinlich heut nicht mehr durch.“ Gemeinsam stolperten die beiden durch das Reifenhindernis, warfen sich auf den schneebedeckten Boden um auf allen vieren unter dem niedrigen Stacheldraht hindurch zu kriechen, immer wieder angetrieben von Hartmanns Gebrüll. Als sie die Drahthindernisse hinter sich hatten, nahmen sie das Wasserloch ins Visier. Julia hatte gesehen, wie die Leute vor ihr Reihenweise das Ziel verfehlt und im Wasser gelandet waren, diese Blöse wollte sie sich nicht auch noch geben.
Nicht nach ihrem Fiasko an der Kletterwand. Also nahm sie soviel Anlauf wie möglich, griff nach einem der Seile und schwang sich wie Tarzan über den Graben. Ihre Arme schmerzten und brannten von der neuerlichen Anstrengung, doch loslassen gab es für die Schauspielerin in diesem Moment nicht. >Und wenn sie mir abfallen, sollten! Ich werde die andere Seite erreichen und zwar ohne ein Bad!“ Mit fest zusammengekniffenen Augen zählte sie auf drei, ehe sie das Seil los lies und eine unsanfte Landung auf dem gefrorenen Waldboden hinlegte.
>Wenigstens nicht im Wasser!< Schnell rappelte sich Julia auf als sie einen kurzen Schrei gefolgt von einem lauten Platscher hörte. George Clooney hatte den Aufsprungpunkt knapp verpasst und war zurück ins Wasser gerutscht. Wütend über sich selber schlug er mit der Faust auf die Wasseroberfläche, so dass es nach allen Seiten wegspritzte ehe er sich die kleine Anhöhe hinauf kämpfte und neben Julia ins Glied trat. Beiden klebten die nassen und eiskalten Kleider am Körper, ein mehr als unangenehmes Gefühl.
„Ich würde sogar meine Villa in Laglio gegen ein heißes Bad eintauschen!“, stellte der grauhaarige Schauspieler fest. „Nicht nur Du, George. Hoffentlich geht's Brad einigermaßen gut. Ich hab gesehen wie sie ihn vorhin auf dem Weg bis zum Humvee stützen mussten.“ „Die haben ihn auf die Krankenstation gebracht, hab ich vom Gunny gehört. Wenn wir zurück sind, dann sehen wir mal kurz nach ihm. Wird schon nicht so schlimm sein.“ Aufmunternd nickte er Julia zu und lächelte sie an.
Eine müde Ausgabe des weltberühmten Robertsgrinsen war die Antwort. So standen die beiden nebeneinander in ihrer Reihe und warteten, bis auch die Letzten aus ihrem Zug wieder angetreten waren. Gunny Hartmann lies sie still stehen und baute sich vor ihnen auf. „Zum Abschluss unserer heutigen Übungen werden wir noch etwas zur Entspannung tun.“ Auf manch müden Gesicht zeigte sich ein Strahlen, doch die Hofnung wurde umgehend wieder zunichte gemacht.
„Im Laufschritt, Marsch! Derjenige der schlapp macht hat einen Monat lang Latrinendienst!“ Unterdrücktes Stöhnen und leise Verwünschungen waren die Antwort. Doch der Gunny setzte sich unbeeindruckt an die Spitze des Zuges und lief los. „Und damit diese Veranstaltung hier nicht so eintönig ist, werden wir zur Unterhaltung beitragen! He Ho MarineCorps go!“, sang er vor, der Zug wiederholte die Worte ehe der Gunny die nächsten sang. So brachten sie die eineinhalb Meilen bis zum Kasernenhof hinter sich, jedoch nicht ohne das mancheiner Gefahr lief, schlapp zu machen.
Doch immer wieder rappelten sich diejenigen auf, sie wollten es den anderen zeigen dass sie es schaffen würden. Auf dem Hof angekommen entlies Hartmann sie mit der Empfehlung, pünktlich um 18.30 Uhr geduscht und in sauberer Uniform in der Messe zu erscheinen. „Oh Gott, ich spür jeden Knochen. Und das am ersten Tag!“, stöhnte George auf, woraufhin er einen Schlag in seine Seite von Julia kassierte. „Hör auf! Du hattest ja immerhin schon Sondertraining mit dem Admiral, was soll dann ich sagen?“
Abwehrend, sein charmantestes Lächeln im Gesicht, hob der Schauspieler seine Hände. „Okay okay, ich geh duschen! Wir sehen uns um 1815 vor der Damenunterkunft?“ „Abgemacht.“ Eiligen Schrittes liefen die beiden Schauspieler ihren Kameraden nach in ihre Unterkünfte und dort schnurstracks unter die Dusche.
22.40 Uhr Zulu-Zeit
Admiral Chegwiddens Unterkunft
Air-Force Base Ramstein/Deutschland
Nur noch mit offenem Hemd und Hosen bekleidet saß A.J. Chegwidden vor seinem Laptop an dem kleinen Schreibtisch in seiner Unterkunft, ein Glas Rotwein vor sich stehen versuchte er eine Verbindung zu Marcellas Messenger-ID zu bekommen. Francesca hatte ihm das Programm eingerichtet und gezeigt, wie man damit umgehen musste. Doch Marcella war nicht angemeldet. Frustriert nahm er einen großen Schluck des schweren Rotweins, er wollte doch jetzt einfach nur ihre Stimme hören.
Sein Tag war lang und hart gewesen. Nach der Vernehmung des Gunnys hatte er nochmals mit dem Arzt gesprochen, sich mit dem Kommandeur des deutschen KSK in Calw in Verbindung gesetzt, SecNav Sheffield telefonisch über die weitere Entwicklung des Falles informiert, den fälligen Bericht geschrieben und sich das weitere Vorgehen seinerseits bei diesen Ermittlungen überlegt. So wie die Sache bisher aussah, würde er damit noch eine ganze Weile beschäftigt sein.
>Und ich hab gedacht, ich kann heut oder morgen noch nach Hause fliegen. Aber so wie es aussieht, muss ich damit wohl noch etwas warten.< Gedankenversunken schwenkte er den Wein, den er noch immer in der Hand hielt, hin und her. Seufzend stellte er das Gls wieder zurück auf den Tisch und unternahm einen weiteren Versuch, Marcella zu erreichen. Als auch dieser fehl schlug, griff er zum Telefon. Es dauerte eine Ewigkeit bis er Francescas fröhliche Stimme hören konnte.
„Papa! Gut dass Du anrufst. Vielleicht kannst Du Mama dazu bringen, bei ihrem Arzt anzurufen!“ Augenblicklich begannen im Kopf des Admirals sämtliche Alarmglocken zu schrillen. „Seit heute Nachmittag liegt sie mit höllischen Rückenschmerzen im Bett und lässt sich nicht helfen!“, quasselte eine hörbar stinkige Francesca ohne Punkt und Komma einfach weiter, ohne Ihrem Vater auch nur den Hauch einer Chance auf Antwort zu geben.
