Title: „Alte Freunde“
Autor: fa sai, Elke
E-mail: wer uns erreichen will, weiß wo!
Feedback: immer erwünscht, aber bitte immer schön freundlich bleiben! ;-) Außerdem sind wir für jegliche Anregungen dankbar, wie die VS weitergehen soll!
Rating: PG
Category: JAG Story
Summary: Das ist unsere Vorstellung, wie es nach „H&F“ weitergehen sollte.
Spoiler: 5. Folge der Virtual Season 10.
Disclaimer: JAG und alle Charaktere gehören Donald P. Bellisario, Belisarius Productions, CBS und Paramount. Ausnahmen: Richard Quinn, Elizabeth McNeel und Adm. Corin sind eine Gemeinschaftserfindung der Mitglieder des Forums und Julie Graham und Annabelle Lorenzen gehören Elke und mir ganz allein!!
Anmerkung der Autoren:
Das hier ist unsere Idee der 10. Staffel und wir haben uns an diversen Stellen künstlerische Freiheiten genommen.
Vertraut uns, o.k.?
Was in der letzten Folge geschah...
Das Telefon klingelte.
Harm: „Alicia, kannst Du bitte dran gehen?“
Alicia am Telefon: „Hallo?“
Harm: „Wer war das?“
Alicia: „Ich weiß nicht. Hat aufgelegt.“
Mattie: „Du hast es vergessen, nicht wahr. Du hast Deine beste Freundin vergessen, wegen der da.“
Vorspann...
2130 ZULU (1730 EST)
Apartment "The Washington 2812"
Georgetown, Washington D.C.
Mac starrte das Telefon in ihrer Hand an. Ihr Gesichtsausdruck wandelte sich von Ungläubigkeit über Schock zu Schmerz und letztlich zu Neutralität.
Sie ließ sich auf die Couch sinken und schloss die Augen.
Nach einer Weile öffnete sie ihre Augen wieder und sah auf das Telefon, das sie immer noch in der Hand hielt. Sie wählte eine neue Nummer.
„Hallo Harriet, hier ist Mac...“ begrüßte Mac ihre Gesprächspartnerin und bemühte sich um einen möglichst neutralen Tonfall.
„Mac, was ist? Bist Du schon von Deinem Arzttermin zurück?“ Harriet spürte anhand ihrer Stimme, dass irgendetwas nicht stimmte.
„Nein, ich hab ihn erst in einer halben Stunde. Harriet, ich hab eine Bitte an Dich!“
„Um was geht es?“
„Könntest Du mich zu dem Arzttermin begleiten?“
„Wollte Harm Dich nicht begleiten?“ bereute aber gleichzeitig ihre Frage.
„Darüber möchte ich im Moment nicht reden. Harriet, kannst Du mich in einer halben Stunde am Haupteingang vom Bethesda treffen? Ich brauche unbedingt Unterstützung.“
„Klar Mac, ich mach mich gleich auf den Weg...“ sagte Harriet zum Abschluss.
„Danke, Harriet, Du bist eine echte Freundin!“
Mac legte seufzend den Hörer auf. < Komm schon, Marine. Reiss' Dich zusammen! > und setzte sich wieder zusammengekauert auf ihre Couch. Sie ging ins Bad und wusch sich das Gesicht. Dann zog sie sich ihre Jacke über, nahm ihre Handtasche und verließ die Wohnung.
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Nach dem Aufbrühen gut ziehen lassen und Schluck für Schluck genießen. Die Aufregung wird sich kurz danach legen. Bei Bedarf mehrmals am Tag wiederholen! J
Später am Abend
Apartment "The Washington 2812"
Georgetown, Washington D.C.
Das erste Mal, solange sie sich erinnern konnte, wusste sie nicht, wie spät es war.
Harriet hatte nach dem Arztbesuch bei ihr bleiben wollen, aber Mac hatte sie davon überzeugt, dass sie müde sei und sofort schlafen gehen wolle. Nachdem sie in ihre Wohnung gekommen war, zog sie den Telefonstecker aus der Buchse und schaltete ihr Handy aus.
Sie hatte keine Ahnung, wann sie sich auf ihre Couch hatte fallen lassen und angefangen hatte zu weinen. Jetzt war keine einzige Träne mehr übrig und sie war erschöpft. Sie war unendlich dankbar, dass Wochenende war, so würde sie Zeit haben bis zum Montag ihre Fassung wiederzufinden. Sie würde sich zusammenreißen und so tun als sei nichts weiter.
