: Ein neuer Anfang (Romance / Drama)
Autor: Inque
Inhalt: meine Story spielt ebenso wie "Schicksal" im Anschluss von "Fair winds and following seas", knüpft aber unmittelbar an die Folge an. Hoffe, es gefällt euch.
Viel Spaß beim Lesen!
Prolog
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…. San Diego …
... London …
.... neue Aufgabe….
….. Lass uns heiraten….
….. Ich liebe dich, Mac….
Die letzten zwei Tage waren ihr wie ein Traum erschienen. Seit dem Heiratsantrag schwebte sie auf Wolke Sieben. Es war doch kein Traum gewesen, oder?
Sarah MacKenzie schlug die Augen auf. Orientierungslos sah sie sich in dem Raum um, in dem sie bis eben geschlafen hatte. Wo war sie noch gleich…. Sarah, genannt Mac, atmete tief durch.
‚Ganz ruhig, Marine’ sagte sie sich selbst. ‚Du bist immer noch in demselben Zimmer, in dem du letzte Nacht eingeschlafen bist. Und sie erkannte, dass es defintiv kein Traum war: eine ihr vertraute Hand ruhte auf ihrer Hüfte.
Vorsichtig drehte sie sich um, um ihn nicht zu wecken. IHN, ihre große Liebe, den Mann ihrer Träume: Harmon Rabb. Den Mann, nach dem sie sich die letzten Jahre so sehr gesehnt hatte. Und nun hatte sie ihn endlich erobert. Als sie endlich in der gewünschten Position lag, blickte sie zu ihrem Erstaunen direkt in seine wunderschönen blauen Augen.
„Guten Morgen, meine Süße“, flüsterte Harm ihr zu und lächelte zärtlich. „Du bist ja schon wach?“ „Das muss wohl die Aufregung sein“, lächelte Mac zurück. „Dagegen habe ich ein gutes Heilmittel“, grinste Harm und beugte sich zu ihr hinüber, um sie zu küssen. „Nun, zukünftige Mrs Rabb“, strahlte er, „bereit für London?“
Kapitel 1
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Zwei Tage vorher
McMurphy’s Tavern
Washington, D.C.
Gebannt verfolgten allen Anwesenden die Flugbahn der Münze, die Bud soeben in die Luft geworfen hatte. Für Harm und Mac schien sich die Münze in Zeitlupe zu bewegen. Es kam ihnen wie eine kleine Ewigkeit vor, bis Bud die Münze wieder aufgefangen hatte. Die Münze, die über ihr weiteres Leben entscheiden sollte….
„Die Entscheidung steht fest“, verkündete Bud feierlich. Alle schienen förmlich den Atem anzuhalten. „Gewonnen hat…“, und dabei enthüllte er die oben liegende Münzseite, „Kopf!“
Sekundenlang war es totenstill, niemand wagte es, als erstes etwas zu sagen. Alle schauten nur gespannt auf Harm und Mac, warteten deren Reaktion ab. Mac holte tief Luft. „Nun“, begann sie, „dann sieht es wohl so aus, als werden wir in London heiraten. Ich hoffe, ihr kommt trotzdem…“ Während sie dies aussprach, lächelte sie. Dann blickte sie grinsend zu Harm hinauf: „Dann wird aus deinem toughen Marine wohl doch noch eine brave Hausfrau….“ Bei diesem Satz mussten alle lachen und die angespannte Stille war gebrochen. Harm küsste Mac zärtlich und erwiderte: „Ob Marine oder Hausfrau, ich werde dich so oder so lieben.“
Gemeinsam mit ihren Freunden und Kollegen verbrachten sie den weiteren Abend, lachten und scherzten mit ihnen, denn immerhin würde es der letzte dieser Art für eine lange Zeit sein.
Da sie jedoch bereits am nächsten Morgen nach London aufbrechen würden, verabschiedeten sich Harm und Mac kurz vor Mitternacht von allen Anwesenden.
Als sie ihre Wagen erreicht hatten, schlang Harm seine Arme um Mac’s Taille. „Kann ich dich wohl dazu überreden, heute Nacht bei mir zu bleiben?“ Er hielt sie im Arm und versuchte, sie mit seinem Flyboy-Lächeln zu becircen. „Ich würde schon gern“, seufzte Mac, „aber ich glaube, ich würde die letzte Nacht gern in meinen eigenen vier Wänden verbringen. Sei bitte nicht böse.“ Harm war tatsächlich etwas enttäuscht, aber andererseits verstand er, was sie meinte. Immerhin würden sie beide ihre vertraute Umgebung womöglich für immer verlassen. „Na gut, Prinzessin. Dann hole ich dich aber morgen früh ab und wir fahren gemeinsam zum Flughafen, in Ordnung?“ „Ich freue mich drauf.“ Mit einem langen Kuss verabschiedeten sie sich und jeder fuhr in die eigene Wohnung.
Dulles International Airport
Washington, D.C.
08:10 Uhr EST
“Sehr geehrte Damen und Herren, willkommen beim British Airways Flug 0224 von Washingon, D.C. nach London Heathrow. Unsere erwartete Flugdauer beträgt sieben Stunden und fünf Minuten. Bitte richten Sie Ihren Sitz in eine aufrechte Position und stellen Sie das Rauchen ein. Wir wünschen Ihnen einen angenehmen Flug!
„So, nun wird es also ernst.“ Mac atmete tief durch. „Alles okay bei dir?“ fragte Harm besorgt. Mac machte an diesem Morgen einen sehr angespannten Eindruck.
„Ich muss gestehen, dass ich letzte Nacht nicht sonderlich gut geschlafen habe.“
„Du bereust deine Entscheidung doch nicht etwa, oder?“ Harm fasste nach Mac’s Hand und hauchte ihr einen Kuss auf die Fingerspitzen.
„Nein, ich…“. Sie senkte den Kopf. Dann schaute sie ihn direkt an. „Ich freue mich auf unsere gemeinsame Zukunft, wirklich. Es sind nur so viele Veränderungen auf einmal. Dein neuer Job, mein neues Leben ohne Job, eine neue Umgebung, wir…“
Harm nahm ihr Gesicht in beide Hände. „Hör mir zu, Sarah MacKenzie, denn ich werde es nur einmal sagen. Es wird alles ganz wundervoll, da bin ich mir sicher. London ist für uns beide die Chance auf einen Neuanfang, ohne die schlechten Erinnerungen an die Vergangenheit. Und was auch immer uns dort erwartet, denk immer daran, wie sehr ich dich liebe. Und wenn wir beide plötzlich ohne Job dastehen würden… solange ich dich an meiner Seite habe, werde ich immer der glücklichste Mann der Welt sein.“
Unwillkürlich liefen Mac Tränen übers Gesicht hinunter und schlagartig verdrängte die Liebe in ihrem Herzen die Furcht in ihren Gedanken.
„Ich danke dir“, flüsterte sie. Als Antwort darauf küsste Harm sie nur zärtlich.
London Heathrow
20:25 Uhr Zulu
Soeben war die Maschine mit Mac und Harm an Bord in London gelandet. Nachdem sie ihr Gepäck wieder gefunden hatten, machten sie sich auf den Weg in Richtung Ausgang. Der Flughafenkomplex war riesig und selbst um diese Zeit noch stark frequentiert.
„Hast du eine Ahnung, wo wir hinmüssen?“ fragte Mac. „Soweit ich informiert bin, sollte ich abgeholt werden“, entgegnete Harm. „Da, sieh mal!“ Er zeigte auf einen jungen Mann in der Uniform eines Petty Officers, der ein Schild mit der Aufschrift „Captain Rabb“ vor sich trug. Suchend blickte er in die Menge. Da aber weder Harm noch Mac an diesem Abend Uniform trug, konnte er sie inmitten der anderen Reisenden nicht ausmachen.
„Ich glaube, Sie suchen mich, Petty Officer“ begrüßte Harm den jungen Mann. Dieser salutierte vor ihm: „Guten Abend, Captain Rabb! Mein Name ist Petty Officer Sinclair und ich bin beauftragt, Sie abzuholen und in Ihr Quartier zu bringen.“ Irritiert schaute PO Sinclair zu Mac hinüber.
„Sir, mir wurde nicht gesagt, dass Sie in Begleitung kommen würden?“
„Darf ich vorstellen, Petty Officer, das ist Lt. Colonel Sarah Mackenzie…. meine Verlobte.“
„Ich verstehe, Sir. Guten Abend, Ma’am. Da wir nur Sie alleine erwartet haben, Sir, wurde nur ein Zimmer reserviert. Ich hoffe, dies macht keine Umstände.“
Mac antwortete ihm:“ Keine Sorge, Petty Officer“, wir sind es durchaus gewohnt, uns ein Zimmer zu teilen.“ Dabei grinste sie zu Harm hinüber, der ihren Kommentar ebenfalls mit einem Lächeln quittierte.
Kapiel 2
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Hotel Holiday Inn London – Oxford Circus
Welbeck Street, London
Zimmer 512
07:00 Uhr Zulu
Vor sich hin pfeifend stand Harm unter der Dusche und genoss das warme Wasser, das seinen Körper hinunterlief. An diesem Morgen fühlte er sich einfach großartig, und das Grinsen in seinem Gesicht wollte einfach nicht verschwinden. Er konnte sein Glück immer noch kaum fassen. Die neue Aufgabe, die er heute beginnen würde, war eine Herausforderung und ein weiterer Schritt auf der Karriereleiter. Und das Beste daran war, dass er nicht alleine hier war, sondern mit der Frau, die er in all den Jahren lieben gelernt hatte, an seiner Seite.
Seine Mac….bei diesem Gedanken verbreiterte sich sein Grinsen noch einmal in beide Richtungen. Seine starke, unabhängige, manchmal dickköpfige, oft hungrige, immer sinnliche, sexy Mac… bei den letzten beiden Eigenschaften musste er an die letzte Nacht denken, die ihre erste gemeinsame gewesen war.
Nachdem sie gestern Abend erst einmal das Hotelzimmer bezogen hatten, in dem die Navy sie vorübergehend untergebracht hatte, hatten sie nun die Gelegenheit gehabt, ihren Gefühlen endlich freien Lauf zu lassen. Wir sehr hatten sie sich in den letzten Jahren danach gesehnt, dem anderen nah zu sein, ihn zu spüren, zu riechen, zu schmecken. Die sexuelle Energie, die sich in der Zeit unbewusst zwischen ihnen angestaut hatte, entlud sich nun wie ein Sommergewitter – kurz, aber heftig.
„Hey Sailor, wie lange brauchst du noch?“ Macs brauner Wuschelkopf tauchte im Türrahmen des Badezimmers auf und riss ihn aus seinen Gedanken. „Kommt darauf an, ob du mir Gesellschaft leistest oder ob ich alleine zu Ende duschen muss“, grinste er zurück.
„Das Angebot klingt zwar verlockend, aber wenn du an deinem ersten Tag nicht zu spät kommen möchtest, schlage ich vor, dass du dich beeilst. Petty Officer Sinclair wollte dich in 30 Minuten abholen!“ Die Antwort darauf war ein hastig zugedrehter Wasserhahn und ein tropfnasser Harm, der aus der Dusche im Vorbeigehen ein Handtuch schnappte, an ihr vorbei in den Wohnbereich stolperte und seine Uniform zusammensuchte.
Bei diesem Anblick musste Mac kichern. Verstohlen sah sie ihm nach. Sie waren jetzt zwar rund 36 Stunden verlobt, die Zeit hatte aber definitiv noch nicht dazu gereicht, um sich an den Anblick ihres nackten nunmehr Ex-Partners zu gewöhnen. ‚Verdammt, Mac’, schalt sie sich selbst, ‚du wirst ihn bald heiraten, du darfst das jetzt!’ Und der Anblick, der sich ihr bot, gefiel ihr zusehends mehr. Die breiten Schultern mit der schmalen Taille, die muskulöse Brust und der durchtrainierte Bauch darunter…
„Wolltest du nicht duschen?“ Grinsend riss Harm sie aus ihrem kleinen Tagtraum. Erschrocken zuckte sie zusammen. ‚Mist, er hat gemerkt, das ich ihn angestarrt habe.’ Gerade wollte sie sich ins Bad verdrücken, als Harm sie von hinten festhielt und an sich drückte. „Ich hab doch immer gewusst, dass du nur hinter meinem Körper her bist, Baby“, raunte er verführerisch in ihr Ohr. Mac konnte nicht anders, sie brach in schallendes Gelächter aus, was auch bei Harm einen Lachanfall auslöste.
Welbeck Street, London
Vor dem Holiday Inn London – Oxford Circus
07:58 Uhr Zulu
Harm stand am Eingang des Hotels und wartete auf PO Sinclair, der ihn an seinem ersten Tag zum Sitz der Naval Forces Europe fahren sollte. Da er noch nicht in Sicht war, genoss er noch ein wenig die ersten Sonnenstrahlen des Tages. Er trug heute Morgen seine dunkelblaue Uniform, und mit seinem Dauergrinsen im Gesicht sah er einfach blendend aus, was ihm von einigen vorbeieilenden Damen bewundernde Blicke einbrachte. Doch für die hatte er keinen Blick übrig; seine Gedanken kreisten nur um Mac.
Ein Hupen unterbrach die Stille, und PO Sinclair hielt in einem dunklen Rover vor ihm. Er sprang heraus und salutierte: „Guten Morgen, Sir!“ „Guten Morgen, Petty Officer“, begrüßte Harm den jungen Soldaten. „Dann lassen Sie uns mal los, ich will doch nicht an meinem ersten Tag zu spät kommen.“
Die Fahrt zum Büro des Naval Legal Service war kürzer als erwartet. Tatsächlich war die North Audley Street mit dem Auto nur ein paar Minuten vom Hotel entfernt. Offensichtlich war die Wahl der Unterkunft kein Zufall gewesen. Unterwegs bewunderte Harm die alten Häuser und zahlreichen Geschäfte, an denen sie vorbeikamen. Nach Feierabend musste er sich die Strecke unbedingt zu Fuß noch einmal in Ruhe ansehen.
Petty Officer Sinclair parkte den Rover, und nachdem beide ausgestiegen waren, führte er Harm zum Eingang des Gebäudes. „Dort drüben ist übrigens die amerikanische Botschaft, Sir“, erzählte Sinclair nebenbei. „Und die Statue dort ist das Roosevelt Memorial. Von hier ist es auch nicht weit zum Hyde Park, falls Sie in der Mittagspause mal spazieren gehen möchten, Sir.“ Harm musste angesichts seines „Reiseführers“ schmunzeln, doch er sagte nichts weiter, da der Petty Officer sicherlich nur behilflich sein wollte. Hätte er ihm erzählt, dass er das alles bereits wusste, da er sich vor der Abreise entsprechend informiert hatte, wäre Sinclair vermutlich im Boden versunken. Stattdessen ließ Harm sich durch die Büros des Navy-Gebäudes führen und anschließend zu Admiral James Wilson, seinem neuen CO.
Hotel Holiday Inn London – Oxford Circus
Welbeck Street, London
Zimmer 512
08:45 Uhr Zulu
Nachdem Harm das Hotel verlassen hatte, hatte Mac die Zeit genutzt und ihrerseits ausgiebig geduscht. Ein reichhaltiges Frühstück am Büffet folgte, und nun saß sie über einer Tasse Kaffee im Hotelrestaurant und grübelte, was sie mit dem angebrochenen Tag tun sollte. Bis ihr Abschiedsgesuch vom Marine Corps abgeschlossen war, würde es noch eine Weile dauern. Und so hatte General Cresswell ihr kurzfristig den restlichen Urlaub genehmigt, damit sie Harm nach London begleiten konnte.
‚Ein kleiner Einkaufsbummel wäre nicht schlecht’, überlegte sie. Kurzentschlossen machte sie sich auf den Weg. Das Hotel lag ja recht zentral, da musste es doch sicherlich einiges Interessantes zu entdecken geben.
Liebe Grüsse Petra
Kalorien sind kleine Tierchen, die nachts die Kleidung enger nähen.
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Naval Legal Service Office
7 North Audley, London
Harm’s Büro
11:30 Uhr Zulu
Stöhnend klappte Harm die Akte zu, die vor ihm lag. Sein erster Arbeitstag bestand bisher hauptsächlich aus dem Wälzen von Dienstakten und Etatplänen, damit er „wisse, mit wem er es hier zu tun hätte“, wie es Admiral Wilson ausgedrückt hatte. Er würde zwar nach wie vor auch als Anwalt tätig sein, zusätzlich aber als rechte Hand des Admirals auch zuständig für Personalangelegenheiten, Kostenaufstellungen, und anderen verwaltungstechnischen Dingen, von denen er lieber noch nichts wissen wollte. Aber er hatte jetzt natürlich auch eine Menge Verantwortung, und er wollte diese Aufgabe so gut wie möglich erfüllen. Doch jetzt schmerzten ihm die Augen vom vielen Lesen und er benötigte eine kleine Ablenkung. Er beschloss Mac anzurufen, vielleicht hatte sie Lust mit ihm zusammen zu Mittag zu essen.
„MacKenzie?“ meldete sie sich am Telefon.
„Hallo, meine Süße. Ich bin’s..“
„Harm, hi! Na, hast du dich schon häuslich eingerichtet?“
„Naja, fast. Aber das erzähle ich dir nachher persönlich. Hättest du Lust, mich in etwa einer Stunde zum Lunch zu treffen?“
„Du kannst Fragen stellen, als ob ich zu einem Essen schon jemals ‚nein’ gesagt hätte. Ich werde da sein.“
„Ich freue mich schon…. Mac?“
„Ja?“
„Ich liebe dich…“
„Ich dich auch. Bis später, Schatz!“
Nach dem Gespräch fühlte er sich gleich besser. Allein Mac’s Stimme zu hören munterte ihn auf. Und bald würde er diese wunderbare Frau heiraten. Sie mussten sich natürlich noch überlegen, wie sie all die Gäste nach London schaffen sollten, immerhin war es eine kostspielige Angelegenheit. Für ihre JAG-Kollegen ließ sich sicherlich ein Navy-Flug organisieren, aber für die zivilen Gäste musste noch eine Lösung her. Und ohne seine Familie wollte er dieses wichtige Ereignis nicht begehen, da war er altmodisch. Seine Familie! Plötzlich fiel ihm siedendheiß ein, dass er seiner Mutter noch gar nichts von der bevorstehenden Hochzeit erzählt hatte. Die letzten Tage waren so stressig gewesen, dass er es glatt vergessen hatte. Er sah auf die Uhr. „Mist! In Kalifornien ist es gerade erst kurz vor vier in der Nacht!’“ murmelte er vor sich hin. Dann musste das noch ein paar Stunden warten. Also widmete er sich wieder seinen Akten und wartete darauf, dass Mac ihn abholte.
Eine halbe Stunde später klopfte es an der Tür und PO Sinclair, der ihm als Assistent zugeteilt worden war, steckte seine Kopf durch die Tür. „Sir, Miss MacKenzie ist für sie da.“
Augenblicklich ließ Harm die Unterlagen fallen und eilte zur Tür. Mac hatte im Wartebereich Platz genommen und strahlte, als sie ihn kommen sah. Harm nahm sie freudig in den Arm und küsste sie sanft. „Lass uns schnell raus hier, ich brauche frische Luft“, sagte er erschöpft.
Hand in Hand gingen sie hinaus und liefen einfach ein Stück nebenher, bis sie ein Bistro entdeckten, dass ihnen zusagte. Nachdem sie beide ihre Bestellung aufgegeben hatten, ergriff Mac das Wort.
„Und, wie ist dein erster Tag bisher?“ begann sie vorsichtig. Ihr war durchaus nicht entgangen, dass Harm nicht gerade einen überschwänglichen Eindruck machte.
„ Ich würde sagen“, begann er, „ein typischer erster Tag. Auf meinem Schreibtisch türmen sich anscheinend sämtliche existenten Dienstakten, Vorschriftensammlungen, Kostenberichte der vergangenen Jahre… ach ja, und eine Übersicht der laufenden Fälle natürlich.“ Harm seufzte. „Dass eine neue Dienststelle immer eine Menge Einarbeitung mit sich bringt, war mir zwar klar. Aber durch die neue Position kommen doch viele neue Dinge hinzu, mit denen ich mich bisher zum Glück noch nie intensiv beschäftigen musste.“ Er lächelte Mac schief an. Mac hatte bisher nur stumm zugehört, aber jetzt ergriff sie seine Hand und drückte sie kurz.
„Das einzige, was ich dir dazu sagen kann, Harmon Rabb, ist, dass du deinen Job großartig machen wirst. Da bin ich mir absolut sicher!“ versuchte sie ihn aufzumuntern und lächelte Harm dabei fröhlich an. Dieses Lächeln verfehlte seine Wirkung nicht, denn auch Harm’s Gesicht zeigte tatsächlich den Ansatz seines berühmten Flyboy-Lächelns.
„Mac, ich bin sehr froh, dass du mit mir hier bist.“
Kapitel 3
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Naval Legal Service Office
7 North Audley, London
Harm’s Büro
17:55 Uhr Zulu
Harm klappte für heute den letzten Aktenordner zu. Nach dem gemeinsamen Mittagessen mit Mac hatte er sich wieder in die Arbeit gestürzt und tatsächlich das Pensum geschafft, das er sich selbst auferlegt hatte. Am nächsten Tag wollte er schließlich mit der „richtigen“ Arbeit beginnen und nicht wieder stundenlang nur über Akten brüten. Die meisten seiner Kollegen hatten bereits Feierabend gemacht, da das JAG-Büro offiziell nur bis 17:00 Uhr geöffnet war. Aber eine wichtige Aufgabe stand Harm an diesem Abend noch bevor: der Anruf bei seiner Mutter! Er atmete tief durch und wählte dann ihre Nummer.
„Trish Burnett?“
„Hi Mom, hier ist Harm!“
„Harm, mein Junge. Wie schön, dass du dich mal wieder meldest. Wie geht es dir?“
„Sehr gut, und wie sieht es bei euch aus?“
„Frank liegt mit einer bösen Grippe im Bett und erzählt mir die ganze Zeit, es ginge ihm gut. Dabei hustet er sich die Lunge aus dem Leib.“
„Dann wünsch ihm gute Besserung von mir.“
„Werd ich. Sag mal, du klingst, als ob du so weit weg wärst. Hast du gerade einen Auslandseinsatz?“
„Ja, weißt du, darüber wollte ich mit dir reden. Ich bin befördert worden, zum Captain….“ Weiter kam er nicht.