Als sie in ihrer Schimpftirade Luft holen musste, nutzte ihr Vater diese Unterbrechung um zu Wort zu kommen:“Francesca, Liebes. Kannst Du das Telefon zu Deiner Mutter tragen? Ich würde sie gern sprechen wenn sie noch wach ist. Aber weck sie um Himmels Willen nicht!“ „Si, Papa. Ich bin schon auf dem Weg.“ A.J. konnte hören wie seine Tochter die Treppen nach oben ging, klapperten doch ihre Absätze auf dem Marmor des Fußbodens in der Paretti-Villa.
Dann vernahm er gedämpfte Stimmen, Francesca hielt wohl mit einer Hand den Hörer zu während sie mit ihrer Mutter sprach. „A.J.?“ Marcellas schmerzverzerrte Stimme bescherte dem Admiral einen dicken Knoten in seinem Magen. >Wie gern wäre ich jetzt bei ihr!< „Hallo Honey.“, begrüßte er sie statt dessen, bemüht seiner Stimme nicht anmerken zu lassen dass er sich Sorgen machte. „Was machst Du denn für Sachen?“ „Hmm, keine Guten. Francesca hats Dir erzählt, stimmts?“
„Stimmt.“ Einen Moment lang war es still in der Leitung, einerseits weil Marcella eine erneute Schmerzwelle zu bekämpfen versuchte und andererseits weil A.J. nicht mit der Tür ins Haus fallen wollte. Schließlich hatte er eine ziemlich genaue Vermutung von dem, was ihr warscheinlich fehlte. „Marcella, ich hab gedacht das mit den Schmerzen hätte sich im Laufe der Jahre erledigt.“, wagte er dann doch den Vorstoß. „Ich hatte auch in den letzten Jahren meine Ruhe vor diesen Attacken, aber Du weißt ja dass es immer wieder kommen kann.“
„Ja, ich weiß.“ Leise gemurmelt fügte er noch hinzu:“Und daran bin nur ich schuld.“ Doch Marcella hatte es trotzdem gehört und fuhr ihm energisch dazwischen:„Bist Du nicht! Ich wusste ja dass Du wieder zurück nach Washington musst. Auch wenn ich Dich viel lieber hier bei mir hätte.“ Ein unterdrückter Schmerzlaut war zu hören als sich die Italienerin etwas in ihren Kissen drehte. Admiral Chegwidden litt innerlich mit, für ihn war das einfach nur schlimm zu wissen, dass er seiner Marcella nicht helfen konnte.
„Honey, sag unserer Tochter sie soll Dir eine Wärmflasche bringen und leg die unter deinen Rücken. Das hat Dir schon früher immer geholfen.“ Er konnte es nicht sehen, aber sein fürsorglicher Tonfall zauberte ein kleines Lächeln auf das Gesicht seiner großen Liebe. „Ich frag sie gleich. Aber jetzt erzähl, wie war Dein Tag?“ Trotz ihrer schlechten Verfassung hatte die Italienerin bemerkt, dass auch Admiral Chegwidden müde und erschöpft klang. Jetzt war er es, der leise aufstöhnte während er sich gegen die Stuhllehne zurück sinken lies.
„Naja, es ging so. Diese Geschichte wegen der ich ermitteln soll, ist ziemlich hässlich. Irgendwie ist da ganz schön viel schief gegangen, um es mal milde auszudrücken. Die Jungs verdanken es ihrem deutschen Schutzengel, dass sie noch am leben sind.“ Marcella hörte aufmerksam zu was A.J. ihr erzählte, auch wenn sie wusste dass sie nur einen Bruchteil von dem erfuhr, was er vermutlich wusste. Dienst war schließlich Dienst und über seinen Dienst sprach er nicht gerne, vor allem wenn es um Sachen ging die eigentlich nicht für andere Ohren gedacht waren.
„Ich glaube Du solltest jetzt ein wenig schlafen, Honey.“, stellte A.J. fest als er bemerkte, dass ihm Marcella nicht mehr richtig zu hörte. „Und morgen gehst Du zum Arzt und lässt Dich durchchecken.“ „Okaaaay.“, kam es gedehnt aus seinem Telefonhörer, auf Ärzte hatte Marcella schon lange keine Lust mehr wie er wusste. „Meldest Du dich, wenn Du weiter fliegst?“ „Sicher. Und Marcella, ruf mich bitte an sobald Du vom Arzt kommst.“ „Si. Ich werde ganz bestimmt Deine Ermittlungen stören. Einem wichtigen Mann wie Dir verzeiht man das.“
Kopfschüttelnd und gleichzeitig grinsend saß der Admiral auf seinem Stuhl, das war so typisch für Marcella. Sie konnte ganz schön sarkastisch sein wenn sie wollte. „Das wird man mir wohl verzeihen müssen. Wir hören morgen voneinander, Honey.“ „Das machen wir ganz bestimmt. Mir wird's dann auch hoffentlich wieder besser sein.“ „Hoffentlich.“ „Ganz sicher, A.J.“ „Schlaf gut, Marcella.“ „Du auch.“ „Ti Amo.“, fügte Admiral Chegwidden leise hinzu, es fiel ihm schwer einfach so aufzulegen. „Ich liebe Dich auch, Schatz.“ Beide lächelten vor sich hin als sie sich endlich dazu durchrangen das Gespräch zu beenden.
>Gott was würde ich dafür geben jetzt bei ihr sein zu können, sie in meinen Armen zu halten und ihr den Rücken zu massieren.< Seufzend lies sich A.J. in den Stuhl zurück sinken, den Rest des Rotweines in einem Zug leerend. >Warum kehre ich eigentlich nach Washington zurück? Was erwartet mich da schon großartiges außer einem leeren Haus, miesem Wetter und einem stressigen Job?< Frustriert stand er auf, fuhr seinen PC herunter und machte sich auf den Weg ins Schlafzimmer. >In ein kaltes, unpersönliches Bett.< Chegwidden zog sich aus und schlüpfte unter die Decke, doch Schlaf fand er nicht wirklich.
23.45 Uhr Zulu-Zeit
J.A.G. HQ
Falls Church, Virginia
„Harm, kann ich Dir bei irgendetwas helfen?“ Lt. Colonel Sarah MacKenzie stand im Türrahmen zu Chegwiddens Büro und schaute sich ihren Freund und Kollegen besorgt an. Er hatte sich den ganzen Tag in diesem Büro hier vergraben gehabt, es nur verlassen wenn er zur Toilette musste. Frustriert seufzend sah Harm schließlich von seinen Akten auf, direkt in Macs braune Augen. Er brachte ein halbherziges Fliegergrinsen zustande, zu erschöpft war er nach diesem Tag.
