Samstag, 20. Dezember
08:12 Ortszeit
Macs Appartement, Washington DC
Mac öffnete die Augen. Es war noch dunkel in ihrem Schlafzimmer. Sie streckte und räkelte sich. <Woah, hab ich jetzt wirklich 9 Stunden am Stück geschlafen?> fragte sie sich nach einem Check ihrer Uhr. „Absoluter Rekord, Marine.“ lachte sie leise. „Aber ich fühl mich herrlich.“
Ein dringendes Bedürfnis ließ sie das Bad aufsuchen. Zurück im Schlafzimmer lauschte sie an der Tür zum Wohnzimmer. <Ob Harm wohl schon wach ist?> Schließlich kannte sie ihn als ausgeprägten Morgenmuffel. So wunderte sie sich auch nicht, dass kein Laut zu hören war. Leise öffnete sie die Tür und schlich ins Wohnzimmer. Auf der Couch lag das Bettzeug lose aufgeschlagen, aber von Harm keine Spur. Auch in der Küche fand sie ihn nicht.
„Harm?“ rief sie leise.
Niemand antwortete.
<Wo ist er?> Sie ging zurück ins Wohnzimmer. An der Tür stand immer noch sein Seesack. <Immerhin hat er sich nicht klammheimlich aus dem Staub gemacht.> Sie setzte sich auf das Sofa. Ein leises Lachen entfuhr ihr, als sie das Dinosaurier-Buch auf dem Tisch entdeckte.
Gerade als sie sich wieder erhoben hatte, hörte sie den Schlüssel im Schloss.
Die Tür öffnete sich und ein mit einer großen Tüte beladener Seemann im Jogging-Anzug betrat die Wohnung.
„Wo warst du?“ platzte es aus ihr.
Er kickte die Tür zu und legte den Schlüssel auf den Schrank. Dann eilte er in die Küche und stellte die Tüte ab.
Mac war ihm gefolgt. „Harm, wo warst du?“
„Hast du mich etwa vermisst?“
Sie wurde rot. „Na ja...“
„Guten Morgen erstmal.“ Er beugte sich zu ihr und gab ihr einen Kuss auf die Wange. „Ich war joggen und habe danach etwas fürs Frühstück eingekauft.“
„Oh... ähm... guten Morgen.“ erwiderte sie und holte tief Luft. Er roch verschwitzt – und sehr nach Mann. Kurz blinzelte sie und deutete dann auf die Tüte. „Wen willst du denn alles versorgen mit dieser Riesentüte?“ grinste sie.
„Dich und mich.“ lachte er. „Das sieht auch nach mehr aus als es ist.“
„Aha.“ machte sie. „Wieso bist du eigentlich schon auf?“
Sein Lachen wurde lauter. „Der frühe Vogel fängt den Wurm, Mac.“
„Du bist nicht gerade als Morgenmensch bekannt, Mister.“
„Ich weiß.“ grinste er. „Aber ich bin früh ins Bett und war daher früh wieder wach. Da hab ich gedacht, ich besorg uns was Leckeres zum Frühstück.“
„Beim Joggen?“
„So ungefähr, ja.“
„Und was hast du alles geholt?“
„Ein paar Eier, Speck, Frühstücksflocken, Brötchen, etwas Obst...“
„Mhm, klingt gut.“
„Das ist auch gut.“ lachte er. „Hast du großen Hunger?“
„Warum?“
„Wenn du nichts dagegen hast, würde ich gerne vorher noch duschen und so.“
„Tu dir keinen Zwang an.“ grinste sie. „Fühl dich ganz wie zu Hause.“
Der Ex-Pilot machte sich auf den Weg zu seinem Seesack und holte frische Wäsche raus. „Besser nicht.“ grinste er süffisant, als er sich Richtung Schlafzimmer wandte.
„Wieso?“
„Weil ich immer nackt aus der Dusche komme.“ Das Grinsen wurde breiter.
Mit großen Augen sah sie ihn an. Dann jedoch fing sie an zu lachen. „Ich ziehe mich eigentlich auch eher selten in der Dusche an.“
„An sich wollte ich sagen, dass ich normalerweise nackt aus dem Bad komme...“
Ihr Blick glitt von oben bis unten über seinen Körper. „Ich sagte doch schon: Tu dir keinen Zwang an, Seemann.“
„Wie bitte?“ Beide Brauen sausten nach oben.
Amüsiert spitzte sie die Lippen. „Du wärest nicht der erste Mann, den ich nackt sehe. Sehr viel anders als die anderen wirst du auch nicht aussehen.“
„Maaac!“ Seine Wangen wurden rot.
„Genierst du dich etwa vor mir?“
Ein schüchternes Grinsen glitt über sein Gesicht. „Ein bisschen.“ Das vergnügte Funkeln in seinen Augen verriet ihn jedoch.
„Ahm...“ Mac starrte ihn an. <Würde er wirklich...?>
„Keine Sorge, Mac, ich werde dich nicht erschrecken.“ lachte er und verschwand im Schlafzimmer. „Bis gleich.“
„Du würdest mich nicht erschrecken, Flyboy.“ murmelte sie. „Im Gegenteil...“
Im Bad legte Harm derweil seine Sachen zurecht. <Oh Mann...> dachte er, als er sein Rasierzeug rausholte und mit bereits nacktem Oberkörper sein Spiegelbild betrachtete. Er wusste, dass sein Körper ihn im „Fall der Fälle“ im Stich lassen würde. Allein schon der Gedanke daran erweckte gewisse Regionen seiner Anatomie zum Leben.
<Shit!> Eine kalte Dusche war das Letzte, was er jetzt gebrauchen konnte. Ein Stoßseufzer entfuhr ihm. Dann rasierte er sich und begutachtete sein Werk. Zufrieden mit dem Ergebnis, zog er sich ganz aus und stieg unter die Dusche.
Knapp 10 Minuten später fühlte er sich sauber und erfrischt. Als er sich abtrocknen wollte, stellte er fest, dass er vergessen hatte, Mac um ein Handtuch zu bitten.
<Mist!> dachte er. <Und jetzt?> Kurzerhand griff er nach dem großen Handtuch, das über einer Stange hing, und trocknete sich ab. Danach hing er das Handtuch über den Rand der Badewanne.
Nachdem er Slip und T-Shirt angezogen hatte und seine Jeans suchte, kam der nächste „Schock“: Die Hose lag im Wohnzimmer über einem Stuhl. <Na toll, Rabb!> fluchte er stumm. <Okay, da musst du jetzt durch.> Er sammelte seine Joggingsachen ein, öffnete die Tür und ging ins Wohnzimmer. Aus der Küche hörte er Geschirrklappern.
„Bist du fertig, Harm?“ Macs Stimme kam näher.
Rasch griff er nach seiner Jeans. „Ahm... ja...“
„Dann kann ich ja jetzt... oooh...“
Der Ex-Pilot drehte sich um.
Mac stand in der Tür und starrte ihn verlegen an. „Sorry... ich wollte nicht...“ murmelte sie, während sich ihre Augen leicht weiteten. Er trug keine Boxershorts wie damals, als sie seinen „Bodyguard“ gespielt hatte, sondern eng anliegende so genannte „Boxerbriefs“, die ein bisschen mehr von seiner Anatomie zeigten. <Guter Gott!>
Harm schlüpfte in die Jeans und zog sie hoch. „Du störst nicht, Sarah.“ Rasch stopfte er sein T-Shirt in die Hose und zog den Reißverschluss hoch. „Oder stört DICH der Anblick?“ Ein breites Flyboy-Grinsen traf sie.
„Natürlich nicht.“ grinste sie zurück. Im Gegenteil: Mit seinen feuchten Haaren und dem eng anliegenden Shirt sah er zum Anbeißen sexy aus. Dass er zudem noch frisch geduscht duftete, machte die Sache nicht einfacher.
Er trat auf sie zu. „Du hast also keinen Schreck bekommen?“
„Ah-ah.“ Sie schüttelte den Kopf. „Ich war nur überrascht, das ist alles.“
„Überrascht? Warum?“ Sein Grinsen wurde breiter. „Ich war doch nicht nackt.“
Sie lachte. „Nein, aber als ich dich das letzte Mal so gesehen habe, hattest du noch Boxershorts an.“
„Wie bitte?“
„Als Webb sich tot gestellt hat... und ich dein „Bodyguard“ war... weißt du noch?“
„Ach so, ja. Ich erinnere mich.“ Er lachte. „Damals fand ich Boxershorts auch klasse. Aber inzwischen...“ Harm fand es etwas seltsam, dass sie jetzt über seine Unterwäsche diskutierten.
Mac nickte. „Hast du etwas dagegen, wenn auch ich vor dem Frühstück noch duschen gehe?“
„Nein. Aber trockne dich gut ab.“
„Ja, Daddy.“ lachte sie auf dem Weg ins Schlafzimmer.
<Das Handtuch...> „Ah... Mac?“ rief er ihr hinterher.
Sie kam zurück. „Ja?“
„Ich musste dein Handtuch nehmen, sorry.“
„Oh, hatte ich dir keins rausgelegt?“
„Nope. Ich hab aber auch nicht dran gedacht.“
„Dann leg ich dir ein für später raus.“
„’Kay.“ nickte er. „Ich mache dann schon mal Frühstück, während du dich schön machst.“
„Ich dachte, ich BIN schön?“ spielte sie auf seine Bemerkung vom Vorabend an.
„Das bist du ja auch.“ Er grinste entwaffnend. „Aber nach einer Dusche wirst auch DU dich richtig schön finden.“
„Da könntest du Recht haben. Schließlich habe ich die ganze Woche nicht geduscht.“
Er lachte. „Schweinchen.“
„Oink, oink.“ machte sie. „Ein gewisser Seemann hatte mir das nämlich verboten.“
„Ich hab mich halt um dich gesorgt. Was wäre gewesen, wenn dir unter der Dusche plötzlich schlecht geworden wäre?“
„Ich weiß.“ lächelte sie sanft. „Ich war zeitweise wirklich ziemlich wackelig auf den Beinen.“ Sie trat auf ihn zu und gab ihm einen Kuss auf die Wange. „Danke, Harm. Für alles.“
„Bitte, gern geschehen.“ erwiderte er leise.
„Bis gleich.“ Weg war sie.
Harm sah ihr nachdenklich hinterher. An diese Küsse zur Begrüßung oder als Dankeschön konnte er sich gewöhnen. <Wenn du endlich dein Maul aufkriegen und ihr sagen würdest, was du für sie empfindest, könntest du das auf Dauer haben, Rabb.> Macs Verhalten ihm gegenüber ließ zumindest den Schluss zu, dass auch er ihr etwas – vielleicht sogar VIEL – bedeutete.
<Aber ist es auch genug für das, was ich wirklich will?> Er wollte sie schließlich nicht verlieren. Vielleicht ergab sich ja über das Wochenende eine Gelegenheit. Bis Weihnachten waren es zwar nur noch ein paar Tage, aber die Wette mit Keeter war ihm im Moment ziemlich egal.