„Eine Beförderung? Das ist ja wundervoll! Das muss ich Frank erzählen. FRANK!! Hör nur, mein Harm wurde zum Captain befördert!“ Harm konnte hören, wie seine Mutter quer durchs Haus lief, um ihrem Mann die gute Nachricht mitzuteilen.
„Mom? Mom, bist du noch da?“ Verdammt, er war doch noch nicht fertig. Und der schwere Teil kam noch.
Eine Minute später.
„Harm? Entschuldige bitte, aber das musste ich unbedingt Frank erzählen. Wir freuen uns ja so für dich! Aber ich hab dich vorhin unterbrochen. Was wolltest du mir noch erzählen?“
„Ja, also..“. Harm räusperte sich. „Die Beförderung war mit einer Versetzung verbunden, und zwar nach London.“ So, die erste Nachricht war raus.
Am anderen Ende der Leitung herrschte Stille.
„Mom?“
„Ich bin noch dran. Ich hoffe doch sehr, du meinst London in Ohio?“
„Nein, Mom. Es ist London in Großbritannien.“
„Nun, ich freue mich natürlich über deine Beförderung, aber entschuldige bitte, wenn ich als Mutter nicht gerade begeistert davon bin, dass mein einziges Kind nun noch weiter weg wohnt. Ich habe dich ja schon kaum zu Gesicht bekommen, als du noch in Washington gelebt hast. Wie soll das nur werden, jetzt da du am anderen Ende der Welt wohnen wirst? Und überhaupt, wieso erfahre ich das erst so spät?“
Harm merkte, dass seine Mutter den Tränen nahe war. So schwer hatte er sich das nicht vorgestellt. Sollte er ihr dann überhaupt auch gleich von der Hochzeit erzählen? ‚Besser Augen zu und durch’, dachte er sich
„Mom, es tut mir leid, dass ich dir nicht früher davon erzählt habe, aber ich weiß es auch erst seit ein paar Tagen. Ich hatte noch so viel zu erledigen, packen und so. Ich musste sicherstellen, dass Mattie gut versorgt ist, bis ich mich um sie kümmern kann. Ich war wirklich im Stress und gestern erst hier angekommen. Der heutige Tag hatte es auch bereits in sich, und ich wollte in Ruhe mit dir darüber reden und nicht zwischen Tür und Angel.“
„Nun gut, das klingt wirklich nach ’ner Menge Arbeit. Du wirst mir nur so fehlen.“
„Ich weiß, du mir auch. Aber wir kriegen das schon hin, und zur Not gibt es ja noch das gute alte Telefon.“
„Ach Harm, das ist doch nicht das gleiche…“
„Mom, ich hätte da übrigens noch eine Neuigkeit für dich. Ich hoffe, dass du dich darüber mehr freuen kannst.“
„Lass mich raten: du hast endlich die Frau deines Lebens gefunden und wirst heiraten und mich endlich zur Grandma machen. Richtig?“ Harm’s Mutter kicherte vergnügt, glaubte sie doch, ihren Sohn gehörig auf den Arm genommen zu haben.
Am anderen Ende der Leitung betretenes Schweigen.
„Harm, das war nur ein Witz! Ich hab doch nicht etwa…. Sag, dass das nicht stimmt!“
„Tut mir leid, Mom, aber du hast den Nagel auf den Kopf getroffen. Ich werde tatsächlich bald heiraten.“
„Du hast mir noch nicht mal erzählt, dass du überhaupt wieder fest mit jemandem zusammen bist, und dann willst du einfach so mir nichts dir nichts heiraten???!?“
„Es ist jemand, den du bereits kennst.“
„Doch nicht etwa diese… diese… Reporterin. Renee, richtig?“
„Sie ist Produzentin, und ‚nein’, es ist nicht Renee.“ Harm machte eine Pause. „Es ist Mac.“
„Mac? Du meinst Colonel MacKenzie? Sarah?“
„Ja, Mom. Ich weiß, dass muss dich ziemlich überraschen, aber…“
„Überraschen? Du machst wohl Witze! Ich hab mich schon gefragt, wann du dir dieses tolle Mädchen endlich schnappst. Ist sie bei dir in London?“
„Ja, sie wird JAG und das Marine Corps verlassen, um hier mit mir zu leben.“
„Du hast sie doch nicht zu irgendwas gezwungen? Oder war das ihre Idee?“
„Nun, es war Schicksal. Wir haben eine Münze geworfen. Es hätte genauso gut auch mich treffen können, dann hätte ich die Navy verlassen und wäre mit ihr nach San Diego gegangen. Dort wurde ihr nämlich eine Stelle angeboten.“
„San Diego hätte mir sehr gefallen“, lachte Trish.
„Das glaube ich dir. Oh, Mom, es ist schon fast 19 Uhr, ich muss langsam los, ich bin nämlich noch im Büro. Lass uns ein anderes Mal weiterreden, okay?“
„Ist gut, mein Schatz. Und weißt du was? Über die letzte Nachricht freue ich mich sehr. Grüße Sarah bitte von mir.“
„Mach ich, bye!“
Das Gespräch war zum Schluss doch besser verlaufen, als es zuerst den Anschein hatte. Harm musste schmunzeln bei dem Gedanken, dass seine Mom nicht überrascht war, dass er und Mac heiraten wollten. Nun musste er sich aber sputen, wollte er heute Abend noch ein wenig Zeit mit seiner Süßen verbringen. Den Spaziergang zurück zum Hotel verschob er auf ein anderes Mal, das Abenteuer Londoner U-Bahn musste ebenfalls warten. Stattdessen entschied er sich, ein Taxi zu nehmen.
Hotel Holiday Inn London – Oxford Circus
Welbeck Street, London
Zimmer 512
19:15 Uhr Zulu
Harm öffnete die Tür zum gemeinsamen Hotelzimmer und rief:“ Schatz, ich bin zu Hause!“ Den Satz wollte er schon immer mal loswerden. Mac lag in einen Bademantel gehüllt mit einer Zeitschrift auf dem Bett.
Bei Harm’s Begrüßung warf sie einen Blick auf eine imaginäre Armbanduhr und setzte die finsterste Miene auf, die sie innerhalb von drei Sekunden zustande brachte.
„Wie schön, dass mein Gemahl endlich den Weg nach Hause gefunden hat. Und, welche Entschuldigung hast du vorzubringen?“
„Verzeihung, Euer Ehren, aber die viele Arbeit. Außerdem musste ich noch mit meiner Mutter telefonieren“, erwiderte Harm im ehrfürchtigsten Tonfall, denn er hinbekam, ohne einen Lachkrampf zu bekommen. Auch Mac’s Mundwinkel zuckten bereits verdächtig.
Mac war bis zum Rand des Bettes gekrabbelt und baute sich - immer noch kniend – vor Harm auf, die Fäuste in die Hüfte gestemmt.
„Soso, mit deiner Mutter… gib doch gleich zu, dass du mich mit deiner Sekretärin betrügst!“
„Petty Officer Sinclair?“ platzte es entsetzt aus Harm heraus.
Jetzt war es um Mac’s Beherrschung endgültig geschehen und sie kugelte sich vor Lachen auf dem Bett. Harm konnte ebenfalls nicht mehr ernst bleiben und warf sich ebenfalls lachend neben Mac. Nachdem sie sich einigermaßen beruhigte hatte, zog Harm sie an sich und küsste sie leidenschaftlich. Nach kurzer Zeit zog Mac sich ein Stück zurück, um Harm ansehen zu können.
„Hast du wirklich mit Trish telefoniert“, fragte sie.
„Yepp. Ich hab ihr von London erzählt…. Und von uns.“
Mac hielt kurz die Luft an, bevor sie die Frage stellte, die ihr auf der Zunge brannte.
„Was hat sie gesagt?“
„Sie hat sich sehr gefreut, und – du wirst es kaum glauben – sie war kein bisschen überrascht, dass du meine zukünftige Frau bist. Im Gegenteil, sie schien eher der Meinung zu sein, ich hätte mir damit viel zu viel Zeit gelassen.“
Mac lächelte erleichtert: „Ich weiß schon, warum ich deine Mutter immer mochte.“
„Ich war heute Nachmittag übrigens noch ein wenig shoppen“, wechselte sie das Thema.
„Und, was schönes gefunden?“
„Ich denke, es wird dir gefallen“. Mac kniete sich vor Harm und öffnete verführerisch lächelnd ihren Bademantel.
Darunter kam eine Trägerkorsage aus schwarzer Spitze zum Vorschein, die Mac’s ohnehin schon üppigen Busen noch mehr betonte. Dazu trug sie ein ebenfalls schwarzes Spitzenhöschen und halterlose Strümpfe.
Harm pfiff leise durch die Zähne. Das war keine Frau, das musste Liebesgöttin Aphrodite höchstpersönlich sein.
„Mac, du sieht einfach umwerfend aus“, war alles, was Harm herausbrachte. „Das wollte ich hören, Sailor“, grinste Mac und begann ihren Verlobten aus seiner Uniform zu befreien.
Kapitel 4
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Eine Woche später
Naval Legal Service Office
7 North Audley, London
Harm’s Büro
12:20 Uhr Zulu
Die ersten Tage seit ihrem Eintreffen in London waren für Harm und Mac wie im Fluge vergangen. Harm hatte sich in seiner neuen Dienststelle schnell eingelebt, und Mac hatte die freie Zeit genutzt, um nahezu alle Museen Londons zu erkunden.
Was ihnen allerdings noch fehlte, war eine feste Bleibe. Das Hotel, in dem sie derzeit wohnten war zwar sehr schön und verkehrsgünstig gelegen, aber eben nur ein Hotel. Zudem warteten noch unzählige persönliche Dinge in Bud und Harriet’s Keller darauf, ebenfalls die Reise nach Europa anzutreten.
Zum Glück hatte die Navy gute Verbindungen zu einem hiesigen Maklerbüro, das in kurzer Zeit einige Angebote über Miethäuser zusammengestellt hatte.
Nun saß Mac mit Harm in dessen Büro, und sie studierten gemeinsam die in Frage kommenden Objekte.
„Was hältst du von diesem hier?“ fragte Harm und tippte mit dem Finger auf eines der abgebildeten Häuser.
„Nun, wenn es dir nichts ausmacht, morgens eine Stunde quer durch London zur Arbeit zu fahren… also mir gefällt’s“, grinste Mac.
„Okay, kommen wir zum nächsten…“ Harm legte das eben angesehene Haus schnell zur Seite, um Mac nicht auf dumme Ideen zu bringen.
„Wie wäre es dann mit diesem?“ schlug Mac nun ein Haus vor, das ihr gefiel.
„Mac! Hast du gesehen, was das im Monat kostet?“ fragte Harm entsetzt. „Ich wurde zwar befördert, aber SO wohlhabend werde ich dadurch nun auch wieder nicht.“
„Hätten wir zwei Gehälter, wäre die Miete kein Problem“, meinte Mac kleinlaut.
„Ja, ich weiß. Aber du wirst nun mal bald zur Reserve des Marine Corps gehören. Und solange du nicht plötzlich einen Arbeitsvertrag aus der Tasche zauberst, müssen wir eben mit EINEM Gehalt kalkulieren.“
„Du hast Recht…“, seufzte Mac.
So richtig hatte sie sich noch nicht mit dem Gedanken angefreundet, in wenigen Tagen arbeitslos zu sein. Es wäre das erste Mal in ihrem Leben, dass sie finanziell von einem Mann abhängig war. Und dieser Gedanke behagte ihr nicht so recht.
„Mac“, begann Harm leise, der ihre Gedanken anscheinend, wie so oft, regelrecht zu lesen schien. „Ich weiß, dass du dir Sorgen wegen unserer Finanzen machst. Aber wir schaffen das schon, andere Paare kriegen das schließlich auch hin, wenn nur einer von beiden berufstätig ist. Und nur weil du nicht mehr bei den Marines bist, heißt das ja nicht gleich, dass du für den Rest deines Lebens die Hände in den Schoß legen musst.“ Er lächelte Mac aufmunternd an. Zaghaft erwiderte Mac sein Lächeln.
„Manchmal bist du ein unverbesserlicher Optimist, Harm“, sagte Mac und beugte sich über den Schreibtisch hinüber zu Harm, um ihn zu küssen. „Aber dafür liebe ich dich. Okay, lass uns weitermachen. Sonst sind wir womöglich noch gezwungen, in dein Büro zu ziehen, weil sich die Navy die Hotelrechnung nicht mehr leisten kann.“
„Tja, es kommen nicht mehr viele in Frage. Dieses hier ist zu klein…“ Mit diesen Worten wollte Harm ein weiteres Dokument aussortieren, doch Mac schnappte es ihm aus der Hand.
„Moment, das habe ich noch nicht gesehen. Hm… was stört dich daran? Es ist nur ein paar Strassen weiter, und bezahlbar ist es auch?“ Mac schaute ihn irritiert an.
„Das kann ich dir sagen: es hat nur zwei Schlafzimmer.“
„Und du meinst, das wäre nicht ausreichend?“ Mac verstand noch immer nicht.
„Naja, drei ist das Minimum: eins für uns, eins für Mattie, sobald sie nachkommt. Und aus dem dritten könnten wir vorerst ein Gästezimmer machen, aber langfristig hatte ich…äh…an ein Kinderzimmer gedacht.“
Mac schaute ihn mit großen Augen an, und ihr Gesicht schien sich zu versteinern. Kinder… sie hatte sich gerade an den Gedanken gewöhnt, wohl keine eigenen bekommen zu können. Dabei wünschte sie sich nichts sehnlicheres, als ein eigenes Kind…. mit Harm. Dieser sah ihren traurigen Blick und im selben Augenblick wünschte er sich, den Mund gehalten zu haben. ‚Verdammt, Rabb, noch beiläufiger konntest du das Thema wohl nicht ansprechen!’ schoss ihm durch den Kopf.
Er stand auf und ging um den Schreibtisch herum zu Mac, die immer noch reglos auf ihrem Stuhl saß und ins Leere starrte. Harm kniete sich vor Mac und drückte sie wortlos an sich. „Es tut mir leid, Schatz…“ Er spürte wie Mac zu zittern begann, und ihre heißen Tränen durchnässten sein Hemd. Leise schluchzte sie.
Eine Zeit lang bewegte sich keiner von beiden, bis Mac endlich ihren Kopf hob und Harm ins Gesicht sah. Was sie sah, rührte ihr Herz noch mehr, denn auch Harm hatte Tränen in den Augen. Er war traurig und beschämt, weil er sie zum Weinen gebracht hatte. Mac küsste ihn sanft auf den Mund.
„Ich weiß, dass du mir nicht wehtun wolltest. Und irgendwann hätten wir uns mit dem Thema auseinandersetzen müssen. Ich weiß schließlich, wie sehr du Kinder liebst. Aber…“ Harm unterbrach sie.
„Kein ‚Aber’, Mac! Wir werden irgendwann ein Kind bekommen. Entweder es geschieht ein Wunder und wir schaffen es auf natürlichem Weg, oder wir versuchen künstliche Befruchtung. Und wenn das auch nicht klappt, dann werden wir verdammt noch mal ein Kind adoptieren! Ich weiß, dass es nicht dasselbe ist. Aber es gibt so viele Kinder, die keine Eltern haben, denen wir unsere Liebe schenken können.“
Mac sah Harm nur an und dachte daran, welches Glück sie mit diesem Mann gefunden hatte, ehe sie ihn zärtlich küsste.
Drei Tage später hatten sie einen Besichtigungstermin für ein Haus, das ihnen zusagte. Es gab eine gute Verkehrsanbindung zum JAG-Büro, der Hyde Park war in der Nähe, es hatte einen schönen Garten, eine helle Küche und…. drei Schlafzimmer.
‚Hier werden wir also womöglich die nächsten Jahre verbringen’, dachte Mac, während sie durch das Haus streifte. Harm besprach gerade einige Details mit Mister Winters, dem Makler, was ihr die Gelegenheit gab, ihr eventuell zukünftiges Zuhause genau unter die Lupe zu nehmen.
Das Haus war zweistöckig gebaut. Oben befanden sich die Schlafzimmer und ein geräumiges Bad, das sowohl eine Dusche als auch eine Badewanne beherbergte. Im Erdgeschoss waren das Wohnzimmer mit großzügiger Essecke, die Küche (Harm’s Refugium, wie Mac kichernd befand) und ein Gäste-WC. Alle Zimmer hatten große Fenster, wodurch viel Licht in das Haus fiel. Vom Wohnzimmer aus gelangte man durch Schiebetüren aus Glas auf eine Art Veranda und in den Garten. Mac liebte das Haus schon jetzt.
Sie war ihrem Traum von einer Familie wieder ein Stückchen näher gekommen, und dieser Gedanke zauberte ein Lächeln auf ihr Gesicht. Während sie gedankenverloren im Garten stand und vor sich hin lächelte, näherte sich Harm mit dem Makler.
Als Harm Mac’s zufriedenen und glücklichen Gesichtsausdruck sah, verschlug es ihm fast den Atem, wie wunderschön sie dabei aussah. Mac bemerkte die beiden und schaute in ihre Richtung. Sie hoffte, dass Harm dieses Haus auch so sehr gefiel wie ihr, daher blickte sie ihn fragend an.
„Ich denke“, begann Harm, „Mister Winters und ich sind uns einig geworden. Wir nehmen es.“ Bei diesem Satz fiel Mac ihm juchzend um den Hals, so dass er fast von ihr umgeworfen wurde. Mister Winters musste sich ein Grinsen verkneifen, als er die überschwängliche Freude der beiden sah. Kunden glücklich zu machen war schließlich sein Job. Und die Provision dafür war auch nicht zu verachten…
Liebe Grüsse Petra
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Kapitel 5
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Harm und Mac’s Haus
Kensington and Chelsea, London
07:00 Uhr Zulu
Zwei Wochen später war das neue Zuhause von Harm und Mac fast fertig eingerichtet. Da es bei ihrem Einzug zum Teil schon möbliert gewesen war, hatten sie nicht viel ergänzen müssen. Außerdem hatte die beauftragte Umzugsfirma endlich ihre restlichen Sachen angeliefert, die sie bei Bud und Harriet zwischengelagert hatten. Somit war Mac die meiste Zeit des Tages damit beschäftigt, die zahlreichen Umzugskisten zu leeren und einen passenden Platz für deren Inhalt zu finden.
Doch für den heutigen Tag hatte sie noch einen anderen wichtigen Termin.
„Bist du sicher, dass ich dich nicht zum Arzt begleiten soll?“ fragte Harm mindestens zum hundertsten Mal, seit Mac ihm vor zwei Tagen von ihrem Termin erzählt hatte. Sie beide saßen gerade beim Frühstück in der Küche, und Harm musste eigentlich los, um nicht zu spät zu kommen.
„Nein, Schatz. Es ist beim ersten Mal doch nicht mehr als ein Kennlerngespräch“, seufzte Mac. „Bis die meine Akte aus Bethesda nicht haben, wird der Doktor mit keiner Behandlung beginnen. Außerdem brauche ich nur ein neues Rezept für mein Schmerzmittel.“
Die letzte Therapie ihrer Endometriose hatte zwar relativ gut angeschlagen, aber hin und wieder wurde Mac doch von schlimmen Krämpfen heimgesucht.
„Na gut, wie du meinst.“ Harm machte einen bedrückten Eindruck. Er hatte Angst, dass Mac ihn aus wichtigen Dingen immer noch ausschloss, weil sie meinte, damit allein klarkommen zu müssen.
Mac bemerkte seinen Blick und schlagartig war ihr klar, was ihm Sorgen bereitete.
„Harm, du denkst doch nicht etwa… dass ich dich nicht dabei haben WILL?“ Sie drückte seine Hand.
„Hey, sobald ich mit dem Arzt über eventuelle Therapien reden werde, die meine Fruchtbarkeit steigern könnten, möchte ich sogar, dass du dabei bist. Also schau mich bitte nicht so traurig an. Ich bin mir sicher, du kannst deine Zeit heute definitiv sinnvoller nutzen, als eine halbe Stunde in einem überfüllten Wartezimmer zu sitzen, um dann in fünf Minuten abgefertigt zu werden.“ Harm zeigte den Ansatz eines Lächelns.
„Und jetzt sie zu, dass du loskommst und mach ein paar gegnerische Anwälte für mich fertig“, grinste Mac, um Harm noch ein wenig aufzumuntern. Harm stand vom Tisch auf und ging zu Mac hinüber, um sie in den Arm zu nehmen.
„Aber heute Abend will ich jedes Detail wissen, okay?“ Harm küsste Mac zum Abschied, schnappte sich seine Aktentasche und verließ das Haus.
Chelsea and Westminster Hospital
369 Fulham Road, London
11:20 Uhr Zulu
Mac saß im Warteraum der gynäkologischen Abteilung und blätterte gelangweilt in einer Zeitschrift. Sie hatte eigentlich bereits vor 35 Minuten einen Termin gehabt, war aber bisher nicht aufgerufen worden. Dabei hatte sie heute Morgen die Bemerkung mit der halben Stunde Wartezeit nur als Witz gemeint. Das war vermutlich die Strafe dafür, dass sie Harm ausgeredet hatte, sie zu begleiten. Nun saß sie hier und musste sich mit irgendwelchen Klatschgeschichten über die angeblichen Affären eines englischen Fußballers, die Liaisonen diverser Filmstars sowie einem Bericht über die ersten Tage eines gewissen Prinzen beim Britischen Militär über Wasser halten. Mac war schon kurz davor, die verdammte Zeitschrift an die Wand zu schmeißen, als endlich ihr Name aufgerufen wurde. Eine Schwester geleitete sie ins Behandlungszimmer, wo bereits der behandelnde Arzt auf sie wartete.
„Guten Tag, Miss MacKenzie, ich bin Dr. Martin“, begrüßte er Mac freundlich und reichte ihr die Hand. „Bitte, nehmen Sie doch Platz.“ Er deutete auf den Stuhl ihm gegenüber.
