Mittwoch, 03. Dezember
07:52 Ortszeit
JAG-Hauptquartier, Falls Church, VA
Den Aktenkoffer in der einen und eine Tüte mit zwei Muffins in der anderen Hand betrat Harm das Bullpen. Nachdem er den Koffer in sein Büro gebracht hatte, steuerte er die Küche an, wo er als erstes einen „ordentlichen“ Navy-Kaffee aufsetzte – mit zwei Löffeln Kaffeepulver extra.
Noch während er wartete, erschien Mac in der Tür.
„Hoppla.“ lachte sie, als sie den dunkelhaarigen Mann entdeckte.
Harm grinste. „Guten Morgen erstmal.“
„Ähm... guten Morgen, Flyboy.“ lächelte sie zurück. „Was machst du hier?“
„Kaffee kochen.“
„Kaffee kochen...“ echote sie.
„Jupp.“
„Konntest du nicht schlafen, oder ist dein Wecker kaputt?“
Er lachte. „Weder noch.“
„Und was machst du so früh hier?“
„Sagte ich doch schon: Kaffee kochen.“
„Haaarm...“
„Okay.“ Er hielt die Tüte mit den Muffins hoch. „Ich dachte, wir genießen das hier vor dem Meeting mit dem Admiral. Dazu gehört auch Kaffee.“
„Hast du mir etwa schon wieder einen Muffin mitgebracht?“
Er nickte. „Mhm.“
„Wieder Schoko?“ Sie begann zu strahlen.
„Aha.“
„Gestern... heute... was ist los mit dir?“
„Nichts. Ich wollte dir nur...“
„... eine Freude machen, ich weiß.“ fiel sie ein und lachte. „Du verwöhnst mich, Seemann.“
„Hast du was dagegen?“
„Nope. Aber pass auf, nicht dass ich mich zu sehr daran gewöhne.“ Ihre Augen funkelten amüsiert.
Er trat direkt neben sie. „Damit hätte ich auch kein Problem, Sarah MacKenzie.“ raunte er ihr ins Ohr.
„Ähm...“ machte sie irritiert und schnupperte diskret in Richtung seines Halses. Er roch so verdammt gut. Und flirtete schon wieder mit ihr.
Harm seinerseits inhalierte tief den Duft, der Mac umgab. <Gott, riecht sie gut...>
„Guten Morgen, Colonel, Commander.“ Buds Stimme holte beide wieder in die Wirklichkeit zurück.
„Morgen, Bud.“ antworteten sie unisono, nachdem sie hastig voneinander abgerückt waren.
Der junge Lieutenant war vollkommen auf seine Morgen-Dosis Kaffee fixiert und bekam gar nicht mit, dass seine beiden Mentoren vielleicht „ein wenig“ näher beieinander gestanden hatten als üblich. Auch dass sie bei seinen Worten eilig einen guten Meter Abstand zwischen sich gebracht hatten, entging ihm völlig.
„Wie geht’s den Kindern?“ Harm fasste sich als erstes wieder.
„Gut, Sir.“ Bud hatte sich seinen Becher eingeschenkt und wandte sich zum Bullpen. „Bis gleich, Ma’am, Sir.“
Verwundert starrten beide dem jungen Mann hinterher. „Was war denn das?“ fragte Mac verblüfft.
„Ich schätze, das war Koffein-Entzug der schlimmsten Form.“ lachte Harm. „Komm, gehen wir in mein Büro, Kaffee und Muffins genießen.“
„Sagtest du gerade „Muffins“?“
„Jupp.“ Er hielt die Tüte hoch. „Schoko für dich, Blaubeer-Cranberry für mich.“
„Mhmmm...“ Sie nahm ihren Becher und ging voraus.
In Harms Büro genossen sie dann den Kaffee, ihre Muffins und die Gegenwart des anderen.
Schließlich holte Mac tief Luft. „Wir müssen los, das Meeting ruft.“
„Egal was kommt, ein Highlight haben wir immerhin schon gehabt.“ grinste er und deutete auf die leere Muffin-Tüte.
„Hoffentlich bleibt das nicht das einzige Angenehme heute.“
„Und wenn schon, vielleicht finde ich dann ja noch was, um dich aufzumuntern.“
Verwundert starrte sie ihn an. „Harm?“
„Ja?“ Unschuldig grinsend sah er sie an.
„Was... uhm...“ Sie schüttelte den Kopf. „Ach... nichts...“ Ohne ein weiteres Wort zu verlieren verließ sie sein Büro und begab sich in den Besprechungsraum.
Harm schmunzelte und folgte ihr. Im Konferenzraum setzte er sich dann wie üblich neben sie und schaute in die Runde, als wäre nichts gewesen.
„Morgen, Leute.“ brummte der Ex-SEAL, als er den Raum betrat.
Stühlerücken, Fußgetrappel und ein mehrstimmiges „Guten Morgen, Sir!“ antwortete ihm, gefolgt von erneutem Stühlerücken und Fußgetrappel.
„Schon gut, schon gut, setzen Sie sich.“ winkte er ab und ließ sich von seinen Anwälten den Stand ihrer Fälle erläutern. Dann begann er, die neuen Fälle zu verteilen, was einige Zeit dauerte.
Schließlich blickte Chegwidden in die Runde. Die Junior-Offiziere hatten ihre neuen Fälle erhalten, jetzt kam das „Sahnestückchen“ an die Reihe: Ein Vergewaltigungsfall auf der Marine-Basis in Norfolk. Sein Blick blieb an Harm hängen.
„Das wäre alles, Leute.“ Der Ex-SEAL klappte seine Akten zu, blieb aber sitzen.
Die meisten erhoben sich, nur Mac sah verwirrt zum Admiral und dann zu Harm. Intuitiv waren beide sitzen geblieben.
Der zog ebenso irritiert die Stirn kraus. <Kein neuer Fall?> schien er sie zu fragen.
<Abwarten, Seemann. Da kommt noch was.> „telegrafierte“ sie.
Ihre wortlose Kommunikation funktionierte wie immer hervorragend.
„Colonel, Commander, für Sie habe ich auch etwas.“ Er schob jedem einen Aktendeckel zu. „Es ist eine ziemlich delikate Angelegenheit, die direkt vom Büro des SecNav kommt und absolute Priorität hat.“ Er sah sie bedeutungsvoll an. „Sie wissen, was das heißt?“
„Ja, Sir.“ nickten beide synchron. Es würden lange Bürozeiten auf sie zukommen, verbunden mit unter Umständen „peinlichen“ Befragungen der Beteiligten, die vermutlich von „höherem öffentlichen Interesse“ waren. Sonst hätte es keine Intervention des SecNav gegeben.
„Lesen Sie.“
Beide schlugen ihre Mappen auf und begannen zu lesen.
Nach knapp zwei Minuten pfiff Harm laut. „Wow.“
„Captain Krennick ist das Opfer, Sir?“ Mac blickte auf. „War sie nicht mal hier bei JAG?“
Ein süffisantes Lächeln umspielte Chegwiddens Mundwinkel. „Fragen Sie den Commander.“
„Sir...“ Harm setzte zu einer Erwiderung an, aber der Ausdruck im Gesicht des älteren Mannes belehrte ihn eines Besseren. Er seufzte laut.
„Bis kurz vor deine Versetzung ins HQ war Allison Krennick hier stationiert, Mac. Unter dem Admiral und seinem Vorgänger, Admiral Brovo.“ Er schielte zu seinem CO, aber der ließ keine Regung erkennen. „Damals war sie noch Commander. Eine knallharte Anwältin. Sehr ehrgeizig.“ <Und hinter mir her wie der Teufel hinter der armen Seele.>
„Ah, okay, danke.“ Sie widmete sich wieder ihren Unterlagen.
„Admiral, wissen Sie...“
Der Ex-SEAL unterbrach ihn. „Lesen Sie weiter, Harm.“
„Sir?“ Erstaunt blickte Harm seinen Vorgesetzten an.
„Weiterlesen, Commander.“
„Ja, Sir.“
Mac hatte mit einem Ohr dem „Schlagabtausch“ zugehört, derweil aber weiter gelesen. „Harm, kennst du einen Commander Rick Costner?“
„Wie bitte?“ Harm sah sie mit großen Augen an.
Sie deutete auf ihre Mappe. „Hier steht: Piloten-Ausbildung abgeschlossen 1986. War das nicht dein Jahrgang?“
„VERDAMMT!“ platzte es aus dem großen Mann heraus. Rasch überflog er seine Mappe. „SHIT!“
Nun riss sie ob seiner derben Ausdrucksweise die Augen auf. „Harm?“
Der ignorierte sie jedoch und sah seinen CO an. „Sie wussten davon, Admiral.“ Es war eine simple Feststellung. „Warum?“
„Commander...“ Chegwidden seufzte. Das würde schwerer werden als gedacht. „Wenn es nach mir gegangen wäre, hätten Sie von dem Fall allerhöchstens Kenntnis bekommen.“ Er beugte sich vor.
„Aber wie ich schon sagte, der Fall kommt direkt von Sheffields Büro. Anscheinend hat Captain Krennick ziemlich viel Wirbel verursacht. So viel, dass es bis nach ganz oben drang.“
„Sir, mit so etwas ist auch nicht zu spaßen.“ warf Mac ein. „Egal wie hochrangig Täter und/oder Opfer sind.“
„Natürlich nicht, Colonel.“ Er sah sie direkt an. „Daher übernehmen auch Sie die Anklage.“ Chegwidden wusste, was für ein „harter Knochen“ Mac in solchen Fällen war.
„Sir!“ Sogleich erhob Harm laut Protest, da er den – richtigen – Schluss gezogen hatte, ER sollte seinen alten Kameraden verteidigen. Rick war seinerzeit einer seiner besten Freunde gewesen. Sie waren immer noch gute Kumpel, auch wenn sie sich viel zu selten sahen. So ein Prozess würde ihre Freundschaft vermutlich empfindlich treffen, wenn nicht gar zerstören. Selbst wenn er Ricks Verteidiger wäre... das alles sah nach einer Schlammschlacht aus – mit sehr viel schmutziger Wäsche. Er wusste, wozu Allison Krennick fähig war, auch wenn sie dieses Mal nicht als Anwältin, sondern als Opfer/Zeugin vor Gericht erscheinen würde. „Mit allem nötigen Respekt, Admiral, das... das geht nicht!“
„Das geht sehr wohl, Commander.“ blaffte der Ex-SEAL zurück. „Noch bin ich hier der Chef. Und als dieser sage ich: SIE verteidigen. Keine Widerrede.“
„Aber, Sir... ich...“
„Vorsicht, Rabb!“ Chegwiddens Ton wurde leise, aber schneidend. „Ich sagte doch, KEINE WIDERREDE! Ich weiß, dass Sie Commander Costner kennen.“ Die dunklen Augen funkelten erbost. „Wenn es nach mir ginge, würde ich Ihnen den Fall sofort wieder entziehen.“
„Ja, Sir.“ Harm sah ein, dass er zu weit gegangen war, und senkte den Kopf. „Verstanden, Sir.“
„Leider ist Sheffield anderer Meinung.“ Chegwidden schnaubte verächtlich. „Er hat Ihnen eine Ausnahmegenehmigung erteilt, Commander. Trotz Ihrer Bekanntschaft mit dem Beschuldigten.“
„Ist denn das legal, Sir?“ meldete sich Mac zu Wort, auch um Harm aus der Schusslinie zu bringen. „Ich meine, das klingt doch sehr nach... nun ja... nach Mauschelei.“
„Ich weiß, Mac.“ Der Ton des Ex-SEALs wurde wieder sanfter. „Aber es gibt Präzedenzfälle. Außerdem sind Sie beide meine besten Leute.“ Er sah Harm an, der zwar immer noch aufmüpfig dreinschaute, sich aber in sein Schicksal zu fügen schien.