„Ich glaube nicht, Mac. Alles nur Verwaltungskram vom SecNav.“ Grummelnd legte Harm seinen Kugelschreiber zur Seite, lehnte sich in dem großen Ledersessel zurück und fuhr sich mit beiden Händen müde über das Gesicht. >Er ist wirklich Urlaubsreif!<, stellte Mac unweigerlich fest. Sie kam einige Schritte auf ihn zu und setzte sich in den linken Besuchersessel vor dem Schreibtisch. Eine Weile sahen sich die beiden Offiziere nur an, jeder seinen Gedanken nachhängend und dabei dem Knistern des Feuers im Kamin lauschend.
„Manchmal frag ich mich, wie der Admiral das aushält. Ich meine, theoretisch könnte man auch Harriet oder Jen den ganzen Verwaltungskram machen lassen. Dafür braucht man keinen Juristen!“ „Schlags doch dem SecNav mal vor, Sailor.“ Belustigt blitzten ihn Macs Augen an. Ein Klopfen an den Türrahmen der offenstehenden Tür lies Harm aufsehen. „Ich wollt nur fragen, ob ich Dir was helfen kann, Captain?“ Commander Sturgis Turner stand grinsend in der Tür, wusste er doch dass er seinen alten Akademiekumpel mit dieser Anrede und seinem neuen Rang aufziehen konnte.
Harm gab sich geschlagen:“Also wenn ihr beiden schon so wild darauf seid mir zu helfen, dann könnt ihr nochmal die Budgetliste durchgehen. Irgendwie wurde nur ein Bruchteil von dem bewilligt, was uns sonst zur Verfügung stand.“ Er reichte den dicken Ordner zu Mac über den Schreibtisch, welche einen kurzen Blick hinein warf und die Papiere dann an Sturgis weiter reichte, welcher es sich mittlerweile im zweiten Besuchersessel bequem gemacht hatte.
„Oh man!“, entfuhr es dem dunkelhäutigen Commander als er die Zahlen sah. „Weiß der Admiral davon?“ „Nein, noch nicht. Als er heute Nachmittag kurz anrief wegen seiner Ermittlungen, hatten wir keine Zeit um darüber zu reden. Und lebensmüde bin ich im übrigen auch nicht, Sturg!“, stellte Harm klar. Mehr brauchte er nicht zu sagen, seine beiden Freunde konnten sich auch so denken wie das Gespräch verlaufen war. „Das heißt nichts Gutes. Hat er denn etwas darüber gesagt, wie es dem Gunny geht?“
Zwei Augenpaare blickten Captain Rabb aufmerksam an, hatte sich doch die Nachricht von Garlindez Verwundung wie ein Lauffeuer herum gesprochen bei J.A.G. „Naja, er hat nur gemeint dass er einen deutschen Schutzengel hatte, trotzdem hat es ihn übel erwischt. Schußverletzungen dem Vernehmen nacht. Er wird wohl einige Wochen Krankenhaus vor sich haben. So wie es den Anschein hat, hat irgendwer die Marines in eine Falle gelockt. Chegwidden tippt auf einen Maulwurf oder ein Leck in der Einsatzplanung.“
Die drei Offiziere tauschten einen Blick der besagte, dass sie alle das Gleiche dachten. „Ich glaube wir sind uns alle einig in unserer Vermutung, dass es sich wohl um einen ganz speziellen Mann handeln muss, dessen Planungen ja grundsätzlich schief gehen.“, sprach Sturgis das aus, was alle dachten. „Und ich habe gedachte, die CIA hat ihn endgültig nach Feuerland versetzt, nach dem letzten Fiasko!“ Harms Augen glitten zu Mac hinüber während er das sagte, um besorgt an ihr hängen zu bleiben.
Sie erwiederte seinen Blick, sie hatte es Harm nie gesagt aber sie war dankbar dafür, dass er sie damals aus Paraguay herausgeholt hatte. Sturgis beobachtete die beiden heimlich, er war jedesmal aufs Neue fasziniert davon, dass sich seine Freunde ohne Worte miteinander unterhalten konnten. Er entdeckte zufällig eine Uhr als er beschloss aufzustehen und sich zu verabschieden. „Ich nehm die Unterlagen mit, Harm und gehe sie mal durch. Varece ist ja in Chicago, also habe ich genügend Zeit dafür. Wir sehen uns morgen.“
„Ist gut, Sturg.“ „Gute Nacht, Sturgis.“, verabschiedete sich auch Mac von ihm. Keine Minute später waren Harm und Mac auch schon alleine in Chegwiddens Reich. Commander Turner kehrte in sein Büro zurück, schnappte sich seinen Mantel, die Mütze und seine Aktentasche als ihm einfiel, dass er PO Coates noch einen Schriftsatz auf den Schreibtisch legen wollte, den sie am nächsten Morgen unbedingt als erstes erledigen musste.
Die Tür zu Chegwiddens Büro hatte er vorhin aus Versehen nur angelehnt gehabt, weshalb Macs gedämpfte Stimme jetzt an sein Ohr drang. „Harm, das mit der Ohrfeige tut mir leid.“ Commander Turner sah von der Nachricht auf, die er im Begriff war für Coates zu schreiben damit sie wusste, was sie zu beachten hatte. Er war hellhörig geworden. Hin- und hergerissen zwischen seiner guten Erziehung und der Neugierde, die ihn befallen hatte, stand er da und schaute ungläubig auf das Papier in seinen Händen.
>Mac hat Harm eine Ohrfeige gegeben? Jesus, was ist da zwischen den beiden passiert?<, fragte er sich ungeduldig. Dies war auch der Punkt, an welchem seine Neugierde endgültig über seine Erziehung siegte und er sich schleichend der Tür näherte. >Mum und Dad würden mich umbringen, wenn sie wüssten dass ich meine Freunde belausche.< Einen Augenblick lang war es still im Büro des J.A.G., dann konnte Sturgis Harms leise Stimme hören:“Schon okay, Mac.“ Wieder entstand eine kleine Pause.
„Ich hatte sie ja mehr als verdient, ich hab mich verhalten wie der letzte Idiot, und nicht wie sich ein Harmon Rabb jr. Sonst so verhalten würde.“ „Harm, ich..“, konnte Sturgis Macs Stimme hören, doch sie wurde sofort wieder unterbrochen. „Mac, nein, bitte hör mir zu.“ Erneut war wieder Ruhe in dem Büro eingetreten, hätte Commander Turner durch den Türspalt gelinst, hätte er gesehen wie Harm mittlerweile neben Mac im zweiten Besuchersessel saß und ihre Hände in die seinen genommen hatte., dabei ihre Augen mit den seinen fixierend.