„Sie sind zum ersten Mal bei uns, richtig? Was kann ich für sie tun?“
„Nun, ich bin gerade erst nach London gezogen, und ich wurde in den letzten Monaten wegen einer Endometriose behandelt“, begann Mac unsicher. Sie beobachtete, wie Dr. Martin sich Notizen machte.
„Hatten sie bisher nur eine medikamentöse Behandlung, oder wurde auch ein operativer Eingriff vorgenommen?“ fragte er.
„Beides.“
„Haben sie Kinder, Miss MacKenzie?“
„Nein.“
„Planen Sie noch welche?“
„Bis zur Diagnose schon. Ich habe nur eine vierprozentige Chance, schwanger zu werden. Zumindest auf natürliche Weise…“ Mac blickte geknickt zu Boden, was Dr. Martin nicht entging.
„Bei Ihnen handelt es sich demnach um eine besonders schwere Form der Endometriose, das tut mir leid. Haben Sie derzeit irgendwelche Beschwerden?“
„Manchmal Krämpfe im Unterleib, und Rückenschmerzen. Daher bin ich heute auch hier. Mein Schmerzmittel ist fast aufgebraucht und ich brauche ein neues Rezept.“
„Gut. Ich werde Sie dann gleich kurz untersuchen, und dann stelle ich Ihnen ein neues Rezept aus. Sagen Sie, wo wurden Sie bisher behandelt?“
„Im Bethesda Naval Hospital in Maryland.“
„Nun, dann wird es eine Weile dauern, bisher Ihre Krankenakte hier habe. Aber wir sollten Ihre Behandlung unbedingt fortsetzen. Wer weiß, vielleicht können wir ein kleines Wunder vollbringen?“ Dr. Martin lächelte Mac aufmunternd zu.
Fünfzehn Minuten später war Mac wieder auf dem Weg nach Hause. Den ersten Termin bei ihrem neuen Arzt hatte sie also erfolgreich hinter sich gebracht. Dr. Martin machte einen sympathischen Eindruck, und seine aufmerksame Art gefiel ihr. Auch wenn er ihr eine Spur zu optimistisch war. ‚Naja’, dachte Mac. ‚Dann ist er ja in bester Gesellschaft zu Harm. Vielleicht färbt das ja auch noch ein wenig auf mich ab.’
Harm und Mac’s Haus
Kensington and Chelsea, London
16:30 Uhr Zulu
Harm hatte an diesem Tag früher Feierabend gemacht, da er es nicht erwarten konnte zu erfahren, wie Mac’s Termin im Krankenhaus verlaufen war. Er hatte eigentlich gehofft, dass Mac ihn anrufen würde, wenn sie wieder zurück sei, aber sie hatte sich nicht gemeldet. Zuhause hatte er sie auch nicht erreichen können, und nun machte er sich doch ein wenig Sorgen. An ihr Handy ging sie auch nicht.
Als Harm das Haus betrat, hörte er erleichtert aus dem Obergeschoss die Dusche rauschen. Mac war also da. Er ließ seine Aktentasche fallen und lief die Treppe hoch. Er betrat das Bad und sah Mac schemenhaft hinter der Milchglasscheibe der Dusche.
Er klopfte an die Zimmertür, um sich bemerkbar zu machen. Erschrocken steckte Mac ihren Kopf aus der Dusche. „Harm, was machst du denn schon so früh zuhause? Sekunde…“ Mac drehte den Wasserhahn zu und griff zu Harm’s Bedauern nach einem Handtuch, das sie sich umwickelte. Sie trat aus der Dusche und begrüßte Harm mit einem Kuss. Dieser hatte bisher noch nichts erwidert, was Mac dazu veranlasste, ihn irritiert anzuschauen.
„Ist irgendetwas los?“ fragte sie.
„Nichts, außer der Tatsache dass ich seit ca. drei Stunden versucht habe, dich telefonisch zu erreichen. Ich hatte gedacht, du würdest dich nach deinem Termin bei mir melden.“
„Entschuldige, ich war hinterher noch joggen und hab mein Handy vergessen.“ Mac trat aus dem Bad und ging ins Schlafzimmer, um sich anzuziehen.
„Drei Stunden? Mac!“ Harm folgte ihr.
„Muss ich mich jetzt rechtfertigen, wie ich meinen Tag verbringe?“ herrschte sie ihn an. Harm schaute sie erschrocken an. Etwas stimmte hier nicht, er spürte es ganz genau. Aber offensichtlich wollte Mac nicht darüber reden. Lieber ließ sie es auf einen Streit ankommen.
„Was ist los, Mac? Und sag jetzt nicht ‚nichts’! Ein Blinder sieht, dass etwas nicht Ordnung ist.“
Mac schaute betreten zu Boden. Verdammt! Harm hatte sie schneller durchschaut, als ihr lieb war. Ohne ihn anzusehen deutete sie auf einen Umschlag, der auf dem Bett lag. Harm öffnete ihn und überflog die darin enthaltenen Dokumente. Es waren die Unterlagen für Mac’s Versetzung zur Reserve des Marine Corps.
Jetzt verstand Harm. Mac ließ sich aufs Bett fallen, den Kopf immer noch gesenkt, um Harm nicht ins Gesicht sehen zu müssen.
„Die Unterlagen waren heute im Briefkasten, als ich nach Hause kam. Ich war joggen, um den Kopf freizukriegen und hab dabei wohl etwas übertrieben. Tut mir leid…“ Harm seufzte und setzte sich neben sie. Er legte seinen Arm um ihre Schultern und drückte sie an sich. Mac’s nassen Haare hinterließen einen feuchten Fleck auf seiner Uniform, aber das war ihm in diesem Moment egal.
„Ich hätte nicht gedacht, dass es so schwer wird, wenn die Papiere kommen“, sagte sie leise. „Zwei Unterschriften von mir, und ich gehöre fast zum alten Eisen.“
„Mac… ich weiß, dass das Corps dir fehlen wird. Aber denk doch nur mal an die freie Zeit, die du jetzt sinnvoll nutzen kannst, um die Dinge zu tun, die du schon immer mal tun wolltest. Unser Haus einrichten zum Beispiel. Oder vielleicht einen Kochkurs belegen…“ Der letzte Kommentar brachte Harm einen Klaps auf den Oberschenkel ein, was ihm aber zeigte, dass Mac sich wieder gefangen hatte.
„He, jetzt bist DU wohl auf Streit aus“, erwiderte sie frech und sah ihn herausfordernd an. Als Antwort schenkte Harm ihr sein umwerfendstes Flyboy-Lächeln. ‚Er ist nicht böse auf mich’, dachte Mac erleichtert.
„Erzählst du mir jetzt endlich, wie es beim Arzt war, oder muss ich es erst aus dir herauskitzeln?“ Mit diesen Worten stürzte Harm sich auf die nach wie vor halbnackte Mac und begann sie zu kitzeln, dass sie sich vor lachen unter ihm krümmte. „Schon gut“, japste Mac, „ich erzähl’s dir ja schon!“
Eine Stunde später lagen Mac und Harm, mittlerweile beide unbekleidet, im Bett eng aneinander gekuschelt. Mac’s Kopf ruhte auf seiner breiten Brust, und sie lauschte dem Schlagen seines Herzens. Abgesehen vom Marine Corps brannte Mac noch ein weiteres Thema auf der Seele. Der Grund, weshalb sie überhaupt bereit gewesen war, aufs Corps zu verzichten.
„Harm…“, begann sie.
„Hmm?“ kam die Antwort leicht schläfrig.
„Sag mal, wann wollen wir denn mit der Planung der… Hochzeit beginnen?“
Puh, nun hatte sie es ausgesprochen. Seit ihrer Ankunft in London hatten sie dieses Thema nicht weiter angesprochen, und Mac kam die Befürchtung, dass Harm seinen Heiratsantrag vielleicht nicht mehr ganz ernst nahm. Sicher, sie waren zusammengezogen, aber das reichte Mac nicht. Sie brauchte die Sicherheit, dass er es wirklich ernst mit ihr meinte. Und sie brauchte die Gewissheit, dass sie das Marine Corps nicht umsonst aufgegeben hatte.
„Welche Hochzeit?“ Das hatte Harm gerade nicht wirklich gesagt, dachte Mac erschrocken.
„UNSERE Hochzeit!!“ Mac hatte sich aufgesetzt und starrte Harm entgeistert an.
„Ach DIE…“ Harm öffnete ein Auge, sah Mac an und…... grinste schelmisch.
„HARM!“ Mit Schwung landete ein Kissen ins Harm’s Gesicht. „Das war doch nur ein Scherz! Ich kapituliere!“ lachte er. Mac dagegen fand das entschieden nicht witzig.
„Mach niemals Witze über eine Hochzeit in Gegenwart der zukünftigen Braut!“ Ihre Augen funkelten aufgebracht. Was fiel diesem Matrosen eigentlich ein!
„Mac, komm schon… sei nicht sauer!“ Harm setzte seinen Dackelblick auf und versuchte, Mac wieder zu beruhigen. Normalerweise funktionierte diese Methode zu 99 Prozent, aber heute hatte er damit kein Glück. Mac zog es vor zu schmollen und drehte ihm demonstrativ den Rücken zu.
„Okay, es tut mir leid“, sagte er schließlich. „Ich hatte nur gedacht, wir warten mit der Planung, bisher wir uns hier soweit eingelebt haben. Ich wollte uns nicht zu viel Stress auf einmal machen. Du hast doch nicht etwa gedacht, ich hätte unsere Hochzeit wirklich vergessen?“
Schweigen.
„Mac?“
Er sah nur, wie ihre Schultern zu zucken begannen und sie sich die Hand vors Gesicht hielt. Verdammt, sie weinte doch nicht etwa?
„Mac?“ Harm legte eine Hand auf ihre Schulter und drehte sie zu sich herum. Ihr liefen tatsächlich Tränen übers Gesicht … vor Lachen! Dieses kleine Miststück hatte ihn reingelegt!
„Sag mal, das findest du wohl sehr witzig, mich hier so auflaufen zu lassen! Ich dachte schon, ich hätte dich gekränkt oder so was. Und stattdessen machst du dich hier über mich lustig!“ Jetzt war Harm aufgeregt.
„Das war nur die gerechte Strafe für deinen schlechten Scherz vorhin“ lachte Mac noch immer. „Leg dich nie mit einem Marine an, Sailor!“ Mac’s Augen funkelten angriffslustig.
„Ex-Marine! Na, warte…“ Harm hatte sich beruhigt und die Herausforderung angenommen. Er schnappte sich Mac und begrub sie unter sich. Ein leidenschaftlicher Kuss gab das Startsignal zu Runde zwei….
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Kapitel 6
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Ein paar Tage später
Naval Legal Service Office
7 North Audley, London
Harm’s Büro
10:15 Uhr Zulu
„Ja genau, die Cupid’s Capsule… für heute Abend.“
…..
„Ich weiß, dass es sehr kurzfristig ist, aber es soll eine Überraschung sein und ich hatte nicht viel Zeit zum Planen.“
…..
„Könnten Sie nicht eine Ausnahme machen? Es würde mir sehr viel bedeuten….“
…….
„Ich danke Ihnen vielmals! Also um 21:30 Uhr. Wir werden auch pünktlich sein!“
Zufrieden lächelnd legte Harm den Telefonhörer auf. Seine Überraschung für Mac hatte also geklappt. Nach ihrer Reaktion über seinen Hochzeitswitz war ihm klar geworden, dass sie offensichtlich immer noch unsicher war, was ihre Beziehung betraf. Und diesen Umstand wollte er am heutigen Abend ändern. Jetzt musste er nur noch Mac dazu bringen, ihn nach Feierabend abzuholen, denn das Ziel des Abends lag direkt im Herzen Londons und es würde zu lange dauern, erst nach Hause zu fahren und dann wieder zurück.
Harm wählte ihre Nummer und hoffte, dass Mac zu Hause war.
„MacKenzie?“
„Hi Sweetheart! Hier ist dein Traumprinz!“ begrüßte Harm sie fröhlich.
„Oh, Mister Clooney, aber woher haben sie denn meine Nummer?“ feixte Mac zurück.
„Ähm, ich glaube ich hab mich verwählt. Eigentlich sollte meine Traumfrau an der Leitung sein, aber anscheinend hab ich stattdessen die Nummer eines George-Clooney-Groupies gewählt…“ Harm ließ es sich nicht nehmen, auf ihr Spielchen einzugehen. Mal sehen, wie sie sich da wieder rausmanövrieren wollte.
„Soso, Ihre Traumfrau also. Na gut, dann will ich heute mal eine Ausnahme machen. Also, Prince Charming, was kann ich für dich tun?“ flötete Mac im süßesten Ton.
„Wie wär’s, wenn du mich heute Abend abholst und wir gehen essen. Hier in der Nähe soll ein tolles indisches Restaurant sein.“
„Hm, indisch… warum eigentlich nicht. Wann soll ich da sein?“
„Sagen wir um 18:00 Uhr?“
„Ja, das ist okay.“
„Ach und Mac?“
„Ja?“
„Zieh dir was Nettes an. Bis heute Abend. Ich liebe dich.“
“Ich dich auch…“
Das war ja einfacher gewesen als er gedacht hatte. ‚Okay, also erst essen gehen und danach die Überraschung.’ Harm freute sich wie ein Schneekönig als er daran dachte, was er geplant hatte. Hoffentlich gefiel es Mac auch. Hoffentlich fand sie es nicht zu kitschig? Egal, jetzt war es zu spät, um sich darüber Gedanken zu machen.
Zur gleichen Zeit
Harm und Mac’s Haus
Kensington and Chelsea, London
Mac starrte irritiert auf den Telefonhörer in ihrer Hand. Hatte Harm gerade gesagt, sie solle „was Nettes anziehen’“? Sie zog sich schließlich immer „nett“ an. Sie wusste nicht genau, was sie daran störte, aber irgendwie hatte sie das Gefühl, dass Harm etwas im Schilde führte. ‚Fein’, dachte sie. ‚Mal sehen, was mein Kleiderschrank zu bieten hat an ‚netten’ Sachen.’
Naval Legal Service Office
7 North Audley, London
Harm’s Büro
17:50 Uhr
Harm hatte nicht viel Zeit zum Anziehen, Mac musste jeden Moment kommen. Schnell schlüpfte er aus seiner Uniform in den hellen Anzug, den er heute Morgen heimlich aus dem Haus geschmuggelt hatte. Dazu trug er ein schwarzes Hemd. Auf eine Krawatte verzichtete er heute Abend, da es für Ende Mai viel zu heiß war. Denn auch jetzt waren es noch mindestens 25 Grad draußen.
Es klopfte an der Tür. Mac war wie üblich überpünktlich. Harm öffnete die Bürotür und tatsächlich stand Mac vor ihm. Sie trug, passend zum Wetter, ein rotes Sommerkleid, das im Nacken von dünnen Spaghettiträgern gehalten wurde. Ihr Dekolleté wurde durch den tiefen Wasserfallausschnitt noch betont, und der asymmetrische Saum umspielte ihre Knie. Die Haare hatte Mac hochgesteckt. Sie sah einfach zum Anbeißen aus.
„Und, nett genug, Sailor?“ fragte Mac lächelnd, als sie Harm’s Blick bemerkte.
„Mehr als das! Du siehst umwerfend aus…“ Zärtlich zog er sie an sich, um sie zu küssen.
„Du siehst aber auch nicht schlecht aus.“ Mac musterte ihn.
„Wo hast du denn den Anzug auf einmal her?“ fragte sie misstrauisch.
„Ach weißt du, denn hatte ich neulich in die Reinigung gebracht, war ein Fleck drauf. Und vorhin hab ich ihn schnell abgeholt“, log er. „Können wir?“
Ganz überzeugt war Mac noch nicht, aber könnte ihre Intuition sie diesmal in die Irre geführt haben? Sie beschloss, den Abend einfach zu genießen und abzuwarten. Was konnte schon passieren?
Harm schlenderte mit Mac am Arm zu dem Restaurant, das er ausgewählt hatte. Es war tatsächlich nicht weit und bot einen schönen Blick auf den Hyde Park. Das Ambiente war sehr gemütlich, die Kellner freundlich und das Essen gut. Mac fiel allerdings auf, dass Harm schweigsamer war als sonst. Er schien aber keine schlechte Laune zu haben, im Gegenteil. Immer wenn er sich unbeobachtet fühlte, grinste er still vor sich hin. Außerdem schaute er ständig auf die Uhr. Jetzt glaubte Mac nicht mehr, dass Harm etwas im Schilde führte, jetzt WUSSTE sie es. ‚Okay, Flyboy, mal sehen ob ich dich aus der Reserve locken kann.’
„Ach Schatz…“ begann sie beiläufig.
„Hm?“ Harm schaute von seinem Teller auf.
„Hast du es irgendwie eilig, oder warum starrst du alle fünf Minuten auf deine Uhr?“
Harm verschluckte sich vor Schreck und musste husten. ‚Verdammt, ich war nicht unauffällig genug.“
„Ich? Äh… ich bin… nur erstaunt, dass es… es... um die Zeit noch so hell draußen ist“ versuchte er sich herauszureden.
„Naja, es ist ja auch erst 20:13 Uhr. Es war in den letzte Tagen um diese Zeit immer noch hell draußen, warum sollte es heute anders sein?“ Vergnügt beobachtete sie, wie Harm unruhig auf seinem Stuhl herumrutschte. ‚Verdammt Rabb’, dachte dieser. ,Im Gerichtssaal bist du der Meister der Bluffs, aber sobald dir diese Traumfrau gegenübersitzt, benimmst du dich wie ein blutiger Anfänger!’ Er beschloss, lieber nichts mehr zu sagen, sondern würde er sich noch um Kopf und Kragen reden, und die Überraschung würde bald keine mehr sein.
Dreißig Minuten später hatten sie das Abendessen beendet, und sie verließen das Lokal. Harm schlug einen Spaziergang vor, denn der Himmel war klar und das Wetter noch immer angenehm warm. Mac war einverstanden, doch zu ihrer Überraschung winkte Harm ein Taxi heran und überreichte dem Fahrer einen Zettel mit einer Adresse darauf.
„Als du Spaziergang gesagt hattest, hatte ich eigentlich auch an ‚gehen’ gedacht, nicht an fahren?“ fragte Mac neugierig. Mit seiner Geheimniskrämerei machte Harm sie langsam nervös.
„Ich hab da von einem Kollegen einen Tipp bekommen, ist aber zu weit zum Laufen. Wart’s ab, es wird dir gefallen.“ Harm lehnte sich entspannt auf der Rückbank des Taxis zurück, während Mac nun einen angespannten Eindruck machte. Aber es bleib ihr nichts anderes übrig, als die Aussicht auf die abendliche Atmosphäre Londons zu genießen, während sie quer durch die Stadt fuhren. An der Westminster Bridge hielt der Fahrer. „Wir sind da, Sir“, informierte er Harm.
Harm und Mac kletterten aus dem Taxi, und nachdem Harm den Fahrer bezahlt hatte, spazierte er mit Mac entlang der Themse.
Nach kurzem Fußmarsch hatten sie dann endlich das eigentliche Ziel erreicht. Vor ihnen erhob sich majestätisch das London Eye, das größte Riesenrad der Welt, welches zum Jahrtausendwechsel errichtet worden war.
Während Mac immer noch staunend die riesige Konstruktion betrachtete, ging Harm zum Eingangsbereich hinüber, um sie beide anzumelden. Eigentlich war das London Eye zu dieser Jahreszeit nur bis 21 Uhr in Betrieb, aber zum Glück hatte sich der Angestellte, der die Reservierung entgegengenommen hatte, erweichen lassen und ihnen noch einen Sondertermin genehmigt.
Nachdem er die Formalitäten erledigt hatte, winkte Harm Mac heran. Lächelnd ging sie zu ihm hinüber. DAS hatte er also die ganze Zeit vor ihr verheimlicht. Ein Angestellter führte die beiden zu einer der Gondeln.
„Madam, Sir, willkommen in Cupid’s Kapsel, unserer speziellen Gondel für zwei.“ Mit diesen Worten bat er sie ins Innere der Kapsel und schloss die Tür hinter ihnen.
Im Gegensatz zu den Großraumkabinen, die bis 25 Personen fassten, hatten sie diese Kabine ganz für sich allein. Die Kabine war mit roten Plüschsofas ausgestattet, die Beleuchtung war etwas gedämmt und es roch nach frischen Blumen. Die Kabine war rundherum fast vollständig verglast, so dass man eine uneingeschränkte Sicht nach draußen hatte.
Harm ließ sich in die Polster fallen und zog Mac neben sich.
„Oh Harm, das ist ja traumhaft!“ Mac fiel Harm um den Hals, drückte ihn fest sich und überhäufte sein Gesicht mit Küssen. ‚Gott sei Dank, es gefällt ihr’, dachte dieser erleichtert.
„Aber das muss dich doch ein Vermögen gekostet haben?“ Mac sah ihn stirnrunzelnd an.
„Ach, nicht der Rede wert…“, wiegelte Harm ab. Wenn sie wüsste…
Langsam setzte sich das Riesenrad in Bewegung. Da es mittlerweile dunkel war, erstrahlte London in tausendfachem Lichterglanz. Je höher sie kamen, desto atemberaubender wurde die Aussicht. Mit großen Augen schaute Mac nach draußen, sie konnte sich gar nicht satt sehen. Harm wiederum hatte nur Augen für Mac, und sie so strahlend zu sehen, machte ihn glücklich. Aber Teil zwei seiner Überraschung stand ihm noch bevor.
„Mac…?“
Sie drehte sich zu ihm um und lächelte glücklich.
„Ja?“
„Ich hab da noch eine Kleinigkeit für dich…“, sagte Harm fast schüchternd und kramte ein kleines Kästchen aus seiner Jackentasche hervor. Mac’s Augen weiteten sich. ‚Das wird doch wohl nicht….’
„Ich hab dich zwar eigentlich schon gefragt, aber ich schätze du hast schon romantischere Heiratsanträge bekommen. Deshalb wollte ich es noch einmal richtig machen…“ Harm holte tief Luft, kniete vor ihr und öffnete mit zitternden Händen das Kästchen, aus dem ein goldener Ring zum Vorschein kam. Der Ring war mit neun kleinen Brillanten besetzt, die einen achteckigen Stern bildeten; ein Brillant in jeder Ecke und einer in der Mitte. Mac hielt sich beide Hände vor den Mund. DAS hatte sie definitiv am allerwenigsten erwartet.