Mac wagte einen letzten Einwand. „Aber einer von uns WIRD gewinnen.“
„Haben Sie damit ein Problem, Colonel?“
„Nein, natürlich nicht.“ Sie schielte zu Harm. An seinen angespannten Kiefermuskeln konnte sie erkennen, wie sehr es in ihm arbeitete. „Sir, wenn ich gewinne, heißt es, Harm hätte seinen Freund nicht energisch genug bzw. nicht nach allen Regeln der Kunst verteidigt. Gewinnt er, wird sofort „War ja klar!“ gerufen.“
„Sheffield weiß das auch, Mac. Ihm geht es in erster Linie darum, dass äußerst erfahrene Anwälte den Prozess führen. Egal, wer gewinnt.“ Der Admiral lehnte sich zurück. „Sie beide sind nun mal das Beste, was ich zu bieten habe.“
<Ein Vorgesetzten-Lob tut doch immer wieder gut.> Mac schmunzelte. „Danke, Sir.“
„Was... ah... was wird die Presse sagen, Sir?“ Harm hob den Kopf. „Die werden doch laut „Schiebung!“ rufen, wenn ich Rick verteidige.“
„Wir müssen eben versuchen, den Ball so flach wie möglich zu halten, Commander.“
„Da kennen Sie Krennick aber schlecht.“ murmelte der Ex-Pilot.
Chegwidden kniff die Augen zusammen. „Wie bitte?“
„Verzeihung, Sir.“ Der Ex-Pilot sah seinen CO nicht an. „Aber Sie wissen doch, wie Allison ist. Wenn sie etwas zu ihrem Vorteil nutzen kann, dann macht sie das auch.“ Nun hob er doch den Kopf. „Ohne Rücksicht auf Verluste.“
<Allison?> Mac sah ihn erstaunt an. Natürlich hatte sie davon gehört, dass der damalige Commander Krennick hinter dem damaligen Lieutenant Harmon Rabb her gewesen war. Sie war sich immer sicher gewesen, dass da nichts dran gewesen war. Bis jetzt.
Der Admiral sah Harm nachdenklich, aber auch neugierig an. „Warum eigentlich haben SIE nie etwas gegen sie vorgebracht?“
„Wie bitte?“
„Commander, als ich hier anfing, waren Sie ein junger aufstrebender Lieutenant. Und Krennick eine gute, aber auch äußerst ehrgeizige Anwältin. Meinen Sie, ich habe nicht mitbekommen, wie sie hinter Ihnen her war?“
„Oh... ähm... na ja...“ Harm wurde rot. „Ich war ein kleiner Lieutenant, sie Commander. Den Tatbestand der sexuellen Belästigung hätte ich ihr nur schwer nachweisen können, Sir. Dazu war – oder ist – sie viel zu gerissen. Außerdem ist es nie so weit gekommen, dass ich etwas hätte sagen MÜSSEN.“
„Eine Frau hätte schon viel früher den Mund aufgemacht, Harm.“ Mac sah ihn herausfordernd an.
„Du warst doch noch gar nicht hier.“
Sie schmunzelte kaum merklich. „Ich habe aber so einiges gehört.“
<Guter Gott!> „Oh.“ machte er und schluckte. „Ihre Attacken waren eher... hm... verbaler Art, Mac.“ <Bis auf den Tag, wo sie bei mir duschen wollte.> Die Erinnerung an ihre Reaktion, als sie Maria Elena unter seiner Dusche entdeckte, amüsierte ihn selbst heute noch. „Unsittlich berührt hat sie mich jedenfalls nie. Allerdings hatte sie in der Hinsicht ein ziemlich lockeres Mundwerk.“
„Selbst das hätte eine Frau nicht lange geduldet.“
„Ich hab halt gedacht, ich werde auch so mit ihr fertig.“ Seinen CO hatte er unterdessen vollkommen vergessen.
Chegwidden schmunzelte trotz des ernsten Themas über den Schlagabtausch der beiden. „Was sich durch Krennicks Versetzung ja erübrigt hat, Commander.“
„Ja, Sir.“
„Commander Costner ist nach Washington gebracht worden und sitzt im Navy Yard in Untersuchungshaft. Harm, ich schlage vor, Sie nehmen ASAP Kontakt mit ihm auf.“
„Verstanden, Sir.“
„Colonel, Sie wissen, was Sie zu tun haben.“
„Natürlich, Admiral.“
Harm meldete sich noch einmal zu Wort. „Ah... Admiral...“ Er deutete auf seinen Aktendeckel. „Ich vermisse den Bericht der medizinischen Untersuchung.“
„Ist der nicht dabei?“
„Nein, Sir.“
<Vielleicht fehlt bei Harm ja nur die Kopie.> Mac überflog ihre eigene Akte. „Sir, bei mir fehlt er auch.“
„Ohne diesen Bericht können wir das Ganze vergessen, Admiral.“
„Ich weiß, Commander.“ Chegwidden seufzte. „Mal sehen, was ich tun kann.“
„Danke, Sir.“ kam es synchron von beiden Offizieren.
„Gut, Leute, an die Arbeit. Wegtreten.“
Beide erhoben sich. „Aye, aye, Sir.“ Dann verließen sie den Konferenzraum.
<Verdammt!> dachte Chegwidden. Ohne diesen Bericht stünde Aussage gegen Aussage. Und er traute Allison Krennick nicht ganz über den Weg. „Allison, was ist da los?“ murmelte er und erhob sich, um in sein Büro zurückzukehren.
Währenddessen waren Harm und Mac bereits im Bullpen angekommen.
„Bud, besorgen Sie mir einen Wagen, ich muss raus zum Navy-Yard.“ Harm klopfte dem jüngeren Mann auf die Schulter. „Und dann suchen Sie mir alles raus, was es über Captain Allison Krennick gibt.“
„Aye, Sir.“ Bud griff zum Telefon, stoppte aber. „Äh... sagten Sie „Captain Krennick“, Sir?“
„Ja.“
„DIE Allison Krennick, die mal hier stationiert war?“
„Genau die meine ich, Lieutenant.“
„Oh.“
Mac meldete sich zu Wort. „Machen Sie mir doch bitte eine Kopie davon, Bud.“
„Mac...“
„Harm, ich benötige diese Informationen ebenso wie du. Sie sind allgemein zugänglich, also nichts, was einer von uns verheimlichen könnte oder müsste.“
„Okay, okay.“ Harm sah sie an. „Du bekommst das Zeug.“ Er sah Bud an. „Sie haben den Colonel gehört, Lieutenant.“
„Aye, Ma’am, Sir.“ Er wählte die Nummer des Fuhrparks.
Mac wandte sich an den Ex-Piloten. „Erzählst du mir was über Captain Krennick?“
„Maaac...“ machte er gedehnt. „Da gibt es nicht viel zu erzählen.“
„Dann sag mir doch das, was du weißt.“ Sie zog ihn mit in ihr Büro und schloss die Tür. „Es muss ja nicht jeder mitkriegen, worum es geht.“
Er nahm in einem ihrer Besucherstühle Platz. „Die werden das noch früh genug erfahren.“
„Wer ist denn überhaupt noch hier aus der damaligen Zeit?“
„Nicht viele.“ Er seufzte. „Der Admiral und ich, dann zwei oder drei Petty Officers von oben...“
„Und Bud.“
„Nein, Bud war damals noch auf der Seahawk. Er hat Krennick erst im Verlauf der Ermittlungen zu Dianes Tod kennen gelernt.“
„Bud kannte Diane?“
„Yep.“ nickte er. „Sie dienten zusammen auf der Seahawk. Bud war es auch, der ihre... ahm... ihre Leiche fand.“
„Oh.“ Mitfühlend sah sie ihn an.
„Krennick wäre bereit gewesen, mich zu opfern, wenn es ihrer Karriere gedient hätte.“
„Dich zu opfern?“
„Mhm.“ Er nickte erneut. „Ich geriet sogar ins Visier dieses mysteriösen NCIS-Agenten namens Turkey.“
Nun konnte sie sich ein Kichern nicht verkneifen. „Turkey?“
„Jupp, Turkey. Mit Betonung auf der ersten Silbe.“ Sein Lachen klang reichlich gequält.
„Und warum hat der dich ins Visier genommen?“
Harm seufzte. „Weil er dachte, ich hätte Diane ermordet.“
„DU??? Ich dachte, es wäre dieser Holbarth gewesen?“
„Der war’s ja auch.“ Er sah sie nachdenklich an. Vor seinem inneren Auge tauchten wie einem schlechten Film die damaligen Szenen in Norfolk auf: Das nebelige Dock... Mac in weißer Navy-Uniform... der entsetzte Blick von Commander Holbarth, als er sie sah und dachte, Diane vor sich zu haben... sein schrecklicher Schrei, als das Schiff ihn zerquetschte... und zu guter Letzt: Der Kuss. Wobei der natürlich keinesfalls einem schlechten Film entsprungen war – im Gegenteil.
In der Tat hatte er zuerst „Diane“ geküsst. Doch sehr schnell hatte er festgestellt, dass der Kuss vollkommen anders war als alles, was er mit Diane erlebt hatte. Er hatte damals schon Gefühle für Sarah MacKenzie entwickelt gehabt, die weit über das hinausgingen, was unter Kollegen üblich war. Nur war er sich dessen nicht richtig bewusst gewesen. Bis eben zu diesem Kuss in Norfolk.
Mac sah in seinen Augen, wie die unterschiedlichsten Emotionen in ihm empor wirbelten und wieder im Gedächtnis versanken.
„Ich weiß, du hast sie sehr geliebt, Harm.“ meinte sie sanft.