Es klopfte an der Tür.
“Hey, Mac, wir sind's! Und wir bringen Geschenke!”, drangen zwei überaus fröhliche Stimmen durch die Tür.
Mac hatte die Verabredung völlig vergessen. Hastig sprang sie von der Couch auf und wischte sie sich mit dem Ärmel ihres Sweatshirts die Augen.
“Einen Moment!”, rief sie, bevor sie zur Tür lief.
Mac öffnete die Tür und vor ihr standen Julie und Anna in Jeans und T-Shirt, vollbeladen mit Pizzaboxen und diversen Tüten. Zu Anna's Füßen saß ein Golden Retriever, der aufgeregt hechelte und mit dem Schwanz wedelte.
“Ähm, Mac, lässt Du uns rein? Ich würde gerne das ganze Zeug hier abstellen, bevor ich noch was fallen lasse,” fragte Julie mit einem ironischen Lächeln.
“Oh ja, kommt rein.”
“Wir haben Pizza, Praline Creme-Eis und natürlich Star Wars dabei,” verkündete Julie. Sie gingen in die Küche, um die Pizzaschachteln dort abzustellen und die mitgebrachte Eiscreme im Eisschrank zu deponieren.
Mac trat hinter sie und sagte: “Es tut mir leid, aber können wir unseren Abend verschieben? Es geht mir nicht so gut und...”
Julie drehte sich um und sah sie besorgt an. “Mac, was ist los?”
“Es ist nichts Ernstes, ehrlich. Ich bin nur müde. Der Arztbesuch war anstrengender als ich dachte und außerdem war der Rücktransport von der USS Kennedy auch nicht sehr angenehm.” Selbst Mac musste zugeben, dass das alles andere als überzeugend klang.
Die beiden jüngeren Frauen sahen sie skeptisch an, bevor Anna sagte: “Aha. Wenn es nichts ernstes ist, wieso siehst Du so aus, als hättest Du Dir seit Stunden die Augen aus dem Kopf geheult und als würde die Welt enden?” Sie zog fragend die Augenbrauen hoch.
“Ich will Euch wirklich nicht den Abend verderben,” Mac senkte den Blick zu Boden.
“O.k., wir machen folgendes, Mac. Du setzt Dich auf die Couch und machst es Dir bequem. Wir sind gleich mit Pizza und Wasser bei Dir.”
Julie und Anna verschwanden in der Küche und Mac ließ sich auf die Couch fallen und schloss die Augen. Sie war einfach zu müde, um mit den beiden zu diskutieren. Man hatte ja kaum eine Chance gegen die zwei, wenn man im Vollbesitz seiner Kräfte war... Sneaker schien zu spüren, dass es Mac nicht gut ging und setzte sich ihr zu Füßen und legte seinen Kopf auf ihren Schoß.
Währenddessen in der Küche...
“Hast Du sie jemals so gesehen?”, fragte Anna besorgt, während sie drei Teller aus dem Schrank holte.
“Irgendetwas ist da überhaupt nicht in Ordnung. Die Frage ist nur, was?”, pflichtete Julie bei.
“Normalerweise würde ich in so einer Situation ja auf Liebeskummer tippen,” sagte Anna nachdenklich. “Aber da muss noch was sein. Sie ist ja völlig am Ende... Naja, schätze, wir werden herausfinden, was los ist.”
Julie grinste: “Ich gehe also richtig in der Annahme, das wir uns nicht davon beirren lassen, wenn sie uns für aufdringlich hält?”
“Nö, wir haben uns in der Vergangenheit nicht beirren lassen und wir werden jetzt nicht damit anfangen.” Anna nahm zwei Flaschen Wasser und drei Gläser. “Also dann los.”
Sie gingen ins Wohnzimmer und setzten sich zu Mac, die immer noch versuchte, ihre Fassung zu gewinnen und Sneaker geistesabwesend hinter den Ohren kraulte. Sie sah die beiden unsicher an.
Schließlich ergriff Julie das Wort: “Wie wäre es, wenn Du ein wenig isst und uns erzählst, was los ist?”
Mac griff zögerlich nach dem ihr angebotenen Teller mit einem Stück Pizza. Sneaker trottete vor Mac's Kamin und streckte sich dort aus.