„Sarah MacKenzie“, fuhr Harm mit zittriger Stimme fort, „ich liebe dich mehr als alles andere auf der Welt und ich kann mir ein Leben ohne dich nicht mehr vorstellen. Willst du meine Frau werden?“
Mac schossen die Tränen ins Gesicht. „Ja“, hauchte sie tränenerstickt. Harm nahm ihre linke Hand und steckte ihr den Ring an den Finger. Mac zog ihn wieder zurück neben sich und küsste ihn stürmisch.
„Oh Harm, das war die schönste Überraschung, die du mir nur machen konntest.“ Sie weinte immer noch, aber gleichzeitig lachte sie. Auch Harm hatte noch immer einen Kloß im Hals, aber das Gefühl als sei ihm gerade eine tonnenschwere Last vom Herzen gefallen.
Fasziniert betrachtete Mac ihren Verlobungsring.
„Neun Brillanten?“
„Ja, einer für jedes Jahr, das ich Idiot gebraucht habe um zu kapieren, dass du die Liebe meines Lebens bist.“
Mac schmiegte sich eng an Harm, und engumschlungen beendeten sie die restliche Fahrt im London Eye
Kapitel 7
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Harm und Mac’s Haus
Kensington and Chelsea, London
09:42 Zulu
An diesem Samstagmorgen saßen Harm und Mac gemeinsam am Esstisch. Vor Ihnen stapelten sich Prospekte und Unterlagen zu Cateringfirmen, Kirchen, Brautmoden und die unvermeidliche Gästeliste. Seit ihre Verlobung nun hochoffiziell war, hatten sie sich mit Feuereifer in die Planung ihrer bevorstehenden Hochzeit gestürzt. So unterschiedliche Meinungen sie auch im Gerichtssaal vertreten hatten, so erstaunlicher war es, dass sie relativ ähnliche Vorstellungen von der Feier hatte. Auf jeden Fall sollte die Hochzeit nicht zu groß werden, nur die Familie und die engsten Freunde und Kollegen sollten eingeladen werden. Und die Feier selbst wollte sie in ihrem Garten ausrichten. Als Termin hatten sie sich auf den 17. Juli geeinigt.
„Okay, lass uns die Gästeliste noch mal durchgehen. Irgendwie hab ich das Gefühl, dass jemand fehlt.“ Stirnrunzelnd hielt Mac die vorläufige Gästeliste in der Hand.
„Wen haben wir denn bisher?“ Harm überflog noch einmal die Namen. „Also meine Mom und Frank, meine Grandma, Sergei und seine Frau, Bud und Harriett, Jennifer, Mattie, Chloe, Admiral Chegwidden, General Cresswell und seine Frau, Sturgis…. hm.“
Mac schlug sich mit der Hand gegen die Stirn.
„Tiner und der Gunny! Wie konnten wir die beiden vergessen.“
„Stimmt, wir haben die zwei zwar schon lange nicht mehr gesehen, aber sie gehören auf jeden Fall dazu. Ähm, hättest du was dagegen, wenn wir Kate Pike und Meg Austin einladen würden? Immerhin habe ich mit den beiden auch eine Weile zusammengearbeitet.“
Mac schaute ihn schief von der Seite an und rümpfte die Nase. „Also wenn du deine Verflossenen einlädst, dann hab ich ja wohl auch zwei frei…“, grinste sie.
„Hey, mit Meg lief definitiv nichts, und das mit Kate ist schon lange her. Außerdem war das nichts Ernstes. Du willst doch nicht wirklich Brumby und Webb einladen?“
„War nur ein Scherz…. Das wäre in der Tat keine gute Idee.“ Mac wurde wieder ernst. „Ich glaube Mic würde es das Herz brechen, wenn er wüsste, dass ich ausgerechnet dich heirate.“
„Was meinst du mit ‚ausgerechnet mich’?“
„Naja, schätze Mic war der Meinung, dass… “ Mac schluckte. „…du der Grund warst, weshalb es mit ihm und mir zum Schluss doch nicht geklappt hatte.“
„Und, hatte er recht?“ fragte Harm leise. Mac schaute nach unten.
„Ich wollte es damals nicht wahr haben, habe meine Gefühle für dich verdrängt. Aber….“ Jetzt schaute sie Harm direkt an: „ Ja…“ Harm küsste Mac auf die Stirn.
„Soviel Menschenkenntnis hätte ich diesem Australier gar nicht zugetraut“, lächelte er. „Aber ich bin froh, dass wenigstens ER das damals erkannt hat. Sonst würden wir heute nicht hier sitzen, und UNSERE Hochzeit planen.“
Es klingelte an der Hautür. Harm stand auf, um zu öffnen. Es war der Postbote, der Harm einige Briefe überreichte. Harm ging zurück zum Esstisch, während er die Post sichtete.
„Rechnung, Rechnung, Werbung…. Oh, der hier ist für dich. Ohne Absender…“ Irritiert übergab er Mac den Umschlag. Ebenso überrascht öffnete sie den Brief und überflog den Inhalt.
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„Von wem ist denn der“, fragte Harm. Mac sah verwirrt aus, als sie hochblickte. Wortlos überreichte sie Harm den Brief.
‚Liebste Sarah!
Ich weiß, dass du nach unserer Trennung nichts mehr von mir wissen wolltest, was ich bisher auch respektiert habe. Trotzdem habe ich mich über dich auf dem Laufenden gehalten. Entschuldige, alte CIA-Gewohnheit. Daher weiß ich jedenfalls von deinen Heiratsplänen mit Rabb und eurem Umzug nach London. Als ich davon erfuhr, musste ich mir leider eingestehen, dass ich weit weniger überrascht war, als ich es wohl hätte sein müssen. Ich habe immer geahnt, dass zwischen euch mehr ist, als nur reine Freundschaft. Dennoch hatte ich gehofft, dass du für mich mehr empfinden würdest. Nun weiß ich allerdings, warum du das nicht konntest. Trotz dieser für mich traurigen Erkenntnis wünsche ich dir alles Gute, und dass du jetzt hoffentlich bekommen hast, was du dir gewünscht hast.
Alles Liebe, Clay
PS: Sag Rabb, wenn er dir das Herz bricht, mache ich ihm das Leben zur Hölle.’
Nachdem er den Brief zu Ende gelesen hatte, schaute Harm zu Mac hinüber, die immer noch wortlos am Esstisch saß.
„Alles okay bei dir, Mac“ fragte Harm etwas besorgt.
„Ja, sicher. Aber ist es nicht komisch, dass noch jemand besser über meine Gefühle Bescheid wusste als ich selbst?“ erwiderte sie sarkastisch. „Vielleicht gibt es ja noch jemanden außer Mic und Webb, für den unsere bisherige Beziehung wie ein offenes Buch gewesen ist?“ Harm setzte sich wieder neben Mac an den Tisch.
„Nun, wenn ich ehrlich bin… Renee war schon immer eifersüchtig auf dich.“
„Hast du ihr denn je einen Grund dafür gegeben?“ Für einen Moment war er versucht ihr davon zu erzählen, wie er einst Tagträume von Mac hatte und sogar Renee versehentlich mit Mac angesprochen hatte, entschied sich dann aber dagegen.
„Nein, eigentlich nicht. Es war wohl mehr die Tatsache, dass wir schon so viel zusammen durchgemacht haben, und du mich dadurch besser kennst, als sie es jemals gekonnt hätte. Du kennst mich besser, als sonst jemand auf der Welt, Mac. Dagegen kann man schlecht konkurrieren.“ Er lächelte Mac an.
„Zerbrich dir nicht den Kopf darüber, wer was über uns gedacht haben könnte. Solange wir uns nicht selbst darüber im Klaren gewesen sind…“ Harm zuckte mit den Schultern. „ …. es hätte auch alles ganz anders kommen können.“
„Ja, du hast Recht. Allerdings ist dies hier definitiv meine Lieblingsvariante.“ Mac lächelte nun wieder und küsste ihren Liebsten innig.
Zwei Wochen später
Chelsea and Westminster Hospital
369 Fulham Road, London
15:30 Uhr Zulu
Mac hatte von Dr. Martin die Nachricht bekommen, dass ihre Krankenakte aus Bethesda da sei. Da es nun um die Fortführung ihrer Behandlung ging, war sie diesmal gemeinsam mit Harm im Krankenhaus.
„Unserem letzten Gespräch habe ich entnommen, dass trotz Ihrer Erkrankung ein Kinderwunsch besteht. Sehe ich das richtig, Miss MacKenzie?“ fragte Dr. Martin behutsam.
„Das ist richtig. Mein Verlobter…“ Mac deutete auf Harm, der neben ihr saß und ihre Hand hielt. „…und ich wollen bald heiraten, und ein gemeinsames Kind wäre…. Nun, ich kann mir nichts Schöneres vorstellen.“ Harm bemerkte, dass es Mac schwer fiel, darüber zu reden, daher drückte er aufmunternd ihre Hand und lächelte zu ihr hinüber.
„Gut. Dann würde ich folgendes vorschlagen. Wir beginnen erst mit einer Hormonbehandlung, um die Aktivität der Eierstöcke anzuregen. Dazu werde ich Ihnen Tabletten verschreiben. Es wird aber auch nötig sein, dass sie einmal wöchentlich ins Krankenhaus kommen, da eines der Hormone nur per Injektion verabreicht werden kann. Der zweite Schritt wäre dann, in etwa zwei Monaten, eine Spermaentnahme bei Ihrem Verlobten, das wir dann direkt in Ihre Gebärmutter spritzen. Falls diese Behandlung nicht zu der gewünschten Schwangerschaft führen sollte, wäre die nächste Möglichkeit dann die In-Vitro-Fertilisation.“
„Künstliche Befruchtung also. Diese Möglichkeit haben wir auch in Betracht gezogen“, beteiligte sich nun auch Harm an dem Gespräch.
„Ich denke, wir sollten mit der Hormonbehandlung anfangen“, schlug Mac vor.
„Gut. Ich muss Sie allerdings darauf hinweisen, Miss MacKenzie, dass es während der Behandlung zu verschiedenen Nebenwirkungen kommen kann. Stimmungsschwankungen, Zwischenblutungen, Kopfschmerzen bis hin zu Übelkeit sind nichts Ungewöhnliches während solch einer Therapie. Daher ist es immens wichtig für Ihre psychische Verfassung, dass Sie in dieser Zeit Unterstützung bekommen.“ Beim letzten Satz hatte Dr. Martin Harm angesehen.
„Keine Sorge, Doktor, ich werde mich um meine Sarah schon kümmern. Außerdem würde ich dieser Behandlung nicht zustimmen, wenn sie es nicht selbst wollte. Egal, wie es weitergeht und ob du die Behandlung zu Ende bringst oder abbrichst…“ Er sah Mac nun an. „…. Ich werde jede deiner Entscheidung respektieren und dich unterstützen, so gut ich kann.“ Mac lächelte ihn dankbar an.
„Diese Einstellung gefällt mir, Mister Rabb. Nun, da ich Miss MacKenzie in den besten Händen weiß, schlage ich vor, dass wir beginnen.“
Kapitel 8
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Einen Monat später
Es waren noch etwa zwei Wochen bis zur Hochzeit von Harm und Mac, und es war noch allerhand zu tun. Inzwischen war auch Mattie in London eingetroffen und hatte ihr neues Zimmer bezogen. Nach ihrem schweren Unfall hatte sie sich erstaunlich gut erholt. Sie war zwar nach wie vor auf einen Rollstuhl angewiesen, schaffte aber bereits die ersten Schritte an Krücken. Ihr leiblicher Vater hatte inzwischen auf sein Sorgerecht verzichtet, so dass einer Adoption auch nichts mehr im Wege stand.
Mac war froh, dass Mattie nun da war, hatte sie doch tagsüber endlich etwas Gesellschaft. Außerdem war Mattie ihr eine große Hilfe bei der Auswahl des Brautkleides gewesen. Wären Sie in den USA gewesen, hätte ihr Harriet hilfreich zur Seite gestanden. Ihr fehlten ihre Freunde mehr, als Mac zugeben wollte. Um so mehr freute sie sich auf die Hochzeit, da sie an dem Tag alle wiedersehen konnte.
Harm und Mac’s Haus
Kensington and Chelsea, London
09:50 Uhr Zulu
Mattie klammerte sich am Treppengeländer fest und versuchte, langsam die Stufen nach unten gehen. ‚Verdammt, warum muss gehen lernen eigentlich so schwer sein? Wie habe ich das bloß als Kleinkind geschafft?’ fluchte sie innerlich. Ihre Beine wollten einfach noch nicht so, wie sie wollte. Mattie verlor das Gleichgewicht, und mit einem lauten Geräusch landete sie unsanft auf ihrem Hosenboden.
„Mattie?“ rief Mac aus der Küche.
„Schon gut, ist alles okay!“ rief sie zurück, in der Hoffnung dass Mac nicht rüberkam und sie dabei erwischte, wie sie unbeaufsichtigt auf der Treppe rumturnte. Denn eigentlich sollte sie sich außerhalb der Reha-Therapie so gut wie möglich schonen. Aber zu spät: Mac war bereits im Anmarsch.
„Mattie, was machst du denn da? Du sollst mich doch rufen, wenn was ist?“ Mac eilte die Treppe zu Mattie hinauf. „Hast du dich verletzt?“
„Nein, mir geht es gut! Ihr behandelt mich ja wie ein Baby“, antwortete Mattie bockig. Trotzig schaute sie Mac an.
„Ich weiß, dass es dir schwer fällt, den ganzen Tag ruhig zu bleiben. Aber du warst so schwer verletzt, und es ist noch gar nicht so lange her, dass du aus dem Koma aufgewacht bist. Wir möchten doch nur, dass gesund wirst und keinen Rückfall erleidest“, versuchte Mac die Situation zu entschärfen. Sie setzte sich neben Mattie auf die Treppe. „Vor allem Harm würde es nicht überstehen, wenn dir etwas geschähe. Er liebt dich, als wärst du seine leibliche Tochter…“
Mattie schaute beschämt zu Boden. „Es tut mir leid, ich wollte dich nicht so anfahren“, sagte sie leise.
„Schon gut.“ Mac lächelte sie an. „Wie wäre es, wenn ich dir jetzt die Treppe herunterhelfe, und dann essen wir zwei ein schönes Eis, hm?“
„Klingt gut.“ Auch Mattie lächelte wieder. Sie mochte Mac sehr. Sie sah zwar nicht gerade einen Mutterersatz in ihr, denn dafür war die Erinnerung an ihre leibliche Mutter noch zu schmerzhaft. Aber eine gute Freundin war sie auf jeden Fall. Und sie hatte Harm noch nie so glücklich gesehen wie jetzt, da er und Mac ein Paar waren.
Mac stand auf und wollte gerade Mattie hochhelfen, als sie plötzlich in der Bewegung erstarrte und steif das Geländer umklammerte. Nun war es Mattie, die sich Sorgen machte. „Mac? Was hast du?“
Mac atmete tief durch und setzte sich langsam wieder. „Mir war nur kurz schwindelig, es geht gleich wieder.“ Mac’s Gesicht war ganz blass geworden und auf ihrer Stirn hatten sich kleine Schweißperlen gebildet. Mac ging es seit ein paar Tagen nicht sehr gut. Immer wieder hatte sie heftige Kopfschmerzen und Kreislaufprobleme. Dazu war sie ständig müde und sah blass aus. Das war auch Mattie nicht entgangen.
„Mac? Dir ist in letzter Zeit aber häufig schwindelig. Du warst doch erst vor ein paar Tagen beim Arzt, hat der denn gar nichts gefunden?“ fragte sie Mac nun direkt.
„Er hat nur ein paar Tests gemacht, Blut abgenommen und so weiter. Die genauen Laborergebnisse sollen heute da sein, deshalb muss ich heute Mittag ja auch noch mal hin.“ Mac überlegte kurz. Sollte sie Mattie von der anstehenden Behandlung erzählen? Immerhin würden sie bald ganz offiziell eine Familie sein, und Mattie war schließlich in einem Alter, in dem sie sicherlich nicht davon ausging, dass Mac und Harm nur Händchen hielten. Bisher hatte nur der richtige Zeitpunkt gefehlt, um mit ihr darüber zu reden. Aber jetzt war es an der Zeit, ehrlich zu sein.
„Mattie…“ begann Mac, „ich muss dir glaub ich was erzählen.“ Mattie sah sie aufmerksam an. ‚Warum sieht Mac plötzlich so ernst aus?’ fragte sie sich.
„Weißt du, vor einigen Monaten wurde bei mir Endometriose in einem sehr fortgeschrittenen Stadium festgestellt. Dabei kommt es zu Wucherungen der Gebärmutterschleimhaut. Die Folgen davon sind Schmerzen im Bauch- und Rückenbereich und Probleme bei der Empfängnis, da auch die Eierstöcke und Eileiter in ihrer Funktion beeinträchtigt werden. Bei mir ist es leider so schlimm, dass meine Chancen, auf normalem Weg schwanger zu werden, bei gerade mal vier Prozent liegen.“
„Das tut mir sehr leid…“
„Du fragst dich sicherlich, warum ich dir das erzähle. Nun, Harm und ich wünschen uns ein Kind. Und daher bekomme ich seit ein paar Wochen Hormone, um die Produktion der Eizellen anzuregen. Leider haben die Hormone Nebenwirkungen, und in den letzten Tagen ist es schlimmer geworden.“
„Oh… das erklärt allerdings einiges. Warum Harm dich zum Beispiel behandelt hat, wie ein rohes Ei. Ich dachte schon, er hätte sich bloß auf dich verlagert, weil ich es ihm bei mir verboten habe…“ Mac musste unwillkürlich lächeln, und damit hatte Mattie mit ihrem kleinen Scherz die gewünschte Wirkung nicht verfehlt. Doch dann wurde ihr Gesicht wieder ernst.
„Ich habe nur Angst, dass ich die Behandlung vielleicht abbrechen muss, weil ich sie nicht vertrage…“ Mac hatte sich bisher gescheut, ihre größte Befürchtung auszusprechen. Doch nun, das sie es getan hatte, bahnte sich auch die angestaute Angst ihren Weg und Mac begann zu weinen. Sie wollte nicht weinen, nicht vor Mattie, selbst vor Harm scheute sie sich manchmal. Doch sie konnte nicht anders. Die Sorgen hatten die Überhand über ihre Selbstbeherrschung gewonnen. Mattie fühlte sich hilflos, Mac so traurig zu sehen. Alles was sie in diesem Moment tun konnte, war sie in den Arm zu nehmen. So saßen sie da, bis Mac sich wieder beruhigt hatte. Mac wischte sich die Tränen aus dem Gesicht und sah Mattie an. „Danke“, war alles was sie in diesem Moment sagen konnte. „Hey, wozu sind Freundinnen Schrägstrich zukünftige Adoptivtöchter denn da?“ lächelte sie stolz.
Naval Legal Service Office
7 North Audley, London
Harm’s Büro
11:30 Uhr Zulu
Harm saß nachdenklich an seinem Schreibtisch. Mac’s gesundheitliche Verfassung in den letzten Tagen war erschreckend gewesen. Sie hatte zwar versucht, es herunterzuspielen. Aber in den Momenten, in denen sie sich unbeobachtet fühlte, hatte er sehr wohl gemerkt, wie es ihr tatsächlich ging. Er wiederum hatte versucht zu verbergen, wie große Sorgen er sich in Wahrheit machte. Harm seufzte. Es war wie ein Teufelskreis. Er machte sich Sorgen um sie, wollte es aber nicht zeigen, um sie aufzubauen. Und sie wollte nicht zugeben, wie schlecht es ihr ging, um ihn nicht zu beunruhigen. Und zwischen all dem war auch noch Mattie, um die er sich sorgte. Aber so ging es nicht weiter. Mac hatte heute wieder einen Arzttermin, der ihnen hoffentlich Klarheit verschaffte. Aber er hatte beschlossen, an diesem Abend in Ruhe mit ihr darüber zu reden. Mac hatte immer Angst gehabt, ihre Schwächen zuzugeben, damit sie nicht angreifbar war. Aber wenn es um ihre Gesundheit ging, dann ging es auch ihn an. Er würde schließlich bald ihr Ehemann sein, verdammt!
‚Ihr Ehemann….’ Bei diesem Gedanken musste er lächeln. Kaum zu glauben, dass dieser Marine es geschafft hatte, ihn, den ewigen Junggesellen, tatsächlich einzufangen. Beziehungen hatte er viele gehabt, geliebt hatte er nur wenige. Aber Mac war die erste, mit der er sich tatsächlich vorstellen konnte, den Rest seines Lebens zu verbringen. Und in gerade einmal zwei Wochen würde sie endlich seine Frau sein!
„Captain Rabb?“ Die Stimme von PO Sinclair riss ihn aus seinen Gedanken. Harm betätigte den Schalter der Gegensprechanlage.
„Ja, was gibt’s?“ meldete er sich.
„Der Admiral will sie noch mal kurz sprechen, wegen dem Mittagessen mit dem Botschafter, Sir.“
„Bin unterwegs.“
Liebe Grüsse Petra
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Chelsea and Westminster Hospital
369 Fulham Road, London
12:30 Uhr Zulu
Mac saß bereits im Behandlungszimmer und wartete auf Dr. Martin. Nachdem Mattie ihr bestimmt 50-mal versichert hatte, dass sie auch eine Weile allein klarkommen und auch wirklich, wirklich keine Dummheiten mehr anstellen würde, hatte sich Mac zu ihrem Termin aufgemacht. Nun saß sie nervös hier und rutschte unruhig auf dem Stuhl hin und her. Sie hatte feuchte Hände und schwitzte, andererseits fror sie. Ein flaues Gefühl machte sich zusätzlich in ihrem Magen breit. ‚Wenn der Doktor nicht gleich kommt, übergebe ich mich auf der Stelle auf seinen Schreibtisch!’
Zur gleichen Zeit
Botschaft der USA
24 Grosvenor Square, London
Harm und Admiral Wilson waren zu einem Essen mit dem US-Amerikanischen Botschafter eingeladen. Alle paar Wochen saßen der Botschafter und Vertreter verschiedener US-Amerikanischer Einrichtungen zusammen, um aktuelle Ereignisse zu besprechen und gegebenenfalls Probleme, die zwischen dem Militär und der Zivilbevölkerung bestanden, zu klären.