Er nickte. Ja, er hatte Diane Shonke geliebt. Aber noch mehr liebte er die Frau, die vor ihm saß und ihn mit ihren schokoladenbraunen Augen mitfühlend ansah. „Ja, ich hab sie geliebt.“ meinte er dann leise. „Ich weiß nicht, ob aus uns etwas Dauerhaftes geworden wäre, aber so ein Ende hatte sie nicht verdient.“
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„So ein Ende hat niemand verdient.“
„Ich weiß.“ Harm sah sie an. „Sie war so unbeschwert, so fröhlich.“
Mac erkannte in seinen Augen den immer noch vorhandenen Schmerz. „Sie wird immer ein Teil deines Lebens sein, Harm.“
„Du wirst auch immer Teil meines Lebens sein, Sarah MacKenzie.“ flüsterte er.
Sie musste schlucken. „Ahm... ich... uh...“ stammelte sie verlegen.
„Sag jetzt nichts, Marine.“ Ein zaghaftes Lächeln erschien auf seinem Gesicht. „Alle hier werden Teil meines Lebens sein. Bud und Harriet, der Admiral, Tiner und der Gunny... sogar Singer...“ Das Grinsen wurde breiter. <Aber du ganz besonders, Sarah.> Wenn es nach ihm ginge, würde sie für den Rest seines Lebens eine sehr bedeutende Rolle spielen.
„Okay.“ Sie holte tief Luft. „Aber nun sollten wir uns wieder dem Fall zuwenden. Was kannst du mir über Krennick erzählen?“
Harm fand den abrupten Themenwechsel zwar alles andere als angenehm, wusste aber, dass sie Recht hatte. In den nächsten Minuten erzählte er ihr dann alles, woran er sich an die Zusammenarbeit mit dem damaligen Commander Krennick erinnerte.
„Mehr nicht?“
„Nope, das war im Großen und Ganzen alles.“
Mac grinste süffisant. „Wie war das denn mit ihrer „Jagd“ auf dich?“
„Du weißt davon???“
„Sagen wir mal so...“ Ihr Grinsen wurde breiter. „Die Flure hier im HQ munkeln und raunen einem schon mal etwas zu...“
„Guter Gott!“
„Wie war das denn jetzt mit Krennick und dir?“
„Mac, ich stehe doch nicht vor Gericht.“
„Nein.“ lachte sie. „Aber du bist quasi ein Charakterzeuge für Krennick.“
„Willst du mich etwa in den Zeugenstand rufen?“
„Nein, ich...“ Plötzlich durchzuckte sie ein Gedanke. <Was ist, wenn Costner auch von ihr bedrängt worden war, sich im Gegensatz zu Harm aber ermutigt gefühlt hatte, ihren Avancen nachzugeben? Sie hatte dann vielleicht einen Rückzieher gemacht, den er nicht akzeptieren wollte.> „Ah... Harm, ich glaube, es ist... na ja... vielleicht doch besser, wenn wir hier abbrechen.“
„Warum?“ Misstrauisch sah er sie an. „Denkst du wirklich daran?“
„Ich weiß es noch nicht.“ meinte sie ernst. „Eines kann ich dir dennoch verraten: Ihr Verhalten dir gegenüber KÖNNTE eine Rolle spielen.“
Er kniff die Augen zusammen und taxierte sie. „Oookay...“ meinte er gedehnt und erhob sich. „Klappt das mit unserem Lunch nachher?“
„Oh, das hätte ich fast vergessen. Sorry, Harm.“ Sie lächelte entschuldigend. „Wäre es schlimm, das zu verschieben? Ich werde mich in den Fall einarbeiten müssen.“
„Na gut.“
„Vielleicht morgen?“
Er zuckte mit den Schultern und öffnete ihre Bürotür. „Mal sehen.“
„Harm?“ rief sie leise, als er schon fast im Bullpen war.
Er drehte sich um. „Ja?“
„Bist du jetzt sauer?“
„Nein, ich bin nicht sauer.“ Der Ex-Pilot schenkte ihr ein beruhigendes Lächeln. „Ich hätte es nur schön gefunden, wenn du Zeit gehabt hättest. Mit dir macht die Mittagspause viel mehr Spaß.“
Sie lachte. „Die Aussicht auf Lunch mit dir ist auch wesentlich angenehmer als dieser Fall hier, das kannst du mir glauben. Aber du weißt doch, wie das ist.“
„Ich muss nachher ja selbst raus zum Navy-Yard, Rick befragen. Wir holen das nach, okay?“
„Versprochen?“
„Versprochen.“ Er grinste breit.
Ein strahlendes Lächeln antwortete ihm. „Okay.“
Mit einem letzten nachdenklichen Blick begab er sich dann in sein Büro und schloss die Tür. „Verdammt, Rick! Was ist da passiert?“ Er konnte sich nicht vorstellen, dass sein alter Freund so etwas getan haben konnte. Sie alle – von Sturgis vielleicht abgesehen – waren keine Kinder von Traurigkeit gewesen. In den frühen 80ern waren die Zeiten nun mal so unbeschwert gewesen – und sie jung und voller Tatendrang.
Ein Klopfen an der Tür ließ ihn aufblicken. „Ja?“
„Ihr Wagen ist für 13 Uhr reserviert, Sir.“ Buds Kopf erschien im Türrahmen. „Sie wollten doch Infos über Captain Krennick.“
„Kommen Sie rein, Bud.“ Er deutete auf einen Stuhl. „Was haben Sie rausgefunden?“
Der jüngere Mann schloss die Tür hinter sich und setzte sich. „Nachdem sie von hier wegversetzt wurde, hat sie die Leitung des JAG-Büros auf Guam übernommen. Seit einem halben Jahr ist sie wieder in den Staaten, in Norfolk.“
„Guam ist nicht unbedingt ein großer Schritt nach vorn.“
„Nein, Sir.“ Bud blätterte in seinen Unterlagen. „Alles in allem scheint sie dort aber gute Arbeit geleistet zu haben.“
Harm war keineswegs beeindruckt. „Das tun wir doch alle.“
„Allerdings gibt es eine merkwürdige Sache, bei der ihr Name erwähnt wird.“
Der Ex-Pilot lehnte sich vor. „Ja?“
„Auf Guam gab es einen Verdachtsfall der sexuellen Belästigung.“
„Verdachtsfall?“
„Ja, ein Lieutenant Marcy Vasquez.“
Harms Augenbrauen schossen in die Höhe. „Eine Frau???“
„Ja, Sir.“ Bud blickte ihn an. „Lieutenant Vasquez hat eine sexuelle Belästigung von Seiten Captain Krennicks gemeldet, diese Meldung aber später wieder zurückgezogen.“
„Steht da auch, warum?“
„Nein.“
„Und was soll Krennick verbrochen haben?“
Bud suchte die entsprechende Stelle und fing an zu kichern.
„Bud!“
„Sorry, Sir.“ Der jüngere Mann grinste immer noch. „Sie soll Vasquez unter der Dusche einen – ich zitiere – *einen geilen Körper* bescheinigt haben. Ihre genauen Worte waren wohl: *Kindchen, mit diesem geilen Körper und seinen Kurven machen Sie jeden Mann heiß. Und auch manche Frau. Passen Sie nur ja auf sich auf.*“
„DAS soll Krennick gesagt haben?“ Selbst Harm hatte Schwierigkeiten, ernst zu bleiben. <Die Wortwahl passt zumindest zu ihr.> dachte er schmunzelnd.
„Anscheinend.“
„Aber was macht Krennick mit einem kleinen Lieutenant gemeinsam unter der Dusche? Als Kommandant hat sie doch ein eigenes Quartier mit Bad.“
„Das steht hier leider nicht, Sir.“
„Finden Sie den Aufenthaltsort von Lieutenant Vasquez heraus, Bud. Ich schätze, ich muss sie deswegen befragen.“
„Aye, Sir. Sonst noch was?“
„Nein, Bud. Außer...“ Harm grinste breit. „Verraten Sie nichts dem Colonel. Das soll sie mal schön selbst herausfinden.“
„Ja, Sir.“ Ein wenig erstaunt sah er den höherrangigen Offizier an. In den letzten Tagen waren die beiden so nett und humorvoll miteinander umgegangen wie seit Monaten nicht mehr. Und nun wieder diese Arroganz?
Harm erhob sich. „Ich werde jetzt zum Navy-Yard rausfahren und Commander Costner befragen. Vielleicht kann Rick schon etwas Licht in die Sache bringen.“
„Sie kennen ihn?“
„Jupp. Wir waren zusammen in Pensacola. Und Rick ist nicht der Typ für so etwas.“
„Ah... Sir... was genau wird Commander Costner denn vorgeworfen?“
„Vergewaltigung.“
„Von Commander Krennick???“
„Allerdings.“ Der Ex-Pilot schloss seinen Aktenkoffer.
„Autsch.“ entfuhr es Bud. „Verzeihung, Sir, ich...“
Harm unterbrach ihn leise lachend. „Bud, meine Reaktion fiel noch ein bisschen drastischer aus – in Gegenwart des Admirals.“
„Autsch.“ machte der junge Mann erneut.
„Sie sagen es.“ Harm griff nach seiner Mütze. „Ich muss los.“
Bud erhob sich nun auch. „Commander, was mache ich denn jetzt mit Colonel MacKenzie?“
„Wieso?“
„Na ja, sie wollte doch auch alle Informationen über Commander Krennick haben.“
Harm grinste unschuldig. „Können Sie es nicht so deichseln, dass sie diesen speziellen Hinweis nicht bekommt?“
„Doch, Sir, aber...“
„Dann machen Sie das doch.“ fiel Harm ihm breit grinsend ins Wort.
Bud seufzte resigniert. „Aye, Sir.“ Er ahnte Schlimmes für den allgemeinen Bürofrieden, sollte der Colonel das herausfinden.
„Sie haben damit doch kein Problem, oder, Bud?“ Er klopfte dem Lieutenant ermutigend auf die Schulter.
„Nicht wirklich, Commander.“
„Höre ich da etwa ein „aber“?“
Bud wurde rot. „Was ist, wenn sie es herausfindet?“
„Das sollte sie auch.“
„Nein, Sir... ich meine... wenn sie entdeckt, dass ich... nun ja... dass ich ihr nicht wie... ähm... wie befohlen ALLE Informationen gegeben habe.“
„Dann haben Sie es eben später herausgefunden.“ grinste Harm. „Oder Sie schieben es gleich auf mich. Ich komm schon mit ihr klar.“
„Sicher, Sir?“
Harms Selbstbewusstsein war momentan unerschütterlich. „Yep.“
„Wenn Sie meinen...“ Bud hatte gehörige Zweifel, aber Harm war ein vorgesetzter Offizier, dessen Worte man besser nicht in Frage stellte.
Beide Männer verließen Harms Büro. Unterwegs lief ihnen prompt Mac über den Weg.
„Schon neue Erkenntnisse, Bud?“
„Ähm... ja, Ma’am.“ Er warf einen Blick zu Harm, der jedoch nur Augen für Mac zu haben schien. „Ich mache Ihnen gleich die Kopien.“
„Gut, Bud.“ Sie wandte sich an Harm. „Du fährst jetzt raus zum Yard?“
Dieser grinste breit. „Yep.“
„Viel Glück.“
„Danke, Frau Anwältin.“ Er wandte sich zum Aufzug, winkte aber noch einmal über die Schulter.