„Sarah, es tut mir leid wie ich mich verhalten habe nachdem wir, ich meine, es war nicht richtig von mir es tot zu schweigen.“, brach es aus Captain Rabb heraus. „Ich weiß auch nicht was mich geritten hat an dem Morgen, ich...“ „Schscht.“, war es jetzt Mac die ihn unterbrach. „Habe ich mich etwa dagegen gewehrt? Wir wollten es doch beide. Vielleicht haben wir die körperliche Nähe an dem Morgen einfach gebraucht.“ Sturgis stand vor der Tür, er war unfähig sich zu bewegen.
Das eben Gehörte war so ungeheuerlich für ihn, er konnte es nicht fassen. >Haben die beiden etwa endlich mal miteinander geschlafen? Sie haben es getan! Oh Gott, die sind wirklich Weltmeister darin, sich in Schwierigkeiten hinein zu manövrieren! Wenn das der Admiral mitbekommt, dann sind sie erledig. Fraternisierung triffts wohl dann am ehesten.< Commander Turner fühlte, wie ihm sein Herz bis zum Halse schlug und er schwitzige Hände bekam.
Der sonst so korrekte Navy-Commander griff sich in den weißen Hemdkragen um ihn zu lockern, irgendwie fühlte er sich eingeschnürt. >Verdammt, die beiden schlafen miteinander, Mac gesteht mir dass sie Harm liebt, aber beide Dickschädel machen mit diesen Schauspielern rum! Das ist doch zum Haare raufen. Was denken die sich eigentlich? Wie kann man nur so einen Mist fabrizieren?< So in seine Gedanken vertieft, vergaß Sturgis weiter zuzuhören. Er musste das alles ersteinmal verdauen.
Eines war ihm jedoch vollkommen klar, er würde nicht derjenige sein, der seine Freunde ans Messer der Justiz liefern würde. >Bei aller Korrektheit und Loyalität der Navy gegenüber, aber das werde ich nicht machen. Das bringe ich nicht übers Herz. Aber bei Gelegenheit werde ich ihnen die Meinung geigen dass sie meinen den Admiral höchstpersönlich vor sich zu haben!“ Hätte jemand in diesem Moment das finster entschlossen dreinblickende Gesicht des Commanders gesehen, er wäre unweigerlich geflüchtet.
Sturgis bekam gerade noch mit, wie Harm zu Mac sagte dass er jetzt auch langsam gehen werde, da ihn zu Hause Mattie mit einem Aufsatz über Generalfeldmarschall Rommel auf ihn wartete. Eiligst verschwand Turner durchs Treppenhaus nach draußen auf den Parkplatz um in seinen Wagen zu springen und vom Hof zu brettern. Er bekam so nicht mehr mit, wie Mac Harm zum Abschied umarmte, unendlich froh darüber dass sie ihren Streit zumindest vorläufig begraben hatten.
Sie hatten sich darauf geeinigt, ihre Duelle wieder in teilweise heftigen Debatten im Gerichtssaal auszutragen. „Willst Du mit uns essen, Marine?“ Auf Macs Gesicht erschien ein mehr als breites Grinsen, sie konnte sich jedoch die Antwort sparen, denn ihr Magen übernahm diesen Part für sie. Das Grummeln war so laut, dass Harm auflachen musste. „Also gut, gehen wir den hungrigen Marine füttern!“ Captain Rabb schnappte sich noch seine Tasche und Mütze, wartete geduldig vor Macs Büro bis sie ebenfalls ihre Sachen geholt hatte und verlies gemeinsam mit ihr das J.A.G. HQ.
13.05 Uhr Zulu-Zeit
J.A.G. HQ
Falls Church, Virginia
„Achtung! Admiral an Deck!“, hallte die laute Stimme eines Petty Officers durch das Bullpen des J.A.G.-Hauptquartiers als Admiral Chegwidden durch die Glastüren trat. Es war kurz nach acht Uhr morgens und jetzt eine Woche her, dass er von Italien aus die Ermittlungen bezüglich der Afghanistan-Angelegenheit aufgenommen hatte. „Weitermachen!“, wie er den PO an bevor er weiter in Richtung seines Büros ging. „Guten Morgen, Admiral.“ „Guten Morgen, Coates.“
„Ich habe Ihnen die wichtigsten Akten auf den Tisch gelegt, der SecNav ittet um Rückruf wegen dem Haushaltsplan und die Liste mit den anstehenden Tagungen bringe ich Ihnen in circa 15 Minuten.“ >Oh Gott, am Besten ich erschieß mich sofort!“, ging A.J. anhand dieses Redeschwalls seiner Vorzimmerdame und dem Anblick seines überladenen Schreibtisches durch den Kopf. „Ihren Kaffee bring ich Ihnen sofort, Sir.“ Admiral Chegwidden, noch immer im Mantel, blickte von seinem Schreibtisch auf.
„Danke, Coates.“ „Es ist schön das Sie wieder da sind, Sir. Ich hoffe Sie haben sich etwas erholen können.“ Brummig grinsend sah Chegwidden von seinem Aktenkoffer, welchen er auf den Schreibtisch gestellt hatte, auf. „Danke, Coates. Das konnte ich sehr gut.“ Jennifer schenkte ihm ein Lächeln, blieb aber noch im Raum stehen. „Sonst noch etwas, Petty Officer?“ „Nein, Sir.“ A.J. nickte. „Wegtreten! Und sagen Sie Rabb, Turner und MacKenzie bescheid, sie sollen sich bei mir melden sobald sie eintreffen!“
„Aye Aye, Sir!“ Jennifer nahm kurz Haltung an und zog sich zurück, um den erhaltenen Befehl auszuführen und Chegwiddens Kaffee zu holen. Als sie kurz darauf ein Tablet mit Tassen und der Kaffeekanne auf des Admirals Schreibtisch abstellte, fiel ihr auf das ihr Kommandierender Offizier seinen Akademiering jetzt an der linken Hand trug und dass sich an dessen angestammtem Platz stattdessen ein schmaler Goldreif um den Finger schlang. Jennifer Coates bekam große Augen, lies sich jedoch nichts anmerken.
Dann fiel ihr ein silberner Rahmen auf, welcher seither nicht auf dem Schreibtisch des Admirals gestanden hatte. Unauffällig riskierte sie einen Blick darauf während sie vorgab, mit der Kaffeekanne beschäftigt zu sein. Das Bild darin zeigte den Admiral, links und rechts von ihm jeweils eine Frau im Arm. Die beiden Frauen schmiegten sich glücklich lächelnd an ihren Vorgesetzten. In der oberen linken Ecke des Rahmens war ein kleineres Foto eingeschoben, ein frischgeborenes Baby in einem weißen Strampelanzug war darauf zu erkennen.