„Captain Rabb, Sie sind ja erst seit einiger Zeit zu uns gestoßen. Wie gefällt es Ihnen in London?“ wandte sich Botschafter Paul Stevenson an Harm.
„Sehr gut, Sir. Eine wunderschöne Stadt.“
„Der Admiral verriet mir, dass Sie in Kürze heiraten. Meinen Glückwunsch.“
„Danke, Sir.“ Erstaunlich, wie schnell sich solche Nachrichten herumsprachen.
Plötzlich zerriss ein lauter Knall die entspannte Atmosphäre und das gesamte Gebäude bebte.
„Miss MacKenzie, entschuldigen Sie die Wartezeit. Ein Notfall…“ begrüßte Dr. Martin Mac. „Um es gleich vorweg zu sagen, wir haben die Tests zur Vorsicht ein zweites Mal wiederholt, um 100%-ig sicher zu sein. Aber es gibt keine Zweifel.“
Alle Anwesenden duckten sich in Panik, als eine weitere Detonation zu hören war. ‚Verdammt, dass klingt als würden wir angegriffen werden’, schoss es Harm durch den Kopf. Er sah sich um und erblickte den Botschafter, über dessen Kopf die Decke einzustürzen drohte.
„Was haben die Tests denn ergeben, Dr. Martin?“ Mac wurde langsam ungeduldig. Sollte er doch endlich aussprechen, dass die Behandlung fehlgeschlagen hatte, noch ehe sie richtig begonnen hatte.
Harm hechtete in Richtung Botschafter und riss ihn zur Seite. Im selben Moment löste sich der schwere Kronleuchter von der Decke und begrub Harm unter sich.
„Miss MacKenzie, ich denke ich übertreibe nicht, wenn ich Sie als medizinisches Wunder bezeichne. Sie sind schwanger, und zwar in der vierten Woche!“
Für einen kurzen Moment spürte Harm den Aufprall des Kronleuchters auf seinem Rücken, und dann nichts mehr. ‚Mac’, war sein letzter Gedanke, bevor die Dunkelheit ihn umfing.
Kapitel 9
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Chelsea and Westminster Hospital
369 Fulham Road, London
12:45 Uhr Zulu
Mac starrte Dr. Martin an. Sie hatte zwar gehört, was er gesagt hatte, aber ihr Verstand hatte das gesagt noch nicht verarbeitet. ‚Ich halluziniere, und das am helllichten Tag’, war ihr erster Gedanke. Sie schloss die Augen, und wenn sie sie wieder öffnete –davon war sie überzeugt- würde sich herausstellen, dass das alles nur ein böser Streich ihres Unterbewusstseins gewesen war. Mac öffnete zur Vorsicht nur ein Auge, und sah in Dr. Martin’s erstauntes Gesicht.
„Miss MacKenzie, ist alles in Ordnung mit Ihnen? Haben Sie verstanden, was ich Ihnen gerade mitgeteilt habe?“
Langsam begriff Mac, dass es kein Traum war. Aber wie war das möglich?
„Wie kann ich denn so schnell schwanger sein? Ich hatte auch erst vor ein paar Tagen meine Periode. Ich meine, ist da wirklich kein Irrtum möglich?“ Mac war immer noch etwas verwirrt.
„Nun, eine periodenähnliche Blutung ist durchaus auch während einer Schwangerschaft möglich. Vor allem wenn man bedenkt, dass Ihr Hormonhaushalt durch die Medikamente etwas durcheinander ist. Aber wie ich anfangs sagte, wir haben die Untersuchungen extra wiederholt, um einen Fehler auszuschließen. Ich gratuliere Ihnen wirklich von Herzen, Miss MacKenzie. Wenn man Ihre schlechten physischen Voraussetzungen bedenkt, kann ich Ihre Schwangerschaft wirklich nur als kleines Wunder bezeichnen. Aber hatte ich Ihnen nicht eins prophezeit?“ Dr. Martin zwinkerte Mac zu.
Mac hielt sich eine Hand vor den Mund, um vor Freude nicht laut aufzuschreien. Freudentränen liefen ihr über das Gesicht, und sie hatte Schmetterlinge im Bauch. Bei Mac’s glücklichem Anblick breitete sich auch auf Dr. Martin’s Gesicht ein Lächeln aus. Mac fiel dem Arzt um den Hals und drückte ihn kurz an sich. „Vielen Dank“, schluchzte sie.
„Das haben Sie ganz allein geschafft, Miss MacKenzie. Wir haben nur ein bisschen nachgeholfen. Kommen Sie am besten in vier Wochen zur Kontrolluntersuchung wieder her, dann schauen wie ob mit ihrem Nachwuchs alles in Ordnung ist.“
Mac verabschiedete sich von Dr. Martin und verließ hastig das Krankenhaus. Sie konnte nicht warten, bis Harm am Abend nach Hause kam, sie musste ihn jetzt sehen und ihm die freudige Nachricht überbringen. Sie versuchte sich vorzustellen, wie er wohl reagieren würde. Und die Aussicht auf seine Freude machte sie noch glücklicher als sie es ohnehin schon war. Mac winkte sich ein Taxi, um schnellstmöglich zum JAG-Büro zu kommen.
Botschaft der USA
24 Grosvenor Square, London
13:20 Uhr Zulu
Das Taxi mit Mac als Fahrgast näherte sich dem Grosvenor Square. Das Taxi kam nur langsam vorwärts, da sich der Verkehr vor Ihnen staute. Mac konnte blaue Signallichter erkennen, vermutlich Krankenwagen oder Feuerwehr. Sah nach einem Unfall aus.
„Muss wohl ganz schön gekracht haben, da vorne“, bemerkte sie beiläufig.
„Gekracht ist gut, Ma’am. Haben Sie es denn nicht im Radio gehört? Frage mich sowieso, was Sie in der Richtung wollen“, erwiderte der Taxifahrer.
„Gehört? Was denn?“ fragte Mac irritiert.
„In der Ami-Botschaft soll ’ne Bombe hochgegangen sein. Kam vor ’ner halben Stunde oder so.“
Bombe? Mac’s Herz begann zu rasen. Schlagartig fiel ihr ein, dass Harm dort einen Termin heute gehabt hatte. Hoffentlich war er nicht mehr in der Botschaft gewesen, als es passiert war. Mac hatte nun keine Geduld mehr. Hastig bezahlte sie den Fahrer und stürzte aus dem Taxi, um die letzten Meter zu laufen. Überall wimmelte es vor Polizei und Rettungskräften, und sie hatte Schwierigkeiten, durch die Menschenmassen zu gelangen, die sich das Geschehen ansehen wollten. Das Botschaftsgelände war weiträumig abgesperrt worden, also lief sie weiter zum Navy-Gebäude. Vor dem Eingang hatten sich mehrere Offiziere versammelt und beobachteten ebenfalls die Rettungsarbeiten. Unter Ihnen erkannte Mac Petty Officer Sinclair. Sie rannte auf Ihn zu.
„Petty Officer, ist Captain Rabb in seinem Büro?“ fragte sie atemlos.
Der Petty Officer sah sie erschrocken an. „Ne-in, Ma’am“, stammelte er.
„Wo ist er?“ schrie Mac ihn in Panik an.
„Ma’am, er wurde ins Krankenhaus gebracht. Er war auch in der Botschaft, als es passierte.“
Mac war den Tränen nahe, aber sie kämpfte dagegen an. Sie durfte sich jetzt nicht von Ihrer Angst besiegen lassen.
„Wo ist er?“ fragte sie heiser.
„Wie ich mitbekommen habe, wurden die Verletzten ins King's College Hospital gebracht. Wenn Sie möchten, bringe ich Sie hin, Ma’am.“
„Danke“, erwiderte Mac knapp. Sie bemerkte nicht Sinclair’s dankbaren Blick. Jetzt hatte er wenigstens eine sinnvolle Aufgabe, die ihn von dem geschehenen ablenkte.
King's College Hospital
Denmark Hill, London
13:20 Uhr Zulu
Petty Officer Sinclair tat sein bestes, um Mac schnellstmöglich zum Krankenhaus zu bringen. Der mittägliche Verkehr ließ sie aber nicht so schnell vorankommen, wie Mac es gerne hätte. Endlich näherten sie sich dem riesigen Krankenhauskomplex. Das Krankenhaus war in mehrere Gebäude unterteilt, welche die verschiedenen Stationen beherbergten.
„Wie soll ich ihn hier nur finden?“ murmelte Mac. Sinclair hatte ihre Bemerkung jedoch gehört und antwortete: „Ich schlage vor, wir fragen als erstes in der Notaufnahme, Ma’am.“ Er lächelte sie schüchtern an. „Danke, dass wenigstens Sie noch logisch denken können, Petty Officer“ erwiderte Mac. Sie war froh, hier nicht allein herumirren zu müssen. Sinclair parkte den Wagen gegenüber der Notaufnahme, und gemeinsam stiegen sie aus.
In der Notaufnahme ging es hektisch zu, überall wimmelte es von Kranken, Verletzten und Personal. Mac schob sich durch die Menge zur diensthabenden Schwester durch, Petty Officer Sinclair direkt hinter sich.
„Entschuldigen Sie“, sprach sie die junge Frau an. „Ich suche nach meinem Verlobten, Harmon Rabb. Er ist Captain in der US Navy und soll hier heute Mittag eingeliefert worden sein.“
Die Schwester sah von ihrem Computer auf. „Navy sagten Sie? War er auch in der amerikanischen Botschaft?“
„Ja…“ erwiderte Mac leise.
„Einen Moment bitte…. Ja, hier hab ich ihn. Er wird gerade operiert, kann noch eine Weile dauern. Wenn Sie warten möchten, Miss, zum Wartebereich geht’s dort entlang, dann die Treppe hoch in den zweiten Stock. Ist ausgeschildert.“
„Ma’am?“ Mac drehte sich zu PO Sinclair. „Wenn Sie erlauben, ich würde gern mit Ihnen warten.“ Mac nickte stumm. Gemeinsam gingen sie in die Richtung, die die Schwester Ihnen gewiesen hatte.
Oben angekommen suchte Mac nach einem Ansprechpartner, der ihr sagen konnte, wie es um Harm stand. Doch niemand konnte oder wollte ihr Auskunft darüber geben. Erschöpft ließ sich Mac auf einen Stuhl sinken und stützte ihr Gesicht in ihre Hände. Ihr Magen krampfte sich vor Angst zusammen und sie konnte kaum einen klaren Gedanken fassen. Sinclair ging neben ihr auf und ab.
„Sinclair! Was tun Sie denn hier?“ war plötzlich eine männliche Stimme zu hören, die quer über den Korridor rief. „Admiral!“ erwiderte PO Sinclair und stand still. „Ich habe die Verlobte von Captain Rabb hier her begleitet, Sir!“ Mac sah auf. Das war also Harm’s Vorgesetzter. Obwohl sie Harm schon einige Male in dessen Büro besucht hatte, war sie Admiral Wilson bisher nicht begegnet.
„Stehen Sie bequem, Petty Officer.“ Und an Mac gewandt: „Ich bin Admiral Wilson, Ma’am. Es tut mir leid, dass wir uns unter diesen Umständen kennen lernen müssen.“ Er reichte Mac die Hand. „Sarah MacKenzie“, erwiderte sie.
„Wissen Sie schon, wie es dem Captain geht?“ fragte er Mac.
„Nein Admiral. Bisher habe ich keine Auskunft bekommen können. Waren Sie mit Harm in der Botschaft als es passierte?“
„Aye Ma’am. Und wenn ich das sagen darf, der captain hat sich sehr heldenhaft verhalten. Wäre er nicht gewesen, wäre es der Botschafter gewesen, der jetzt im OP liegen würde.“
„Was ist denn genau passiert?“
„Nach den Detonationen drohte die Decke im Speisesaal einzustürzen. Der Captain riss den Botschafter zur Seite, wurde dann aber selbst vom herabstürzenden Kronleuchter getroffen.“
In Mac’s Augen glitzerten Tränen. Verdammt, warum musste er denn immer den Helden spielen? In diesem Moment klingelte Mac’s Handy. Wie in Trance holte sie das Telefon aus der Tasche.
„MacKenzie“, meldete sie sich heiser.
„Mac, wie schön, das du endlich mal rangehst! Ich wollte ja auch nur wissen, ob….“ Plapperte Mattie drauf los. Mattie! Mac hatte sie komplett vergessen.
„Mattie!“ unterbrach sie das Mädchen.
„Was ist denn? Hast du mir überhaupt zugehört?“
„Mattie sei bitte ruhig und hör mir zu! Es ist etwas passiert… mit Harm…“
„Was ist los? Hatte er einen Unfall?“ Mattie klang panisch.
„Etwas in der Art.“
„Ist er schwer verletzt?“
„Ich weiß es nicht, Mattie, er wird noch operiert.“
„Sag mir wo du bist, ich rufe mir ein Taxi und komme zu dir ins Krankenhaus.“
„Das kommt nicht in Frage!“
„Aber er ist mein Pflegevater!“, protestierte Mattie lautstark.
„Pass auf… ich schicke dir jemanden, der dich abholt, okay?“
„Ist gut, aber sag ihm er soll sich gefälligst beeilen!“
Mac legte auf. „Petty Officer, könnte ich sie wohl um einen Gefallen bitten?“
King's College Hospital
Denmark Hill, London
14:03 Uhr Zulu
Mac saß mit geschlossenen Augen auf einem der Wartestühle, den Kopf an die Wand gelehnt. Vor zehn Minuten erst hatte sie wieder eine der Schwestern gefragt, ob es etwas Neues gab. Doch die Antwort war wieder die gleiche. ‚Das kann Ihnen erst der operierende Arzt sagen, wenn er fertig ist.’ Der Admiral wartete mit ihr. Er hatte wie durch ein Wunder nur ein paar Kratzer abbekommen, und machte sich ebenfalls Sorgen um seinen Mitarbeiter.
„Miss MacKenzie?“ Mac öffnete die Augen. Vor ihr stand eine junge Frau in grüner OP-Kleidung. Sie sprang von ihrem Stuhl auf. „Ich bin Dr. Philips. Ich habe Captain Rabb operiert. Mir wurde gesagt, dass sie sich mehrmals nach ihm erkundigt haben.“
„Wie geht es ihm? Ist er schwer verletzt? Er wird doch wieder gesund?“ Mac bombardierte sie regelrecht mit Fragen.
„Nun, ich will ehrlich sein. Es sieht nicht gut aus. Der Kronleuchter, der auf ihn gestürzt ist, hat seine Lunge durchbohrt und verschiedene andere Organe verletzt. Dadurch hat er ziemlich viel Blut verloren. Von den Quetschungen und Prellungen rede ich gar nicht erst. Wäre er nicht in so einer ausgezeichneten körperlichen Verfassung, hätte er es vermutlich nicht einmal bis ins Krankenhaus geschafft.“
Mac sah bestürzt zu Boden. ‚Das ganze kann doch nur ein Albtraum sein’, dachte sie. Sie sah die Ärztin wieder an. „Wird er durchkommen?“
„Dass können wir zum jetzigen Zeitpunkt leider noch nicht abschätzen. Während der Operation hatte er bereits zwei Herzstillstände. Momentan liegt er im Koma. Ob er überleben wird, werden wir erst in ein paar Tagen wissen. Tut mir leid, dass ich keine besseren Nachrichten habe.“
Mac’s Gesicht hatte jegliche Farbe verloren. „Kann ich ihn sehen?“ fragte sie mit zittriger Stimme. Sie hatte einen Kloß im Hals und fühlte die Tränen aufsteigen.
„Kommen Sie, ich bringe Sie auf die Intensivstation.“ Mit wackligen Beinen folgte Mac der Ärztin. Admiral Wilson, der ihre schlechte Verfassung bemerkt hatte, hakte ihren Arm bei sich unter, um sie zu stützen, und begleitete sie.
King's College Hospital
Denmark Hill, London
Intensivstation, Cheyne Building
14:20 Uhr Zulu
Mac sah durch die Glasscheibe in das dahinter liegende Zimmer. Dort lag Harm auf einem Krankenbett, angeschlossen an ein Beatmungsgerät, einen Herzfrequenzmonitor, Infusionsschläuche… Mac konnte die Schläuche, an die er angeschlossen war, kaum zählen. Ihr Herz raste bei seinem Anblick. Er sah so zerbrechlich aus, wie er so da lag. Nichts war mehr von seiner Stärke und Unverletzlichkeit übrig geblieben. ‚Lieber Gott, bitte lass ihn nicht sterben!’ Wieder liefen ihr Tränen übers Gesicht, doch sie hatte keine Kraft mehr, um sie aufzuhalten. Ihre Beine fühlten sich plötzlich wie Wackelpudding an, das Bild verschwamm vor ihren Augen und sie hörte die Geräusche um sich herum nur noch schwach und wie unter Wasser. Dann sackte sie ohnmächtig auf den Boden….
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Zehn Minuten später schlug Mac die Augen wieder auf. Sie hatte Kopfschmerzen und fühlte sich benommen.
„Mac! Ich dachte schon, ich müsste mir um dir jetzt auch noch Sorgen machen…“ Mattie war inzwischen eingetroffen und saß neben Mac, die man nach ihrem Zusammenbruch auf eine Liege gelegt hatte.
„Wie fühlst du dich?“ fragte Mattie vorsichtig.
„Wie von einem Lkw überrollt. Wie lange bist du schon hier?“ Mac setzte sich langsam auf.
„Erst ein paar Minuten.“ Mattie schaute Mac mit traurigen Augen an. „Ich war gerade bei Harm…. Er sieht furchtbar aus.“
„Ich weiß, Mattie. Und das schlimmste ist, dass wir nichts tun können. Die Ärzte können noch nicht einmal sagen, ob…“ Mac wurde von einem Weinkrampf geschüttelt. Auch Mattie hatte Tränen in den Augen.
„Sag so etwas nicht, Mac. Er wird wieder gesund, ganz bestimmt. Wenn ich es geschafft habe, dann wird Harm das auch schaffen.“ Mattie’s Zuversicht ließ Mac sich ein wenig beruhigen. „Komm, wir gehen zu ihm. Ich möchte bei ihm sein, falls er aufwacht.“
Kapitel 10
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Harm schlug die Augen auf. Er hatte keinerlei Orientierung, wo er sich befand. Das letzte, an was er sich erinnerte, war das Essen in der Botschaft. Dann war irgendetwas passiert… er konnte sich aber nicht
erinnern, was es war. Um ihn herum war es totenstill. Er setzte sich auf. Er hatte auf dem Boden gelegen, auf dem Boden von…. Er sah sich um. Um ihn herum war… gar nichts! Es war dunkel, aber nicht so dunkel, dass er gar nichts sah. Und es war irgendwie neblig, dunstig….
„Hallo?“ rief er. ‚Verdammt, wo zum Teufel bin ich.’ Harm stand auf, um besser sehen zu können. So sehr er sich auch anstrengte, er konnte nicht das Geringste ausmachen. Keine Gebäude oder Pflanzen, Menschen, noch nicht einmal den Himmel. Er rieb sich die Augen. ‚Träume ich?’ Er ging ein paar Schritte, aber der Nebel hielt sich unverändert. „Hallo?“ rief er noch einmal. „Ist da jemand?“ Keine Antwort, nicht das winzigste Geräusch. ‚Was zum Henker geht hier vor?’ Warum war er nicht mehr in der Botschaft? Wenn er sich doch nur erinnern könnte, was geschehen war. Eine Explosion! Jetzt fiel es ihm plötzlich ein. Er hatte den Botschafter retten wollen.
„Oh mein Gott, bin ich etwa tot?“ sagte er zu sich selbst.
„Nein, bist du nicht. Noch nicht….“ kam plötzlich eine Antwort aus dem Nichts. Er hörte leise Schritte, die sich ihm näherten. Harm’s Pulsschlag beschleunigte sich. Schemenhaft konnte er Umrisse im Dunkel erkennen, die langsam deutlicher wurden. Es war ein Mann, hochgewachsen. Soweit Harm es erkennen konnte, trug der Fremde eine…. Fliegerjacke… und eine Offiziersmütze….
„Schön dich zu sehen, mein Junge“ begrüßte der Fremde ihn. Er stand nun unmittelbar vor Harm, und dieser hatte das Gefühl, als würde sein Herz stehen bleiben. Der Fremde war… sein Vater!
King's College Hospital
Denmark Hill, London
Intensivstation, Cheyne Building
20:45 Uhr Zulu
Mac hatte die letzten Stunden an Harm’s Bett gesessen. Sein Zustand war unverändert. Sie hielt seine Hand fest, als könnte sie dadurch verhindern, dass er sie verließ. Mattie hatte sich mit ihrem Rollstuhl in eine Ecke des Zimmers zurückgezogen und las. Sie respektierte, dass Mac an Harm’s Bett saß, während sie sich im Hintergrund hielt. Von Zeit zu Zeit blickte sie jedoch zu ihnen herüber. Jedes Mal wenn sie Mac’s rotgeweinten Augen und den Schmerz und die Angst darin sah, fragte sie sich, ob sie auch einmal jemandem begegnete, dem sie soviel bedeutete und den sie so sehr lieben würde.
Mac streichelte über Harm’s Kopf. Seine Atmung war sehr flach, aber regelmäßig. Sie fragte sich, ob sie jemals wieder in seine blauen Augen blicken durfte, die sie so sehr liebte. Die soviel auszudrücken vermochten, wenn man verstand, in ihnen zu lesen. Mac war wohl die einzige, die mit Harm kommunizieren konnte, ohne auch nur ein Wort zu sagen. Nur allein durch einen Blick wusste der eine was der andere sagen wollte, ohne es aussprechen zu müssen. Sie beugte sich näher zu ihm herüber, um ihm ins Ohr flüstern zu können.
„Ich weiß nicht, ob du mich hören kannst, mein Liebling. Aber ich wollte dich nur wissen lassen, dass ich hier bin und auf dich warte. Denn du darfst mich nicht verlassen, hörst du? Nicht jetzt, wenn ich dich am meisten brauche. WIR brauchen dich… ich… unser Baby… und auch Mattie. Tu mir das bitte nicht an, Sailor. Komm zu mir zurück…“ Wieder flossen Mac Tränen übers Gesicht. Sie legte ihren Kopf auf seine Brust und schloss die Augen.