Bud wandte sich an Mac. „Ich mache Ihnen gleich die Kopien, Colonel.“
„Sehr gut, Lieutenant.“ Sie verschwand in ihrem Büro.
„Puh.“ machte der junge Mann. „Wenn das mal gut geht...“
#
Navy-Yard Washington, DC
Harm saß in einem der Verhörräume und wartete, dass man seinen Freund Rick hereinbringen würde.
Schließlich ging die Tür auf, und Commander Costner wurde hereingeführt – in Handschellen, ein für Harm unnötiger Umstand.
„Sergeant, nehmen Sie ihm bitte die Handschellen ab.“
„Commander, Sie wissen doch...“
Harm unterbrach die Wache. „Sergeant...“
„Ja, Sir, auf Ihre Verantwortung.“ Der Marine nahm Rick die Handschellen ab und stellte sich an die Wand neben der Tür.
„Muss das sein, Marine?“
„Vorschrift, Sir.“ kam die stoische Antwort.
Der Ex-Pilot seufzte. Leider hatte der Mann Recht. Bei Verdacht auf Kapitalverbrechen – und Vergewaltigung gehörte dazu – hatte der Angeklagte entweder gefesselt zu bleiben oder eine Wache im Raum zu sein. [AN: Ich hab keine Ahnung, ob das wirklich so ist, aber es klingt so schön dramatisch... ].
„Commander.“ Harm grüßte seinen Freund absichtlich förmlich.
Dieser nickte. „Sir.“
„Rick, was ist da passiert?“
„Nichts.“
„Nichts?“
„Nein, nichts, Harm.“ Rick schüttelte den Kopf. „Rien... nada... nothing...“
„Schon gut.“ Harm lachte leise. Dann wurde er wieder ernst. „Man hat mir deine Verteidigung übertragen, per Sondererlaubnis durch den SecNav.“
„Wow.“
„Eigentlich dürfte ich das nämlich nicht, weil wir uns kennen. Eins solltest du wissen, was immer auch passieren mag: Das hier, das ist mein Job.“
„Ich weiß.“
„Es könnte unangenehm werden.“
„Inwiefern?“
„Wenn Mac dich ins Kreuzverhör nehmen sollte, soll...“
Costner sah seinen alten Freund mit großen Augen an. „Mac?“
„Lieutenant Colonel Sarah MacKenzie, die Anklägerin.“ lachte Harm. „Ein waschechter Marine. Und gerade in Vergewaltigungsfällen knallhart.“
„Du kennst sie?“
„Jupp.“ Mehr wollte Harm nicht verraten.
Rick seufzte. „Auch das noch, ein Holzkopf...“
„Na, na, na.“
„Wie sieht sie aus?“
„Gut.“
Rick kniff die Augen zusammen. Irgendetwas im Ton seines Freundes ließ ihn aufhorchen. „Nur „gut“, oder steckt da mehr dahinter?“
<Nicht du auch noch.> „Ich weise dich besser noch auf eine Tatsache hin, damit du keine böse Überraschung erlebst: Sie könnte ein Zwilling von Diane sein.“
„Diane? Unsere Diane Shonke?“
„Aha.“ nickte Harm.
„Gut zu wissen.“ Rick grinste. „Dann ist klar, warum sie dir gefällt.“
Harm fragte sich, wie er das so schnell hatte herausfinden können. „Rick, ich bin hier, um DICH zu befragen, nicht umgedreht.“
Rick grinste breit. „Lenk nicht ab, Harm.“ Flyboy war Flyboy; Grinsen war Grinsen. Und Flyboy-Grinsen war Flyboy-Grinsen.
„Mac ist vollkommen anders als Diane.“
Costners Grinsen wurde noch breiter. „So, so.“
„Rick...“
„Schon gut, Kumpel. Du kannst mir später alles erzählen.“
„Also...“ Harm holte tief Luft. „... wenn Mac dich ins Kreuzverhör nehmen sollte, Rick, dann denk bitte daran, dass wir beide Freunde sind.“
„Auch wenn wir uns viel zu selten sehen, daran habe ich keine Zweifel.“
„Wenn du später immer noch so denkst, können wir ja weitermachen.“
„Warum sollte ich meine Meinung ändern?“
„Na ja, ich musste Renée mal als Zeugin befragen. Sie hat mir das noch wochenlang übel genommen.“
„Warst du so schlimm?“
„Anscheinend.“ Harm grinste verlegen. „Aber lass uns jetzt bitte weitermachen.“
„Okay.“
„Rick, Captain Krennick beschuldigt dich der Vergewaltigung. Das ist eine ernstzunehmende Angelegenheit.“
„Ich weiß. Aber ich habe mir nichts zuschulden kommen lassen.“
Liebe Grüsse Petra
Kalorien sind kleine Tierchen, die nachts die Kleidung enger nähen.
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„Wie kommt sie dann darauf?“
„Ich weiß es nicht, Harm. Krennick ist eine attraktive Frau. Aber auch sehr... nun ja, wie soll ich sagen...“
„... sehr direkt und manchmal ganz schön fordernd.“ ergänzte Harm.
„Du kennst sie?“
„Leider.“ entfuhr es dem dunkelhaarigen Mann. „Und sie hat offenbar eine Schwäche für gut aussehende Männer.“ Rick Costner war nicht ganz so groß wie Harm, aber mit seinen blonden Haaren und den himmelblauen Augen nicht minder gut anzuschauen.
„Allerdings.“ Rick konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen. „Es ist egal, ob du Single bist oder nicht, wenn sie dich auf dem Kieker hat, wird es kompliziert. Schließlich ist sie eine Vorgesetzte.“
Harm seufzte leise. Rick beschrieb genau das, was ihm vor Jahren auch passiert war. „Hat sie sich an dich rangemacht?“
„Kann man so sagen.“
„Erzähl mir alles, an das du dich erinnerst.“
„Es fing schon kurz nach ihrer Versetzung nach Norfolk an. Zuerst wunderte ich mich nur, dass ich so oft im JAG-Büro erscheinen sollte.“
Harm machte sich Notizen. „Wie hat sie dich überhaupt kennen gelernt?“
„Einer meiner Leute hatte auf dem Stützpunkt einen Unfall gebaut. Ich war Beifahrer. Sie wollte meine Zeugenaussage.“
„Das war alles?“
Rick nickte. „Das war alles.“
„Okay. Wie ging es weiter?“
„Wie gesagt, ich sollte immer mal wieder zu ihr ins Büro kommen.“
„Hat sie Gründe genannt?“
„Nicht wirklich.“
Harm sah seinen Freund ernst an. „Rick...“
„Sorry, aber ich hatte das Gefühl, ihre Gründe wären vorgeschoben.“
„Kommt mir bekannt vor.“ murmelte Harm. „Kannst du dich an einige erinnern?“
„Am Anfang ging es um diesen einen Fall. Da wollte sie immer neue Details wissen, obwohl ich ihr bereits alles dazu gesagt hatte. Später dann...“ Er machte eine Pause. „Warte... ja, richtig. Ein paar Wochen später tauchte sie bei mir im Büro auf.“
„Was wollte sie?“
„Mich fragen, ob ich am Abend schon was vorhatte.“
„Wie bitte?“
„Ja, sie wollte offenbar mit mir ausgehen.“
„Mit dir ausgehen...“
„So klang es für mich.“
„Hast du es gemacht?“
„Na ja...“ Rick wurde rot. „... wenn eine attraktive Frau dich fragt, ob du mit ihr ausgehen möchtest, sagst du da „nein“?“
„Bei Krennick hätte ich „nein“ gesagt.“
„Du vielleicht, aber ich hab’s nicht getan.“
Harm riss die Augen auf. „Du hast ihr Angebot angenommen???“
„Warum nicht? Ich kannte sie ja kaum.“
„Es hat dich nicht gestört, dass sie höherrangig war?“
Rick sah seinen Freund an. „Harm, wie oft waren wir damals in Pensacola mit unseren Vorgesetzten unterwegs?“
„Okay, schon gut.“ seufzte Harm. „Wo habt ihr euch getroffen?“
„Im Offiziersclub.“
„Wann war das?“
„Vor ungefähr drei Monaten.“
„Was ist an dem Abend passiert?“
„Nichts. Wir haben uns unterhalten, ein Bier getrunken und sind dann unserer Wege gegangen – getrennt.“
„Worüber habt ihr euch unterhalten?“
„Ich glaube, wir haben über unsere Militärlaufbahnen geredet, wo wir schon stationiert waren und so.“
„Hat sie erwähnt, dass sie mal hier in Washington war?“
„Nein.“
„Seltsam, immerhin war sie ja ein paar Jahre hier im JAG-HQ.“
„Ich wusste wirklich nicht, dass sie mal hier war. Ansonsten hätte ich dich bestimmt schon nach ihr gefragt.“
„Aber hoffentlich wohl nicht, um meine Meinung über sie zu hören.“
„Doch.“ Rick grinste verlegen.
„Hattest du etwa vor, mit ihr...?“ Harm kniff die Augen zusammen und taxierte seinen Freund. „Du weißt schon...“
„Guter Gott, nein!“ Costner hob abwehrend die Hände. „Sie ist nicht mein Typ.“
Im Augenwinkel sah Harm, dass die Wache nervös zu ihnen guckte. Er machte eine beruhigende Handbewegung, um dem Marine zu signalisieren, dass alles in Ordnung war. „Vorsicht, Rick. Marines werden schnell nervös.“
„Sorry.“
„Warum bist du dann mit ihr ausgegangen?“
„Ich fühlte mich geschmeichelt.“ Rick lehnte sich im Stuhl zurück und grinste seinen Freund spöttisch an. „Du weißt doch, wie goldene Flügel auf das andere Geschlecht wirken. Das genieße ich immer noch...“
„Du und dein Ego.“ lachte Harm.
„Als ob deins oder das von Jack viel kleiner gewesen wäre.“
„Im Frauenaufreißen warst du aber einsame Spitze.“ Rick Costner hatte seinerzeit JEDE Gelegenheit genutzt, die sich ihm geboten hatte.
„Was ist mit dir? Bist du inzwischen vergeben?“
Harm war keineswegs erbaut über die Wendung, die das Gespräch plötzlich genommen hatte. „Rick, ich bin hier, um mit dir deine Verteidigung zu besprechen.“
„Du weichst mir aus, Harm, also ist da was.“ Rick lachte. „Ich kenne dich. Bist du noch mit Renée zusammen?“
„Nein, bin ich nicht.“
„Gibt es denn jemand anderen in deinem Leben? Wir haben verdammt lange nichts mehr voneinander gehört.“
„Rick, das verschieben wir auf später, wenn dieser Zirkus vorbei ist.“
„Na gut.“ seufzte der blonde Mann. „Ich nehme dich beim Wort.“
„Okay, okay.“ Harm nickte resigniert. „Aber jetzt wird hier weitergemacht.“ Sein Ton wurde ernst und professionell.