“Ich weiß nicht, wo ich anfangen soll.” Ihre Stimme war dünn und spiegelte ihre physische und emotionale Erschöpfung wieder.
“Vielleicht an dem Punkt, an dem alles anfing,” schlug Anna sanft vor.
Drei Stunden später...
“Wow,” war alles, was Julie und Anna zu dieser unglaublichen Geschichte einfiel. Mac hatte sich alles von der Seele geredet, angefangen bei Paraguay bis zu den Ereignissen des heutigen Tages. Sie hatte geredet, geweint und geredet bis der Strom versiegte.
“Ich weiß nicht, wie ich ihm am Montag entgegentreten soll,” flüsterte sie heiser. “Ich bin so müde und ich muss nachdenken, was ich jetzt machen soll.”
“Du meinst wegen der Behandlung?”, fragte Julie.
“Auch. Aber vor allem muss ich mir darüber Klarheit verschaffen, wie es insgesamt weitergehen soll. Ich weiß nicht, ob ich nach all dem langfristig bei JAG bleiben kann. Im Moment möchte ich mich schon bei dem Gedanken an Montag irgendwo verkriechen.” Sie nahm einen Schluck Wasser. “Vielleicht ist es doch am besten, wenn ich Urlaub nehme. Ich werde so bald wie möglich mit Adm. Corin sprechen. Ich muss hier raus.” Sie schloss die Augen und atmete durch. Trotz des körperlichen und seelischen Schmerzes, den sie gerade fühlte, war es doch unglaublich, wie befreiend es war, sich alles bedingungslos von der Seele zu reden. Anna und Julie hatten sich alles angehört. Sie hatten ihr von Zeit zu Zeit einen Arm um die Schulter gelegt oder ihre Hand genommen. Sie waren unvoreingenommen und verständnisvoll.
“Ich halte es für eine gute Idee, etwas Abstand von den Dingen hier zu gewinnen, vor allem, wenn es Dich so sehr belastet. Aber früher oder später musst Du Dich stellen,” sagte Julie.
Mac nickte. “Ich weiß, aber ich brauche Zeit zum Nachdenken, ohne dass mir alle Leute, die ich hier kenne, im Nacken sitzen.”
“Ohne Deiner Entscheidung vorgreifen zu wollen, möchte ich, dass Du weißt, dass Du jederzeit bei uns arbeiten kannst, auch wenn es nur übergangsweise ist,” sagte Anna.
“Danke.”
„Bis wann musst Du Dich hinsichtlich der weiteren Behandlung entscheiden. Wahrscheinlich muss es jetzt sehr schnell gehen, oder?“, fragte Julie mitfühlend.
„Nein, ein bisschen Zeit bleibt mir schon, schließlich wurde bei der Laparoskopie der größte Teil des Gewebes entfernt. Doch egal, wie viel Zeit ich habe, die Entscheidung wird nicht einfacher.“
Anna wechselte einen kurzen Blick mit Julie. “Sag' mal, was hältst Du davon Deinen Urlaub in Deutschland zu verbringen?”
„Wie kommst Du denn darauf?“ fragte Mac und sah die beiden fragend an.
„Nach all dem, was Du uns gerade erzählt hast, wäre es wohl wirklich gut, wenn Du Abstand von allem hast. Meine Eltern haben in Deutschland ein Ferienhaus am Meer. Überleg es Dir, Du kannst jederzeit rüberfliegen. Das Haus ist im Moment unbewohnt und im Moment ist auch noch keine Urlaubszeit in Deutschland, so dass Du Dich dort ganz ungestört bewegen kannst... Du könntest Dich dort entspannen, über alles nachdenken und Dich ausruhen und wieder zu Kräften kommen,“ erwiderte Julie.
„Das hört sich sehr verlockend an. Ich werd es mir überlegen... Danke, dass Ihr Euch nicht von meiner Stimmung heute habt abschrecken lassen. Was würde ich nur ohne Euch machen!“ erwiderte Mac dankbar und umarmte beide.
Nächster Morgen (Samstag)
1400 ZULU (0900 EST)
JAG HQ
Falls Church, VA
Mit einem mehr als unguten Gefühl traten Julie und Anna aus dem Fahrstuhl. Julie trug einen schwarzen Nadelstreifen-Anzug über einer naturweißen Bluse und Anna ein anthrazitfarbenes Kostüm mit einem langen schmalen Rock. Beide hatten sich den Besucherausweis gut sichtbar ans Revers geheftet und sahen sich sorgenvoll an.