>Wer ist das?<, fragte sie sich überrascht. Doch der Admiral riss sie aus ihren Gedanken:“Haben Sie mir die Tagungsliste auch dazu gelegt, Coates?“ „Ja, Sir. Hier ist sie.“ Der Admiral nahm die Mappe die ihm Jennifer entgegen hielt und widmete sich wieder seinem Aktenstudium. „Sonst noch etwas, Coates?“, brummte er in seinem typischen Tonfall nach kurzem hervor, hatte er doch bemerkt wie sein Yeoman noch immer neben seinem Schreibtisch stand. „Äh, nein, Sir.“
Leicht errötend nahm Jen ein weiteres Mal kurz Haltung an um sich dann zu beeilen aus dem Büro ist CO´s zu kommen bevor der noch schlechte Laune bekam. Coates beschloss nachzusehen, ob Commander Turner, Lt. Colonel MacKenzie und Captain Rabb bereits da waren. Das Entdeckte ging ihr dabei noch immer im Kopf herum. Keine fünf Minuten später trafen sich die drei Offiziere im Bullpen, innerlich darauf gefasst dem Admiral Bericht über die Ereignisse der letzten beiden Wochen zu erstatten.
„Mal sehen wie die Stimmung ist.“, scherzte Sturgis, etwas was er selten auf der Arbeit tat. „Theoretisch würde ich sagen, gut. Kommt ja warscheinlich eher drauf an, in wie weit ihn der SecNav genervt hat!“ „Oder was Du so angestellt hast, Sailor.“, konterte Mac Harms Worte. Auf dessen Gesicht erschien ein breites Flyboygrinsen, was ihr weiche Knie bescherte. „Ich stell doch nie etwas an, Mac! Ich bin der Allerbrävste.“ „In deinen Träumen vielleicht, Harm.“
Commander Turner verdrehte bei dem Geplänkel seiner beiden Freunde nur die Augen und konnte es einfach nicht fassen. >Wieso kriegen die beiden es nicht auf die Reihe?<, stellte er sich, wie schon so oft in den letzten Tagen, ein weiteres Mal diese Frage. Doch er hatte keine Zeit mehr für tiefschürfende Gedanken, sie hatten das Büro Admiral Chegwiddens erreicht, traten ein, schlossen die Tür hinter sich und bauten sich vorschriftsmäßig vor dem schweren Eichenschreibtisch auf. „Commander Turner, Lt. Colonel MacKenzie und Captain Rabb melden sich wie befohlen, Sir!“, übernahm Harm als ranghöchster der drei die Meldung.
Admiral Chegwidden legte seinen Kugelschreiber zur Seite und sah die drei Offiziere über den Rand seiner Lesebrille hinweg an. „Rühren! Und setzen Sie sich.“ Der Ex-Seal wartete einen Augenblick bis Sturgis sich einen Stuhl herbeigezogen und ebenfalls Platz genommen hatte, bis er nach einem kurzen aber intensivem Blick auf jeden einzelnen der drei begann:“Nun, ich weiß ja nicht wie Sie es angestellt haben, aber Secretary Sheffield hat mir soeben berichtet dass die von ihnen überarbeitete Haushaltseingabe in vollem Umfang genehmigt wurde.“
Über die drei Gesichter huschte ein kaum merkliches Grinsen, alle wussten dass der Hauptverdienst daran Sturgis zukam. „Gut gemacht.“ Anerkennend nickte Chegwidden den dreien zu. „Danke, Sir.“, kam es im Chor zurück. „Leider hat mir Sheffield auch unangenehmes zu berichten gehabt.“ Augenblicklich machte sich ein unbehagliches Gefühl bei jedem der drei Offiziere breit, der Tonfall ihres Vorgesetzten verhies nichts Gutes. Sie konnten sich auch denken warum.
Chegwidden kramte in seinen Notizen herum und fuhr dann brummig fort:“NCIS-Director Sheppard hat sich über sie drei beschwert, wegen mangelhafter Zusammenarbeit!“ A.J. lehnte sich in seinem Bürosessel zurück und verschränkte die Arme vor der Brust. Seine Augen schienen jeden der drei Offiziere zu durchbohren, etwas, was die Hemdkrägen jedes einzelnen mit einem Schlag eng werden lies. Einen kurzen Blickwechsel später war es schließlich Mac, welche zu einer Antwort ansetzte bevor ihr CO noch die Geduld verlor.
„Admiral, Agent DiNozzo wollte die Genehmigung eines DNA-Abgleichs für die Datenbank der Streitkräfte haben. Dies habe ich ihm unter dem Hinweis auf die bestehenden Vorschriften verweigert.“ „Dann kam er mit dem gleichen Anliegen zu mir, doch ich habe es ebenfalls abgelehnt. Es entwickelte sich eine etwas hitzige Debatte in meinem Büro, worauf er dann den Rückzug angetreten hat.“ Mit einer Hand am Kinn hatte der Admiral bisher schweigend zugehört, er kannte diesen DiNozzo natürlich auch.
„Und wie kommen Sie da ins Spiel, Rabb?“ Harm straffte sich unbewusst ob der schroffen Stimme seines kommandierenden Offiziers. „Keine Stunde später erschien dann Gibbs höchstpersönlich bei mir in ihrem Büro, Sir. Er wollte das Gleiche wie DiNozzo. Gibbs hatte wohl noch zu wenig Kaffee intus und war stinksauer, soch Sie kennen ja die Vorschriften bezüglich des Abgleichs der Datenbank mit DNA-Spuren, die nicht einem toten Soldaten gehören. Jedenfalls habe ich ihm den Zugriff verweigert.
Es gab dann ein e mehr oder weniger konstruktive Diskussion zwischen uns, dass Ergebnis war dass er gegangen ist.“ Mit einer Mischung aus hoffen und bangen schaute Harm den Admiral an, er traute sich nicht Spekulationen darüber anzustellen, was jetzt auf ihn und die anderen beiden zukommen würde. „Admiral, es ist vielleicht noch erwähnenswert dass ich DiNozzo eine Abfuhr erteilt habe. Als er mit Argumenten bei mir nicht weitergekommen ist, hat er es mit seinem Charme versucht.“
Mac konnte sich ein Grinsen nur sehr schwer verkneifen, das Gesicht des NCIS-Abgents war einfach nur zum schiesen gewesen als sie ihm erklärt hatte, dass er sich nicht um ein Date mit ihr bemühen brauchte. Selbst Sturgis schmunzelte schadenfroh und um Harms Mundwinkel zuckte es verräterisch. Aufmerksam geworden fragte der Admiral noch immer brummig dazwischen:“Und was genau haben Sie zu ihm gesagt, Colonel?“ „Dass ich Maschinen benötige und keine Ersatzteile, Sir!“
Harm und Sturgis konnten sich jetzt nicht mehr zurück halten und prusteten los während Mac schadenfroh grinste und sogar der Admiral lächelnd mit dem Kopf schüttelte. >Da wär ich zu gern dabei gewesen, das Gesicht war bestimmt sensationell.< Doch er kehrte sofort wieder in seinen Seal-Modus zurück. „Wenn ich die Sache also zusammenfasse, dann ist ihre, in diesem Fall berechtigte Sturrheit, auf Gibbs´ Dickschädel und DiNozzos Halsstarrigkeit getroffen.“
A.J. beugte sich etwas nach vorne und faltete seine Hände auf der Tischplatte. „Dann werde ich den SecNav davon in Kenntnis setzen. Ich erwarte ihren schriftlichen Bericht heute Nachmittag auf meinem Schreibtisch.“ „Aye Aye, Sir.“ „Das wär dann alles. Wegtreten!“ Die drei Offiziere beeilten sich aufzustehen, Haltung anzunehmen und das Büro ihres Vorgesetzten zu verlassen. Doch weiter als bis zur Teeküche kamen sie nicht, Petty Officer Coates hielt sie auf indem sie mit hektischen Handbewegungen fuchtelnd ihnen deutete, herein zu kommen und die Tür hinter sich zu schließen.