Rick zwinkerte. „Ja, Sir.“
„Kannst du dich sonst noch an etwas erinnern, über das ihr damals gesprochen habt?“
„Gott, das weiß ich doch nicht mehr.“ schnaubte Rick verächtlich, kritisch beäugt von der Wache an der Wand. „Ich kann mir doch nicht jedes Wort merken, das ich irgendwann mal zu irgendwem gesagt habe.“
„Fällt dir wirklich nichts mehr zu dem Abend ein?“
„Nein.“ Der blonde Mann schüttelte den Kopf. „Doch... halt... warte mal.“ Er setzte sich aufrecht hin. „Ich fand es etwas merkwürdig, dass sie mich über mein Privatleben ausgequetscht hat. Ob ich verheiratet wäre oder eine Beziehung habe... so was in der Art. Ich meine, man fragt jemanden vielleicht einmal und belässt es dann dabei. Aber sie... sie wollte alles ganz genau wissen.“ Er grinste. „So ähnlich wie du jetzt.“
„Rick, ich MUSS dich das alles fragen.“
„Weiß ich doch. Und ich versuche ja auch, mich zu erinnern.“
„Was immer dir einfällt, es könnte wichtig sein.“
„Okay.“
„Hat es dich gestört, dass sie so viel wissen wollte?“
„Wie gesagt, ich fand es recht eigenartig, dass es nur um meinen Beziehungsstatus zu gehen schien.“
„Ihr habt also nur ein Bier miteinander getrunken, und das war’s dann?“
„Für den Abend, ja.“
Harms rechte Braue sauste in die Höhe. „Gab es etwa noch mehr solcher Abende?“
„Ja.“ Als Rick sah, wie Harm den Mund aufmachte, hob er eine Hand. „Keine voreiligen Schlüsse, Kumpel. Ich kann nichts dafür, wenn sich ein vorgesetzter Offizier einfach zu mir an den Tisch setzt.“
„Wann war das, und was genau hat sie gemacht?“
„Ich treffe mich zweimal im Monat mit meinen Leuten auf ein Bier. Meiner Ansicht und Erfahrung nach hält das die Truppe zusammen.“
Harm nickte. Er hatte Ähnliches auch schon von anderen Vorgesetzten gehört. „Weiter.“
„Manchmal bleibe ich noch was im Club, nachdem sich die Runde aufgelöst hat. Und drei oder vier Mal tauchte dann Krennick auf.“ Er lachte leise. „Ich hatte den Eindruck, dass sie genau auf diesen Zeitpunkt gewartet hatte.“
„Was hat sie gemacht?“
„Ein Bier oder einen Wein bestellt und Small Talk betrieben.“
„Was Persönliches?“
„Nicht besonders.“ Rick zuckte mit den Schultern. „Beim letzten Mal wurde sie allerdings sehr vertraulich.“
„Wann war das?“
„Vorletzten Freitag.“
„Also an dem Tag, an dem sie vergewaltigt wurde.“
„Angeblich vergewaltigt wurde, Harm. Jedenfalls nicht von mir.“
„Ich glaube dir ja, Rick. Aber erzähl mir, was passiert ist.“
„Wie gesagt, ich hatte mit meinen Jungs was getrunken. Als alle weg waren, tauchte wie aus dem Nichts Krennick auf und setzte sich an meinen Tisch – unaufgefordert und ohne zu fragen.“
„Weiter.“ Harms Notizblock füllte sich.
„Sie legte gelegentlich die Hand auf meinen Arm... bezeichnete mich als gutaussehenden Mann... meinte, ich müsste doch einsam sein so ohne Partnerin...“
„War dir das unangenehm?“
Costner grinste. „Ein bisschen schon. Ich suche mir lieber selbst aus, wen ich anmache.“
„Sie hat dich angemacht?“
„Wie würdest du denn das bezeichnen, was ich gerade beschrieben hab?“
„Hast Recht, das klingt sehr nach Anmache.“ Harm nickte abwägend mit dem Kopf. „Hast du ihr „rotes Licht“ gegeben?“
„Harm, ich...“
„Oder warst du schon zu betrunken?“ Der dunkelhaarige Mann kannte seinen Kumpel.
Rick kratzte sich verlegen am Kopf. „Na ja, ganz nüchtern war ich nicht mehr. Du weißt doch, wie ein Männerabend enden kann.“
„Oh ja.“ seufzte Harm leise. Nur zu deutlich erinnerte er sich an sein letztes „Besäufnis“ mit Keeter.
Sein Gegenüber musterte ihn amüsiert. „Dein letzter scheint noch nicht so lange her zu sein.“
„Hm-hm.“ schüttelte Harm den Kopf. „Was geschah dann?“
„Du weißt, ihre Stimme klingt von Natur aus schon tief und rauchig. Hast du eine Ahnung, wie unanständig sie sein kann?“
„Nicht wirklich.“
„Wenn eine Frau dir ins Ohr haucht, dass sie deine Einsamkeit – ob die tatsächlich vorhanden ist, steht auf einem anderen Blatt – mildern kann, indem sie das perfekte Heilmittel kennt?“
„Wie bitte? DAS hat sie gesagt?“
„So ungefähr.“ Rick nickte. „Auch wenn ich zu viel getrunken hatte, ich erinnere mich genau an ihre Worte mit der Einsamkeit. Sie sagte – und ich zitiere: *Alles, was ich dazu benötige, ist ein breites Bett, Commander.*“
„Die hat sich ja richtig an dich rangeschmissen.“ schnaubte Harm verächtlich.
„Sag ich doch.“ grinste Rick. „Mehr als das war wirklich nicht. Wäre es eine andere Frau gewesen, dann könnte ich vermutlich nicht so vehement bestreiten, dass da was gewesen sein soll. Aber Krennick... nein...“
„Gibt es irgendwelche Zeugen, die euch zusammen gesehen haben? Oder vielleicht sogar etwas von ihrem Verhalten mitbekommen haben?“
„Der Club war gut gefüllt, aber du weißt, wie viele Leute in Norfolk arbeiten.“
„Versuch dich an bekannte Gesichter zu erinnern.“
„Mir würden bestimmt welche einfallen. Kann ich da noch drüber nachdenken?“
Harm sah auf die Uhr. „Klar doch. Ich würde sowieso sagen, dass wir für heute Schluss machen.“
„Wie geht es weiter?“
„Ich werde weiter recherchieren, Rick. Vermutlich muss ich auch noch nach Norfolk deswegen. Vor allem, wenn dir noch mögliche Zeugen einfallen sollten. Danach wird es wohl direkt zur Verhandlung kommen. Vergewaltigung ist ein schwerwiegendes Verbrechen, da gibt es normalerweise keine Anhörung vorher.“
„Wie stehen meine Chancen?“
„Kommt darauf an, was Mac an Zeugenaussagen, Indizien etc. aufbieten kann. Ich für meinen Teil glaube dir, dass du unschuldig bist.“
Costner nickte. „Danke, Kumpel.“
„Eine Frage habe ich aber noch.“ Er sah seinen Freund ernst an. „Hattest du Sex mit ihr?“
„NEIN!“ protestierte dieser laut.
Prompt löste sich der Marine von der Wand und trat einen Schritt vor. „Alles in Ordnung, Commander?“
„Ja, Sergeant.“ Harm erhob sich und packte seine Sachen in den Aktenkoffer. „Wir sind hier vorerst auch fertig.“
„Ja, Sir.“ Der Mann trat zum Tisch und deutete Costner, aufzustehen. Dann legte er ihm wieder Handschellen an.
„Rick, ich melde mich, sobald ich Näheres weiß.“
„Okay.“ Der blonde Commander ließ sich willig abführend. „Ich zähle auf dich, Harm.“
Dieser seufzte. „Ich weiß.“
Nachdem Costner aus dem Raum geführt worden war, verließ auch der dunkelhaarige Ex-Pilot das Verhörzimmer und fuhr wieder zurück zum HQ.
Erschöpft ließ er sich dann in seinem Büro in den Stuhl sinken. „Puh.“
Sekunden später klopfte es.
„Ja?“
Bud betrat sein Büro. „Gibt’s was Neues, Commander?“
„Wie man’s nimmt, Bud.“ Er deutete dem jüngeren Mann, die Tür zu schließen. Dann erzählte er in groben Zügen, wie die Befragung abgelaufen war.
„Das klingt nicht nach „schuldig“, Sir.“
„Nein, wahrlich nicht. Wenn ich nur jemanden finden könnte, der Ricks Aussagen bestätigt. Optimal wäre natürlich jemand, dem Ähnliches widerfahren ist.“
„Sie meinen, das hat Methode, Sir?“
Harm lachte. „Das hat definitiv Methode, Lieutenant. Sie hat es bei mir versucht, sie hat es bei Rick versucht. Warum also nicht noch bei jemand anderem?“
„Immerhin gibt es da noch die Aussage von Lt. Vasquez.“
„Die ja keine echte Aussage war. Aber vielleicht können wir sie doch noch zu einem Statement überreden, vorausgesetzt, wir finden sie.“ Er sah den jüngeren Mann an. „Schon irgendwelche Fortschritte?“
Bud grinste breit. „Immerhin weiß ich, wo sie jetzt stationiert ist.“
„Gute Arbeit.“ nickte Harm. „Und wo?“
Nun lächelte Bud verlegen. „Auf der USS Dallas.“
„Einem U-Boot???“
„Aha.“
„Und wo ist die Dallas im Moment?“
„Irgendwo in der Beringstraße. So genau konnte oder wollte mir das keiner sagen.“
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„Auch noch ein Geheimauftrag. Das wird ja immer besser.“ Harm verdrehte die Augen. „Ob der Admiral da was ausrichten kann? Ich brauche diese Aussage.“
„Vielleicht bekommen Sie ja eine VK über eine sichere Leitung.“
Harm grinste breit. „Moderne Technik ist doch was Feines, nicht wahr?“
„Allerdings.“ Bud strahlte. „Wenn Sie wollen, kann ich...“
„Langsam, Bud, langsam.“ lachte der Ex-Pilot. „Erstmal muss ich deswegen mit dem Admiral sprechen. So eine Schaltung wird nicht einfach zu bekommen sein.“
„Der Admiral ist leider schon weg; Termin im Pentagon.“
„Na klasse. Heute ist nicht zufällig Montag?“
Bud lachte leise. „Nein, Sir.“
„Kommt er vielleicht noch mal rein?“
„Ich weiß es nicht, Commander.“
„Mist!“
„Ja, Sir.“
Harm musste lachen. Bud war ein geniales Kerlchen, aber manchmal auch ein bisschen „linkisch“. „Bud, hören Sie sich mal um, ob Sie etwas über Gerüchte finden, Krennick hätte sich an andere Offiziere herangemacht.“
„Sie setzen auf Gerüchte?“ Bud riss die Augen auf.