Sie hatten sich einverstanden erklärt, dieses zweite reine Anwaltstreffen in den Räumlichkeiten von JAG durchzuführen. Sie waren es gewohnt auch mal am Wochenende arbeiten zu müssen. Dennoch würde dieses spezielle Meeting nach den Ereignissen des gestrigen Abends zu einer ungewöhnlichen Herausforderung werden.
Sie sahen sich um. Cdr. Rabb wollte sie eigentlich hier in Empfang nehmen.
“Du hast wohl auch nicht gut geschlafen,” bemerkte Anna das Offensichtliche.
“Frag' nicht. Ich hoffe, dass wir das hier heute schnell über die Bühne bringen,” seufzte Julie.
“Achtung, US Navy auf drei Uhr. Und nicht vergessen, immer schön nett und freundlich bleiben,” grinste Anna.
“Na, der scheint auch nicht gerade viel geschlafen zu haben,” flüsterte Julie, als sie Harm den Gang entlang kommen sah. Er sah müde und abgespannt aus.
“Guten Morgen, Ms. Graham, Ms. Lorenzen,” begrüßte Harm die beiden.
“Guten Morgen, Cdr. Rabb,” erwiderte Anna und setzte ihr strahlendstes Lächeln auf.
“Folgen Sie mir bitte in den Konferenzraum. Prof. Montes ist schon da.”
Julie und Anna folgten Harm durch das Bullpen. “Die Frage ist ja wohl, ob sie überhaupt zwischendurch mal gegangen ist,” flüsterte Anna Julie zu.
„Hm, aber noch können wir nicht sicher wissen, dass sie es war, die da gestern in seiner Wohnung ans Telefon gegangen ist,“ gab Julie, ebenfalls flüsternd zu bedenken.
„Wir werden das schon noch herausbekommen. Schließlich sind wir Anwälte, oder?“
In diesem Moment drehte sich Harm zu ihnen um, um ihnen den Vortritt zu lassen. Julie und Anna schenkten ihm das unschuldigste Lächeln, das sie auf Lager hatten und betraten den Konferenzraum, wo Alicia damit beschäftigt war, einen Stapel Unterlagen zu sortieren. Sie sah kurz zu ihnen auf und begrüßte sie knapp mit einem Kopfnicken.
Julie und Anna setzten sich Alicia gegenüber und beobachteten wie Harm sich neben Alicia setzte.
Um die unangenehme Stille zu durchbrechen, die sich über den Raum gelegt hatte, räusperte sich Anna und sagte: „So, da wir an diesem wunderbar regnerischen Samstag wahrscheinlich alle noch etwas besseres zu tun haben als zu arbeiten, sollten wir anfangen.“ Sie schlug die Mappe, die vor ihr lag auf und blätterte in einem gehefteten Dokument. „Wie ich dem Mark-up, dass Sie uns gestern haben zukommen lassen, entnehme, gibt es seitens der Navy noch Änderungswünsche, Cdr. Rabb?“
Nach gut zwei Stunden hatten sie sämtliche Punkte, die sie an diesem Tag klären konnten, abgehakt. Anna nippte an ihrem Wasserglas und wandte sich an Alicia: „Du und der Cdr. müsst ja sehr viel Zeit in die Bearbeitung gesteckt haben.“
„Oh ja, wir haben gestern Abend vor dem Abendessen noch sehr lange daran gesessen,“ antwortete diese sichtlich zufrieden. In diesem Moment ertönte das Brummen eines Mobiltelefons aus Alicia's Handtasche und sie verließ den Raum, um das Gespräch entgegen zu nehmen.
„Und Cdr., sind wir so schlimm wie Alicia uns beschrieben hat?“, fragte Julie unverblümt, sobald Alicia außer Hörweite war.
Harm war erstaunt über die direkte Frage. „Alicia hat nichts Negatives über Sie beide erzählt, Ms. Graham.“
Diese Aussage verursachte bei den beiden Frauen ein schräges Lächeln.