Er seufzte leise, zog seinen Pullover an und machte sich auf den Weg in die Küche, um das Frühstück vorzubereiten. Wie er sah, hatte Mac schon den Tisch gedeckt. <Daher also eben das Geschirrgeklapper...> grinste er.
Als erstes stellte er die Kaffeemaschine an. Dann suchte er eine Pfanne für das Rührei, das er allerdings erst dann machen würde, wenn sie am Tisch saßen. Wenig später stand alles bereit: frisches Brot und Brötchen, seine Frühstücksflocken, Milch, Marmelade, Obst... eben alles, was man für ein gutes Frühstück brauchte und was er mitgebracht bzw. in ihren Schränken gefunden hatte.
Zufrieden setzte er sich an den Tisch und schenkte sich einen Becher Kaffee ein.
„Willst du etwa ohne mich anfangen?“ Lachend setzte Mac sich ihm gegenüber, ein Handtuch um den Kopf.
Harm sah auf und grinste breit. „Nope.“
„Gott, Harm! Wer soll das denn alles essen?“ Sie deutete auf den zugegeben arg vollen Tisch.
„Na, wir.“ Er erhob sich. „Du bist ja wieder gesund und solltest daher wieder deinen vollen Marine-Appetit haben. Ich will mir nicht vorwerfen lassen, ich hätte dich nicht gut versorgt.“
„Von mir wirst du das in Anbetracht all dieser Köstlichkeiten garantiert nicht hören.“ kicherte sie und deutete auf den Tisch. „Wo willst du überhaupt hin?“
„Noch eine Köstlichkeit zaubern.“ lachte er und ging zum Herd. Ein paar Minuten später war das Rührei fertig. Mitsamt Pfanne erschien der Ex-Pilot wieder am Tisch und häufte jedem eine gute Portion auf den Teller.
„Oooh.“ Ihre Augen wurden immer größer. „Harm, du verwöhnst mich viel zu sehr.“
„Zu sehr bestimmt nicht.“ Er stellte die Pfanne ab und setzte sich wieder. „Außerdem macht es mir Spaß, dich zu verwöhnen.“
„Rührei machen kannst du jedenfalls.“ lachte sie nach ein paar Bissen. „Aber das hier... das ist viel zu viel. Da kapituliere ja selbst ich.“
„Warten wir mal ab. Schließlich warst du die letzte Woche krank und hast weniger gegessen als normal. Also musst du wieder was auf die Rippen kriegen.“
„Bin ich so dünn geworden?“
Er lachte. „Nein. Aber ein gesunder Appetit wird deiner vollständigen Heilung nur förderlich sein.“
„Gutes Argument.“ grinste sie und griff nach einem Brötchen.
Ein paar Minuten später sah sie ihn an. „Kann ich dich als meinen persönlichen Rührei-Koch und Steak-Bräter engagieren?“
„Klar doch.“
„Damit bist du hiermit engagiert.“
„Wie ist das mit der Bezahlung?“ Sein Grinsen wurde breiter. „Du weißt, dass wir bestimmte Nebentätigkeiten angeben müssen.“
Ihr Grinsen stand seinem in nichts nach. „Aber nicht, wenn ich dich in Naturalien bezahle.“
„Naturalien?“ Er legte den Kopf schief. „Wie darf ich das verstehen?“
„Ähm... na ja...“ Mac wurde rot und sah ihn unsicher an. „Wie wäre es mit... hm...“ <Mist, was mache ich jetzt?>
„Ich warte...“ Harm war gespannt, wie sie sich da wieder rausreden würde.
<Ein Marine ist ein Marine und ein Mann – oder eine Frau – der Tat.> schmunzelte sie und erhob sich.
Er riss die Augen auf. „Mac?“
„Damit.“ Sie beugte sich über den Tisch und küsste seine Wange. <Es ist ein rein freundschaftlicher Kuss.> redete sie sich ein. <Außerdem gibt es Schlimmeres als Harmon Rabb Jr. zu küssen.> Grinsend ließ sie sich wieder auf den Stuhl sinken.
Harm war fürs erste viel zu verdutzt, um zu antworten. Schneller als gedacht fing er sich jedoch wieder. „Ja, das kann ich gelten lassen. Aber Vorsicht...“ Ein diabolisches Glitzern trat in seine Augen. „Daran könnte ich mich gewöhnen. Da macht das Kochen für dich gleich doppelt so viel Spaß.“
„Lässt du dich für Gefälligkeiten immer küssen?“
„Du warst doch diejenige, die sich diesen „Lohn“ ausgedacht hat. Falls du eine bessere Idee hast, immer her damit.“ Mental kreuzte er sämtliche Finger, dass sie KEINE bessere Idee hatte.
„Sind meine Küsse so schlecht?“ Ihre Augen wurden immer größer.
Er lachte. „Ich weiß nicht genau, wie deine Küsse sind, daher kann ich nicht...“
„Aber ich habe dich doch gerade geküsst.“ unterbrach sie ihn.
„Das war doch ein Bruder-Schwester-Hallo-Dankschön-Küsschen. Ich meine RICHTIGE Küsse.“
Neugierig sah sie ihn an. „Richtige Küsse?“
„Aha.“ nickte er.
„Meinst du die... ähm... die zwischen Mann und Frau?“
Er grinste. „Wir sind auch Mann und Frau.“
„Einspruch, Herr Anwalt.“ kicherte sie. „Wir sind EIN Mann und EINE Frau.“
„Wo ist denn da der Unterschied?“
„Unter „Mann und Frau“ verstehe ich ein Ehepaar. Und das sind wir ja nun nicht.“
<Leider...> dachte er und schüttelte den Kopf. „Nein, das sind wir nicht.“
Etwas in seinem Tonfall ließ sie aufhorchen. Sie glaubte einen Anflug von Bedauern zu hören, hielt es aber für klüger, nicht näher darauf einzugehen. Womöglich würde er sich wieder von ihr zurückziehen, sich wieder in sein Schneckenhaus verkriechen. Die letzten Wochen und Tage hatte er sich so offen und gelöst benommen wie seit Jahren nicht mehr.
„Aber wir haben uns auch schon „wie Mann und Frau“ geküsst.“ antwortete sie daher mit einem sanften Lächeln. „Auf dem Dock in Norfolk z. B.“
„Und auf deiner Verlobungsparty.“ meinte er leise.
„Aha.“
„Zählt der Kuss unterm Mistelzweig bei Bud und Harriet auch?“
„Nicht wirklich.“ Grinsend schüttelte sie den Kopf. „Küssen unterm Mistelzweig ist Tradition.“
<Schade...> „Wie sind wir eigentlich auf dieses Thema gekommen?“
„Du wusstest nicht, wie ich küsse.“
„Ah... okay.“ Harm grinste. „Abgesehen von diesen beiden „Mann-und-Frau-Küssen“ weiß ich das ja auch nicht. Insofern kann ich schlecht beurteilen, wie gut deine Küsse sind. Ich muss allerdings zugeben, dass sie so schlecht nicht waren.“ Vor allem der Kuss beim Admiral hatte sich in sein Gedächtnis eingebrannt.
„Na, das ist doch schon mal was.“ kicherte sie.
Er sah sie ernst an. „Sie haben mir gefallen, Sarah.“
„Oh...“ Mac musste schlucken. „Tut das nicht... uhm... jeder Kuss einer Frau?“
„Nicht unbedingt.“
„Nicht?“
„Nope.“ Er schüttelte den Kopf. „Mir gefallen die Küsse am besten, wo mir die Frau etwas bedeutet.“
Erneut verspürte sie einen Kloß im Hals. Der Mann ihr gegenüber zeigte ganz neue Seiten. „Ähem.“ räusperte sie sich. „Soll das heißen, ich...“
„Genau das soll es heißen, Sarah MacKenzie.“ unterbrach er sie leise. „Du bedeutest mir etwas.“
Plötzlich fehlten ihr sämtliche Worte. Sie spürte, wie sich die Röte ihrer Wangen über ihr ganzes Gesicht auszubreiten begann und in Richtung Hals wanderte. „Harm... ich...“
„Du brauchst jetzt nichts zu sagen, Mac.“ Er holte tief Luft und lächelte. „Du solltest nur wissen, dass du mir VIEL bedeutest.“
<VIEL?> „Oh.“ machte sie.
„Aha.“ nickte er. Nach einer kurzen Pause redete er weiter. „Was machen wir jetzt mit dem angefangenen Tag?“
Liebe Grüsse Petra
Kalorien sind kleine Tierchen, die nachts die Kleidung enger nähen.
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Sein Themenwechsel kam zwar äußerst abrupt, aber nicht ungelegen. „Zuerst einmal die Küche sauber.“ grinste sie.
„Gut.“ erwiderte er und deutete auf ihren Kopf. „Aber du machst dir zuallererst deine Haare.“
„Soll ich dir nicht helfen?“
„Erst die Haare, Mac. Dann sehen wir mal, was noch zu tun ist.“ Er erhob sich und räumte das Geschirr zusammen.
Auch sie stand auf. „Ich nehme schon mal dein Bettzeug mit.“
„Aber nicht wegpacken, ich bleibe noch eine Nacht.“ lachte er.
„Da auf dem Sofa stört es mich aber.“
„Es ist deine Wohnung, Mac. Und jetzt ab mit dir.“
„Aye, Commander.“ Sie ging ins Wohnzimmer und weiter ins Schlafzimmer, wo sie zuerst das Bettzeug wegräumte und dann ins Bad marschierte.
Harm räumte den Tisch komplett ab und verstaute die Lebensmittel. Dann machte er sich daran zu spülen.
Knapp 10 Minuten später erschien Mac wieder in der Küche. Sie griff nach einem Geschirrtuch und trocknete das noch vorhandene Geschirr ab. „Meinst du, wir können nachher noch ein bisschen an die frische Luft? Ich war so lange nicht mehr draußen. Außerdem brauche ich noch einen Weihnachtsbaum.“ Ihre rehbraunen Augen sahen ihn bittend an. „Und da du schon einmal da bist...“
„... dachtest du, ich helfe dir dabei.“
„Aha.“ nickte sie.
„Wir können ihn ja anschließend gemeinsam schmücken.“
Sie strahlte wie ihr noch nicht vorhandener Weihnachtsbaum. „Gute Idee.“ Impulsiv reckte sie sich und küsste seine Wange.
„Ich dachte, Dankeschön-Küsschen gibt’s nur für Rührei?“ grinste er breit.
„Beschwerst du dich etwa?“
„Nein.“ Harm beugte sich hinab und küsste ihre Nasenspitze.
Ein Kichern entfuhr ihr. „Wofür war der denn jetzt?“
„Mir war grad danach.“ Sein Grinsen passte von der Breite her locker um seinen Kopf. „Oder beschwerst DU dich jetzt?“
Lachend gab sie ihm einen Klaps auf den Arm. „Nein.“ Sie genoss die alberne Stimmung. Es gab wesentlich unangenehmere Arten, das Wochenende zu verbringen.