„In diesem Fall ja. Es wird ja wohl kaum in der Navy-Times stehen.“
„Nein, Commander.“ Der jüngere Mann erhob sich. „Wie steht’s mit Colonel MacKenzie?“
„Wie bitte?“ Harms Kopf ruckte hoch.
Bud unterdrückte mühsam ein Grinsen. „Was mache ich, wenn sie mich wieder nach Informationen fragt?“
„Sie haben ihr doch bereits welche gegeben, oder?“
„Ja.“
„Na also, mehr gibt’s nicht.“ Harm grinste breit. „Ab jetzt ist alles, was wir herausfinden, Sache der Verteidigung. Das wird ihr nicht schmecken, aber dagegen angehen kann sie auch nicht.“
„Okay, Sir.“ Bud verließ das Büro.
Harm holte seinen Notizblock hervor und war in der folgenden Zeit damit beschäftigt, Ordnung in die Aufzeichnungen zu bringen. Akkurat tippte er seine Notizen in den Computer und las alles noch einmal durch. Hin und wieder korrigierte er etwas.
„Irgendetwas stimmt da nicht.“ murmelte er vor sich hin.
„Wo stimmt was nicht?“
Sein Kopf fuhr hoch.
In der Tür stand Mac und grinste ihn an.
„Oh... hi...“
Sie schlenderte in sein Büro. „Also, wo stimmt was nicht?“
„Mac, du weißt genau, dass...“
„Es kann sich doch nur um den Krennick-Fall handeln, schließlich hat der oberste Priorität.“
„Okay, das kann ich verraten: Ja, es handelt sich um diesen Fall.“ Er grinste breit.
„Und dabei stimmt was nicht...“
Sein Grinsen wurde breiter. „Kein Kommentar.“
„Haaarm...“ Mac klimperte mit den Wimpern. „Kein klitzekleiner Hinweis?“
Er lehnte sich zurück. „Maaac...“
„Du bist doch mein bester Freund.“ Sie legte den Kopf schief und sah ihn treuherzig an.
Ihre großen Bambi-Augen forderten ihn heraus. „Momentan bin ich aber auch dein Gegner.“
„Mein Gegner...“ echote sie und machte einen Schmollmund.
Er schnaubte amüsiert. „Mac, du weißt doch, wie ich das meine.“
„Aha.“ Das Grinsen auf ihrem Gesicht wurde immer breiter. Hatte sie ihn doch mal wieder erwischt. „Der Versuch war’s wert, Seemann.“ lachte sie schließlich.
Zwinkernd fiel er in ihr Lachen ein. „Frechdachs.“
Erneut hatte sie das Gefühl, er würde mit ihr flirten. Wann hatte er sie schon mal „Frechdachs“ genannt?
„Du scheinst nicht wirklich weiterzukommen mit dem Fall, Seemann.“
„Du denn?“
„Verrat ich nicht.“ kicherte sie. In Wirklichkeit hatte auch sie den Eindruck, dass an dem Fall irgendetwas nicht stimmte.
Er sah sie abwägend an. „Wie wär’s mit Dinner heute Abend?“ platzte es aus ihm. „Ich koche uns was.“
„Fragst du mich etwa nach einem Date?“ Die Bambi-Augen wurden noch größer.
Seine Ohrläppchen waren plötzlich knallrot. „Äh... hm...“ Er räusperte sich verlegen und holte tief Luft. „Nicht wirklich... aber ich... na ja... ich würde mich freuen, wenn du mir beim Essen Gesellschaft leisten würdest.“
„Also ein Arbeitsessen?“
„Nope.“ Er hatte sich wieder gefangen.
„Was denn dann?“
„Nenn es meinetwegen eine Mischung aus Dinner und Date, gewürzt mit einer Messerspitze Arbeitsessen.“
Sie lachte. „Aushorchen willst du mich aber nicht, oder?“
„Maaac!“
„Wann soll ich bei dir sein?“
Er war überrascht, dass sie so schnell zugestimmt hatte. „Sagen wir gegen 18:30 Uhr?“
„Okay, ich bin dann da.“ Mac erhob sich. „Aber mach bitte keine vegetarische Lasagne.“
„Nein.“ lachte er. „Ich dachte an Spaghetti mit Lachs.“
„In Zitronensauce?“ Ihr lief das Wasser im Mund zusammen.
„Wenn du möchtest.“
Sie nickte enthusiastisch. „Aha.“
„Dann bekommst du Spaghetti mit Lachs in Zitronensauce.“ Er grinste breit. „Aber erwarte nicht, dass ich schon fertig bin.“
„Soll ich doch später kommen?“
„Nein!“ antwortete er hastig. „Ich meine... ich fände es schön, wenn du früh kommen würdest.“
„Warum?“
„Weil ich... hm... ich genieße einfach deine... na ja... deine Gegenwart.“
Mac wollte es nicht so einfach zugeben, aber sie sah ihm gerne beim Kochen zu. „Störe ich dich denn nicht?“
„Nope.“ Vehement schüttelte er den Kopf und grinste. „Du darfst auch den Tisch decken.“
„Du lädst mich zum Essen ein, und ich muss schuften?“ Ihre Augen funkelten amüsiert.
„Ich schufte doch auch.“
Sie lachte. „Red keinen Quatsch, in Wirklichkeit kochst du doch gerne für mich.“
Nun röteten sich seine Wangen. Da er nicht wusste, was er sagen sollte, nickte er einfach nur.
„Bis nachher dann.“ Mit einem Winken über die Schulter verließ sie sein Büro.
<Hab ich sie gerade wirklich zu einem Nicht-Date-Dinner eingeladen?> Sekundenlang starrte er auf die geschlossene Tür. <Hast du, Rabb.> Er war immer noch erstaunt, dass sie so schnell zugesagt hatte.
Harm sah auf die Uhr. In einer halben Stunde konnte er Feierabend machen. Die verbleibende Zeit nutzte er, um seine Gesprächsnotizen zu überarbeiten. Zufrieden speicherte er sie ab und fuhr den PC hinunter. Dann erhob er sich und packte seinen Aktenkoffer. Mit einem Griff nach seinem Cover verließ er das Büro.
Auf dem Weg zum Aufzug begegnete ihm Mac.
„Bis nachher, Seemann.“ zwinkerte sie. „Denk dran: Ich hab großen Hunger...“
Er lachte. „Es wird genug da sein, Marine.“
„Dann ist es ja gut.“ Sie winkte über die Schulter.
Der Ex-Pilot sah ihr hinterher.
„Verbrüderung mit dem Feind, Commander?“ ertönte da Chegwiddens Stimme hinter ihm.
Harm fuhr herum. „Admiral!“
„Ja, Commander, ich bin es leibhaftig.“
„Ich dachte, Sie sind im Pentagon?“
„Da war ich auch. Und jetzt bin ich wieder hier.“ Der Ex-SEAL verschränkte die Arme vor der Brust. „Würden Sie mir freundlicherweise meine Frage beantworten, Commander?“
„Nein, Sir, natürlich nicht.“
„Wie bitte? Sie wollen meine Frage nicht beantworten?“
„Doch, Admiral.“ Harm wurde rot. „Aber... ich meinte nur, ich... äh... verbrüdere mich nicht mit Mac...“
„Aha.“ Der alte Haudegen beobachtete Macs Abgang, schielte aber zusätzlich auf den dunkelhaarigen Mann neben ihm. „Sie scheint gut gelaunt zu sein.“
„Ja, Sir.“
Nun sah der Admiral ihn direkt an. „Haben Sie etwas damit zu tun?“
„Na ja... ich weiß nicht...“ Harms Wangen röteten sich leicht. „Ich hab sie nur zum Essen eingeladen.“ Eigentlich hatte er das seinem CO nicht unter die Nase binden wollen, aber es war ihm einfach rausgerutscht.
„Ist das so etwas wie ein Date, Harm?“
„Nein!“ erwiderte der Ex-Pilot ein bisschen zu laut. „Sorry, Sir, ich wollte nicht...“ Er holte tief Luft. <Shit!> „Wir essen hin und wieder gemeinsam, wenn wir an einem Fall arbeiten.“
„Dagegen ist nichts zu sagen. Nur stehen Sie sich in diesem speziellen Fall als Gegner gegenüber. Das haben Sie doch nicht vergessen, oder?“
„Nein, Sir. Aber ich weiß durchaus Berufliches und Privates zu trennen.“
„Dann ist das also ein privates Treffen?“ Chegwidden schmunzelte kaum merklich.
Harm nickte. „Aha.“
„Aber es ist kein Date?“
„Nein.“
„Falls Sie jedoch auf die Idee kommen sollten, den Colonel zu daten, sagen Sie mir bitte vorher Bescheid – rechtzeitig, wenn ich bitten darf.“
Harm sah seinen Vorgesetzten vorsichtig an und schluckte. „Na... natürlich, Sir.“
„Gut, gut, Commander. Weitermachen.“ Mit schnellen Schritten durchquerte Chegwidden das Bullpen und verschwand in seinem Büro.
Harms Antwort kam automatisch. „Ja, Sir.“ Sekundenlang starrte er vor sich hin, bis ihn das Klingeln eines Telefons in der Nähe wieder in die Wirklichkeit zurückholte. Rasch verließ er das Gebäude und verschwand in seinem Lexus.
„Puh.“ machte er erleichtert, als er den Motor startete. <Den Colonel daten... wie kommt er darauf?> Er schüttelte den Kopf. Dass er im Grunde bereits begonnen hatte, sie zu daten, kam ihm gar nicht in den Sinn.
Eine knappe Stunde später schloss er die Tür zu seinem Appartement auf. Er hatte jetzt alles eingekauft, was er für die Spaghetti und ein gelungenes Dinner brauchte. Außerdem hatte er noch eine Überraschung für Mac parat.
Rasch verstaute er all das im Kühlschrank, was kalt bleiben musste, und zog sich um. Wäre er zu einem „richtigen“ Date verabredet gewesen, hätte er noch mal geduscht und sich rasiert. Aber das hier... das war doch „nur“ ein freundschaftliches Dinner mit Mac, seiner besten Freundin.
„Wem machst du hier eigentlich was vor, Rabb?“ fragte er sein Spiegelbild, als er mit dem Kamm durch die vom Umziehen verstrubbelten Haare fuhr. Natürlich bekam er keine Antwort.
Beschwingt machte er sich auf den Weg in die Küche und begann, den Fisch und die anderen Zutaten vorzubereiten. Gerade als er die Zitronen für die Sauce auspresste, klopfte es an seiner Tür.
„Es ist offen.“ rief er.
Eine strahlende Mac trat durch die Tür. „Hi, Flyboy.“
„Hey.“ Er sah auf die Uhr. „Ist es schon so spät?“
„Nein, ich... ich dachte, ich komme ein bisschen früher...“ Unsicher sah sie ihn an. „Oder störe ich dich?“ Ihr Blick schweifte über den Küchentresen, der mit vorbereiteten Zutaten auf der einen Seite und jeder Menge Abfall auf der anderen Seite übersät war.