„Cdr. Rabb, wenn Sie ernsthaft erwarten, dass wir Ihnen das glauben, dann müssen Sie uns in der Tat unterschätzen,“ sagte Julie und Anna ergänzte: „Für einen Anwalt sind Sie ein wirklich lausiger Lügner.“
Harm konnte sich ein Lachen nicht verkneifen. Die beiden Anwältinnen schenkten ihm nicht einen Millimeter. „O.k., o.k., ich ziehe meine Aussage zurück, verweigere aber darüber hinaus die Aussage.“
„Na gut, ich schätze, dass wir ohnehin eine ganz gute Vorstellung von dem haben, was die gute alte Alicia so über uns erzählt,“ sagte Anna schmunzelnd.
„Was halten Sie eigentlich davon, wenn wir uns der Einfachheit halber duzen, Cdr.? Immerhin werden wir noch eine ganze Weile zusammen arbeiten müssen,“ schlug Julie vor.
„Ja, warum nicht,“ stimmte Harm zu.
Alicia war immer noch mit telefonieren beschäftigt und Harm entschloss sich, ein wenig Small-Talk über ein, wie er dachte, unverfängliches Thema zu halten.
„Was habt Ihr beide denn gestern so gemacht? Gearbeitet bis in den frühen Morgen?“ Er lehnte sich entspannt in seinem Stuhl zurück.
Julie warf Anna einen fragenden Blick zu, doch diese befand sich bereits im Vorwärtsgang. „Nein, ganz und gar nicht. Wir haben gestern Abend eine alte Freundin von uns besucht. Ich glaube sogar, dass Du sie kennst. Sie arbeitet auch hier bei JAG. Sie heißt Sarah MacKenzie.“ Harm's geschockten Gesichtsausdruck ignorierend fuhr sie fort. „Wir haben über alte Zeiten geplaudert und darüber, was uns so auf der Seele brennt.“ Anna griff nach ihrem Glas Wasser und nahm einen Schluck. Julie nutzte die entstehende Pause um zu ergänzen: „Wie Du siehst, hast Du gestern mehr gearbeitet als wir.“
Harm fehlten die Worte. Die beiden waren Freunde von Mac. Er hatte beständig versucht, sie zu erreichen, aber sie musste ihr Telefon abgestellt haben. Sie wollte offensichtlich nicht mit ihm reden. Was wussten Julie und Anna? Harm hatte das Gefühl, dass sein Hemdkragen auf einmal sehr eng wurde und er kaum Luft bekam.
In diesem Moment kam Alicia zurück in den Raum.
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1600 ZULU (1100 EST)
Apartment "The Washington 2812"
Georgetown, Washington D.C.
Mac und Mattie saßen auf der Couch und hatten im gesamten Wohnzimmer das Informationsmaterial für Mattie’s Schulprojekt verteilt. Es sah aus wie auf einem Schlachtfeld.
Sie kamen gut voran, um nicht zu sagen, war Mac Mattie eine große Hilfe. Für Mac war es eine gute Möglichkeit, von ihren derzeitigen Problemen abgelenkt zu werden. Sie kniete sich in diese Aufgabe richtig rein und hatte Spaß daran.
Aber Mattie’s Gedanken waren nicht bei der Sache. Sie beschäftigte immer noch der gestrige Abend, als sie diese Alicia mit Harm auf der Couch sitzen sah. Und wie die beiden aneinander gehangen haben. Dieses Bild ließ sie immer noch erschaudern. Sie war total wütend auf ihn.
„Mac...?“ Mattie lehnte sich in ihrem Stuhl zurück und sah sie von der Seite an.
„Ja Mattie... was brauchst Du?“ erwiderte Mac, die annahm, dass Mattie noch weitere Infos für ihr Projekt benötigte, während sie dabei war, Mattie’s Übersetzungen zu korrigieren.
„Es geht nicht um dieses Französisch-Projekt,“ erwiderte Mattie, der ganz mulmig in der Magengegend war. „Ich muss es einfach los werden. Sonst zerfrisst mich diese Sache. Mit Jen habe ich auch schon darüber gesprochen...“
„Was hast Du denn,“ fragte Mac, die nicht recht wusste, worüber Mattie sprach.
„Mhmm, also... das ist ganz schön schwer das zu erklären,“ versuchte Mattie, die richtigen Worte zu finden. „Ich wollte gestern Abend noch was aus Harm’s Apartment holen...,“ < Oh nein, bitte nicht... > war alles, was Mac denken konnte, „und was ich da gesehen habe... ich war total enttäuscht von Harm. Da war so eine Blondine bei ihm zu Besuch. Ich hatte ihn auf Deinen Arzttermin angesprochen. Ich kann es immer noch nicht glauben, dass er den Termin einfach vergessen hatte...“ enttäuscht schüttelte Mattie den Kopf.