Ort: unbekannt
Zeit: unbekannt
„Dad? Bist du es wirklich?“ Harm rieb sich ungläubig die Augen. Vor ihm stand sein Vater, so wie er ihn als Kind in Erinnerung hatte.
„Ich bin es mein Sohn. Ich hatte allerdings nicht damit gerechnet, dich so schnell wiederzusehen….“
„Wo sind wir hier? Ist das irgendwie ein schlechter Scherz oder so was?“
„Nein, ein Scherz definitiv nicht. Das „wo“ zu erklären, ist allerdings ein wenig schwierig.“
„Versuch es….“
„Du bist hier in einer Art… sagen wir Zwischenwelt…. zwischen den Leben und dem Tod. Momentan stehst du dem Tode allerdings näher, mein Sohn.“
Harm schüttelte den Kopf. „Das glaube ich dir nicht, das kann nicht sein. Ich werde bestimmt jeden Moment aufwachen und es war alles nur ein schlechter Traum.“
„Harm, glaub mir, ich sage dir die Wahrheit.“
„Warum bist du dann hier? Du bist schon seit Jahren tot! Und warum siehst du so aus wie vor dreißig Jahren?“
„Mein Äußeres wird nur von deinen Gedanken allein bestimmt. Und ich bin hier, um dir den Übergang zu erleichtern…“
„Was meinst du damit? Dass ich sterbe?“
„Ja… für viele ist es allerdings schwer zu akzeptieren, was passiert. Vor allem, wenn es so plötzlich geschieht wie bei dir und man keine Möglichkeit hatte, sich zu verabschieden.“
Harm musste an Mac denken, an ihre bevorstehende Hochzeit…. Er sah ihr wunderschönes Gesicht vor sich….
„Nein!! Ich weigere mich, das zu glauben!“
„Auch mir fiel es schwer, glaub mir. Ich hatte dich und deine Mutter so viele Jahre nicht gesehen, als ich damals getötet wurde. Ich habe mir bis heute nicht verziehen, euch niemals selbst kontaktiert zu haben, nachdem ich die Gefangenschaft verlassen hatte. Ich kann verstehen, dass es dir schwer fällt, loszulassen.“
King's College Hospital
Denmark Hill, London
Intensivstation, Cheyne Building
23:15 Uhr Zulu
Mac war an Harm’s Bett eingenickt. Die Nachtschwester hatte sie nach Hause schicken wollen, aber Mac und auch Mattie hatten sich geweigert, Harm allein zu lassen. Mattie hatte zumindest das Angebot angenommen und sich im Nebenzimmer zum Schlafen hingelegt, aber Mac blieb an seinem Bett sitzen. Den ganzen Tag über hatte sie dort gesessen, unfähig auch nur eine Kleinigkeit zu essen. Mattie hatte sie immerhin mit ein paar Bechern Kaffee versorgt, aber mehr bekam sie nicht hinunter.
Ein Geräusch ließ Mac hochschrecken. Aber da war nichts, außer den Tönen des Herzmonitors und Harm’s Atemgeräuschen. Gerade wollte sie schon wieder die Augen schließen, als ihr plötzlich einfiel, dass sie noch niemanden über Harm’s Zustand informiert hatte. Außerdem musste die Hochzeit abgesagt werden. Selbst wenn er jetzt auf der Stelle aufwachte, wäre er sicherlich nicht in der Lage, dieses Ereignis durchzustehen. Dafür war einfach zu wenig Zeit bis zum geplanten Termin.
Na schön, wenn sollte sie zuerst anrufen? Erst Harm’s Mutter, entschied sie, danach Harriet und Chloe. Harriet wäre sicherlich auch bereit, den Rest der Truppe zu informieren. Denn für so viele Telefonate hatte sie einfach nicht die Kraft.
Eine Stunde später hatte Mac mit Harriet gesprochen. Wie zu erwarten war sie natürlich sehr bestürzt über die Nachricht von Harm’s Verletzung. Sie versprach aber, alle zu benachrichtigen. Trish und Chloe hatte Mac leider nicht erreicht, also verschob sie es auf später. Sie hoffte nur, dass sie ‚später’ nicht noch schlechtere Nachrichten hatte. Aber diesen Gedanken verdrängte sie so schnell wie möglich. Bevor sie wieder Harm’s Zimmer betrat, sah sie noch nach Mattie, die friedlich schlief. Dann nahm Mac wieder ihren Platz an Harm’s Seite ein und hielt dessen Hand fest.
‚Wie friedlich er aussieht’, dachte sie. ‚Dabei ringt er gerade mit dem Tod…’ Schnell wischte sie die aufkommenden Tränen weg. „Gib nicht auf, mein Schatz“ flüsterte sie.
Ort: unbekannt
Zeit: unbekannt
Wie betäubt saß Harm auf dem Boden, sein Vater neben ihm. Er konnte nicht glauben, dass es so enden sollte. Er hatte jegliches Zeitgefühl verloren, konnte nicht sagen, wie lange er schon so dasaß oder wie lange es her war, seit er an diesem seltsamen Ort erwacht war.
Sein Vater hatte ihm von seinen letzten Jahren in Russland erzählt, doch er war sich immer noch nicht sicher, ob dies tatsächlich geschah, oder ob es nur ein Produkt seines Unterbewusstseins war.
Harm sprang auf und wanderte auf und ab, wie ein Tiger im Käfig.
„Nein!“ schrie er. „Woher weiß ich, dass ich das hier nicht alles nur träume? Dass das hier alles nicht nur meine Einbildung ist? Vielleicht hab ich einfach nur einen Schlag auf den Kopf bekommen, und jeden Moment wache ich auf und das hier alles …“ Er wedelte mit seinen Armen um sich herum. „…. Ist gar nicht passiert? Gib mir auch nur einen Beweis, dass du echt bist!“
Harm’s Vater stand nun ebenfalls auf. „Du bist schon immer ein Kämpfer gewesen, Harm, schon als kleiner Junge. Aber ich fürchte, diesen Kampf kannst du nicht gewinnen. Du willst einen Beweis? Na schön, folge mir.“
King's College Hospital
Denmark Hill, London
Intensivstation, Cheyne Building
06:15 Uhr Zulu
Wieder schreckte Mac aus ihrem leichten Schlaf hoch. Sie rieb sich die Augen und streckte sich kurz. Ihr Rücken tat ihr weh und der Kopf schmerzte. Sie war hundemüde und so langsam protestierte auch ihr Magen, weil er in den vergangenen Stunden zu kurz gekommen war. Aber Mac dachte nicht daran, ihren Platz zu verlassen. Außer zur Toilette war sie nicht bereit, sich wegzubewegen. Sie war in den letzten Stunden immer mal wieder für kurz eingenickt, doch die meiste Zeit über hatte sie einfach nur dagesessen und Harm angesehen. Sie hatte an die Zeit denken müssen, die sie ihn nun schon kannte, und an alle Ereignisse, die sie bisher durchgestanden hatten. Auch an ihre vergangenen Beziehungen musste sie denken. Sie hatte schon einige Männer in ihrem Leben verloren, aber bei keinem hatte sie diese Angst verspürt. Als ihr Ex-Mann versehentlich getötet worden war, hatte die Erleichterung überwogen, dieses dunkle Kapitel endlich abgeschlossen zu haben. Bei Dalton’s Tod war sie nicht mehr mit ihm zusammen gewesen. Es war zwar ein Schock, dass er vor ihren Augen starb, aber den Menschen Dalton vermisste sie nicht sonderlich. Und Webb? Nun, er hatte seinen Tod zwar nur vorgetäuscht, aber da war es eher die Art und Weise, wie sie davon erfahren hatte, die sie bestürzt hatte. Sie hatte ihn zwar gemocht, aber ein Leben ohne ihn war kein großer Verlust gewesen.
Harm dagegen… wenn er starb, dann würde mit ihm auch ein Teil von ihr sterben. Und dieser Teil würde vermutlich dafür sorgen, dass sie nie wieder einen anderen Menschen so sehr lieben konnte. Außer… ihrem gemeinsamen Baby. Mac strich sanft über ihren noch flachen Bauch. Sie nahm Harm’s Hand und legte sie vorsichtig auf ihren Unterleib.
„Siehst du? Hier wächst unser Baby… du willst doch bestimmt nicht, dass es wie du ohne Vater aufwachsen muss, oder? Das kannst du weder ihm noch mir antun, Harm. Also wach endlich auf!“
„Du bist schwanger?“ Mattie hatte sich unbemerkt genähert. Mac sah erschrocken zu ihr hinüber. Dann umspielte ein dünnes Lächeln ihre Lippen. „Ja.“
„Wow, ich kriege ein Stiefgeschwisterchen. Oh, Mac, dann muss das ganze für dich ja noch furchtbarer sein.“ Mattie bewegte ihren Rollstuhl neben Mac. „Glaubst du, dass er weiß, dass wir hier sind?“
„Ich hoffe es, Mattie. Ich hoffe es…“
Ort: unbekannt
Zeit: unbekannt
Harmon Rabb senior hatte seinen Sohn schon eine ganze Weile durch den Nebel geführt. Harm kam es vor, als liefen sie im Kreis, alles sah gleich aus, nirgends konnte er auch nur eine Veränderung der Lichtverhältnisse wahrnehmen. Doch sein Vater schien ganz genau zu wissen, wohin er sie führte. Nach einer halben Ewigkeit hörte er plötzlich ein Geräusch, das erste seit Stunden, oder Tagen? Es klang wie das Rauschen von Wasser, von VIEL Wasser. Und tatsächlich: vor ihnen erschien ein reißender Fluss, der sich kreuz und quer durch die Dunkelheit schlängelte. Es gab keine Brücke oder seichte Stelle zum Überqueren. Nur ein dünnes Seil war über den breiten Fluss gespannt, doch Harm konnte keinerlei Befestigung erkennen. Es war, als ob das Seil in der Luft hing.
Auf der anderen Seite stand einsam ein Bett. Und auf dem Bett lag… er selbst!
„Wo sind wir hier?“ fragte Harm. „Dies, mein Junge, ist die Grenze zwischen deinem Leben und deinem Tod. Momentan bist du auf der Seite des Todes, und es wird nicht mehr lange dauern, bis auch die letzte Verbindung, die dich dort drüben noch hält, gekappt sein wird.“ Sein Vater zeigte auf das Seil über ihnen.
„Warum kann ich nicht zurück?“
„Die Verbindung ist schon zu schwach, das einzelne Seil würde dich nicht halten. Und wenn der Fluss dich mitreißt, wirst du auf ewig ein ruheloser Geist sein, ohne die Chance, jemals ins Jenseits zu gelangen.“
Harm schaute resigniert zu Boden. Er hatte sich nicht einmal von Sarah verabschieden können. Sarah… er hatte sie selten so genannt, meist nur bei ihrem Spitznamen ‚Mac’. Aber in diesem Moment erschien ihm ‚Sarah’ passender.
Plötzlich erschien in wenigen Metern Entfernung von ihnen ein helles Licht, das von oben auf den Boden strahlte. „Was bedeutet das?“ fragte Harm seinen Vater. „Das bedeutet, dass es gleich soweit ist. Es tut mir leid. Ich hätte mir gewünscht, dich erst später wiederzusehen. Aber nun werden wir für immer zusammen sein.“
Währenddessen
King's College Hospital
Denmark Hill, London
Intensivstation, Cheyne Building
Mac war kurz auf der Damentoilette gewesen, um sich frisch zu machen. Mattie hatte sich bereiterklärt, in der Kantine Sandwiches zu besorgen. Als Mac zurück in Harm’s Zimmer kam, blieb sie wie angewurzelt stehen. Der Herzmonitor zeigte eine Nulllinie an, Harm hatte einen Herzstillstand. Sie rannte zu seinem Bett und begann mit der Herzmassage. „Schwester!“ schrie sie. „Kommen Sie schnell! Er stirbt! Harm! Nein, bleib bei mir! Harm!“
Das Seil spannte sich plötzlich, und die ersten Fasern auf ihrer Seite des Flusses begannen zu reißen. „Komm, mein Sohn!“ Harm drehte sich um, wollte seinem Vater zum Licht folgen. Da hörte er plötzlich eine Stimme, und diese Stimme rief seinen Namen. ‚Harm! Harm bleib bei mir!’ Es war Mac’s Stimme, da war er sich sicher. Er drehte sich Richtung Fluss um. Sein Körper, der bis dahin regungslos dagelegen hatte, zuckte nun plötzlich. ‚Sie versuchen, mich wiederzubeleben’ schoss ihm durch den Kopf. ‚Harm, nein!’ Wieder ihre Stimme.
„Paddels auf 300… und weg! Schnell, ein Milligramm Epi!“ Wie in Trance beoabchtete Mac, wie die Ärzte versuchten, Harm wiederzubeleben. ‚Nein, nein! Das darf nicht sein!’ Sie konnte kaum hinsehen, aber auch nicht die Augen davor verschließen.
Harm machte wieder ein paar Schritte auf den Fluss zu. Das Seil hielt nur noch an wenigen Fasern, aber es war noch da. Sein Entschluss stand fest. Er drehte sich zu seinem Vater um. „Tut mir leid, Dad, aber ich komme nicht mit!“ „Was soll das heißen? Du denkst doch nicht wirklich daran… Harm, das wird nicht klappen, du stürzt dich damit nur ins Verderben!“ versuchte sein Vater, ihm den Gedanken auszureden. „Das ist mir egal, Dad! Ohne Sarah kann und will ich nicht leben! Ohne sie wäre selbst der Himmel wie die Hölle…. Machs gut, Dad, Vielleicht werden wir eines Tages wieder zusammen sein, aber nicht heute!“
Mit diesen Worten nahm Harm Anlauf und sprang in Richtung seines anderen Ichs über den Fluss. Er bekam das Seil zu fassen, aber da es unter seinem Gewicht nachgab, hing er bis zu den Oberschenkeln im Fluss. Die Strömung riss an ihm, doch er hangelte sich stückweise zur anderen Seite vor. Kurz vor dem anderen Ufer riss das Seil mit einem lauten Knall und er hing bis zum Hals im Wasser.
„Zeitpunkt des Todes: 09:42 Uhr“, erklang die Stimme von Dr. Philips fast emotionslos. Fast dreißig Minuten lang, hatten sie versucht, Harm wiederzubeleben, doch ohne Erfolg. „NEIN!“ schrie Mac, die bis dahin in einer Ecke von einer Schwester gehalten wurde, um nicht im Weg zu stehen. „Es tut mir leid, Miss MacKenzie. Aber es ist vorbei.“ Mac riss sich los und stürzte zu Harm’s leblosem Körper. „Nein! Harm…“ Mac weinte so herzzerreißend, dass es jedem anwesenden naheging. „Nein, du kannst nicht tot sein!“ wimmerte sie über ihn gebeugt. Sie nahm seine Hand und drückte sie, so fest sie konnte, während sie ihr Gesicht an seinem Hals vergrub.
Harm konnte der Strömung kaum noch standhalten und war kurz davor, einfach loszulassen, als er durch die Gischt des hochspritzenden Wassers eine Hand auf sich zu kommen sah. Instinktiv griff er nach der Hand, und diese Hand zog ihn ans Ufer. Nass und erschöpft lag er da, die Augen geschlossen. Kurz öffnete er sie und er meinte Mac’s Gesicht über seinem zu erblicken. „Sarah…“, flüsterte er. Dann wurde es um ihn herum dunkel.
Mac’s Kopf lag noch immer auf Harm’s Schulter; sie weinte still. Plötzlich vernahm sie einen Gegendruck an ihrer Hand. Sie erhob sich und starrte auf die Finger, die ihre drückten. Das Klinikpersonal hatte sie für einen Augenblick allein gelassen, damit sie sich verabschieden konnte. Aber nun halluzinierte sie schon vor Trauer. Aber da! Schon wieder bewegten sich Harm’s Finger und seine Augenlider flatterten. „Doktor Philips!“ Mac’s Stimme erklang schrill über die gesamte Station. Die Ärztin kam angelaufen, so schnell sie konnte. „Was ist los?“ fragte sie atemlos. „Sehen Sie doch, er lebt!“ Mac, die eben noch die Trauer in Person gewesen war, klang nun geradezu euphorisch. „Aber das ist unmöglich…“ Sie schaltete den Herzmonitor wieder ein und fühlte Harm’s Puls. Der Monitor zeigte unregelmäßige Herzlinien an, aber sie waren da und wurden immer schneller! Ein Röcheln kam aus Harm’s Kehle und mit einem Mal setzte auch seine Atmung wieder ein. Schwer rang er nach Luft, wie ein Ertrinkender, der gerade aus dem Wasser gezogen wurde. Seine Lippen bewegten sich. Er versuchte, etwas zu sagen. „Sa-rah“ Es war nur ein Flüstern, aber Mac hatte deutlich ihren Namen gehört. Tränen der Freude schossen ihr in die Augen. „Ich bin hier….“, antwortete sie ihm. „Sarah!“ Diesmal war es deutlicher. Sie küsste Harm auf die Stirn, auf die Wangen, die Augen, seine ausgedörrten Lippen. „Ich bin hier Liebling, ich bin hier…“
Dr. Philips stand daneben und schüttelte fassungslos den Kopf. In diesem Moment kam auch Mattie endlich wieder. Erstaunt beobachtete sie, was in dem Krankenzimmer vor sich ging. „Habe ich irgendwas verpasst?“
Liebe Grüsse Petra
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„Wo waren wir doch gerade stehen geblieben?“ wandte sich Harm wieder Mac zu, als es erneut an der Tür klopfte. Diesmal war es Dr. Philips, die zur Visite vorbeischaute.
„Guten Morgen, Mr. Rabb! Miss MacKenzie…“, begrüßte sie die beiden. „Dafür dass sie gestern um diese Zeit tot waren, sehen sie heute aber erstaunlich gut aus!“ grinste sie und schüttelte den Kopf.
„Einen Kampfpiloten bringt so schnell nichts um, Doktor!“ erwiderte Harm.
„Außer vielleicht eine herabstürzende Decke, Flyboy!“ ergänzte Mac ernst.
Dr. Philips maß Harm’s Puls und Blutdruck und horchte seine Lunge sowie die Herztöne ab.
„Sie sind mir nach wie vor ein medizinisches Rätsel, Mr. Rabb. Vor zwei Tagen hätte ich nicht sagen können, ob sie die kommende Nacht überleben, und jetzt sieht es tatsächlich so aus, als wären sie über den Berg. Sie müssen einen unglaublich großen Überlebenswillen haben!“
„Sagen wir, ich hatte allen Grund, um zu überleben.“ Dabei sah er Mac verliebt an, die seinen Blick ebenfalls mit einem stillen Lächeln erwiderte.
„Gut, ich lasse sie zwei dann wieder alleine. Ach und, Miss MacKenzie? Ihnen kann ich nur den Rat geben, endlich nach Hause zu fahren und sich auszuruhen. Sonst sind sie die nächste, die ich behandeln muss. Guten Tag!“ Mit diesen Worten verließ Dr. Philips das Zimmer wieder.
Harm sah Mac besorgt an. „Wann hast du das letzte Mal geschlafen? Richtig, in einem Bett?“ fragte er besorgt. „Vor drei Tagen… glaube ich“ antwortete Mac zögernd. Harm seufzte.
„Die Ärztin hat Recht, wenn du dich nicht ausruhst, klappst du mir hier noch zusammen. Versprich mir, dass du nachher nach Hause fährst, ein heißes Bad nimmst, und dich anschließend schlafen legst. Und das gleiche gilt auch für Mattie. Ich nehme an, wenn du die ganze Zeit über hier warst, war sie es vermutlich auch, hm?“
„Was soll ich sagen, sie ist halt genau so stur wie du. Man könnte meinen, sie wäre deine Tochter…“ grinste Mac.
Es klopfte wieder an der Tür. „Das ist ja hier wie Taubenschlag!“ schimpfte Harm, der eigentlich ein paar Minuten allein mit Mac verbringen wollte. „Herein!“
„Guten Morgen, Captain! Wie ich sehe, geht es Ihnen heute schon viel besser!“ Es war Admiral Wilson, der Harm einen Besuch abstattete.
„Admiral, guten Morgen! Was machen Sie denn so früh schon hier, Sir?“ wunderte sich Harm.
„Ich wollte nur kurz nach Ihnen sehen bevor ich ins Büro fahre. Schließlich sind Sie momentan DAS Aushängeschild der US-Streitkräfte. Alle Medien berichten über fast nichts anderes als den Bombenanschlag auf die Botschaft und Ihre mutige Tat. Der Botschafter lässt Sie übrigens herzlich grüßen und will in den nächsten Tagen selbst vorbeischauen, um Ihnen zu danken. Dank Ihnen hat er nur leichte Prellungen davongetragen.“
„Gibt es denn inzwischen Informationen darüber, wer die Bomben gelegt hat und warum?“ erkundigte sich Mac.
„Nein, Ma’am. Scottland Yard, die sich in die Ermittlungen mit eingeklinkt haben, vermuten, dass es sich um Terroristen der IRA handeln könnten, obwohl diese schon lange nichts mehr von sich haben hören lassen. Das FBI, das in dieser Sache ebenfalls ermittelt, glaubt dagegen an eine radikale islamische Gruppe. Aber genaue Spuren gibt es leider noch nicht. So, jetzt muss ich aber wieder los. Da Sie ja jetzt eine Weile ausfallen, Captain, hat jetzt auch ein Admiral eine Menge zu tun.“ Wilson zwinkerte vergnügt.
„Das tut mir sehr leid, Sir. Aber ich werde mein bestes geben, um bald wieder einsatzfähig zu sein.“
„Rabb, Sie werden jetzt erstmal in Ruhe gesund. Solange Sie nicht wieder voll diensttauglich und belastbar sind, will ich Sie nicht in meinem Büro sehen! Auch wenn das bedeutet, dass ich für die Zeit Ihres Ausfalls zusehen muss, dass ich von irgendwoher Ersatz bekomme.“
„Sir… ich hätte da vielleicht eine Idee.“ Harm sah zu Mac hinüber, die sofort ahnte, was in seinem Kopf vorging. Stumm formte sie ein „nein“ in seine Richtung, aber zu spät. „Ich höre?“ erwiderte der Admiral.