„Nein, nein.“ Ein breites Flyboy-Grinsen traf sie. „Ich freu mich, dass du da bist. Kann ich dir was anbieten? Kaffee, Wasser, Tee?“
Sie hatte auf einem der Barhocker Platz genommen. „Wasser ist völlig okay.“
Er holte ihr eine Flasche aus dem Kühlschrank. „Ich bin noch nicht ganz fertig. Mach es dir doch bequem.“
„Danke, ich seh dir lieber zu, wie du aus diesem toten Tier was Schmackhaftes machst.“ Lachend deutete sie auf den Lachs. „Und ich bin neugierig, wie du diese Gaumenfreude zubereitest.“
Er holte einen Topf hervor. „Willst du das etwa nachkochen?“
„Nein, da lasse ich lieber den Profi ran. Trotzdem finde ich es spannend.“
„Dann pass mal gut auf.“ grinste er.
Zuerst bereitete er die Soße zu, da diese am längsten brauchen würde. Dann kamen der Fisch und zuletzt die Spaghetti dran. Während alles vor sich hin köchelte, begann Harm schon mal, den Tresen zu säubern.
Bald schon erfüllte ein köstliches Aroma das Appartement.
„Mhmmm...“ Mac schnupperte laut. „Wie das duftet...“ Sie konnte nicht verhindern, dass auch ihr Magen begeistert war. Laut machte er auf seine Leere aufmerksam.
„Ups.“ kicherte sie verlegen.
„Fünf Minuten noch, dann ist es soweit.“
„Warum sagst du nichts, ich wollte doch den Tisch decken.“
„Aaah, jetzt willst du auf einmal.“ lachte Harm. „Vorhin hörte sich das aber ganz anders an.“
„Vorhin vielleicht, aber jeder darf seine Meinung ändern.“ Sie rutschte vom Stuhl und holte das Geschirr aus dem Schrank.
„Natürlich.“ Harm goss die Nudeln ab. „Nur unsere Klienten oder Zeugen sollten das nicht unbedingt tun.“
Sie lachte. „Ich bin weder dein Klient noch dein Zeuge, Harm.“
„Aber ich demnächst vielleicht deiner. Willst du mich wirklich wegen Krennick befragen?“
„Weiß ich noch nicht. Aber heute Abend will ich KEIN Wort über die Arbeit hören.“
Er salutierte lässig. „Aye, Ma’am.“ Dann stellte er die dampfenden Schüsseln auf den Tisch und setzte sich. „Essen fassen, Marine.“
„Lecker aussehen und riechen tut es schon mal, Smutje.“
„Smutje?“
„Das ist der Koch auf einem Schiff, Mister.“ Sie häufte sich ihren Teller voll.
„Mac, ich weiß, was ein Smutje ist.“
„Warum fragst du dann?“
Er lachte. „Ich habe NICHT gefragt, was ein Smutje ist.“
„Nischt?“ Kauend sah sie ihn an.
Immer noch lachend schüttelte er den Kopf. „Ich hab mich nur darüber amüsiert, dass du mich „Smutje“ nennst.“
„Oh.“
„Unter einem „Smutje“ stelle ich mir keinen Mann vor, der 1,94 groß ist.“
Sie grinste verschmitzt. „Du würdest dir in der Kombüse nur blaue Flecken und Beulen holen.“
„Das würdest du doch nicht wirklich wollen, Mac.“
„Nope.“ lachte sie. „Auscherdem... wenn du auf einem Schiff wärscht, könnte isch nischt deine Kochkünschte genieschen.“ nuschelte sie.
Arrogant grinsend hielt er eine Hand hinter sein Ohr. „Wie bitte?“
Sie schluckte und streckte ihm die Zunge raus. „Ich käme nicht in den Genuss all dieser guten Dinge.“
„Ich bin auch froh, dass ich nicht auf einem Schiff bin.“ erwiderte er leise.
<Hä?> Sie musterte ihn neugierig. „Hast du keine Sehnsucht nach dem Geruch von Kerosin? Nach dem Donnern des Katapultes? Nach...“
„Nein.“ unterbrach er sie.
„Nein?“ Erstaunt riss sie die Augen auf. „Alles okay mit dir?“
„Natürlich. Warum fragst du?“
„Harm, die Aktivitäten und die Hektik eines Flugzeugträgers bedeuten dir doch alles.“
„Nicht mehr.“ Ernst sah er sie an. Das, was ihm inzwischen am meisten bedeutete, saß vor ihm und guckte ihn gerade an, als hätte er plötzlich zwei Köpfe und/oder rosa-grüne Punkte im Gesicht.
Kopfschüttelnd stand sie auf und legte eine Hand auf seine Stirn, als wolle sie prüfen, ob er Fieber hätte.
„Mac?“ blinzelte er irritiert.
„Fieber hast du schon mal nicht.“ Sie setzte sich wieder und aß weiter. „Aber normal bist du auch nicht.“
„Wie bitte?“
„Harm, du bist Pilot durch und durch. Einer der Besten. Durch deine Adern fließt vermutlich ein nicht geringer Anteil Kerosin. Ich habe immer das Leuchten in deinen Augen gesehen, wenn wir wegen eines Falles auf einen Träger mussten. Und jetzt ist das plötzlich nicht mehr wichtig für dich?“
<DU bist wichtig für mich.> dachte er, hütete sich aber, das laut auszusprechen. „Die Fliegerei wird immer ein Teil meines Lebens bleiben, Mac. Aber ich werde älter; ich finde es an der Zeit, meine Prioritäten anders zu setzen. Außerdem hast du vorhin selbst gesagt, dass jeder seine Meinung ändern darf.“
„Hab ich, ja.“ nickte sie. „Aber da ging es um etwas vollkommen Banales.“
„Ich habe diesbezüglich schon vor einiger Zeit meine Meinung geändert.“
„Wann und in welche Richtung?“
„Richtung JAG z. B.“
Sie lächelte wieder. „Als Anwalt bist du mindestens so gut wie als Pilot.“
„Danke.“ Ein arrogantes Flieger-Grinsen traf sie.
„Und wann genau hast du deine Meinung geändert?“
Es war vor ca. vier Monaten gewesen, als er auf der Seahawk seine Testflüge absolviert hatte. Eines Morgens war er aufgewacht und hatte verwundert festgestellt, dass ihn die Geräusche des Schiffes störten, ja fast schon nervten. Das Getöse des Katapultes hatte seinen Schlaf unterbrochen; den Geruch nach verbranntem Gummi und Treibstoff fand er zum ersten Mal in seiner langen Navy-Laufbahn nicht mehr aufregend.
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„Auf der Seahawk.“
„Bei deinen letzten Testflügen?“
Er nickte langsam. „Mhm.“
„Willst du etwa deinen Flugstatus aufkündigen?“ Mac hatte allmählich das Gefühl, sie wäre in eine Parallelwelt katapultiert worden. Das klang überhaupt nicht nach dem Harmon Rabb Jr., den sie kannte.
„Nein, ganz so schlimm ist es nicht.“ grinste er. „Aber die Fliegerei bedeutet mir nicht mehr alles.“
„Oh.“
Er wusste nicht, ob er ihr sagen konnte bzw. sollte, dass er sich jetzt auf andere Dinge konzentrieren wollte. Wichtigere Dinge wie z. B. SIE.
„Ich will mich lieber auf meine Karriere bei JAG konzentrieren.“ Es war immerhin die halbe Wahrheit – und vor allem unverfänglich.
Sie musste lachen. „Willst wohl Punkte sammeln auf dem Weg zum obersten JAG.“
„Gott bewahre!“ schnaubte er. „Du weißt, wie ich den administrativen Teil hasse, der damit einhergeht.“
„Du würdest aber ein guter JAG werden.“
„Danke, Miss MacKenzie.“ Er sah sie an. „Du aber auch.“
„Wir können uns den Job ja teilen.“ kicherte sie.
Er lachte. „Du vormittags, ich nachmittags? Oder willst du nur an bestimmten Tagen arbeiten?“
Mac grinste verschmitzt. „Wie wäre es, du übernimmst den Teil mit den hohen Tieren, und ich...“
Ein lautes „PAH!“ unterbrach sie. „DAS kannst du dir abschminken.“
„Okay, ich seh schon, hier kommen wir nicht weiter.“ Sie lachte immer noch. „Da ist es doch gut, dass die Stelle nur von EINEM Amtsinhaber besetzt wird.“
„Bis wir soweit sind, Mac, hat sich das vielleicht auch schon geändert.“
„Jetzt haben wir doch über die Arbeit geredet.“
„Nicht wirklich.“
„Okay, wir haben über DEINE neuen Karriere-Prioritäten geredet. Was DU machen willst.“
„Gibt es einen Grund dafür, dass du die Betonung dermaßen auf mich legst?“ grinste er.
„Nööö.“ kicherte sie. „Aber ich bin ganz zufrieden mit meiner Karriere und gedenke nicht, da groß was dran zu ändern.“
„Keine Lust auf ein eigenes Kommando?“
<Ein eigenes Kommando...> dachte sie. Das würde heißen, JAG zu verlassen. Das würde auch den Abschied von Harm bedeuten, vielleicht sogar für immer. Ein schwer zu ertragender Gedanke, vor allem jetzt, wo sie sich näher schienen als je zuvor.
„Ich weiß nicht. Ich hab mich jetzt so an Washington gewöhnt. Hier sind alle meine Freunde...“ <... und vor allem du.>
„Darauf nehmen Navy oder Marine Corps keine Rücksicht.“
Sie seufzte leise. „Leider.“
„Du kannst dich doch als Richterin hier bewerben. Damals warst du wirklich gut... wenn auch ein bisschen sehr streng mit mir.“ Sein Grinsen wurde breiter.
„Ich weiß halt, wie man dich nehmen muss, Seemann.“
„Wie man mich NEHMEN muss?“ echote er amüsiert, während seine rechte Braue langsam nach oben wanderte.
Zuerst war sie irritiert, da sie im ersten Moment nicht wusste, worauf er hinauswollte. Doch dann „fiel der Groschen“, und sie gab ihm einen Klaps auf den Unterarm. „Du weißt genau, wie ich das meine.“
„Nach jahrelanger Zusammenarbeit solltest du schon wissen, wie ich zu nehmen bin.“ grinste er süffisant und ließ seinen Blick über ihren Körper gleiten.
Sie registrierte durchaus die Doppeldeutigkeit seiner Worte und schenkte ihm freches Grinsen. „Wie einen selbstgefälligen Flyboy.“
„MAC!“ Er legte eine Hand aufs Herz. „Jetzt beleidigst du mich aber.“
„Du wirst es überleben, Seemann.“ lachte sie. „Auch wenn es dein Ego puschen wird: Die Spaghetti waren vorzüglich.“
Er war im ersten Moment irritiert ob ihres Themenwechsels, doch dann grinste er breit. „Ich hab noch eine Überraschung für dich, Marine.“ Er erhob sich und räumte die Teller zusammen.