Mac atmete tief durch: „Weißt Du, wer das war?“ brachte sie gerade so heraus.
„Nein, keine Ahnung, er sagte nur irgendwas von einer ‚Alicia’,“ sagte Mattie in einem verachtenden Ton. „Oh Mac, ich könnte ihn dafür erwürgen.“
< Alicia? Etwa Alicia Montes? Die, die mit Anna, Julie und Harm an dem Rüstungsprojekt arbeitet? > waren Mac’s Gedanken, während sie innerlich erneut zusammenbrach. Stumm saß sie da und hörte nur unterbewusst, dass Mattie sie ansprach.
„Mac? Bist Du jetzt sauer auf mich?“ fragte Mattie besorgt.
„Was?... Wieso sollte ich sauer auf Dich sein, Mattie? Du hast doch nichts getan! Danke Mattie, dass Du mir das erzählt hast...,“ erwiderte Mac mit einem melancholischen Lächeln „ich glaube, ich weiß jetzt, woran ich bin.“
Eine Woche später [Freitag]
1300 ZULU (0800 EST)
JAG HQ
Falls Church, VA
Sturgis war seit einer Woche wieder aus Guantanamo zurück. Trotz der Knappheit der Anwälte vor Ort, wurde er wieder abkommandiert.
Sturgis kam gerade aus dem Fahrstuhl und traf Bud im Bullpen, wo dieser gerade mit Liz versuchte, mit Rick weitere Informationen über ihren neuen Fall zusammenzutragen.
„Bud, Liz, kann ich Sie kurz in meinem Büro sprechen?“ bat Sturgis.
„Ja, Sir,“ erwiderte Bud und folgte mit Liz Sturgis in sein Büro. „Machen Sie weiter, Gunny. Gute Arbeit. Wir brauchen aber noch nähere Informationen über den familiären Hintergrund von Lt. Write,“ rief er Rick noch im Gehen zu.
Nachdem Sturgis die Tür und die Blenden hinter ihnen geschlossen hatte, kam er auch schon gleich auf den Punkt:
„O.k., Weiß irgend jemand, was mit Harm und Mac los ist?“ Sturgis war sichtbar frustriert. „Sie würdigen sich keines Blickes. Ich denke mal, auch Ihnen ist das nicht entgangen!? Falls die beiden doch miteinander sprechen, geht es nur um Dienstliches. Jedes Mal, wenn Harm versucht, mit Mac ein nichtdienstliches Gespräch zu führen, blockt sie ab. Sie zeigt ihm die kalte Schulter. Irgendwas ist da vorgefallen. Ich weiß nur nicht was den neuerlichen Ausbruch einer Eiszeit verursacht hat. Haben Sie eine Ahnung, Bud?“
„Nein, Sir, leider hab ich nicht die geringste Ahnung, was zwischen den beiden vorgefallen sein könnte. Ich weiß nur, dass Harriet letzte Woche den Colonel zu einem Arzttermin begleitet hatte. Sie hatte jedoch nichts weiter darüber erzählt.“
„Da fällt mir ein, dass Mac vor nicht allzu langer Zeit schon mal einen Arzttermin hatte. Ich hatte Harm damals darauf angesprochen. Aber er hatte mir nichts gesagt. Er meinte nur, falls Mac uns was zu sagen hätte, würde sie das tun. Aufgrund seiner Besorgnis hatte ich den Eindruck, dass sie ihre Differenzen beigelegt hätten. Aber jetzt! Irgendetwas muss vorgefallen sein. Sonst würden sich die beiden nicht so aus dem Weg gehen,“ sinnierte Sturgis weiter und auch Bud und Liz machten sich so ihre Gedanken.
< Harriet weiß irgendetwas, aber sie wird es mir wahrscheinlich nicht sagen! > grübelte Bud, < Ich MUSS versuchen, dieses etwas aus ihr herauszubekommen! > Nachdem er diesen Entschluss gefasst hatte, verabschiedete er sich von Sturgis mit den folgenden Worten: „Sir, ich werde versuchen, von Harriet zu erfahren, was mit dem Colonel und dem Cdr. los ist!“ und machte sich auf den Weg in sein Büro. Er musste sich schließlich noch überlegen, wie er diese Informationen aus Harriet herausbekommen wollte.