Wenige Minuten später strahlte die Küche wie neu.
„Wo gehst du deinen Baum immer holen?“
„Auf dem Weg nach Andrews raus gibt es einen kleinen Händler, der immer gute Ware hat. Der Weg lohnt sich.“
„Bis jetzt fand ich deine Bäume immer schön.“
„Warum stellst du keinen auf?“ Sie bereute die Frage sofort, als sie sah, wie seine Augen dunkler wurden. „Sorry, Harm, ich wollte nicht...“
„Schon okay.“ Er seufzte. „Irgendwie lohnte es sich meiner Meinung nach nicht.“
„Wenn du nicht willst, dann...“
„Nein, nein.“ unterbrach er sie. „Ich würde gerne mit dir einen Baum holen und schmücken.“ Ein klassisches Flyboy-Grinsen breitete sich in seinem Gesicht aus. „Wenn ich den dann auch ein bisschen als meinen ansehen darf...“
Sie lachte. „Natürlich.“
„Sollen wir uns jetzt auf den Weg machen oder willst du noch etwas warten?“
„Lass uns jetzt fahren, dann haben wir ihn.“
„Okay, zieh dich an.“
„Aye, Sir.“
Ein paar Minuten später waren sie startbereit und verließen die Wohnung. Vor der Tür atmete Mac tief durch. „Aaah, tut das gut... endlich mal wieder Frischluft.“
„Übertreibe es aber nicht, 100% fit bist du noch nicht.“
„Ich gehe doch nicht stundenlang spazieren oder jogge eine große Runde.“
„Das würde ich auch nicht zulassen, MacKenzie.“
Sie grinste. „Wie wolltest du das denn verhindern? Willst du mich vielleicht anbinden?“
„Wenn’s nötig wäre...“ grinste er breit.
„Harm!“ protestierte sie prompt.
Er öffnete lachend die Beifahrertür. „Einsteigen.“
Nachdem sie im Wagen saß, ging er zur Fahrerseite und fuhr los. Es dauerte nicht lang, bis sie ihr Ziel erreichten. Ein passender Baum war auch schnell gefunden und verstaut.
„Ein so großes Auto hat schon was.“ lachte sie, als sie wieder unterwegs waren.
„Aber eine Corvette ist auch nicht ohne. Vor allem, wenn es ein älteres Modell wie meine ist. Da kriegt man noch richtig ein Feeling für Geschwindigkeit.“
„Ja, weil du mit dem Hintern fast auf der Straße sitzt.“
„Mac!“
„Männer und Autos.“ Sie schüttelte lachend den Kopf. „Wie kleine Kinder.“ Ohne eine Antwort abzuwarten drehte sie an den Knöpfen des Autoradios und stoppte den Suchlauf, als sie einen Sender mit Weihnachtsliedern fand. Leise begann sie mitzusingen.
„Bringst du dich schon mal in Stimmung?“
„Jupp.“ Sie grinste ihn an. „Sing doch mit. Kennen wirst du die doch wohl.“
„Klar doch.“ lachte er und stimmte in ihren Gesang ein.
Schneller als gedacht erreichten sie dann wieder Georgetown. Nachdem sie ausgestiegen waren, schulterte Harm den Baum und trug ihn in ihre Wohnung.
Mac schloss die Tür und stellte als erstes ihren CD-Player an. „Das brauche ich zum Baumschmücken.“ Erst dann zog sie ihre Jacke aus.
„Singst du dann auch immer mit?“
„Jupp.“
„Wo hast du deinen Ständer?“ Er hängte seine Jacke auf.
Mit einem frechen Grinsen im Gesicht sah sie ihn an. „MEINEN Ständer?“ Ihr Blick glitt über seinen Körper.
Als ihm dämmerte, auf was sie anspielte, wurde er rot. „Maaac...“
Sie bog sich fast vor Lachen. „Der Ständer ist zusammen mit dem anderen Deko-Material im Keller.“
„Wir... äh... wir sollten das dann mal holen...“
Mac stand bereits auf dem Flur. „Na los, Trödelboy.“
„Dir geht’s wohl zu gut, Miss Ungeduld.“ lachte er.
„Da siehst du mal, was frische Luft, nette Gesellschaft und Weihnachtslieder so alles bewirken können.“
„Vor allem ja wohl die nette Gesellschaft.“ grinste er überheblich.
Sie kicherte. „Ich würde eher auf die Weihnachtslieder tippen.“
Inzwischen waren sie im Keller angekommen. „So, dann wollen wir mal.“
Lange suchen musste sie nicht, im Gegensatz zu ihrem Büro herrschte hier penible Ordnung. Sie drückte Harm zwei Kartons in die Arme und nahm selbst einen dritten sowie den Baumständer.
Skeptisch betrachtete er das Ganze. „Was ist denn da alles drin? Ein bisschen Grün vom Baum will ich auch noch sehen.“
Sie machten sich auf den Weg zurück in ihre Wohnung. „Kugeln, Lichterketten, Deko-Material.“
„Das reicht doch mindestens für zwei Bäume.“ Er folgte ihr.
„Genau genommen sogar für drei.“ kicherte sie. „Ich dekoriere ganz gerne unterschiedlich.“
„Ah, deshalb also gefallen mir deine Bäume immer so gut.“
Lachend schloss sie die Wohnungstür auf. „Stell die Kartons da in die Ecke.“
Er tat wie geheißen. „Und jetzt?“
„Jetzt bist du dran.“ Sie reichte ihm den Baum-Ständer. „Zeig mal, was du drauf hast, Seemann.“
Harm machte sich an die Arbeit und wunderte sich, dass er es innerhalb von 10 Minuten schaffte, den Baum so aufzustellen, dass dieser sicher und gerade stand.
„Perfekt.“ grinste sie vom Sofa her.
Er drehte sich um. „Ich schufte hier, und du machst einen auf gemütlich?“
„Ich soll mich doch schonen.“ lachte sie und deutete auf einen Karton. „Da ist die Lichterkette drin.“
Nach kurzem Kramen hatte er die Beleuchtung gefunden. „Ich dachte, WIR schmücken den Baum.“
„Och, du machst das schon ganz gut.“ kicherte sie.
„Werd ja nicht übermütig, Sarah MacKenzie.“
„Es bleiben doch noch die Kugeln und der restliche Schmuck. Welche Kugeln sollen wir nehmen?“
„Woran hast du denn gedacht?“
„Wir können rote nehmen und goldene... oder silberne. Ich hab auch noch bronzefarbene.“
„Rot und gold klingt gut. Jedenfalls richtig weihnachtlich.“ Harm „kämpfte“ derweil mit der Lichterkette. „Meine Güte, hat das Ding auch einen Anfang?“
Mac lachte. „Wenn du sie anmachst, wird es leichter.“
„Ha, ha.“ Er warf ihr einen nur halbwegs giftig gemeinten Blick zu, folgte aber ihrem Rat und stellte fest, dass es tatsächlich einfacher war.
In den nächsten Minuten verteilte er die Kette über den ganzen Baum. Mit kritischem Auge begutachtete er sein Werk, richtete hier und da noch eine Kerze und drehte sich dann zu ihr um. „Zufrieden?“ grinste er stolz.
„Jupp.“ Sie erhob sich. „Du entwickelst ungeahnte Fähigkeiten, Harm.“
„Tja, das... OOOH!“ machte er überrascht. Sie hatte ihm einen Kuss auf die Wange gegeben. „Ich nehme mal an, das soll „danke“ heißen.“
Sie nickte lachend. „Schlau bist du auch noch.“
Aus einem Impuls heraus zog er sie an sich und drückte sie kurz. „Ich fange an, mich daran zu gewöhnen.“ grinste er, als er sie wieder los ließ.
„Ähm... wir... wir wollen ja mal nicht übertreiben.“
„Schade.“ Sein Grinsen wurde breiter.
Statt einer Antwort machte sich Mac an einem der Kartons zu schaffen und holte rote und goldene Kugeln heraus.
„Die sollen alle an den Baum?“
„Der Baum ist groß. Da passt einiges dran, du wirst sehen.“
Harm war mehr als skeptisch, nahm sich aber ein paar Kugeln und fing an, sie zu verteilen. Mac gesellte sich zu ihm, und es dauerte daher nicht lange, bis alle Kugeln ordentlich verteilt am Baum hingen.
„Du hast Recht gehabt. Alle passen dran.“
„Ich hab meistens Recht.“ lachte sie. „Nur ist dir das bisher entgangen.“
„Maaac!“
„Jetzt fehlen noch die Ornamente und der sonstige Schmuck.“
Harm sah auf die Uhr. „Es ist Lunch-Zeit. Hast du keinen Hunger?“
„Nein, das Frühstück war ja reichlich. Oder hast DU Hunger?“
„Nope.“ grinste er. „Überleg dir aber schon mal, ob wir heute Abend was bestellen oder ob ich kochen soll.“
„Gegenfrage: Hast du was geplant?“
„Ich habe Lachs mitgebracht. Spaghetti wirst du ja wohl noch haben.“
Ihre Augen wurden groß. „Lachs mit Zitronensoße?“
„Wenn du möchtest...“
„Es macht dir wirklich nichts aus, noch einmal zu kochen?“ Die Aussicht auf Harms Lachs überwog die Unkompliziertheit des Bestellens.
„Sonst hätte ich das doch nicht vorgeschlagen.“ Außerdem genoss er es, für sie – und sich – zu kochen.
„Also, wenn das so ist... dann bitte einmal Spaghetti mit Lachs und Zitronensoße.“ Sie legte den Kopf schief und grinste. „Und Eis zum Nachtisch.“
„Bestellung ist notiert, Ma’am. Aber zuerst der Baum.“
„Ja, Sir.“ Sie stellte den Karton mit den Anhängern auf den Tisch. „Bedien dich.“
Nach und nach füllte sich dann der Baum mit Sternen aus Porzellan, „Weihnachtsgebäck“ aus Keramik, kleinen Äpfelchen, Nikolaus- und Engelsfiguren und Mini-Geschenkpäckchen – eben allem, was der Karton zu bieten hatte.
Schließlich traten beide zurück und begutachteten ihr Werk.
„Sieht gut aus.“ grinste Harm stolz. Zum ersten Mal verblassten seine unangenehmen Erinnerungen an Weihnachten.
„Jupp.“ nickte sie zustimmend. „Ich glaube, ich engagiere dich auch als „Weihnachtsbaum-Schmückgehilfe“.“
„NOCH ein Nebenjob?“
„Aha.“
„Allmählich muss ich aufpassen mit diesen ganzen Nebentätigkeiten. Nicht dass ich doch noch Ärger bekomme.“
Sie kicherte. „Ich werde dich zur Not verteidigen.“
„Danke.“ grinste er breit und sah lächelnd auf sie hinab.