„Was gibt's denn, Coates?“ Commander Turner war etwas verwundert, kannte er doch so ein Verhalten nicht von ihr. „Sir, es ist mir etwas peinlich und ich möchte auch nicht unangenehm auffallen, aber ich wollte fragen ob Sie eine Ahnung haben ob beim Admiral Glückwünsche angebracht sind.“ Sturgis schaute etwas verdattert aus der Wäsche, irgendwie konnte er der jungen Frau vor sich nicht so richtig folgen. Auch Harm und Mac warfen sich erstaunte Blicke zu, Jen sprach nicht nur in Sturgis Augen in Rätseln.
„Was meinen Sie, Coates?“ „Ma´am, der Admiral trägt seinen Akademiering an der anderen Hand als sonst, stattdessen sitzt an dem angestammten rechten Finger ein Ehering!“ >Ob er und Marcella sich wieder vertragen haben?<, schoss es Harm durch den Kopf kaum dass diese Worte gesagt waren. Dabei sah er Mac lächelnd an. >Ist der Admiral so verrückt und hat sie gleich geheiratet?< Macs Augen blickten tief in Harms, drohten in diesem unergründlichen Blau ein weiteres Mal zu versinken.
Auf ihren Lippen erschien ebenfalls ein Lächeln. Dieser intensive Blickkontakt blieb Commander Turner nicht verborgen, er zählte eins und eins zusammen und auf enmal wurde ihm auch lar, auf was der Petty Officer hinaus wollte. Doch bevor er etwas sagen konnte, ging die Tür auf und eine genervte Lt. Harriet Sims-Roberts stürmte herein. „Ich wüsste zu gerne, was den Admiral heut geritten hat!“, schimpfte sie los, ohne die anderen Kollegen in der kleinen Teeküche auch nur wahr zu nehmen.
Diese grinsten im Kollektiv vor sich hin, war es doch extrem selten dass man das Organisationstalent des J.A.G.-HQ´s aus der Ruhe bringen konnte. „Was hat er denn angestellt, Harriet?“, war es am Ende Commander Turner, der seine Neugier nicht mehr zügeln konnte. „Entschuldigen sie, Sirs, Ma´am.“, fuhr der blonde Lieutenant erschrocken herum. „Ich wollte keinesfalls respektlos erscheinen, aber Admiral Chegwidden hat mir gerade die Konferenzmappe mit dem Befehl zurück gegeben, dass er bei sämtlichen Tagungen in diesem Jahr höchstpersönlich Anwesend sein möchte!
Das hat er in den ganzen Jahren hier noch nicht einmal getan. Eineinhalb Wochen Überredungskünste und betteln von hier bis zu den Pinguinen umsonst um diese Aufgabe weiter zu delegieren! Noch dazu soll ich ihm jedes Mal eine zwei-Personen Unterkunft besorgen.“ „Soweit ich die Unterlagen überflogen habe, sind doch die meisten dieser Konferenzen in Europa, oder täusche ich mich da, Harriet?“ „Nein, Captain.“ Harm lehnte sich gegen die Arbeitsplatte zurück, verschränkte die Arme vor seiner Brust und grinste sein bestes Flyboygrinsen.
„Du meinst, er hat sich verliebt?“ Auch Mac begann jetzt von einem Ohr zum anderen zu grinsen. „Könntet ihr beiden uns vielleicht mal aufklären um was es geht?“ „Ganz einfach, Sturgis. Es geht um die vielleicht-Mrs. Chegwidden. Den Admiral scheints mächtig erwischt zu haben!“ Commander Turners Gesicht war sensationell, er hatte die Augen weit aufgerissen, sein Mund stand offen und man konnte ihm ansehen wei sein Gehirn versuchte, das Gehörte zu verarbeiten.
Harriet und Jen ging es dabei aber keinen Deut besser, sie kämpften ebenfalls darum das Gesagte zu verdauen. „Dann müssen wir ja noch sammeln für ihn!“, entfuhr es Harriet voller Entsetzen. Die hoffnungslos-romantische Seele des J.A.G.-Corps war sofort Feuer und Flamme bei dem Gedanken, wurde jedoch von Mac sofort wieder eingebremst:“Noch wissen wir nichts genaues, Lieutenant!“ „Aber er trägt einen Ehering, Ma´am.“ „Das müssen wir noch genauestens aufklären, Coates.“
„Nicht dass wir uns wieder so in die Nesseln setzen wie mit Miss Cavanaugh damals.“ Mac hatte noch immer ein schlechtes Gewissen wenn sie daran dachte, dass sie es gewesen war, die den Admiral und die Shakespeare-Professorin einander vorgestellt hatte. „Bei der Sache mit dem Aufklären stimme ich Harm zu. Coates, Sie sitzen an der Quelle. Halten Sie die Augen und Ohren offen. Und solang schlage ich vor, halten wir uns mit unseren Aktionen zurück. Wir müssen ja nicht mit aller Macht den Zorn eines Admirals auf uns ziehen!“
Commander Turner hatte zu seiner sonst üblichen Selbstsicherheit und Coolness zurück gefunden, die ihm kurzfristig doch etwas abhanden gekommen war. „Aye Aye, Sir. Ich werde sehen was ich herausfinden kann.“ >Und das wird bestimmt etwas sein. Ich muss es nur geschickt anstellen.<, begann sich der Petty Officer einen Plan zurecht zu legen. Auch Harriets Augen strahlten wieder, ihr romantisches Herz sagte ihr, dass sie schon noch in Erfahrung bringen würde was es mit den Konferenzen und dem geheimnisvollen Ring des Admirals auf sich hatte.
„Okay, dann denke ich sollten wir uns langsam wieder an die Arbeit machen, bevor der Admiral Wind von der Sache bekommt. Und wir drei setzen uns besser an den Bericht über Gibbs.“ Sturgis und Mac nickten zustimmend und verliesen, Harm folgend, die Teeküche um sich so unauffällig wie möglich in ihre Büros zu schleichen, von dem eben gehaltenen Kriegsrat musste nicht unbedingt die ganze Belegschaft wissen.