„Viel Glück, Bud,“ erwiderte Sturgis, der sich schon denken konnte, dass dies keine einfache Aufgabe werden würde.
2300 ZULU (1800 EST)
Harm's Apartment
North of Union Station
Washington D.C.
Harm war gerade nach Hause gekommen. Er hing seine Mütze auf den Garderobenständer auf und ging dann Richtung Counter, um seine Tasche dort abzustellen. Während er die Rückspultaste seines Anrufbeantworters betätigte, löste er seine Krawatte und öffnete den obersten Uniformknopf.
Als das Band nun die Nachrichten wiedergab, ging er ins Schlafzimmer, um sich umzuziehen.
„Keine weiteren Nachrichten vorhanden,“ hörte er nach einer Weile und zog sich missmutig ein Shirt über und ging in die Küche. Er öffnete seinen Kühlschrank, schaute geistesabwesend hinein, schloss wieder die Tür und schlug mit der Hand gegen die geschlossene Tür. Er ging zum Counter, griff zum Telefon und wählte eine bekannte Nummer.
„Besetzt!“ murmelte Harm enttäuscht und legte den Hörer auf. „Verdammt!“ < Warum kann ich sie nicht erreichen? > dachte er noch, als das Telefon erneut klingelte.
„Rabb,“ antwortete er etwas gereizt.
***
„Oh, hi Alicia, wie geht es Dir?“
***
„Nein, mit mir ist nichts.“
***
„Ja, klar, wann soll ich bei Dir sein?“
***
„Okay, dann also bis nachher,“ sagte Harm und legte dann auf.
Ziemlich gleichzeitig
Anna's Wohnung
Alexandria
„Mac, kannst Du mal drei Gläser und eine Flasche Wasser auf den Tisch stellen?“, rief Anna aus der offenen Küche ins Esszimmer.
„Jep, bin schon dabei,“ antwortete Mac. Sie trug ausgewaschene Jeans und ein Ringel-T-Shirt.
Anna und Julie hatten sich beide für bequeme Jeans entschieden. Julie trug darüber ein dunkelgrünes Shirt und Anna einen dünnen knallroten Pullover. Sie waren in der Küche damit beschäftigt, letzte Hand an die gebratenen Nudeln mit Hühnchen und Gemüse zu legen. Die Küche war modern in Edelstahl und Holz eingerichtet, doch in den Regalen und Schränken standen alte Vorratsdosen aus Keramik auf denen in verschnörkelter Schrift auf Deutsch ihr Inhalt geschrieben stand. Das auffälligste an der Küche war jedoch ein riesiger Edelstahlkühlschrank, der neben dem Fenster stand und auf dem diverse bunte Merkzettel mittels Magneten befestigt waren.
Zehn Minuten später saßen die drei Frauen um den großen hölzernen Tisch im Esszimmer herum. Sie aßen und unterhielten sich angeregt über alles mögliche. Sneaker hatte bereits sein Abendessen bekommen und lag nun im Wohnzimmer um ein Verdauungsnickerchen zu halten.
Julie berichtete zwischen zwei Gabeln voll Nudeln von ihrem letzten Erlebnis mit einer bestimmten Spezies Anwalt. „Es ist schon erstaunlich, was man sich manchmal so alles gefallen lassen muss. Letztens kam ich zu einem Meeting bei einer anderen Kanzlei und als ich den Konferenzraum betrat, drehte sich einer der bereits anwesenden Anwälte zu mir um und fragte mich, wo denn mein Chef, Herr Graham, bliebe.“ Sie grinste verschmitzt. „Ich habe ihm geantwortet, dass ich das nicht wisse und habe ihm die Nummer von J. Graham's Sekretärin gegeben, damit er nachfragen könne. Er rief an und nach einer Weile wurde sein Gesicht erst pink und dann rot und er starrte mich für einen Moment lang mit offenem Mund an, bevor er sich vielmals für die Verwechslung entschuldigte.“ Alle am Tisch lachten herzhaft.