„Nun, vor ihnen sitzt eine der besten Anwältinnen, die JAG jemals hatte, Sir.“ Harm deutete mit dem Kopf auf Mac, die gerade im Begriff war, rot anzulaufen.
„Tatsächlich? Ich wusste gar nicht, dass Sie ebenfalls beim Militär sind.“
„Nun, Sir, dass bin ich auch nicht… nicht mehr. Ich habe vor kurzem den aktiven Dienst verlassen“, antwortete Mac verlegen.
„Entschuldigen Sie die indiskrete Frage, aber das hatte hoffentlich keine beruflichen Gründe?“
„Nein, Sir. Das war eine ausschließlich private Entscheidung.“ Mac war die Unterhaltung mit dem Admiral sichtlich unangenehm, so dass Harm einsprang.
„Sir, wenn ich ergänzen darf. Mac war bis vor ihrem Ausscheiden aus dem aktiven Dienst Lt. Colonel beim Marine Corps und wie ich bei JAG in Falls Church beschäftigt. Sie hatte ein Kommando in San Diego angeboten bekommen, welches Sie nur deshalb nicht angenommen hat, um mich nach London zu begleiten, Sir.“
Admiral Wilson sah die beiden nachdenklich an. „So so, Sie haben also ihre Karriere der Liebe wegen aufgegeben. Eine mutige Entscheidung muss ich sagen.“
„Es war eine Mischung aus Liebe und Schicksal, Sir. Aber die beste meines Lebens.“ Dabei lächelte Mac Harm an.
„Es bedeutet zwar eine Menge Papierkrieg, sie kurzfristig wieder in den aktiven Dienst zu versetzen, aber ich könnte ein wenig Hilfe gebrauchen, bis Captain Rabb wieder diensttauglich ist. Also, was sagen Sie, Colonel?“
Mac musste nicht lange überlegen. „Es wäre mir eine Ehre, Sir!“ strahlte sie.
King's College Hospital
Denmark Hill, London
Intensivstation, Cheyne Building
10:30 Uhr Zulu
Mac saß allein in Harm’s Zimmer, als Mattie wieder zur Tür hereingeschneit kam. Mittlerweile kam sie mit dem Rollstuhl ziemlich gut zurecht, so dass man teilweise aufpassen musste, dass Mattie einen nicht über den Haufen fuhr, wenn sie wieder zu viel Schwung hatte.
„Hey, wo steckt denn unser Patient?“ fragte sie Mac, die gerade in einer Zeitung blätterte.
„Beim Röntgen“, antwortete sie. „Er müsste gleich wieder zurück sein.“
„Und, hast du es ihm schon erzählt? Du weißt schon… die Sache mit dem Baby…?“ Mattie grinste verschwörerisch zu ihr herüber. Mac schüttelte den Kopf. „Ich bin leider noch nicht dazugekommen. Ständig Besucher oder Anrufe, die wissen wollen, wie es ihm geht. Naja, ich kann ja verstehen, dass sich seine Kollegen Sorgen gemacht haben.“ Mac seufzte. „Aber ich konnte bisher nicht in Ruhe mit ihm reden. Ach übrigens, ab morgen musst du tagsüber ein paar Tage ohne mich auskommen.“ Mattie schaute sie neugierig an. „Was ist denn los?“ fragte sie.
„Ich werde ab morgen Harm bei JAG vertreten“, lächelte Mac, woraufhin Mattie den Kopf schüttelte. „Kann es sein, dass ihr irgendwie arbeitssüchtig seid?? Kaum hast du sechs Wochen frei, stürzt du dich schon wieder in die Arbeit.“
„Sooo schlimm ist es nun auch wieder nicht. Es ist ja nur vorübergehend, bis Harm wieder auf den Beinen ist. Aber ich muss gestehen, die Arbeit fehlt mir tatsächlich. Und wenn das Baby erstmal da ist, werde ich noch genug Zeit zu Hause hocken.“
In dem Moment öffnete sich die Tür und Harm wurde auf einer Liege zurück ins Zimmer geschoben. Der Pfleger verfrachtete ihn wieder in sein Bett und verließ das Zimmer wieder.
„Na, worüber habt ihr zwei euch unterhalten?“ fragte er gutgelaunt.
„Wir haben nur die Zeit genutzt, um über dich zu lästern. Wie Frauen das nun mal so machen…“, antwortete Mattie trocken. „So, so.. habt ihr das?“ Harm hob skeptisch eine Augenbraue und schaute zu Mac hinüber. Die hob abwehrend die Hände. „He, was schaust du mich so an?“ Dabei grinste sie schelmisch.
„Harm?“ wechselte Mac schnell das Thema. „Ich müsste mal kurz mit dir reden…“ Mattie wollte daraufhin schon das Zimmer verlassen, ahnte sie doch, was jetzt kam. Doch sie wurde von Mac aufgehalten. „Du kannst ruhig hier bleiben. Schließlich sind wir doch bald eine Familie.“ Nun wurde Harm neugierig. Was konnte Mac ihm denn zu sagen haben, was auch Mattie anging? Mac rutschte mit ihrem Stuhl näher an Harm’s Bett heran und nahm dessen Hand in ihre beiden.
„Harm… ich hatte doch vor ein paar Tagen den Termin bei Dr. Martin, weil es mir doch nicht so gut ging. Erinnerst du dich?“
„Jaaa?“
„Nun, inzwischen steht fest, was mit mir los ist….“ Mac schaute zu Boden und holte tief Luft. ‚Oh Gott, gleich wir sie mir sagen, dass die Therapie fehlgeschlagen ist, und ich war in den letzten Tagen nicht bei ihr…’, schoss es Harm durch den Kopf. Doch Mac sah ihn an…. und lächelte? Und es war nicht irgendein Lächeln. Sie sah aus, als würde sie das Glück der ganzen Welt in diesem Lächeln vereinen wollen.
„Ich bin schwanger…. Wir bekommen ein Baby!“
Harm starrte Mac mit offenem Mund und aufgerissenen Augen an. Er hatte offensichtlich bei dem Unfall mehr abbekommen, als er geglaubt hatte.
„Wür-dest du-du das bitte wie-der-holen?“ stotterte er.
„Ich bin schwanger!“ Und bei diesen Worten lächelte sie ihn an, wie nur sie es konnte. Langsam drangen ihre Worte an sein Gehirn.
„Schwanger…. wir sind… schwanger…!“ stammelte er. Mac nickte nur lächelnd. Ohne Vorwarnung riss er Mac in seine Arme und drückte sie so fest, dass sie fast keine Luft bekam. „Wir bekommen ein Baby!“ nuschelte er in ihr Haar und lachte laut. Seine Rippen schmerzten und er bekam selbst fast keine Luft, aber das war Harm in diesem Moment egal. Er war so glücklich, dass er die ganze Welt hätte umarmen können. Endlich löste er sich ein wenig von Mac, aber nur so weit, dass er sie stürmisch küssen konnte. Mattie beobachtete die Szene von ihrem Rollstuhl aus und grinste von einem Ohr zum anderen. Endlich erinnerte sich Harm daran, dass sie auch noch da war. „Hast du gehört Mattie, wir bekommen ein Baby. Du bekommst ein Geschwisterchen!“ Doch Mattie winkte ab. „Das weiß ich doch schon längst...“
Harm drückte Mac wieder an sich. „Ich liebe dich so sehr, mein Schatz“ flüsterte er ihn ihr Ohr. „Ich weiß…“ war ihre Antwort.
Kapitel 12
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Drei Tage später
King's College Hospital
Denmark Hill, London
Intensivstation, Cheyne Building
10:15 Uhr Zulu
Harm lag ausgestreckt auf seinem Bett und blätterte in der London Times, die eine Schwester ihm netterweise aus dem Kiosk besorgt hatte. Er langweilte sich fürchterlich. Ihm ging es von Tag zu Tag besser, war aber nach wie vor von Dr. Philips dazu verdonnert worden, das Bett zu hüten. Besonders ärgerlich war, dass das Wetter draußen einfach herrlich war und er noch nicht einmal einen kleinen Spaziergang machen durfte. Außer wenn ihn jemand im Rollstuhl umherfuhr. Selbst fahren durfte er auch nicht: zu anstrengend. Es war ja so frustrierend! Genervt legte er die Zeitung wieder zur Seite und schaltete den Fernseher ein. Aber auch hier nichts als langweilige Soaps oder Talkshows. Seit Mac angefangen hatte, ihn bei zu JAG zu vertreten, hatte sie ihn erst einmal wieder besucht. Sonst rief sie ihn aber zumindest immer gleich morgens an, um zu fragen, wie es ihm ging. Aber heute war das Telefon bisher stumm geblieben. Auch Mattie hatte sich rar gemacht. Wobei er es bei ihr verstand: mit ihrem Rollstuhl, den sie die meiste Zeit immer noch benötigte, war es nicht ganz einfach, mit öffentlichen Verkehrsmitteln hier her zu kommen. Und ein Taxi kostete ein Heidengeld, da das Krankenhaus am anderen Ende von London lag. Langsam mussten sie sich aber Gedanken machen, auf welche Schule sie Mattie schicken sollten. Bisher hatten sie es aufgrund der Reha-Therapie aufgeschoben, aber sie musste bald wieder eine Schule besuchen, wenn sie den Anschluss nicht komplett verlieren wollte.
Das Telefon auf dem Nachttisch klingelte.
„Rabb?“ meldete sich Harm.
„Hi, ich bin’s ich.“ Harm lächelte freudig, es war Mac. „Entschuldige, dass ich erst jetzt anrufe. Ich hatte heute Morgen gleich einen Termin mit einem Mandanten. Wie geht es dir, Schatz?“
„Gut. Und bei dir? Irgendwelche Beschwerden wegen der Schwangerschaft?“
„Nein, bisher noch nicht. Und wenn du mich fragst, kann das auch so bleiben.“ Mac lachte. „Ich soll dir übrigens Grüße von Admiral Wilson und auch von Petty Officer Sinclair bestellen. Alle halbe Stunde fragt mich jemand nach dir aus. Oh, deine Mom hat übrigens gestern Abend angerufen. Ich hatte sie nicht erreichen können, weil sie mit Frank ein paar Tage bei deiner Grandma gewesen ist. Sie war ganz außer sich, weil sie erst so spät von deiner Verletzung erfahren hat.“
„Dann rufe ich sie am besten später mal an, damit sie sich beruhigt. Hast du ihr schon von dem freudigen Ereignis erzählt?“
„Nein, es war irgendwie nicht der passende Moment dafür gewesen. Außerdem dachte ich, dass du es ihr vielleicht erzählen möchtest.“
„Zumindest nervt sie mich ja schon seit Jahren, dass ich sie endlich zur Großmutter machen soll. Also, wenn sie DAS nicht aufmuntert…?“ Mac konnte Harm’s nun folgendes Flyboy-Grinsen förmlich durch den Hörer sehen. Leider hatte sie keine Zeit mehr, um weiter mit ihrem Liebsten zu plaudern.
„Ich muss leider schon wieder schlußmachen, Schatz. Der nächste Termin wartet.“
„Okay. Aber arbeite nicht zu viel, hörst du? Und vor allem, mach es dir nicht zu bequem in meinem Büro“, grinste Harm.
„Letzteres kann ich dir nicht versprechen…. Bye, Darling!“
„Bis später, Süße!“
Harm legt den Hörer wieder zurück auf die Gabel. Einerseits war es ja seine Idee gewesen, dass Mac für ihn einspringen sollte. Aber andererseits war es ein wenig befremdlich, dass sie nun seine Arbeit erledigte - oder zumindest zum Teil – und er hier nur nutzlos herumlag.
Das Klopfen an der Tür riss ihn jedoch aus seinen Gedanken.
„Herein?“ Harm war gespannt, wer ihn denn jetzt schon wieder sprechen wollte. Am liebsten wollte er eigentlich nur seine Ruhe,
„Guten Tag, Captain Rabb! Ich störe hoffentlich nicht?“ Es war Botschafter Paul Stevenson, der zur Tür hereinkam. Harm, der bisher auf dem Bett gelegen hatte, wollte sich schnell aufsetzen, um eine etwas förmlichere Haltung einzunehmen. Doch seine lädierten Rippen quittierten die hastige Bewegung mit einem schmerzhaften Ziehen. Harm biss die Zähne zusammen.
„Bleiben Sie nur liegen. Machen Sie sich meinetwegen bitte keine Umstände“, beeilte sich der Botschafter zu sagen, dem dies nicht entgangen war.
„Guten Tag, Herr Botschafter!“ Harm lehnte sich wieder zurück und entspannte sich, worauf der Schmerz wieder nachließ.
„Es freut mich sehr zu sehen, dass Sie auf dem Weg der Besserung sind. Es sah die ersten Tage ja wirklich besorgniserregend um sie aus, Captain.“
„Ach, Sie wissen doch… Unkraut vergeht nicht“, wiegelte Harm ab.
„Immerhin haben sie Ihr Leben riskiert, um meins zu retten. Das werde ich Ihnen nicht vergessen, Captain Rabb. Kann ich irgendetwas für Sie tun, um mich erkenntlich zu zeigen?“
„Sir, was ich getan habe, war selbstverständlich für mich. Sie brauchen nichts für mich zu tun, wirklich nicht.“
„Nun, für den Moment vielleicht nicht. Aber wenn ich Ihnen irgendwie behilflich sein kann, lassen sie es mich bitte wissen. Verstehen Sie mich nicht falsch, aber ich stehe ungern in der Schuld von jemandem.“
„Ich weiß, was Sie meinen Sir. Also gut, ich werde bei Gelegenheit auf Ihr Angebot zurückkommen.“
„Gut, gut. Sie wissen ja, wo Sie mich erreichen können. Ich muss leider auch schon wieder los. Ich wünsche Ihnen weiterhin gute Besserung. Auf Wiedersehen.“
„Auf Wiedersehen, Herr Botschafter.“
King's College Hospital
Denmark Hill, London
Intensivstation, Cheyne Building
14:13 Uhr Zulu
Unruhig zappte Harm von einem Fernsehsender zum nächsten. Alle fünf Minuten schaute er auf die Uhr, ob es in Kalifornien endlich spät genug war, um seine Mutter anzurufen, ohne sie dabei aus dem Schlaf zu reißen.
Unerwartet klingelte das Telefon.
„Rabb?“ meldete er sich überrascht.
„Schatz, hier ist Mom! Gott sei Dank, dir geht es gut!“ Harm’s Mutter klang sichtlich erleichtert, seine Stimme zu hören.
„Hi Mom! So ein Zufall, ich wollte dich nachher auch noch anrufen. Ich dachte, du würdest um die Zeit noch schlafen.“
„Ich konnte es kaum erwarten, dich anzurufen, um mich selbst davon zu überzeugen, dass es dir gut geht. Nach Sarah’s Nachricht auf dem Anrufbeantworter hatte ich fast einen Herzinfarkt! Zum Glück hab ich sie gestern Abend zu Hause erreicht, und dann hat sie mir alles erzählt. Ich habe mir ja solche Sorgen um dich gemacht, Harm!“
„Ja, ich weiß. Aber jetzt hab ich es ja überstanden. Die Ärzte hier sind sehr gut und lassen mich noch nicht einmal allein aufs Klo. Du siehst also, du kannst vollkommen unbesorgt sein.“
„Das sagst du so leicht. Warte erstmal ab, bist du selbst Kinder hast, Harmon Rabb junior! Dann wirst du schon sehen, wie es ist, sich um die eigenen Kinder Sorgen zu machen. Das legt man nicht so einfach ab.“
„Ach Mom, apropos Kinder…. Das könnte schneller gehen, als du denkst…“
„Wie meinst du das?“
„Mom, Mac ist schwanger! Wir bekommen Nachwuchs!“ verkündete Harm stolz seiner Mutter.
„Das ich das noch erleben darf…. Ich freue mich ja so für euch!!!“ Trish’s Sorge war nun tatsächlich in Freude umgeschwungen. „Wann ist es denn soweit?“
„Voraussichtlich Anfang März, aber den genauen Termin wollte uns Mac’s Arzt noch mitteilen.“
„Ach Schatz, dass ist eine so tolle Nachricht. Dann werde ich ja in kürzester Zeit zweifache Oma. Erst Mattie und dann das Baby! Und wann holt ihr die Hochzeit nach? Sarah erzählte mir, dass sie vorerst alles abgesagt hat, bis du wieder gesund bist.“
Die Hochzeit! Harm hatte mit Mac noch gar nicht weiter deswegen gesprochen, aber es war logisch, dass sie bei seinem Zustand den Termin verschieben würde.
„Wir haben noch keinen neuen Termin, Mom. Aber du erfährst es als erste, versprochen!“
„Na gut, aber lasst mich nicht zu lange warten! Du willst doch sicherlich auch, dass dein Kind ehelich zur Welt kommt, oder?“ Harm musste lachen. Manchmal hatte seine Mutter doch recht altmodische Ansichten. Aber in diesem Punkt war er der gleichen Meinung.
„Natürlich Mom. Okay, ich melde mich bei dir, wenn es etwas Neues gibt.“
„Ich verlasse mich auf dich. Küsschen!“
„Bye, Mom!“
‚Wenn Mac das nächste mal hier ist, müssen wir uns unbedingt einen neuen Termin für die Hochzeit überlegen’, dachte Harm.
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Harm und Mac’s Haus
Kensington and Chelsea, London
18:30 Uhr Zulu
Müde schloss Mac die Haustür auf. Im Flur hörte sie bereits den Fernseher, den Mattie mal wieder zu laut gestellt hatte. Irgendein Rockvideo lief dort.
„Mattie? Mach bitte den Fernseher leiser!“ rief sie ins Wohnzimmer hinüber. Augenblick sank die Lautstärke auf ein erträgliches Maß. „Hi Mac!“ begrüßte Mattie sie. „Na, wie war dein Tag?“
„Anstrengend“, antwortete Mac knapp. „Ich geh duschen, und dann mache ich uns was zu essen, einverstanden?“
„Für mich brauchst du nichts machen, hab schon gegessenen.“
„Auch recht…“, murmelte Mac und schlurfte die Treppe hoch. Im Schlafzimmer angelangt zog sie sich die Uniformjacke aus und schmiss sie aufs Bett. Dann ging sie zum Kleiderschrank, um sich ein paar bequemere Sachen zu suchen, die sie nach der Dusche anziehen wollte. Nachdem sie die Schranktür geöffnet hatte, blieb ihr Blick an dem Brautkleid hängen, dass in eine Schutzhülle verpackt in einer Ecke hing.
„Tja, dich werde ich so schnell wohl doch nicht brauchen“, seufzte Mac. In einer Woche wäre es soweit gewesen… ‚Meine Güte Mac, wie egoistisch bist du eigentlich? Dein Verlobter wäre fast gestorben und das einzige, an was du denken kannst, ist die abgesagte Hochzeit?’ Ja, sie war egoistisch… und selbstsüchtig.
Aber war es wirklich so falsch, deswegen traurig zu sein? Immerhin sollte es der schönste Tag in ihrem Leben werden – von der bevorstehenden Geburt ihres ersten Kindes abgesehen. Sie machte ein paar Schritte zurück und ließ sich aufs Bett fallen. Nachdenklich starrte sie die Decke an. Es war ja nicht nur die abgesagte Hochzeit, die ihr zu schaffen machte. Ohne Harm war das Haus so…leer, irgendwie verlassen. Sie wollte nicht ungerecht sein, immerhin war Mattie auch noch da. Aber Mattie wärmte sie nicht des Nachts, wenn sie wieder einmal fror. Oder hielt sie fest, wenn sie schlecht geträumt hatte. Oder tröstete sie, wenn sie einen anstrengenden Tag hinter sich hatte. Und küsste sie nicht zärtlich… schaute sie voller Verlangen an… bescherte ihr die leidenschaftlichsten Momente und ließ sie sich als die begehrenswerteste Frau der Welt fühlen…. Mac schloss die Augen, um nicht die Tränen zuzulassen, die sich ihren Weg bahnen wollten. Nein, sie musste stark sein. Für Harm, für das Baby… und für Mattie, die bald auch ihre Tochter sein würde.
Mac sprang vom Bett auf, um ins Bad zu gehen. Rasch zog sie sich aus und ließ das heiße Wasser ihnen Körper hinabrieseln. Das Wasser wusch den Schweiß von ihrem Körper und die Tränen aus ihrem Gesicht.
Harm und Mac’s Haus
Kensington and Chelsea, London
23:20 Uhr Zulu
So leise sie konnte, schlich sich Mattie auf Krücken aus ihrem Zimmer. Mac schlief endlich, so dass sie unbemerkt ins Wohnzimmer zum Telefon konnte. Ein paar Mal verlor sie fast eine der Krücken, doch so gerade hatte sie bisher verhindern können, dass eine polternd zu Boden fiel. Endlich hatte sie das Sofa erreicht, neben dem auf einem kleinen Tisch das Telefon stand. Leise ließ sich Mattie auf die Polster fallen und griff nach dem Apparat. Es klingelte mehrmals, bis auf der Gegenseite endlich jemand abhob.
„Hallo…?“ meldete sich ein verschlafener Harm.
„Hallo Harm, hier ist Mattie“, antwortete sie leise in einem Flüsterton.
„Mattie? Wieso schläfst du nicht um diese Zeit? Was ist los?“ Harm klang besorgt.
„Ich muss mit dir reden… wegen Mac…“ Nun war Harm endgültig hellwach.
„Was ist mit ihr? Ist alles in Ordnung?“
„Das ist es ja gerade… ich weiß es nicht“, seufzte Mattie. „Sie ist irgendwie… komisch. Sie redet kaum, nur das nötigste. Und sie scheint dauernd abwesend zu sein… als ob sie ständig etwas beschäftigen würde.“
„Meinst du nicht, du übertreibst etwas? Wahrscheinlich ist sie einfach nur etwas gestresst, die letzten Tage waren für sie nicht einfach. Der Stress meinetwegen und die Arbeit… dazu die Schwangerschaft. Du weißt doch, schwangere Frauen sind manchmal etwas…. launisch“, versuchte Harm Mattie zu beruhigen.