Mac musterte ihn von oben bis unten. „Ihr“ Flyboy sah äußerst zufrieden und gelöst aus. So hatte sie ihn seit Jahren nicht mehr gesehen. „Komm her.“ flüsterte sie und breitete die Arme aus.
Zögernd trat er näher, unsicher, was sie vorhatte. „Mac?“
„Ich beiße nicht, Seemann.“ lachte sie leise.
Mit einem erleichterten Grinsen im Gesicht trat er dicht vor sie. „Guuut...“
Sie verschränkte die Arme in seinem Nacken und gab ihm einen Kuss auf die Wange. „Danke.“ murmelte sie, als sie ihn an sich drückte.
Instinktiv legte er beide Arme um ihre Taille und drückte sie an sich. <Verdammt, fühlt sich das gut an...> „Keine Ursache, Sarah.“ wisperte er kaum hörbar und küsste sie zurück. „Es hat Spaß gemacht.“
Sehr zu seinem Missfallen löste sie sich wieder von ihm. „Mir auch.“ Ihre Arme fielen zur Seite.
Er drückte sie noch einmal kurz und ließ sie dann ebenfalls los. „Und was jetzt?“
„Wir räumen die Kartons weg.“
„Und dann?“
„Was hältst du von einem Kaffee?“
„Sehr viel.“
„Ich setze ihn schon mal auf, dann ist er fertig, wenn wir die Kartons wieder im Keller verstaut haben.“
Harm sah ihr nachdenklich hinterher. Er musste zugeben, dass die Idee, sich übers Wochenende bei ihr einzuquartieren, eine seiner besten der letzten Monate gewesen war. Ein so unbeschwertes Wochenende hatte er lange nicht erlebt.
Rasch machte er sich daran, die Kartons wieder zu verschließen. Gerade als er damit fertig war, tauchte Mac wieder auf.
„Kaffee läuft.“ Sie griff nach einem Karton.
Er nahm sich die beiden restlichen Kartons. „Gut.“
Wenige Minuten später war alles wieder im Keller und an seinem Platz und die beiden Offiziere zurück in Macs Wohnung.
„Ich hole rasch den Kaffee.“ Sie ging in die Küche.
Er betrachtete den Baum. „Danke.“ grinste er dann, als sie ein Tablett auf den Tisch stellte und ihm einen vollen Becher gab.
„Den haben wir uns jetzt redlich verdient.“ meinte sie und deutete neben sich. „Komm her, Baum genießen.“
Statt einer Antwort ging er zum CD-Player und kramte in den CDs. Er fand eine andere CD mit Weihnachtsliedern und legte sie ein. Schließlich setzte er sich neben sie. „Wenn schon Weihnachten, dann aber richtig.“ grinste er.
„Dabei ist noch nicht mal Weihnachten.“
„Auch wenn es vielleicht seltsam klingt, aber ich bin gerade ziemlich in Weihnachtsstimmung.“
„Warum sollte das seltsam klingen? Wegen deines Dads?“ Sie legte eine Hand auf seinen Oberschenkel.
„Aha.“ nickte er. „Seit damals habe ich mir nie mehr viel aus Weihnachten gemacht. Das Fest der Familie...“ Er schnaubte leise. „... und der Liebe...“
„Was ist jetzt anders?“
Lange betrachtete er zuerst ihre schmale Hand auf seinem Bein, dann sah er sie genauso lange an, ohne etwas zu sagen. Schließlich verließ doch ein Wort seinen Mund, leise und kaum hörbar. „Du.“
Ihre Augen wurden groß wie Suppenteller. Fragend sah sie ihn an, sagte jedoch kein Wort. Es hatte ihr tatsächlich die Sprache verschlagen – mal wieder.
„Du und dieser Baum da.“ Er deutete darauf.
Seine Worte berührten sie tief. Sie reckte sich und wollte ihm einen Kuss auf die Wange geben.
Genau diesen Moment wählte er, um sich ihr wieder zuzuwenden.
Prompt landeten ihre Lippen statt auf seiner Wange auf seinem Mund.
Es war nur ein sehr kurzes Berühren, aber beide zuckten zurück, als hätten sie einen Stromschlag abbekommen.
„Sorry.“ meinten sie synchron. Sie sahen sich an und fingen gleichzeitig an zu lachen.
Dann jedoch herrschte wieder Schweigen, da keiner wusste, was er sagen sollte. Jedem wurde klar, dass dieser Kuss trotz seiner Kürze anders gewesen war als die, die sie bisher miteinander geteilt hatten.
Nach endlos erscheinenden Minuten hob Harm den Kopf. Er sah Mac jedoch nicht an, sondern ließ seinen Blick über den Baum schweifen. Dort entdeckte er dann etwas, was ihm zuvor entgangen war.
Er kniff die Augen zusammen. <Was zum Teufel ist denn das?> Langsam stand er auf, stellte den Becher auf den Tisch und schlenderte zum Baum, den Blick auf seine Entdeckung fixiert.
„Harm?“
Harm antwortete nicht, sondern beugte sich nach vorne. Das „Ding“ war tatsächlich ein Flugzeug, genauer gesagt ein kleiner Holzdoppeldecker, anscheinend selbst angemalt. Wie eine Miniaturausgabe seiner Stearman sah er aus.
„Mac?“ Fragend drehte er sich zu ihr um.
Sie grinste verlegen und mit zartrosa Wangen. „Ähm...“
„Was ist das?“
„Ein Flugzeug.“
Liebe Grüsse Petra
Kalorien sind kleine Tierchen, die nachts die Kleidung enger nähen.
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„Das sehe ich auch.“ Er kam zurück zur Couch. „Aber was hat eine Stearman als Weihnachtsdeko an deinem Baum zu suchen?“ Er setzte sich.
Mac geriet in Erklärungsnot. Vor ein paar Jahren hatte sie das kleine Flugzeug in einem Laden entdeckt und dabei sofort an IHN gedacht. Der zweite Gedanke war „Weihnachtsbaum“ gewesen. Liebevoll hatte sie dann das Holzteil mit einem Aufhänger versehen und bemalt. Seitdem zierte es ihren Baum.
Es war ihre besondere Verbindung zu dem Mann neben ihr. Zu dem Mann, der sie von der Sekunde an fasziniert hatte, als er seinerzeit im Rosengarten des Weißen Hauses ihre Hand gepackt und sich vorgestellt hatte, nachdem er sie angestarrt hatte, als wäre sie ein Geist. Allerdings hatte es geraume Zeit – und zwei Beziehungen – gebraucht, bis ihr klar wurde, was sie für ihn empfand: Liebe.
„Sarah?“
Sie traute sich nicht, ihn anzusehen. „Das... äh... das erinnert mich an... na ja... an dich...“ gestand sie leise.
Auf gewisse Weise war er gerührt, eine für ihn ungewohnte Empfindung. Er nahm ihre Hand und drückte sie sanft. Instinktiv wusste er, dass er zwar antworten, sich die Worte aber genau überlegen musste. Es musste sie große Überwindung gekostet haben, das zuzugeben.
Seine Finger glitten über ihre Knöchel. „Das ist nett.“ erwiderte er schlicht, wobei „nett“ eine ziemliche Untertreibung war. „Es freut mich. Hast du das angemalt?“
„Aha.“ nickte sie.
Erneut drückte er ihre Hand. „Ist dir sehr gut gelungen.“
„Danke. Es gefällt dir also?“
„Jupp.“ grinste er. „Ich find’s richtig süß.“
Offenen Mundes starrte sie ihn an. „Wie bitte?“
„Hab ich was Falsches gesagt?“
„Nein, nein.“ versicherte sie sofort. „Es ist nur...“ Nun grinste sie. „Aus deinem Mund zu hören, etwas ist „süß“... das klingt komisch.“
„Inwiefern?“
„Harm, du bist ein kampferprobter Pilot, manchmal knallharter Anwalt... und ein Mann. Da passt „Ich find’s richtig süß.“ nicht so recht.“
„Männer dürfen also nichts „süß“ finden?“ <Ich z. B. finde DICH „süß“, Sarah MacKenzie.> dachte er, ließ sich seine Gedanken aber nicht anmerken.
Sie lachte. „Doch, natürlich.“
„Aber?“
„Kein „aber“, Herr Anwalt.“ kicherte sie.
„Verrate es nur ja keinem.“
Ihre Augen funkelten amüsiert. „Soll das unser Geheimnis sein?“
„Mhm.“ nickte er und grinste wie ein Honigkuchenpferd.
„Das finde ICH jetzt richtig süß.“ Sie beugte sich zu ihm. „Wir haben ein Geheimnis.“ wisperte sie in sein Ohr.
„Was ganz was Geheimes...“ raunte er.
„Das bekommt noch nicht mal unser Superspion Webb heraus.“
„Gott, wenn der das wüsste, wüsste es eine halbe Stunde später ganz Washington und jeder Geheimdienst der Welt.“
Beide mussten herzhaft lachen.
„Jetzt tust du ihm aber ein bisschen Unrecht.“
„Mac, welche von Webbs Operationen ist schon so verlaufen wie geplant? “
„Jedenfalls keine, wo wir dabei waren.“
„Sag ich doch.“
Ein paar Minuten verharrten sie in angenehmem Schweigen und lauschten der Musik.
Schließlich lehnte sich Mac gegen ihn. „Ich bin froh, dass du da bist, Harm.“
„Ich auch.“ Er legte einen Arm um ihre Schulter und hauchte einen Kuss auf ihre Schläfe.
„Du hast dich die ganze Woche so rührend um mich gekümmert. Und ich war so garstig zu dir.“
„Mac, du warst krank. Hattest Fieber, einen dicken Kopf und eine verstopfte Nase.“
„Ganz zu schweigen von diesen grässlichen Halsschmerzen.“
„Aber jetzt bist du ja wieder gesund.“
„Wurde ja auch Zeit. Ich fühle mich nur noch ein bisschen schlapp, ab und zu jedenfalls.“
Er lachte leise. „Auch das kriegen wir wieder hin. Doc Rabb wird dich bis morgen Abend noch verwöhnen.“
„Doc Rabb...“ kicherte sie. „Es wundert mich sowieso, dass „Doc Rabb“ sich nicht angesteckt hat.“
„Ich habe halt eine eiserne Konstitution.“
„Angeber.“
„Du kannst dich ja revanchieren, falls es mich doch noch erwischen sollte.“ Sein Ton war gleichgültig, insgeheim war er jedoch gespannt, ob sie darauf eingehen würde – was er hoffte.
„Das ist ja wohl das Mindeste, was ich tun kann.“ Sie sah ihn an. „Ich hätte es auch gemacht, wenn du krank gewesen wärst.“
„Danke.“
„Auf die Hühnersuppe hättest du aber verzichten müssen. So gut sind meine Kochkünste nun doch nicht.“
„Doc Mac würde mich aber trotzdem gut versorgen.“
„Im Rahmen ihrer Möglichkeiten würde „Doc Mac“ das auch machen. Das verspreche ich dir.“
„Gut, dann kann ich ja jetzt krank werden.“
Sie gab ihm einen Klaps auf die Brust. „Untersteh dich!“
„Hey!“
In den nächsten Minuten sagte keiner ein Wort. Harm streichelte sachte ihre Schulter, während sie mit seinem Pullover spielte.