02.27 Uhr Zulu-Zeit
Haus der drei Schauspieler
Lawton Street
Washington D.C.
Müde und abgekämpft schloss Julia die Haustür auf, den schweren Seesack über der Schulter hängend und die Füße in unförmigen Kampfstiefeln steckend. Es war ihr erstes freies Wochenende nach zwei Wochen Grundausbildung, das Erste hatte ihnen Gunny Hartman mit Strafdienst in Form von Schneeschippen auf dem Stützpunkt versaut gehabt, war doch ein neuerlicher Schneesturm über die amerikanische Ostküste hereingebrochen.
Julia warf ihren Seesack in die nächstbeste Ecke des Flures, die Mütze auf die Garderobe und setzte sich auf den Boden um die Stiefel auszuziehen. Brad und George taten es ihr gleich und zu dritt liesen sie sich in ihren Tarnuniformen auf die bequeme Couch im Wohnzimmer fallen. „Das ist die bisher härteste Vorbereitung für einen Film, die ich jemals gemacht habe!“, stöhnte Brad auf. Er hatte noch immer eine ganz ordentliche Beule seitlich am Schädel, die ging nur langsam zurück. „Ich stimme voll und ganz zu!“, murmelte Julia schläfrig.
„Schlimmer war nur die Theorie für Emergency Room damals.“, kam es auch leise von George. „Aber ein Gutes hat die Schinderei, den Fitnesstrainer können wir uns die nächsten Monate sparen.“ „Vor allem kann die Presse nicht schreiben, dass wir außer Form beim Oscar auflaufen!“ Clooney grinste dabei von einem Ohr zum anderen seine beiden Kollegen an. „Kriegen wir da eigentlich frei? Die Verleihung ist ja unter der Woche und wenn ich es gerade richtig in Erinnerung habe, dann stecken wir da mitten im Nahkampftraining.“
Brad drehte seinen Kopf etwas in Julias Richtung und antwortete grinsend:“Gibs zu, Dir wär es lieber wenn wir da nicht hin müssten, Jules. Blaue Flecken machen sich nicht so gut auf dem Pressebild wenn man dazu eine Designerrobe trägt.“ „Pft, Männer!“, entgegnete die rothaarige Brad. „Im Ernst, ihr zwei. Wenn wir uns da nicht blicken lassen, dann gibt's eh nur noch mehr Wirbel. Wir sind ja jetzt schon bis auf die Paparazzibilder so gut wie komplett von der Bildfläche verschwunden.“
„Jules hat völlig Recht, Brad. Wenn wir uns nicht beim Oscar sehen lassen, fangen die an Mißtrauisch zu werden und nach uns zu suchen.“ „Und Harm und Mac werden keine ruhige Minute mehr haben, mal ganz davon abgesehen das es mächtigen Ärger mit dem Admiral, Steven und dem Pentagon geben wird.“ Die Schauspielerin fixierte ihren blonden Kollegen und Freund regelrecht mit ihren müden Augen. Resignierend hob dieser die Hände und lies seinen Kopf gegen die Couchlehne zurück sinken.
„Ganz zu schweigen davon was passiert, wenn die das mit Mattie und mir rauskriegen.“ „Du meinst abgesehen von der Tatsache, dass Du dann ein toter Mann bist?“, George konnte es nicht lassen, er musste einfach fies von einem Ohr zum anderen Grinsen. Sein verliebter Freund gefiel ihm nämlich um Welten besser als der von Liebeskummer geplagte. „Oh ja, Harm wird Dich in Fetzen hauen und anschliesend verklagen!“; schlug Julia in die selbe Kerbe.
„Auf eine Rakete schnallen und diese von einem Kampfjet aus abfeuern wäre auch noch eine Optien.“ „Oder den Haien zum Fraß vorwerfen, George.“ „Danke d das ihr mir mein Schicksal so bildhaft vor Augen führt! Ich streich euch dann mal aus meinem Testament heraus.“ Der blonde Schauspieler stand auf und machte sich auf den Weg nach oben um sein Bett zu richten, er blieb aber in der Tür stehen und drehte sich nochmals um:“Ich weiß selber dass Harm mich umbringt, wenn er das mit Mattie und mir erfährt.“
Dann wechselte er abrupt das Thema um die Spötteleien etwas einzudämmen:“Wisst ihr, ein Gutes hat diese Uniform ja, wir können wie vorhin Bahn fahren und durch die Stadt gehen, ohne das uns irgendjemand erkennt.“ „Das stimmt, ist richtig lustig gewesen mal wieder in der Holzklasse unter normalen Leuten zu sein.“ Dabei lehnte Julia ihren Kopf gegen Georges Schulter und schloss einen Moment lang die Augen. Sein Aftershave stieg ihr dabei in die Nase und zauberte ein Lächeln auf ihr Gesicht. Sie mochte seinen Geruch schon immer gern.
Brad wollte gerade ansetzen um noch etwas zu sagen, als er vom Türklingeln unterbrochen wurde. Augenblicklich begann er zu strahlen, das konnte nur eine sein. Schwungvoll riss er die Haustür auf und augenblicklich machte sein Herz einen Hüpfer. „Mattie!“ Schneller als sie schauen konnte, hatte der Schauspieler sie in seine Arme gezogen und damit begonnen, sie zu küssen. Auch Mattie war an diesem Wochenende aus Annapolis nach Hause gekommen, sie musste Brad einfach sehen, musste sich davon überzeugen dass es ihm gut ging nach seiner Begegnung mit dem Baumstamm.
Nur widerwillig lies er sie los, von akutem Luftmangel dazu gezwungen. „Macht die Tür zu, ihr beiden Turteltauben. Ich muss nicht unbedingt den ganzen Schnee hier im Flur haben!“, maulte George aus dem Wohnzimmer hervor, mittlerweile einen Arm um die schlafende, noch immer an ihn gelehnte Julia gelegt. „Ist ja schon gut, brauchst aber nicht eifersüchtig sein, nur weil deine Mac und Harm noch auf diesem Flugzeugträger sind und erst morgen zurück kommen!“
Damit schloß Brad die Tür, nahm Mattie den Mantel ab, hängte ihn auf und führte sie nach oben. George, der nun mit Julia alleine im schwachen Licht der kleinen Stehlampe auf der Couch saß, begann damit seine Hand über ihren Rücken kreisen zu lassen während er nachdachte. Irgendwie fühlte sich der grauhaarige Schauspieler für sie verantwortlich, und das nicht erst seit sie mit der Grundausbildung begonnen hatten. Dabei hatte ihm in den letzten beiden Wochen öfters das Herz geblutet, wenn sie total fertig in ihre Unterkünfte geschlichen waren.