„Ich glaube nicht, dass es nur daran liegt, Harm. Glaub mir, als Frau merkt man so was….“
Hatte Mattie gerade ‚Frau’ gesagt? Harm schmunzelte. Seine ‚Kleine’ wurde rasend schnell erwachsen. „Weißt du, sie weint manchmal“, fuhr Mattie fort. „Sie denkt sicherlich, dass ich nichts merke. Aber ich bin ja schließlich nicht blind, wenn sie mit rotgeweinten Augen zum Frühstück kommt. Und auch nicht taub…. Vorhin habe ich sie wieder weinen gehört….“ Harm hatte einen Kloß im Hals. Er hatte ja keine Ahnung gehabt, dass Mac so unglücklich war. Und das schlimmste war: er wusste noch nicht einmal den Grund dafür! Er schluckte. „Hat sie dir gegenüber denn gar nichts erwähnt, was ihr so zu schaffen macht?“ fragte er vorsichtig.
„Nein… aber ich glaube… naja, ich glaube es hat mit der abgesagten Hochzeit zu tun.“
„Was genau meinst du, Mattie?“
„Ich habe sie gefragt, wann ihr denn wohl die Hochzeit nachholen wollt. Aber statt mir zu antworten, ist mir nur ausgewichen. Und dann steht sie manchmal einfach nur so vor ihrem Schrank… und starrt ihr Brautkleid an…“ Mattie hatte sichtlich Mühe, alles zu erzählen. Sie fühlte sich fast wie eine Verräterin. Aber sie machte sich so schreckliche Sorgen um Mac. Und wenn Harm nicht helfen konnte, wer dann? „Hast du nicht irgendeine Idee?“ fragte sie Harm.
„Lass mich eine Nacht darüber schlafen. Mir fällt schon was ein. Aber gut, dass du mir davon erzählt hast. Und jetzt geh wieder ins Bett, okay?“
„Ist gut. Nacht!“
„Schlaf gut, Mattie. Hab dich lieb“
King's College Hospital
Denmark Hill, London
Intensivstation, Cheyne Building
23:45 Uhr Zulu
Nachdenklich legte Harm den Hörer wieder auf. Was war nur mit Mac los? Warum redete sie nicht mit ihm? Er könnte ihr bestimmt helfen, wenn er nur wüsste was sie bedrückte. Er seufzte. Vorsichtig setzte er sich auf und schwang seine Beine seitlich aus dem Bett. Er stützte sich auf seine Hände und stand langsam vom Bett auf. Dann schlurfte er zum Fenster und schaute in die Dunkelheit hinaus. Er wünschte, er wäre jetzt zu Hause bei Mac und könnte sie in den Arm nehmen und sie an sich drücken. ‚Verdammt!’ Harm schlug mit der Faust auf den Fensterrahmen. Wenn dieses Bombenattentat nicht gewesen wäre, dann würden sie in einer Woche vor dem Traualtar stehen. Stattdessen war er dazu verdammt, noch mindestens drei weitere Wochen im Bett zu liegen. Wenn es nach ihm ginge, würde er sich auf Krücken oder zur Not im Rollstuhl in die Kirche schleppen, aber Dr. Philips spielte da sicherlich nicht mit. Außerdem wäre da immer noch das Problem, so kurzfristig Unterkünfte für die Gäste zu organisieren. Und überhaupt mussten die Gäste erst einmal nach London geschafft werden. Dann musste die Feier selbst ja noch ausgerichtet werden… aber es war ja bereits alles abgesagt bzw. storniert worden. Innerhalb einer Woche war das nicht zu schaffen… oder vielleicht… doch? Wenn er…. Harm’s Gedanken überschlugen sich förmlich. So schnell es seine Beine erlaubten, humpelte er zum Telefon und tippte hastig eine Nummer ein.
„JAG-Büro, Petty Officer Coates am Apparat?“
„Hallo Jennifer, hier ist Harm! Ich muss schnellstmöglich mit General Cresswell sprechen!“
„Hallo Captain Rabb! Wie….“
„Keine Zeit zum Plaudern, Jen! Den General… bitte, es ist dringend!“
Kapitel 13
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Vier Tage später
King's College Hospital
Denmark Hill, London
Außenbereich
14:15 Uhr Zulu
Mac hatte an diesem Tag wenig zu tun gehabt und deshalb ausnahmsweise früher das JAG-Büro verlassen. Stattdessen hatte sie beschlossen, Harm zu besuchen, den sie nun im Rollstuhl vor sich her schob. Das Krankenhaus hatte sehr schöne Grünflächen, auf denen man bei dem herrlichen Wetter entspannt spazieren gehen konnte. Der Himmel war strahlendblau und die Sonne lachte ihnen geradezu entgegen. Mac hielt an einer Bank und nahm dort Platz. Harm verließ den Rollstuhl und setzte sich neben sie. Seit sie ihn abgeholt hatte, hatten sie nicht viel gesprochen. Mac lächelte zwar, aber es kam nicht von Herzen. Mittlerweile kannte Harm seine Mac zu gut, als dass sie ihm in der Hinsicht etwas vormachen konnte.
„Willst du mir nicht erzählen, was dich bedrückt? Oder muss ich es dir erst aus der Nase ziehen, Marine?“ Harm lächelte sie dabei zärtlich an.
„Hm? Ich weiß nicht was du meinst?“ tat Mac unwissend.
„Mac, hör bitte auf mir etwas vorzumachen. Ich sehe doch, dass etwas nicht stimmt. Ist es wegen der Hochzeit? Weil wir noch keinen neuen Termin haben?“ Harm hatte genau ihren wunden Punkt getroffen. Wie machte er das bloß? Aber herausreden konnte sie sich jetzt nicht mehr.
„Ja… auch…“, gab sie zu und schaute ihn traurig an. Harm ergriff ihre Hände. „Wovor hast du Angst?“ fragte er sanft.
„Davor, wieder allein zu sein. Davor, ohne DICH zu sein. Nachdem du verletzt wurdest, hätte ich dich beinahe verloren. Aber da wir noch nicht verheiratet sind, hätte ich noch nicht einmal deinen Namen fortführen können. Und unser Kind auch nicht…. Außerdem war ich nie allein, seitdem wir zusammen sind. Es ist ein sehr eigenartiges Gefühl, wenn ich in UNSEREM Haus bin und DU nicht da bist. Etwas fehlt dann einfach…“ Ohne dass sie es wollte, lief ihr eine Träne die Wange hinunter. Harm beugte sich zu ihr herunter und küsste die Träne weg. Dann nahm er ihr Gesicht in beide Hände und schaute in ihre wunderschönen braunen Augen. „Du wirst immer meine Frau sein, Mac. Ob verheiratet oder nicht, denn ich werde dich immer in meinem Herzen tragen. Und die Hochzeit holen wir so schnell wie möglich nach, damit die ganze Welt weiß, dass wir zusammen gehören!“ ‚Du weißt gar nicht, wie schnell, mein Engel…’, dachte Harm und lächelte sie dabei wissend an.
17. Juli 2005
Harm und Mac’s Haus
Kensington and Chelsea, London
06:10 Uhr Zulu
Seit über einer Stunde schon wälzte sich Mac unruhig in ihrem Bett hin und her. Sie hatte kaum ein Auge zugetan, oder zumindest fühlte sie sich so.
Entnervt öffnete Mac die Augen und starrte die Decke an.. 'Verdammt, es ist doch erst 06:13 Uhr', dachte sie. 'Außerdem ist es Samstag, du musst nicht arbeiten, und später wirst du Harm besuchen fahren. Also warum zum Henker habe ich die halbe Nacht nicht schlafen können?'
Mac drehte sich auf die Seite. Ihr Blick fiel auf den Kalender, der ihr gegenüber an der Wand hing. Ein bestimmter Tag war mit einem dicken roten Kringel versehen.
'Ja natürlich', seufzte sie innerlich, 'heute wäre unsere Hochzeit gewesen...'
'Aufgeschoben ist nicht aufgehoben', meldete sich ihr Verstand zu Wort.
'Ach wirklich nicht? Das hatte ich bei der Hochzeit mit Mic auch gedacht, und dann hat er mich verlassen.....'
'Aber das hier ist doch vollkommen anders. Harm liebt dich und DU ihn auch...' mischte sich nun auch ihr Herz in die Diskussion mit ein.
'Und warum habe ich dann so schlecht geschlafen, wenn alles doch in bester Ordnung ist?'
'Weil du dumm bist, und paranoid, und ein Pessimist!' antworteten ihr Herz und ihr Verstand im Chor.
'Ach lasst mich doch beide in Ruhe', dachte Mac und zog sich die Decke über den Kopf.
09:17 Uhr Zulu
Verschlafen und immer noch hundemüde schlich Mac die Treppe hinunter in die Küche. Sie brauchte erstmal einen starken Kaffee, um richtig wach zu werden. Zu ihrer Überraschung stand bereits eine Kanne auf dem gedeckten Küchentisch. „Guten Morgen, Mac!“ begrüßte Mattie sie gutgelaunt, die auf ihren Krücken durch die Küche wirbelte.
„Guten Morgen“, antwortete Mac erstaunt. „Du hast schon das Frühstück vorbereitet? Welch seltener Anblick…“, grinste sie.
„Los, setz dich. Die Rühreier sind gleich fertig! Ich dachte mir nur, je früher wir essen, desto früher können wir los… zu Harm, mein ich.“
Nachdem sie gefrühstückt hatten, scheuchte Mattie Mac regelrecht unter die Dusche. ‚Jetzt werde ich schon von einer 17-jährigen herumkommandiert’, dachte Mac amüsiert. Aber als gut erzogener Marine gehorchte sie dem ‚Befehl’.
10:05 Uhr Zulu
Mit nassen Haaren und in ein Handtuch gewickelt betrat Mac ihr Schlafzimmer. Erschrocken wich sie wieder einen Schritt zurück. Auf dem Bett ausgebreitet lag… ihr Brautkleid! „Mattie!“ rief sie wütend. Diese kam aus ihrem Zimmer gehumpelt. „Was schreist du denn so?“ fragte sie unschuldig. Aber Mac war nicht zu Scherzen aufgelegt. „Was soll das?“ fragte sie aufgeregt und zeigte auf das Kleid. „Soll das vielleicht ein schlechter Witz oder so was sein? Wenn ja, dann finde ich ihn nicht komisch!“
„Mac, beruhig dich bitte wieder. Hier, das soll ich dir geben…“ Mattie reichte ihr einen Briefumschlag. Mac öffnete ihn mit zitternden Händen und zog einen kleinen Brief hervor. Es waren nur wenige Zeilen darin geschrieben, aber sie reichten aus, um ihr Herz zum Hüpfen zu bringen.
‚Meine süße Sarah!
Ich war schon einmal schuld daran, dass deine Hochzeit ausgefallen ist. Ein zweites Mal wird das nicht passieren.
In Liebe, Harm'
Mac konnte gar nicht glauben, was sie da eben gelesen hatte. Fragend sah sie Mattie an. „Hey, sieh mich nicht so an. Meine Aufgabe ist es bloß, dich in diesen Fummel reinzubekommen. Also los, mach schon. Sonst kriege ich wahrscheinlich lebenslangen Hausarrest.“
Wortlos verschwand Mac wieder im Bad, um sich die Haare zu machen. Grinsend sah Mattie ihr nach. ‚Harm und seine verrückten Ideen…’
10:45 Uhr Zulu
Mac stand in ihrem Brautkleid vor dem Spiegel und betrachtete sich. Also sie sich das letzte Mal in solch einem Kleid gesehen hatte, war sie voller Zweifel gewesen, ob sie das richtige tat. Nun war sie zwar nervös, aber voller Freude auf das, was sie erwarten mochte.
11:15 Uhr Zulu
Mattie hatte sich inzwischen umgezogen und trug nun ein festliches Kleid. Richtig wohl fühlte sie sich nicht darin, aber was tat man nicht alles für die Eltern in spe. Es klingelte an der Tür. „Ich geh schon!“ rief Mattie zu Mac hinauf und bewegte sich humpelnder Weise zur Tür. Als sie sie öffnete, stand lächelnd ein alter Bekannter vor ihr. „Hallo, Miss Grace! Wie geht es dir?“ „Admiral Chegwidden“, antwortete Mattie kichernd. Dieser Tag hielt ja selbst für sie Überraschungen parat. „Jetzt nur noch A.J. Ich bin im Ruhestand, schon vergessen? Ist sie schon fertig?“
In diesem Moment erschien Mac auf der Treppe. Chegwidden und Mattie schauten zu ihr herauf und waren sprachlos angesichts ihres Anblicks. Mac’s Gesicht erhellte sich, als sie ihren ehemaligen Vorgesetzten in der Tür stehen sah. „Admiral! Was tun Sie denn hier?“ Freudig eilte sie die Stufen hinunter, um ihn mit einer Umarmung zu begrüßen. „Wenn ich mich recht erinnere, hatten Sie mich gebeten, Sie zum Altar zu führen. Et voila, da bin ich. Mac, Sie sehen hinreißend aus.“ Mac konnte es nicht fassen, dass der Admiral tatsächlich da war. Wie hatte Harm das nur geschafft? „Können wir, Mac?“ fragte A.J.
Vor dem Haus wartete ein weißer Rolls Royce, dessen Kühlerhaube mit einem Blumengebinde geschmückt war. Vor dem Fahrzeug stand der Chauffeur und hielt Ihnen bereits die Tür auf. Mac schüttelte nur ungläubig den Kopf. Aber sie stieg ohne Widerworte mit Mattie und Chegwidden ein. „Wohin fahren wir“, fragte Sie den Fahrer. „Ich bin nicht befugt, auf diese Frage zu antworten, Ma’am!“ war die knappe Antwort.
‚Eigentlich auch eine blöde Frage’, dachte Mac, denn innerlich war sie davon überzeugt, dass sie zum King’s College Hospital fahren würden. Falls Harm das hier tatsächlich durchziehen wollte, dann hätte Dr. Philips sicherlich zu nichts anderem ihre Zustimmung gegeben. Sie wurde aber eines besseren belehrt, da das Fahrzeug eine ihr komplett fremde Route nahm. Sie fuhren entlang der Themse und hielten schließlich vor einer kleinen Kirche. Der Fahrer stieg als erstes aus und hielt ihnen wieder die Tür auf. A.J. half den beiden Damen, ebenfalls das Fahrzeug zu verlassen. Mac hatte ganze weiche Knie, konnte sie doch immer noch nicht glauben, was hier gerade geschah. Langsam gingen sie gemeinsam zum Eingang der Kirche. Dort war ein Schild mit dem Namen der Kirche angebracht: Chelsea Old Church Jetzt wusste sie zumindest, wo sie waren. An Chegwidden’s Arm betraten Mac und Mattie die Kirche.
Chelsea Old Church
Old Church St, London
11:55 Uhr Zulu
Im Vorraum wartete bereits ein Geistlicher auf sie. „Ich bin Reverend Evans, Sie müssen Miss MacKenzie sein.“ Lächelnd schüttelte Rev. Evans allen die Hand. „Dann können wir ja jetzt beginnen. Es warten schon einige Leute ungeduldig auf Sie!“ Mit diesen Worten verschwand der Reverend im Kirchenschiff. Mattie folgte ihm.
„Was meint er mit ‚einige Leute’?“ fragte Mac an A.J. gewandt. „Sie wollen doch nicht etwa ohne Ihre Gäste heiraten, Mac?“ fragte der unschuldig. „Meine Gäste….? Aber…?“
„Okay, bevor Sie hier alles noch weiter in die Länge ziehen mit Ihren Fragen….“ Chegwidden schüttelte lächelnd den Kopf. ‚Anwälte’, dachte er. „Also, General Cresswell hat sich um den Transport gekümmert und eine Sondergenehmigung für eine Navy-Maschine erwirkt. Und bevor sie fragen, wo alle Leute schlafen werden… darum hat sich der Botschafter gekümmert.“
„Botschafter Stevenson? Was hat der denn damit zu tun?“ „Harm sagte, der Botschafter wäre ihm noch einen Gefallen schuldig… so, und jetzt genug diskutiert. Jetzt wird geheiratet! Mit diesen Worten holte er von einer Ablage einen Brautstrauß, der dort bereits auf Mac gewartet hatte und drückte ihr diesen in die Hand. Mac war immer noch ganz perplex, dass sie den Mund gar nicht mehr zubekam vor Erstaunen.
Chegwidden bot ihr seinen Arm. „Können wir? Sonst fangen die noch ohne uns an…“ Mac holte tief Luft und hakte sich dann bei ihm ein. An seinem Arm schritt sie ins Innere der Kirche. Im selben Moment erklangen die ersten Töne eines Musikstückes. Es war aber kein Hochzeitsmarsch oder überhaupt eine kirchliche Musik, nein es handelte sich um eine…Popballade. ‚Wer hat sich denn so was ausgedacht?’ dachte Mac noch irritiert. Doch dann setzte der Text ein und sie lauschte ihm aufmerksam, während sie auf den Altar zuging.
(Anmerkung: der Text stammt aus dem Song 'Come what may' aus dem Film 'Moulin Rouge')
Never knew I could feel like this
Like I've never seen the sky before
I want to vanish inside your kiss
Every day I love you more and more
Listen to my heart, can you hear it sings
Telling me to give you everything
Seasons may change, winter to spring
But I love you until the end of time
Come what may
Come what may
I will love you until my dying day
Als Harm Mac erblickte, war es um seine Fassung geschehen und unwillkürlich schossen ihm Tränen in die Augen. Sie war so unglaublich schön, wie sie da in ihrem Kleid auf ihn zukam. Es hatte lange Ärmel, war aber schulterfrei. Das komplette Oberteil war aus zarter cremefarbener Spitze und schmal geschnitten, so dass ihre schlanke Taille wunderbar betont wurde. Der weite Rock war ebenfalls cremefarben und aus Seide, wie es schien. An einer Seite war er zur Hüfte hin etwas gerafft und mit Stoffblüten verziert. Auf einen Schleier hatte Mac verzichtet, stattdessen trug sie ihr mittlerweile langes Haar offen. Als Kopfschmuck hatte sie nur eine schlichte Spange im Haar, die mit einen Stoffblüten und kleinen Perlen verziert war. Der Brautstrauß, den sie trug, war aus weißen Lilien und Rosen gebunden. Sollte er jemals sterben, diesen Anblick würde er niemals vergessen. Sie sah heute aus wie eine Prinzessin. Und das beste daran war: sie war SEINE Prinzessin….
Wollt ihr wissen, wie Mac's Kleid aussieht? Bitte sehr... eine kleine Fotomontage extra für euch....
Suddenly the world seems such a perfect place
Suddenly it moves with such a perfect grace
Suddenly my life doesn't seem such a waste
It all revolves around you
And there's no mountain too high
No river too wide
Sing out this song and I'll be there by your side
Storm clouds may gather
And stars may collide
But I love you until the end of time
Come what may
Come what may
I will love you until my dying day
Während Mac sich wie in Zeitlupe bewegte, nahm sie all die vertrauten Gesichter wahr, die links und rechts von ihr saßen. Sie waren tatsächlich alle da… General Cresswell, Sturgis, Jennifer, Tiner, der Gunny, Sergei, Harm’s Eltern und Großmutter, Chloe… meine Güte, das war nicht mehr das kleine Mädchen, das sie in Erinnerung hatte. Sie war tatsächlich eine junge Frau inzwischen. Bud und Harriet standen ganz vorne, da sie die Trauzeugen sein sollten. Und in der Mitte… war Harm. Aufrecht und stolz stand er da in seiner weißen Ausgehuniform, gestützt auf einen Stock. ‚Wie hatte er Dr. Philips nur dazu überreden können?“ fragte sie sich. Doch dann beantwortete sich ihre Frage wie von selbst, denn die Ärztin saß unweit von ihm zwischen den Gästen.
Als Mac Harm dort so stehen sah, musste sie an einen alten Ausspruch von sich denken. Sie hatte einmal gesagt, dass die Wirkung von weißen Ausgehuniformen komplett überschätzt würde. Heute jedoch musste sie ihre Meinung revidieren. Mit dem richtigen Mann in dieser Uniform war die Wirkung einfach umwerfend. Und Harm erschien ihr heute wie ihr Prinz in schimmernder Rüstung, von dem sie als kleines Mädchen geträumt hatte.
Von weitem konnte sie bereits die Tränen in seinen Augen glitzern sehen. Vor Rührung konnte sie die eigenen kaum zurückhalten.
Endlich stand sie neben Harm und zeigte ihm ihr strahlendstes Lächeln. Den Strauß gab sie Harriet, die jetzt schon fast in Tränen aufgelöst war vor Rührung, und fasste dann nach Harm’s Hand. Dieser ergriff sie und drückte sie fest.
„Liebe Freunde, wir haben uns hier versammelt, um die Eheschließung dieser beiden Liebenden zu feiern. Die Ehe….“, begann Reverend Evans die Zeremonie. Doch das zukünftige Ehepaar hörte kaum hin, so sehr waren sie in die Augen des anderen versunken. ‚Ich liebe dich’, formte Mac lautlos die Worte in Harm’s Richtung. ‚ich liebe dich auch’, kam ebenfalls lautlos die Antwort.
„Willst du, Harmon Rabb junior, die hier anwesende Sarah MacKenzie zu deiner rechtmäßig angetrauten Frau nehmen, sie lieben in guten wie in schlechten Tagen, in Reichtum und Armut, in Gesundheit und Krankheit, so antworte mit ‚ja’.“
„Ja!“ antwortete er heiser, und Mac lächelte ich an.
„Willst du, Sarah MacKenzie, den hier anwesenden Harmon Rabb junior zu deinem rechtmäßig angetrauten Mann nehmen, ihn lieben in guten wie in schlechten Tagen, in Reichtum und Armut, in Gesundheit und Krankheit, so antworte mit ‚ja’.“
„Ja!“ hauchte Mac glücklich.
Bud reichte Harm die Ringe, welche er und Mac sich gegenseitig ansteckten. Es war fast vollbracht.
„Hiermit erkläre ich euch Kraft meines Amtes zu Mann und Frau! Du darfst jetzt die Braut küssen, mein Sohn.“
Das ließ sich Harm nicht zweimal sagen. Unter dem Applaus aller Anwesenden nahm er Mac in die Arme und küsste sie, als ob es keinen Morgen gäbe.
The End
Liebe Grüsse Petra
Kalorien sind kleine Tierchen, die nachts die Kleidung enger nähen.
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