„Soll ich dir helfen?“
„Nope, du bleibst sitzen.“
„’Kay.“
Er stellte das Geschirr in die Spüle und machte sich am Kühlschrank zu schaffen.
„Ist es das, was ich vermute, was es ist?“ rief sie, sein Rumoren übertönend.
Er lachte. „Wenn ich „ja“ sage, ist es keine Überraschung mehr, und wenn ich „nein“ sage, flunkere ich.“
„Was natürlich gar nicht geht.“ kicherte sie. „Hast du schon mal das Wörtchen „vielleicht“ gehört?“
„Vielleicht.“ Er schlug die Tür zu und ging zurück zum Tisch. Dann stellte er eine Schale Eis auf ihr Set. „Vielleicht schmeckt dir das hier auch so gut wie das Hauptgericht.“
„Oooh.“ strahlte sie und schob sich einen Löffel voll in den Mund. „Wasch ischt mit dir? Willscht du kein Eisch?“
„Doch.“ lachte er und holte seine eigene Portion. Während er sein Eis aß, beobachtete er amüsiert, wie sie das ihre genoss.
Genüsslich leckte Mac den Löffel ab, als sie fertig war. „Mhmmm... köschtlisch.“
„Habe ich dich satt bekommen, Marine?“ grinste er breit.
Sie nickte und lehnte sich im Stuhl zurück. „Aha.“
„Ich räum das schnell weg.“ Er stand auf und brachte den Rest des Geschirrs weg.
„Soll ich dir helfen?“
„Nope, du bist doch eingeladen.“
„Harm...“ Sie erhob sich ebenfalls. „Wenn wir das jetzt spülen, hast du nachher oder morgen keine Arbeit damit.“
„Ich dachte eigentlich, dass wir vielleicht noch ein bisschen Musik hören... oder uns unterhalten... so etwas in der Art...“
Mac ging zu seiner Stereoanlage und suchte nach passender Musik. „Das können wir doch nebenbei machen.“
„Spülen ist aber so unromantisch.“ Er lachte.
Sie war neben ihn getreten und knuffte ihn spielerisch in die Seite. „War das jetzt etwa ein romantisches Dinner?“
„Nicht wirklich.“
„Ein romantisches Dinner wäre ja auch ein Date.“
Sanft lächelnd sah er auf sie hinab. „Hättest du denn etwas gegen ein Date mit mir?“
„Ähm... ne... nein...“ <Da ist er wieder, der flirtende Harm.> Unsicher sah sie ihn an. <Fragt er mich jetzt etwa nach einem Date?> „Würdest du... hm...“ Sie räusperte sich verlegen. „Würdest du mich denn zu einem... ah... Date einladen wollen?“
„Vielleicht.“ Er grinste. „Falls der Marine Sarah MacKenzie überhaupt bereit wäre, sich von einem armen Seemann wie mir daten zu lassen...“
<Ich hab mich wohl verhört...> „Du würdest mich wirklich zu einem Date einladen?“
„Aha.“ Er nickte ernst und wunderte sich über sich selbst. Das Verlangen nach einem Date mit ihr schlummerte schon seit Jahren tief in ihm. Es musste an der gelösten Stimmung zwischen ihnen liegen, dass er plötzlich verhältnismäßig offen darüber reden, wenn nicht sogar scherzen konnte.
„Oh.“ machte sie und wusste nicht, was sie sagen sollte. In ihrem Gehirn allerdings blinkte es an allen Ecken, Kanten und Hirnwindungen *JA! JA! JA!*.
„Wenn du aber... hm... nicht willst, dann...“ Er holte tief Luft. „Ich wäre dir nicht böse, Mac.“ Er würde darüber hinwegkommen... irgendwie.
Nun lächelte SIE sanft. „Ich habe nicht „nein“ gesagt.“
„Nach „ja“ klang das aber auch nicht gerade.“
Sie kicherte. „Du hast mich ja überhaupt nicht gefragt.“
„Mac, ich habe...“
„Du hast mich gefragt, ob ich etwas gegen ein Date mit dir hätte bzw. ob sich der Marine Sarah MacKenzie von dir daten lassen würde. Dazu habe ich...“
„... auch nicht „ja“ gesagt.“ Harm grinste schief. „Du hast nur „Oh.“ gesagt.“
„Okay, Herr Anwalt. Dann gebe ich dir jetzt eine richtige Antwort.“ Sie kicherte erneut. „Ja... bzw. nein.“
„Was denn jetzt? Ja oder nein?“
„Ups, sorry.“ Sie sah ihn entschuldigend an und lachte. „Ja, der Marine würde sich von dir daten lassen, und nein, ich hätte nichts dagegen.“
„Das heißt, ich kann dich nach einem Date fragen?“ Seine Augen leuchteten auf.
„Jupp.“
„Ich werde es mir merken.“ grinste er und ließ Wasser in die Spüle laufen. „Wer trocknet ab?“
„Äh...“ Mac war im ersten Moment ziemlich irritiert, hatte sie doch schon mit einer konkreten Einladung gerechnet. „Ich.“
Harm sah ihr die Verwirrung an, sagte jedoch nichts weiter, sondern begann zu spülen. „Gut.“ Rasch füllte sich das Abtropfbrett mit sauberem Geschirr.
Es dauerte keine 15 Minuten, bis alles sauber und trocken war. Der Ex-Pilot räumte die Sachen weg. „Setz dich schon mal, ich mache uns noch einen Kaffee.“
„Oookay.“ machte sie gedehnt und schlenderte zum Sofa, wo sie sich fallen ließ.
Kurze Zeit später stand der Kaffee auf dem Tisch. Harm schenkte beide Becher ein, gab einen davon Mac und setzte sich neben sie. „Bitte.“
„Danke.“ Sie trank einen Schluck. „Mhm.“ Dann grinste sie ihn über den Rand des Gefäßes an. „Danke auch für das vorzügliche Essen.“
Er nippte an seinem Kaffee. „Es war mir wie immer ein Vergnügen, Mac.“
Die nächsten Minuten genossen sie den Kaffee und die leise Musik. Sie saßen so dicht nebeneinander auf der Couch, dass sich ihre Oberarme berührten. Es schien sie jedoch nicht zu stören, im Gegenteil: Keiner wollte zugeben, wie angenehm das war.
„Harm, willst du wirklich Sonntag noch mal fliegen?“
„Jupp.“ nickte er. „Nur ein Stündchen oder so. Aber „Sarah“ braucht noch mal ein bisschen Auslauf.“
„Ich bin doch kein Hund.“ schnaubte sie amüsiert.
„Dich meinte ich ja auch nicht.“ Er grinste sie an. „Du kriegst deinen Auslauf am Samstag, wenn wir shoppen gehen.“
„Das kann aber ganz schön dauern. Du musst nicht mitkommen, Seemann.“
„Wenn ich aber möchte?“
Ungläubig schüttelte Mac den Kopf. „Ein Mann geht freiwillig shoppen.“
„Schlimmer als mit Renée kann es ja nicht sein.“
Mac fand es zwar nicht sehr geschickt von ihm, die Sprache auf eine Ex zu bringen. „Warum nicht?“
„Mac, du weißt doch, wie Renée war: Style und Fashion waren wichtige Säulen ihres Lebens.“
„Das Madonna-Kleid, was sie damals für Harriet organisiert hat, war doch klasse.“
„An Harriet, ja. Aber deins hat mir besser gefallen.“ gestand er leise, sah sie dabei jedoch nicht an.
„Oh.“ machte sie. Harm verblüffte sie immer wieder. Sie schluckte. „Ich will mir eine neue Winterjacke holen.“
„Das sagtest du schon mal.“ Er hob den Kopf. „Sonst noch was?
„Ich weiß nicht. Vielleicht finde ich noch was Schönes.“ grinste sie. „Auch wenn ich ein Marine bin, shoppen tu ich ebenso gerne wie jede Frau.“
„Dann ist es abgemacht: Wir gehen Samstag shoppen.“
Sie lachte. „Vier Hände können außerdem mehr tragen als zwei.“
„Mac!“ Harm bekam Zweifel, ob das mit dem Shoppen wirklich eine so gute Idee war. Aber er hatte zugesagt, kneifen ging jetzt nicht mehr.
„Keine Sorge, ich werde dich schon nicht überfordern.“ kicherte sie.
„Das habe ich auch gar nicht behauptet.“
„Am Samstagabend, wenn wir fertig sind, können wir diese Diskussion gerne noch mal auffrischen.“
„Sehr witzig.“
„Ich bin oft witzig, Seemann.“
Ein klassisches Flyboy-Grinsen traf sie. „Ich weiß.“
„Ich muss langsam los, Harm.“
Er sah auf die Uhr. „Schon?“
„Jupp. Bis ich zu Hause bin, wird es fast halb elf sein. Und damit Zeit fürs Heiabettchen.“ Sie erhob sich. „Aber ich habe den Abend genossen. Genauso wie dein vorzügliches Mahl.“
„Wir können das ja am Samstag wiederholen. Auf dem Rückweg zu dir kaufen wir dann noch was ein.“
„Ich halte es für besser, wir klären das am Samstag. Shoppen kann ganz schön anstrengend sein. Ich bezweifle, dass du dann noch kochen willst.“
Er grinste „Ich bin auch mit Take-out zufrieden.“
„Lass es erstmal Samstag sein.“ Sie ging zur Tür und öffnete sie. „Wir sehen uns morgen im Büro.“
„Aber da werde ich nicht so viel Spaß haben wie heute.“
„Du wirst es überleben, Harm.“ lachte sie. „Bye.“
„Bye, Sarah. Fahr vorsichtig.“
Sie drehte sich noch einmal um. „Harm, ich bin ein Marine!“
„Ich weiß das.“ lachte er. „Die da draußen aber nicht.“
„Dann werden „die da draußen“ eben eine Überraschung erleben.“ Sie bestieg den alten Aufzug und winkte noch einmal. „Bye.“
Harm starrte noch sekundenlang auf die Aufzugtüren. „Bye.“ murmelte er schließlich ins Leere, kehrte zurück in seine Wohnung und verriegelte die Tür.
Rasch räumte er die Kaffeebecher weg und spülte sie kurz durch. Dann machte er den CD-Player aus und löschte die Lichter in Wohnzimmer und Küche. Leise pfeifend stieg er die Stufen zu seinem Schlafzimmer hoch und weiter ins Bad, wo er die letzten Vorkehrungen fürs Zubettgehen traf.
Wenige Minuten später lag er dann im Bett und ließ den vergangenen Abend mit „seinem“ Marine Revue passieren. Schließlich fielen ihm die Augen zu, und er glitt in einen tiefen Schlaf.
Liebe Grüsse Petra
Kalorien sind kleine Tierchen, die nachts die Kleidung enger nähen.
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