„Bist du müde?“ fragte er dann nach einer Weile.
„Nein, nur angenehm träge.“ murmelte sie.
„’Kay.“ Er legte den Kopf auf die Rückenlehne und starrte an die Decke. Selten hatte er so tiefe Zufriedenheit empfunden wie jetzt. Er hielt die Frau, die er liebte, im Arm. Sie lehnte sich vertrauensvoll an ihn... im Hintergrund lief leise Weihnachtsmusik... vor ihm strahlte der Baum.
<Das ist perfekt.> dachte er. <Fast perfekt, Rabb. Du musst ihr nur noch sagen, was du für sie empfindest.>
Ihr Verhalten in den letzten Tagen deutete an, dass auch er ihr nicht gleichgültig war. An seine Komplimente schien sie sich inzwischen ebenso gewöhnt zu haben wie an seine gelegentlichen Küsse. Die Frau in ihr zu hofieren war eine Herausforderung, der er sich viel zu lange widersetzt hatte.
Ein leiser Seufzer an seiner Schulter lenkte seine Aufmerksamkeit wieder auf sie.
Ihr Kopf ruhte in seiner Achselhöhle, ihr Arm lag über seinem Bauch. Sie atmete tief und gleichmäßig.
„Mac?“ fragte er leise.
Keine Reaktion.
Er schmunzelte. <Anscheinend ist sie doch noch nicht so fit wie sie gedacht hat.> Erneut legte er den Kopf zurück und schloss die Augen. Zuerst nahm er noch die leise Musik wahr, dann jedoch driftete er sanft ins Traumland ab.
#
41 Minuten später wachte Mac wieder auf. Eine angenehme Wärme umgab sie, und ihre Nase sagte ihr, dass Harm in der Nähe war. Zudem fühlte sie sich frisch und ausgeruht. Allerdings meldete ihr Magen „Hunger“. Ein Check ihrer inneren Uhr sagte ihr dann, dass es 16 Uhr und 12 Minuten war. Die Lunchzeit war längst vorbei, aber fürs Dinner war es wiederum zu früh. Vorsichtig streckte sie sich.
„Gut geschlafen?“ rumpelte es durch Harms Brust.
Sie hob den Kopf und gähnte herzhaft. „Aha.“
„Hast du jetzt Hunger?“
„Mhm.“ nickte sie.
„Wenn ich jetzt was koche, haben wir spätestens um 9 wieder Hunger.“
Sie richtete sich auf. „Und was machen wir jetzt?“
„Wenn du mich loslässt, habe ich eine Überraschung für dich.“
„Zum essen?“
„Natürlich zum essen.“ lachte er.
Schneller als er gucken konnte, hatte sie den Arm von ihm genommen und sich von ihm gelöst. „Was ist es denn?“ grinste sie erwartungsvoll.
„Eine Überraschung.“ Er erhob sich und grinste auf sie hinab. „Es wird dir garantiert gefallen.“
„Worauf wartest du dann noch?“
„Bin ja schon weg.“ rief er auf dem Weg in die Küche. „Du bleibst hier.“ rief er über seine Schulter.
„Bäh!“ machte sie, blieb aber sitzen und lauschte dem Geklapper aus der Küche. Es war ungewohnt, dass außer ihr noch jemand Geräusche in ihrer Wohnung machte, auch wenn Harm fast die ganze Woche für sie gesorgt hatte. Sie musste zugeben, dass sie es genoss, jemanden um sich zu haben. Zumal dieser Jemand auch noch Harm war, der Mann, den sie seit langem heimlich liebte.
Plötzlich traf das Aroma frisch gebrühten Kaffees ihre Nase. „Mhmmm...“ machte sie und schnupperte laut. Ihr Magen war ebenfalls äußerst angetan von der Köstlichkeit und knurrte laut.
„Nicht so ungeduldig, Marine.“ lachte Harm.
Ihr Kopf ruckte herum.
Immer noch lachend stellte er ein Tablett auf den Tisch. Darauf standen zwei Becher dampfenden Kaffees und zwei Teller mit...
<Was ist denn DAS?> Sie sah genauer hin. Fragend sah sie ihn dann an. „Schokokuchen?“
„Nein.“ lachte der Ex-Pilot. „Das ist nicht irgendein Schokokuchen, sondern „Tarte au Chocolat“. Von der französischen Patisserie zwei Blocks von hier.“
Sie grinste. „Die kenne ich.“
„Hätte mich auch stark gewundert, wenn nicht.“ Er setzte sich und gab ihr einen Teller.
Genüsslich schob sie sich einen Bissen in den Mund. „Diesche Tarte ist eine Schünde, Harm.“
„Eine dekadente Sünde.“ grinste er.
„Mhm.“
Beide genossen die „dekadente Sünde“ und den Kaffee.
Mac verputzte jedes noch so kleine Krümelchen auf ihrem Teller. Als sie fertig war, sah der Teller aus wie abgeleckt. „Woah, war das gut.“
Harm schmunzelte amüsiert. Auf seinem Teller lag noch ein kleines Stück Tarte. Er sah, wie sie den Hals lang machte und auf eben dieses kleine Stück schielte. Ohne sie anzusehen, zerteilte er das Stück und spießte eine Hälfte auf seine Kuchengabel. Im Augenwinkel sah er, wie ihre Augen den Weg des Kuchens verfolgten, als er die Gabel zum Mund führte.
Statt es jedoch selbst zu essen, hielt er ihr die Gabel unter die Nase. „Hier, du Schokoholic.“
„Mhmmm.“ machte sie und öffnete den Mund.
Lachend schob er die Gabel hinein. „Mac, du bist verfressen.“
Sie grinste kauend und deutete auf das andere Stück. „Kann isch dasch auch noch haben?“
„Jupp.“ Er spießte das letzte Stück auf und schob es in ihren bereits geöffneten Mund. „Das war’s.“
„Schade.“ seufzte sie schließlich. „Diese Tarte ist einfach himmlisch.“
„Ich wusste, es würde dir gefallen.“
Mac stibitzte einen letzten Krümel von seinem Teller. „Gefallen ist maßlos untertrieben, Flyboy. Wie kommt es eigentlich, dass du von so einer Zucker-Fett-Kalorien-Bombe isst?“
„Weil sie so lecker ist, dass ich diese Sünde begehen kann.“ grinste er.
Sie musste lachen. „Harmon Rabb Jr. kann sündigen?“
„Oooh jaaa.“ meinte er gedehnt und sah ihr tief in die Augen. Ihm fielen durchaus noch „sündigere“ Dinge ein, die aber allesamt NICHTS mit Essen zu tun hatten.
Irgendetwas in seinem Tonfall ließ sie verwirrt in seine nunmehr dunkelblauen Augen blicken. <Guter Gott, dieser Blick!>
„Ah ja.“ machte sie.
„Ah ja?“ Er lachte. „Mehr fällt dir dazu nicht ein?“
Sie konnte ihm doch nicht ins Gesicht sagen, dass sie gerade darüber nachdachte, welche „Sünden“ er gemeint hatte. „Ähm... ich glaube, ich... uhm...“
„Sprich dich ruhig aus, Sarah MacKenzie.“ forderte er leise.
Seine tiefe und raue Stimme ließ sie schlucken und brachte Saiten in ihr zum Klingen, die sie lange nicht mehr erlebt hatte. Sie war froh, dass sie saß. <So muss er klingen, wenn er eine Frau verführen will.>
„Sarah?“
„Uh... ich...“
Er nahm ihre Hand und spürte ein ganz leichtes Zittern. „Mac, du kannst mir doch alles sagen.“
„Ich... hm... ich weiß.“ Sie starrte auf seine langen Finger, die mit ihrer Hand spielten.
„Egal was es ist, sag es mir.“
Sie schüttelte den Kopf. „Hm-hm.“
„Traust du dich etwa nicht?“
„Hm-hm.“
„Maaac...“
„Lass es doch gut sein, Harm.“ Es war ihr peinlich. Und das wiederum ärgerte sie.
Nun war er irritiert. „Warum?“
„Weil...“ Sie sah ihn an. „Du bringst mich durcheinander.“ Ein leiser Seufzer entfuhr ihr.
„Oh... oookay.“ machte er. „Aber das war nicht meine Absicht.“
„Ich weiß.“
Er fuhr fort, ihre Hand zu streicheln. „Was kann ich tun, damit du wieder lachst? Du bist viel hübscher, wenn du lachst und nicht so griesgrämig dreinschaust wie jetzt.“
„Sei nicht albern, Harm.“ Wider Willen musste sie lachen.
„Jaaa, so gefällst du mir viel besser.“ Er grinste wie ein Honigkuchenpferd. „Anscheinend muss ich albern sein, damit du lachst.“
„Du musst nicht albern sein, du sollst mich nur nicht verwirren.“
„Ich weiß zwar nicht, was ich getan habe, um dich so zu verwirren, aber okay... Ich werde versuchen, mich zu benehmen.“
„Du hast dich benommen wie ein Gentleman. Es ist nur...“ Sie holte tief Luft. Seltsamerweise gab seine kräftige und doch so sanfte Hand ihr den Mut, weiterzureden. „Willst du mich verführen, Harmon Rabb?“
„WIE BITTE?“ Er fühlte sich wie vor den Kopf gestoßen und riss die Augen auf.
„Ich habe dich gefragt, ob du mich verführen willst.“ Mac wurde von Sekunde zu Sekunde selbstsicherer. „Wenn ein Mann so redet oder sich benimmt wie du eben, dann will er verführen.“
„Gott, Mac, nein!“ erwiderte er energisch. „Ich will dich nicht verführen. Es tut mir leid, wenn ich diesen Eindruck in dir erweckt haben sollte.“ Er wurde rot. Sein in der Tat unbeabsichtigtes Verhalten schien den bisher so angenehm verlaufenen Tag ruiniert zu haben. <Shit!>
„Es tut mir leid.“ Beschämt senkte er den Kopf. „Wenn ich dich hätte verführen wollen, hätte ich das schon längst versucht.“
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<Na toll!> dachte sie und fühlte Verärgerung in sich hochsteigen. <Jetzt bin ich noch nicht mal mehr verführenswert.>
Am Funkeln ihrer Augen erkannte Harm ihren Stimmungsumschwung. <Rabb, du bist ein Idiot! Jetzt hilft nur noch die Wahrheit.> Er holte tief Luft.
„Sarah, du bist eine wunderschöne Frau. Jeder Mann, der einigermaßen normal ist, muss dich einfach attraktiv und begehrenswert finden.“
„Du auch?“
„Was?“
„Findest auch DU mich begehrenswert?“
Unergründlich sah er sie an. „Ich bin ein ganz normaler Mann, Sarah.“ Es war kein eindeutiges „ja“, aber wenn sie eins und eins zusammenzählen und richtig kombinieren würde, käme ein „ja“ heraus.