>Obwohl Jules ja auch regelmäßig läuft und Sport macht, hat sie es von uns dreien doch am Schwersten!< Liebevoll betrachtete er sich das schlafende Gesicht seiner besten Freundin, ein Anblick der in seinem inneren auf einmal ziemlich viele Gefühle durcheinander wirbelte. George konnte nicht anders, er hatte auf einmal den unglaublichen Drang, Julia küssen zu müssen. Ein weiterer, zärtlicher Blick glitt über das friedliche Gesicht der Schauspielerin bevor er sich etwas zu ihr beugte und fühlen konnte, wie ihr Atem sein Gesicht streifte.
Ihre Lippen lockten ihn, doch als er sie schon beinahe auf den seinen fühlen konnte bewegte sie sich etwas, so dass der Kuss auf ihrer Nasenspitze landete. Einen Augenblick lang betrachtete er sich Julia noch mit unglaublich zärtlichem Blick, ehe er sich zur Ordnung rief. Vorsichtig schob Clooney seine Arme unter Julias Knien und ihrem Rücken durch und hob sie sanft hoch um aufzustehen und sie nach oben zu tragen. „Na komm, ich bring Dich ins Bett, Jules.“, murmelte er ihr leise zu, doch sie rührte sich nicht.
Als er in ihrem Zimmer angekommen war, legte George sie behutsam aufs Bett, zog ihr die schweren Stiefel und das olivgrün gefleckte Überhemd aus, wie alle Marines trug die Schauspielerin darunter noch ein T-Shirt, bevor er sie zudeckte und sich nun auch auf den Weg in sein Bett machte. Grinsend nahm er das Kichern und Quieken aus Brads Zimmer war, einen Moment in Versuchung geratend, ob er klopfen und einen dummen Spruch loslassen sollte.
>Besser nicht, ich lass ihnen ihr Vergnügen. Ich bin ja froh, dass er so glücklich ist mit Mattie. Jen scheint wohl endgültig Vergangenheit zu sein. Hat ja auch lang genug gedauert, das Trübsal blasen.< Kopfschüttelnd ging der Hollywoodmann weiter, entledigte sich seiner Uniform und kroch unter die warme Decke in sein bequemes Bett. Kaum hatte er seine müden Knochen ausgestreckt, da fielen George auch schon die Augen zu. Die Anstrengungen forderten ihren Tribut.
14.33 Uhr Zulu Zeit
Admiral Chegwiddens Haus
Mc Lean, Virginia
A.J. war schon seit über drei Stunden wach, er hatte nicht mehr schlafen können und war bereits seine 10 Meilen durch Dunkelheit und Eis und Schnee gelaufen, doch wirklich besser fühlte er sich dadurch auch nicht. Sein Blick glitt auf den Kaminsims im Wohnzimmer, auf welchem er Bilder seiner Familie aufgestellt hatte. Er vermisste seine beiden Frauen bereits jetzt schrecklich, vor allem fehlte ihm Marcellas Nähe, ihre Berührungen und Küsse. Es machte ihn wahnsinnig, wenn er sie über die Webcam zwar sehen und hören aber nicht fühlen konnte.
Zu gerne hätte er sie im Arm gehalten, sie liebevoll geküsst und berührt. Gedankenverloren drehte er an seinem Ehering, er hatte ihn seit der Nacht in Mailand keine Sekunde vom Finger gegeben. Und das, obwohl er sich mehr als bewusst war, dass mittlerweile das ganze J.A.G. Corps und halb Washington dazu hinter seinem Rücken darüber spekulierte, was das zu bedeuten hatte. >Allen voran natürlich Coates und Harrie!< A.J. musste jetzt doch grinsen, insgeheim belustigten ihn ja die ganzen Spekulationen.
>Das Beste sind ja diese Verschwörungsrunden in der Kaffeeküche, bis jetzt haben sie es ja noch nicht bemerkt, dass ich heimlich lausche.< Ein leichter Stupser gegen seine Hand lenkte seine Aufmerksamkeit von dem Kaminsims schließlich auf sich, so dass der Admiral, als er den Blick zu boden senkte, in zwei treuherzige Hundeaugen schaute. „Na, Verdammt? Willst Du mich aufmuntern?“ Liebevoll begannen die Hände des ehemaligen Seals den Kopf des Schäferhundes zu kraulen.
Sofort begann dieser mit dem Schwanz zu wedeln und leise zu fiepen. „Ah, hier bist Du. Ich hatte schon die Befürchtung, unser kleiner Angelausflug müsste ins Wasser fallen, musste ich doch bis spät in die Nacht noch an diesem äußerst anspruchsvollen Bericht arbeiten!“, ertönte es im gleichen Moment durch das geöffnete Fenster von der Veranda aus. „Kein Problem, ich konnte sowieso nicht mehr schlafen, alter Freund. Komm rein!“ A.J. öffnete seinem Besucher die Verandatür und lies ihn herein.
Verdammt dabei am Halsband festhaltend damit er seinen Gast nicht sofort vor Freude umrannte. Doch dessen aufmerksame Augen hatten schnell festgestellt, dass den Hausherren etwas bedrückte. „Möchtest Du noch eine Tasse Tee?“ „Danke, das wäre sehr liebenswürdig von Dir.“ Die beiden Männer gingen in die Küche und setzten sich, die Augen des Gastes ruhten dabei stets auf dem Admiral, ihn aufmerksam beobachtend. „Also, was beschäftigt Dich so sehr, dass Du dem Anschein nach schon mehrere Nächte nicht mehr richtig geschlafen hast, Albert?“ Der Angesprochene drehte sich herum, stellte die Teekanne auf dem Holztisch ab und setzte sich.
„Wie kommst Du darauf?“ „Um Deine Augenringe erkennen zu können, muss man nicht Arzt sein, und diese sind definitiv vorhanden. Also?“ Doch der Admiral nippte nur an seinem Tee und starrte vor sich hin. „Hörzu, ich kenne Dich jetzt seit über 30 Jahren und es gibt glaube ich nichts aus Deinem Leben, das ich nicht weiß. Also raus mit der Sprache!“ „Du gibst nicht auf, was?“ Der Gast nahm jetzt ebenfalls einen großen Schluck aus seiner Tasse, schmunzelte dabei aber verräterisch. „Ich hab Liebeskummer.“ Aus dem Schmunzeln des Besuchers wurde ein verständnissvolles Lächeln anhand dieses leisen Geständnisses.
Er stellte seine Tasse ab und lehnte sich zurück. „Dann erzähl mir davon, mein Lieber. Reden erleichtert die Last des Herzens ungemein.“ Kopfschüttelnd begann der ehemalige Seal schlußendlich dann doch zu reden, er kannte die Hartnäckigkeit seines Gastes zu genüge und wusste, er würde ihn jetzt nicht mehr so schnell vom Haken lassen. Auf diese Weise kamen sie zwar erst gegen halb zwölf zum geplanten Angelausflug los, doch das störte die beiden nicht, schließlich würden ihnen die Fische nicht weg schwimmen.