„Ist das ein „ja“?“
„Was glaubst du denn, was es ist?“
„Aaalso...“ meinte sie gedehnt. „Wenn ich deine Äußerungen eben logisch kombiniere und genauso logisch weiter denke, dann ist es ein „ja“.“
Er kam sich vor wie bei Gericht. Lange sagte er kein Wort, sondern sah sie nur an. Äußerlich war er die Ruhe selbst.
Mac wurde zunehmend nervöser. „Harm?“
„Du hast völlig richtig kombiniert, Sarah MacKenzie.“ erwiderte er leise.
„Du... ah... du findest mich...“
„Ich habe dir bereits gesagt, dass ich dich wunderschön finde.“
Sie nickte.
„Ich finde dich wunderschön, attraktiv, anziehend... und... ja, auch begehrenswert.“
„Oh.“
Harm hatte nicht die Absicht, jetzt näher auf das alles einzugehen. Daher erhob er sich und brachte die Teller zurück in die Küche. Von dort brachte er dann die Kaffeekanne mit.
„Auch noch einen?“
Sie lächelte und hielt ihm ihren Becher hin. „Gute Idee.“
Er füllte zuerst ihren, dann seinen, bevor er die Kanne absetzte und wieder auf dem Sofa Platz nahm. „Alles okay?“
„Mhm.“ nickte sie und sah ihn unergründlich an. „Harm, warum?“
„Schsch.“ machte er. „Lass uns nicht mehr davon reden, ja?“
„Aber...“
Er legte ihr einen Finger auf die Lippen. „Sarah... bitte...“
„’Kay.“ murmelte sie. Der Ausdruck in ihren Augen sagte jedoch etwas ganz anderes.
Harm seufzte leise und packte sanft ihr Kinn. „Willst du etwa wissen, warum ich dich attraktiv und begehrenswert finde?“
Sie nickte stumm.
Er konnte sich ein leises Lachen nicht verkneifen. „Dann schau mal in den Spiegel, Marine. Du bist eine attraktive Frau. Das Marine Corps kann in jeder Hinsicht stolz auf dich sein mit deinem Mut, deiner Intelligenz und deinem Aussehen. Die meisten Männer würden mir da vermutlich vorbehaltlos zustimmen.“ Er nahm ihre Hand. „Ich habe eben schon gesagt, dass ich ein ganz normaler Mann bin. Ja, ich finde dich attraktiv. Alles an dir ist attraktiv für mich. Und ich finde dich begehrenswert...“
Eigentlich wäre jetzt ein perfekter Zeitpunkt gewesen, ihr seine Liebe zu gestehen. Aber er wollte sie nicht noch mehr verwirren als sie augenscheinlich schon war.
„Alles okay?“ fragte er nach einer Weile des Schweigens.
Sie nickte. „Ja.“
„Was machen wir jetzt?“
Sie sah ihn an. „In Bezug auf... ahm... uns?“ <Falls es überhaupt so etwas wie ein „uns“ gibt.> Aber ihre Intuition sagte ihr, dass es so etwas wie ein „uns“ gab... dass er mehr für sie empfand als reine Freundschaft... dass er sie liebte. Sie würde sich nur seinem Zeitplan anpassen müssen.
„Ich dachte eher an den heutigen Abend.“ lachte er leise. „Wir können wieder ein Video gucken. Vielleicht gibt es ja auch etwas Interessantes im Fernsehen.“
„Du willst wirklich hier bleiben, Harm?“
„Schmeißt du mich etwa raus?“ Seine Stimme war scherzhaft, in seinen Augen machte sich jedoch Panik breit. Wenn sie absolut darauf bestehen würde, würde er heimfahren.
„Nein, Seemann, ich schmeiße dich nicht raus.“ kicherte sie. „Ich freue mich doch, dass du da bist.“
„Gott sei Dank!“ entfuhr es ihm. Mit rosa Ohrläppchen sah er sie dann verlegen an. „Sorry.“
„Ich bin wirklich froh, dass du hier bist.“ Sie drückte seine Hand. „Der Nachmittag ist noch früh, da können wir doch was spazieren gehen.“
Harm sah zum Fenster. „Gute Idee, zumal das Wetter auch ganz okay ist.“
„Dann machen wir jetzt eine Tour um den Block.“ Sie erhob sich und ging ins Schlafzimmer, um sich umzuziehen.
Wenig später waren beide fertig und verließen die Wohnung.
„Wenn das Wetter mitspielt, können wir morgen in die Stadt fahren.“ meinte Harm, als er sah, wie sie tief Luft holte.
Sie nickte. „Soweit ich weiß, ist im Smithsonian eine Fotoausstellung über die besten Naturbilder aus 50 Jahren National Geographic.“
„Klingt interessant.“ Er lachte. „Dann müssen wir auch nicht zwischen Flugzeugen oder Dinosauriern wählen.“
„Ich würde sogar freiwillig die Flugzeuge angucken.“
Nun lachte er laut. „Und ich die Dinos.“
„Warum?“
„Warum du?“
„Als Dankeschön für deine Fürsorge.“ Sie blieb stehen. „Du bist dran.“
„Damit du happy bist, Sarah.“
„Und wenn wir uns die Fotoausstellung ansehen, sind wir beide happy.“
„Jupp!“ grinste er breit.
Als sie dann weitergingen, suchten beide unabhängig voneinander des anderen Hand, was sowohl Harm wie auch Mac amüsiert schmunzeln ließ. Hand in Hand schlenderten sie dann langsam um Macs Block, bis sie wieder vor dem Appartementhaus standen.
„So, das reicht für heute.“ grinste Harm, als er die Tür aufschloss. „Alles okay?“
„Alles bestens, Seemann.“ Sie lachte. „Die Frischluft hat mir gut getan.“
„Hast du Hunger?“
„Nope, diese Schokosünde war einfach... puuuh...“ Sie strich über ihren Bauch, um zu zeigen, dass sie immer noch satt war.
„Köstlich?“
„Aha.“ nickte sie. „Und mehr als sättigend.“
Er ging ins Wohnzimmer und startete den CD-Player. „Musik?“
„Gute Idee.“ Sie klopfte neben sich auf die Couch. „Komm her.“
Er ließ sich neben sie fallen. „Genießen wir das alles einfach noch etwas.“
„Was denn alles?“
„Die Musik... den Baum...“ Er legte den Arm um ihre Schulter. „... uns...“
„Was würde ich nur ohne dich machen, Harm?“ Sie sah ihn nicht an. „Du hast mich viel zu sehr verwöhnt in den letzten Tagen... warst so lieb zu mir.“ Nun hob sie den Kopf und sah ihn an. „Hast mich umsorgt und meine Launen ertragen... für mich gekocht... bist sogar mit mir zum Arzt gegangen. Wie soll ich dir das nur danken?“
Ihre leicht geöffneten Lippen zogen ihn magisch an. <Küss mich!> fuhr ihm durch den Kopf. Es bedurfte seiner ganzen Selbstbeherrschung, sie nicht von sich aus zu küssen. „Du weißt, dass ich alles für dich tun würde, Sarah.“ wisperte er.
Mit ihrer nächsten Aktion hätte er vielleicht im Traum gerechnet.
Sie grinste und beugte sich über ihn. Dann küsste sie ihn. Richtig. Auf die Lippen. Fest und dennoch weich.
Harm war viel zu verblüfft, um zu reagieren. Als sie sich wieder von ihm löste – für seinen Geschmack natürlich viel zu schnell –, holte er tief Luft. „Was... ah... Mac, was... was war das?“
„Ein Kuss.“ kicherte sie und rückte wieder ein Stück von ihm ab. „Ein ganz spezieller Dankeschön-Kuss, den es nur bei ganz besonderen Begebenheiten gibt.“
„Oh... wow.“ Plötzlich grinste er wie ein Honigkuchenpferd. „Wenn das dein Dank ist, tu ich wirklich ALLES für dich, egal, was.“
„Na, na, na, wir wollen ja mal nicht übertreiben.“ lachte sie, auch um ihre eigene Verlegenheit zu überspielen. „Ich könnte mir ja wer weiß was einfallen lassen.“
„Egal.“ Sein Grinsen wurde noch breiter. „So lange ich SO ein Dankeschön bekomme...“
„Wenn du das häufiger bekommst, ist es doch nichts Besonderes mehr. Das soll es aber sein.“
Er nickte lachend. „Gutes Argument.“
„Bist du ein Küsschen-Junkie?“
„Küsschen-Junkie?“
„Junkies sind Leute, die süchtig nach etwas sind. In deinem Fall wären das Küsschen... oder auch Küsse...“
„Ich bin nicht süchtig nach Küssen, es ist nur...“
Sie grinste immer noch. „Bist du etwa so lange nicht mehr geküsst worden, Seemann?“
„Na ja...“ Er kratzte sich verlegen am Kopf. „Es... hm... es ist schon eine Weile her.“
„Oh.“ machte sie verwundert. Schließlich war er ein gut aussehender Mann, der keine Schwierigkeiten haben dürfte, neue Bekanntschaften zu schließen. Oft genug hatte sie miterlebt, wie Frauen allein schon auf sein bloßes Erscheinen reagierten.
Harm deutete ihr Schweigen falsch. „Mac, ich schlafe mich nicht durch die Gegend.“
„Das haben ich weder gedacht noch behauptet, Harm.“
„Ich wollte dir nichts unterstellen, sorry.“
„Nicht jeder Kuss führt automatisch zu Sex. Schließlich haben wir beide uns schon häufiger geküsst, ohne dass...“ Absichtlich beendete sie den Satz nicht.
„Ich weiß.“ Der Ex-Pilot ließ offen, ob er sich auf ihren ersten Satz bezog oder auf den zweiten.
Mac merkte, dass das Gespräch in „gefährliches Fahrwasser“ abzudriften drohte. Sie richtete sich auf und gab ihm einen raschen Kuss auf die Wange. „Damit du Küsschen-Junkie wieder happy bist.“
„Ich bin auch so happy, Mac.“ lachte er und stupste ihre Nase. „Allerdings ist ein Küsschen von dir wie das Tüpfelchen auf dem i... oder das Sahnehäubchen auf dem Kuchen.“
Sein letzter Vergleich entlockte ihr ein Kichern. „Auf eine Schoko-Tarte kommt aber keine Sahne.“
„Es gibt noch genügend andere Kuchen, auf die man Sahne machen kann.“ grinste er.
„Kindskopf.“
„Ah-ah...“ Er schüttelte den Kopf und grinste verschmitzt. „Küsschen-Junkie.“
Sie sahen sich an und lachten dann beide laut und herzhaft.
Nachdem Mac sich wieder beruhigt hatte, sah sie ihn an. „Überleg dir schon mal, was wir heute Abend machen. Sollen wir wieder einen Film gucken? Oder soll ich mal schauen, ob irgendwo eine interessante Dokumentation gezeigt wird? Samstags gibt es oft gute.“
„Doku klingt gut.“
Sie erhob sich und ging zum Schreibtisch, wo sie ihr Notebook startete. „Irgendwelche Präferenzen außer Flugzeugen und Schiffen?“
„Geschichte, Reisen, Baseball...“
„Mit Sport brauchst du überhaupt nicht erst anzufangen.“ lachte sie über den Monitor ihres Notebooks und wählte die Webseite ihres bevorzugten Doku-Kanals an. „Aaah... wie wäre es mit dem Film „Unsere Erde“? Auch wenn ich den schon ein paar Mal gesehen hab, er ist immer wieder sehenswert.“
Harm erhob sich. „Um was geht es da?“
„Da werden vom Nordpol ausgehend über den Äquator bis zum Südpol die verschiedensten Lebensräume gezeigt. Mit genialen Kameraeinstellungen. U. a. ist die BBC daran beteiligt.“
„Die macht in der Tat klasse Dokus. Okay, den nehmen wir.“
Mac kicherte plötzlich.
„Was?“
„Danach kommt eine Sendung über die Eroberung der Südsee, was die damals für nautische Meisterleistungen vollbracht haben. Das ist doch was für dich, SEEMANN.“
„Du brauchst das „Seemann“ gar nicht so zu betonen, Marine.“ Er trat zu ihr und wedelte „strafend“ mit dem Zeigefinger vor ihrer Nase herum.
„Kannst du denn segeln?“
„Maaac!“ schnaubte er. „Ich bin ein Navy-Mann. Natürlich kann ich segeln.“
„Sorry, kann ich ja nicht wissen. Wir sind nur miteinander geflogen.“ Sie klimperte entschuldigend mit den Wimpern. „Außerdem ist es keineswegs selbstverständlich, dass ein Navy-Angehöriger segeln kann. Frag mal Bud...“
„Okay, okay, schon gut.“ grinste er.
„Kannst du eigentlich nach Instrumenten segeln?“
„Miss MacKenzie, ich habe seinerzeit Franks Yacht von Miami auf die Bahamas überführt.“
„Noch etwas, was ich nicht wusste, Harm.“ Sie grinste. „Du steckst voller Geheimnisse...“
<Wenn du wüsstest...> Er sah sie an. „Ein paar davon kennst du aber, Sarah.“
„Wann war denn dieser große Segeltörn?“
„Nach meinem Unfall, nachdem ich mich vollständig erholt hatte. Mom meinte, dieser Trip wäre eine prima Abwechslung für mich.“
„War es das?“
„Allerdings.“ Er seufzte. „Ich hatte viel Zeit, nachzudenken. Da kam mir die Idee mit dem Jura-Studium.“
„Die Navy muss deiner Mom danken.“ grinste sie.
Beide Brauen sausten nach oben. „Hä?“
„Na ja, dank dieses Trips hat sie einen hervorragenden Anwalt bekommen.“ Sie konnte fast sehen, wie sich sein Ego aufblähte.
„Und wir haben uns kennen gelernt...“ erwiderte er leise.
Mac wurde rot. „Ähm... ja...“
„Hast du jetzt Hunger?“ Der Ex-Pilot hatte beschlossen, das Thema zu wechseln. Auch wenn es ziemlich abrupt war. Aber es war eh Zeit fürs Dinner.
„Hä?“
„Hast du Hunger, Sarah MacKenzie?“
„Ach so...“ Sie grinste entschuldigend. „Nicht viel, aber wenn du mit dem Kochen anfängst, wird der schon noch kommen.“
„Gut, dann findest du mich in der Küche, falls du was brauchst.“
„’Kay.“
In der Küche machte sich der Ex-Pilot daran, alles für die „Spaghetti mit Lachs in Zitronensauce“ vorzubereiten. Leise summend würfelte er die Zwiebel, nur um mit tränenden Augen belohnt zu werden. <Scheiß Ding!> schniefte er.
„Alles okay?“
Er fuhr herum. „Ah... ja, ja... es ist nur...“ Seine Augen tränten immer noch.
„... die Zwiebel...“ grinste sie und verschwand wieder.
„Allerdings... die Zwiebel...“ murmelte er und hackte ein bisschen heftiger auf dem armen Gemüse rum.
Wenig später traf ein köstliches Aroma Macs Geschmacksnerven. <Mhmmm.> schnupperte sie und erhob sich. Wie am Abend zuvor blieb sie im Türrahmen stehen und sah Harm beim Kochen zu.
Er summte wieder leise vor sich hin, seine Hände flogen zwischen den Töpfen hin und her. Als er ein paar Nudeln aus dem Kochwasser fischte, entdeckte er Mac im Augenwinkel.
„Stehst du schon länger da?“
„7 Minuten und 13 Sekunden.“ lachte sie und betrat die Küche. „Kann ich den Tisch decken?“
„Gerne.“
Wenige Minuten später saßen sie am Tisch und fingen an zu essen.
„Irgendetwas ist anders an der Sauce, Harm.“ meinte sie nach ein paar Bissen.
„Besser oder schlechter?“ Leichte Panik schlich sich in sein Hirn. <Versalzen? Zu sauer? Ist der Fisch vielleicht noch zu roh?>
„Viel besser. Ich hab keine Ahnung, was es ist, aber es ist köstlich.“ Genüsslich verdrehte sie die Augen.
<UFF!> Harm war erleichtert. „Da ist zusätzlich noch etwas Limette in der Sauce.“
„Es schmeckt jedenfalls noch einen Tick besser als vorletzte Woche.“
Harm grinste breit. „Ich werde es mir merken.“
Während der nächsten Minuten sprachen sie kaum ein Wort. Schließlich waren sie fertig mit der Mahlzeit.
„Puh, war das gut.“
Harm lachte. „Dein Appetit sagt mir, dass du wieder ganz gesund bist, Mac.“
„Bin ich ja auch.“ grinste sie. Wieder ernster sah sie ihn dann an. „Ahm... Harm?“
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„Ja?“
„Hast du Weihnachten schon was vor?“
„Außer den Besuchen von Kaplan Turners Messe und an der Wall nicht. Warum?“
Ihr Blick war ein wenig schüchtern. „Weil... na ja... ich dachte, wir könnten den Abend vielleicht gemeinsam verbringen. Oder gibt es wieder ein Essen bei Bud und Harriet?“
„Dieses Jahr nicht, leider.“
„Warum nicht?“
Er grinste schief. „Ich sag nur „Lydia“.“
„Autsch.“
„Harriets Eltern haben sich für die Feiertage angesagt, anscheinend recht kurzfristig. Bud „sprüht“ schon vor Begeisterung.“
Mac lachte. „Bei so einer Schwiegermutter würde ich das auch. Harriet hat ihr Wesen anscheinend zu 100% von ihrem Vater geerbt.“
„Das glaube ich auch.“ Harm fiel in ihr Lachen ein.
„Und was ist jetzt mit Weihnachten?“
Er sah sie lange an, ohne etwas zu sagen.
„Harm... wenn du nicht willst... dann...“ Sie wurde zunehmend nervöser.
„Ich würde mich sehr freuen, Weihnachten mit dir zu verbringen.“
Sie fing an zu strahlen wie ihr Weihnachtsbaum. „Ehrlich?“
„Ehrlich.“ nickte er. „Dann können wir auch deinen Baum richtig genießen.“
„Wer sagt, dass wir uns bei mir treffen?“
„Ich.“ Sein Grinsen wurde breiter. „Schließlich bist DU diejenige mit dem geschmückten Baum und der festlich dekorierten Wohnung. Außer dem ist der Baum ja auch ein bisschen meiner.“
„Gute Argumente.“ kicherte sie. „Dann treffen wir uns also bei mir.“
„Wenn ich Dad besucht habe, komme ich vorbei. Soll ich was zum Dinner mitbringen?“
„Jupp.“
„Chinesisch?“
„Wie immer?“
„Aha.“
„Gut, dann wird es „Chinesisch wie immer“ sein.“ lachte er.
„Wir werden uns einen gemütlichen Abend unter besten Freunden machen.“
Er grinste wie ein Honigkuchenpferd. „Unter UNSEREM Weihnachtsbaum.“
„Ich freu mich schon.“
„Ich mich auch.“ erwiderte er, nun wieder ernst. „Wann fängt eigentlich diese Doku an?“
„In 42 Minuten und...“
„Danke, mehr wollte ich nicht wissen.“ unterbrach er sie lachend. „Hilfst du mir beim Spülen?“
„Klar doch, dann sind wir schneller fertig. Hast du was gegen einen Kaffee?“
„Nope.“
Sie erhob sich und stellte das Geschirr in die Spüle. Dann stellte sie die Kaffeemaschine an.
Harm hatte inzwischen Wasser ins Becken laufen lassen. „Auf geht’s.“
Es dauerte nicht lang, bis die Küche wieder strahlte wie nie benutzt.
„Nimmst du den Kaffee mit?“ Harm hatte Becher, Zucker und Milch auf ein Tablett gestellt.
„Jupp.“
Im Wohnzimmer setzten sie sich auf die Couch. Mac schenkte beiden Kaffee ein. „Es wird ein Weihnachten, auf das ich mich vorbehaltlos freuen kann.“
„Ich denke, es wird das beste Weihnachten seit vielen Jahren werden, Sarah.“ Er beugte sich zu ihr und küsste ihre Wange, wobei er seine Lippen ein wenig länger als üblich über ihre Haut gleiten ließ.
<Guter Gott!> Macs Puls beschleunigte sich. <Warum nur kann der Mann so gut küssen, aber das Maul nicht aufkriegen?> Sie atmete tief durch.
Harm entging ihre Reaktion nicht. Er lehnte sich zurück, zufrieden mit der Wirkung seines Kusses. Seine Charme-Offensive schien zu wirken, auch wenn sie immer behauptet hatte, dagegen immun zu sein. Allem Anschein nach hatte sie sich da selbst etwas vorgemacht. Ihm war allerdings auch klar, dass er in ihrer Erkältung einen unfreiwilligen Helfer gehabt hatte.
„Ah...“ Sie erhob sich, ging zum Fernseher und schaltete ihn ein. „Die Doku fängt gleich an.“
Er klopfte auf den Platz an seiner Seite. „Dann komm her und genieße mit mir eine Reise um die Welt.“
Wortlos ließ sie sich neben ihn sinken und schmiegte sich an ihn, ihren Becher in der Hand. Ein sanftes Lächeln breitete sich auf ihrem Gesicht aus, als sie Harms Arm um ihre Schulter und seine Hand auf der Schulter spürte. Wie beiläufig lehnte sie sich gegen ihn.
Wenige Minuten später flimmerten die ersten Bilder über den Bildschirm. In der folgenden Stunde fielen außer ein paar „ah’s“ und „oh’s“ keine Worte. Schließlich war der Film zu Ende.
„Wow.“ meinte Harm. „Da denkst du, du kennst die Welt, und musst feststellen, dass dem nicht so ist.“
„Es gibt davon auch eine Serie, die ist ein bisschen ausführlicher. Immer wenn ich den Film sehe, entdecke ich etwas Neues.“
„War ein guter Tipp.“
„In 15 Minuten kommt diese Doku über die Südsee-Eroberer.“ Sie rückte von ihm ab und stand auf. „Da geh ich vorher lieber noch mal für kleine Marines.“
Auch er erhob sich. „Gute Idee.“
Als sie sich Richtung Bad aufmachte, folgte er ihr fast auf den Fersen. „Äh... Harm?“
„Ja?“
„Du willst doch nicht etwa...“
Er antwortete ohne nachzudenken. „Doch.“
„Ich hab aber nur ein Klo. Sollen wir da etwa GLEICHZEITIG drauf?“
„Wie? Oooh... hm... natürlich nicht! Sorry, ich war wohl in Gedanken...“ Er wurde rot wie eine Tomate.
Sie lachte nur leise und schloss die Tür.
<Rabb, was hast du dir denn dabei gedacht?>
„So, Mister, du bist dran.“ Schneller als gedacht öffnete sich die Tür wieder.
Er grinste verlegen und verschwand im Bad. „Danke.“
Kopfschüttelnd machte sich Mac auf den Weg zurück ins Wohnzimmer.
Wenig später kehrte auch Harm zurück.
„Ich hoffe, du hast nicht daneben gepieselt.“ kicherte sie.
„MAC!“
„Komm her, Seemann. Der Film fängt an.“
Mitten in der Sendung zwitscherte auf einmal ein Handy los.
„Das ist deins, Seemann.“ lachte sie. „Wenn ich die Navy-Hymne als Klingelton hätte, wär mein Ruf ruiniert.“
„Sehr witzig, MARINE.“ Harm warf ihr einen gespielt giftigen Blick zu, stand auf und fischte den Apparat aus seiner Jacke. „Rabb.“
„Hey Kumpel, wie geht es dir? Was macht Mac?“ polterte Keeters tiefe Stimme los.
„Hi Jack.“ Der Ex-Pilot schielte zu Mac. Er spürte, wie sich seine Wangen röteten. „Mir geht’s gut, danke.“
„Und Mac?“
„Die ist wieder gesund.“
„Freut mich zu hören. Wie läuft es mit ihr?“
Harm „liebte“ die Direktheit seines Freundes. Vor allem, wenn das Gesprächsobjekt nur wenige Meter von ihm entfernt in Hörweite saß. „Jack, ich habe nicht viel Zeit. Eigentlich sogar gar keine.“
„Bestell ihm mal Grüße!“ rief Mac ausgerechnet jetzt.
Ein dröhnendes Lachen traf Harms Ohr. „Alles klar, Kumpel. Jetzt verstehe ich, warum du keine Zeit hast. Sie ist bei dir.“
„Umgekehrt.“
„Noch besser. Bestell ihr mal Grüße zurück. Ich rufe dich morgen Abend an. Dann erzählst du mir alles, Mister.“
Harm verdrehte die Augen. „Okay, Jack. War das alles?“
„Jupp.“
„Bis morgen dann.“
„Bye, Buddy.“
Harm drückte die Aus-Taste und verstaute das Handy wieder in seiner Jacke. Dann setzte er sich wieder neben Mac. „Ich soll dich grüßen.“
„Danke. Wie geht es ihm?“
„Gut. Er scheint sich in Washington einzuleben.“
„Ich finde es schön für dich, dass ihr euch jetzt häufiger sehen könnt.“
„Ich auch.“
„Er ist ein feiner Kerl.“
<Und manchmal penetrant nervig.> „Jupp.“ Er legte seinen Arm wieder auf die Rückenlehne. „Lass uns weitergucken.“
Als die Doku vorbei war, hob Mac den Kopf und sah ihn an. „Schon erstaunlich, was die seinerzeit geleistet haben. Ein halbes Weltmeer erobern ganz ohne Instrumente, nur nach den Sternen und dem Wissen der Vorfahren.“
„Ich würde mir das nicht zutrauen. Mit einer hochseetauglichen Yacht vielleicht, aber das... nein.“
„Segelst du gar nicht mehr?“
Er schüttelte den Kopf. „Nein. Nachdem mein letzter Törn in einem chinesischen Gefängnis endete, habe ich kein Boot mehr gesteuert. Ab und zu bin ich mal bei einem kleinen Ausflug auf Franks Yacht mitgefahren.“
„Keine Lust, wieder anzufangen?“
„Willst du etwa mit mir segeln gehen?“
„Vielleicht...“ Sie grinste. „Immerhin habe ich einige Flüge mit dir überlebt.“
„Wenn du mitkommst, würde ich es sogar wieder versuchen.“
„Erzähl mir was von deiner Bootstour... wo du Franks Yacht überführt hast.“
„Da gibt es eigentlich nicht viel zu erzählen.“ Er seufzte leise. „Nach meinem Unfall musste ich meine Karriere bei der Navy neu überdenken. Mom machte dann den Vorschlag mit dem Segeltörn. Zuerst war ich skeptisch, was nicht zuletzt mit meinen Animositäten Frank gegenüber zu tun hatte. Aber als ich dann unterwegs war... allein mit mir... der See... und nachts den Sternen... da war ich ihr dankbar.“
„Du hast viel nachdenken können?“
„Allerdings. Und es hat mir wieder Selbstvertrauen gegeben.“ Er lachte. „Des Nachts habe ich mich oft nur an den Sternen orientiert. Ich wollte wissen, ob ich wenigstens das noch kann.“
Sie riss die Augen auf. „Ohne Instrumente?“
„Jupp, damals lernte man das noch auf der Akademie.“ Harm nickte. „Franks Yacht ist eine mit allen technischen Raffinessen ausgestattete Hochseeyacht, aber vermutlich wollte ich mir selbst auch etwas beweisen.“
„Und es hat funktioniert.“
„Ja.“ meinte er schlicht. „Als ich zurückkam, war ich ein anderer Mensch. Studierte Jura und wurde Anwalt.“
„Würdest du das heute noch mal machen?“
„Ich glaube nicht. Damals war ich fast 20 Jahre jünger, voller Tatendrang. Allerdings auch voller Wut, weil mir die Navy meinen Kindheitstraum genommen hatte.“
„Und doch bist du geblieben und hast ihr andere Talente zur Verfügung gestellt.“
„Ich konnte mir nie etwas anderes als eine Karriere in der Navy vorstellen.“
„Die ist dir ja auch gelungen.“
Er lachte. „Na ja, lupenrein ist meine Weste nicht, eher ziemlich grau.“
„Jetzt untertreibst du aber, Harm. Du bist einer der besten Anwälte, den die Navy hat. Du hast das Potential zum obersten JAG.“
„Dazu fehlen mir aber noch ein paar Steifen... und ein eigenes Kommando. Und was das heißt, weißt du.“
„Wir würden getrennt.“
„Allerdings.“ Er sah sie ernst an. „Ich weiß nicht, ob das nach meinem Geschmack wäre.“
„Darauf wird aber keine Rücksicht genommen, Seemann.“
„Leider.“
Sie verfielen in ein angenehmes Schweigen. Macs Hand ruhte auf seinem Oberschenkel; seine Hand streichelte ihre Schulter.
Plötzlich musste Mac gähnen. „Ups.“
„Müde?“
„Aha.“
„Dann gehst du jetzt ins Bett, Mac. Eine Nacht kannst du noch so lange schlafen, wie du willst.“
„Ich schlafe nie lang, Harm.“
„Letzte Woche hast du lang und viel geschlafen.“
„Ja, weil ich krank war.“
„Heute hast du viel getan: Den Baum gekauft und geschmückt... wir sind spazieren gegangen... kein Wunder, dass du müde bist. Vor allem nach der Woche Nichtstun. Ab ins Bett mit dir.“
Sie spürte nun richtig ihre Müdigkeit. „Okay.“ Langsam erhob sie sich.
„Ich mach die Lichter nachher aus.“ Harm folgte ihr ins Schlafzimmer, um sein Bettzeug zu holen. „Gute Nacht, Sarah.“ Er trat zu ihr, beugte sich hinab und küsste ihre Wange. „Schlaf gut.“
„Du auch.“ Sie hauchte einen Kuss auf sein Kinn.
Harm durchquerte langsam den Raum und schenkte ihr von der Tür her noch ein sanftes Lächeln. „Bis morgen.“
„Bye.“ Sie warf ihm eine Kusshand zu.
Nachdem er die Tür hinter sich geschlossen hatte, machte er in aller Ruhe seine Couch fertig und holte seinen Schlafanzug hervor, den er für Reisen angeschafft hatte. Langsam zog er sich aus und den Pyjama an.
Richtig müde war er noch nicht, daher blätterte er noch etwas in Macs Dinosaurier-Buch. Nach gut 45 Minuten wurde er dann doch müde. Nach einem herzhaften Gähnen machte er sich auf den Weg in Macs Schlafzimmer, Toilette und Zahnbürste riefen.
Trotz ihrer Müdigkeit schlief Mac noch nicht. Ihre Gedanken kreisten um den Mann nebenan. Inzwischen war ihr klar, dass er sie liebte. Sie verstand nur nicht, warum er seine Gefühle nicht über die Lippen bringen konnte.
Sie hörte, wie sich die Schlafzimmertür öffnete und die große Gestalt des Ex-Piloten den Raum betrat. Ohne sich zu regen, öffnete sie ein Auge und beobachtete ihn, wie er weiter ins Bad schlich. Der Anblick seines Schlafanzuges entlockte ihr ein Schmunzeln. <Ungewohnt, aber auch irgendwie... sexy...>
Harm war sich nicht bewusst, dass er beobachtet wurde. Er erledigte seine „Bad-Geschäfte“ und machte sich dann auf den Rückweg. Vor Macs Bett blieb er allerdings stehen und betrachtete die vermeintlich schlafende Frau. Unbewusst machte er einen Schritt auf das Bett zu. Schließlich drehte er sich um und verließ den Raum.
Mac öffnete auch das zweite Auge. „Ach Harm, warum kannst du nicht loslassen?“ murmelte sie.
Der Ex-Pilot hatte es sich derweil auf seinem Sofa so bequem wie möglich gemacht, nachdem er alle Lichter inklusive des Weihnachtsbaums gelöscht hatte. Das Einschlafen bereitete ihm dann aber weitaus mehr Schwierigkeiten als am Abend zuvor. Zum einen geisterte „sein“ attraktiver Marine durch seine Gedanken wie ein Gespenst, zum anderen „piesackte“ ihn die Couch. <Da musst du durch, Rabb.> war sein vorletzter Gedanke.
Der letzte galt einem Gesicht mit großen, rehbraunen Augen und verlockenden Lippen.
Liebe Grüsse Petra
Kalorien sind kleine Tierchen, die nachts die Kleidung enger nähen.
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