„Ja, manchmal habe ich auch das Gefühl, dass sich noch nicht herumgesprochen hat, dass man für den Anwaltsberuf nicht männlich, übergewichtig und mindestens fünfzig sein muss,“ schüttelte Anna den Kopf. „Wie ist es eigentlich bei Euch, Colonel? Sind die Frauen endlich in der Armee integriert oder seid ihr vorläufig an der Männerbastion gescheitert?“
„Wir sind auch noch nicht weiter,“ antwortete Mac. „Ich muss mir immer noch regelmäßig dumme Kommentare über weibliche Marines anhören.“ Sie holte tief Luft, legte die Stirn in Falten und imitierte eine tiefe Männerstimme: „Na, wenn alle Marines so aussehen wie du, dann würde ich aber gerne mit euch den Strand stürmen. - Was haben ein weiblicher Marine und der Duracell-Hase gemeinsam?“ Sie gab ein schnaubendes Geräusch von sich.
„Naja, etwas Gutes hat es ja,“ sagte Anna grinsend. „Die Jungs unterschätzen uns und sie bemerken ihren Fehler regelmäßig zu spät, nämlich dann, wenn wir ihnen zu ihrer großen Überraschung kräftig in den Hintern treten.“ Alle drei mussten daraufhin herzhaft lachen.
Nachdem sie mit dem Essen fertig waren und den Tisch abgeräumt hatten, saßen sie im geräumigen Wohnzimmer und genossen jeweils eine große Tasse heißer Schokolade.
Auf dem dunklen Parkettfußboden lag im Bereich der in naturweiß gehaltenen Sitzecke ein flauschiger zur Couch passender Teppich. In einer Ecke des Zimmers stand ein weißer Kachelofen mit blauen Malereien, den Anna auf einem Antiquitätenmarkt in Holland aufgestöbert hatte und vor dem Sneakers Hundekorb stand.
Gerade, als sie sich amüsiert an frühere Zeiten erinnerten, klingelte das Telefon.
Stöhnend stellte Anna ihre Tasse auf dem Couchtisch ab, erhob sich aus ihrem Sessel und ging zu einer Apothekerkommode, auf dem das schnurlose Telefon lag.
„Lorenzen.“
***
Sie warf Julie einen vielsagenden Blick zu.
„Guten Abend, Harm. Womit kann ich dienen?“
***
„Klar können wir den Termin verschieben.“
***
„Pass' auf, schick doch einfach meiner Sekretärin per Mail Deinen Terminvorschlag. Sie wird das mit Julie's und meinem Kalender abgleichen und Dir dann eine Bestätigung schicken, o.k.“
***
„Sehr gut. Bis dann.“
***
Sie unterbrach die Verbindung und sah besorgt zu Mac hinüber, deren bis eben noch wirklich gute Stimmung sich gerade in Luft aufgelöst hatte.
„Ich glaube, ich nehme Euer Angebot an,“ sagte sie nach einer Weile des Nachdenkens.
„Welches?“ fragte Anna.
„Erst einmal das für den Urlaub in Deutschland. Über das andere möchte ich gerne dort nachdenken.“
„Klar, jederzeit. Sag' uns einfach Bescheid, wann Du fahren möchtest,“ sagte Julie.
Yoga-Übung des Monats: Baum-Meditation
Anleitung: Setze Dich so hin, dass Du, ohne den Hals zu verdrehen, direkt aus dem Fenster schauen kannst. Suche Dir einen Baum aus (vorzugsweise einen mit bunten Blättern). Schaue auf diesen Baum. Atme tief und gleichmäßig ein und aus (3-4 Sekunden lang einatmen, dabei geht der Bauch hinaus, 3-4 Sekunden ausatmen, dabei geht der Bauch hinein). Stelle Dir vor, dass Du beim Ein- und Ausatmen eine Verbindung mit dem Baum herstellst. Spüre den Baum, und lass den Baum auf Dich wirken. Mache dies etwa 2-5 Minuten lang. Dann danke dem Baum innerlich, grüße ihn, indem Du Deinen Kopf ein wenig neigst. Nun kannst Du mit neuer Ruhe und Kraft Deinen Tag weiter leben.
1300 ZULU (0800 EST) [Montag]
JAG HQ
Falls Church, VA
Gleich nach ihrem Eintreffen ging Mac zu Jen.
„Hallo Jen, ich brauche unbedingt einen Termin beim Admiral. Wenn es geht, noch heute Vormittag,“ fast flehend sah Mac den PO an.
Der Admiral kam gerade aus seinem Büro und bekam noch die letzten Worte des Gespräches zwischen Mac und Jen mit.
„Colonel, guten Morgen. Was kann ich für Sie tun? Ich habe gerade etwas Zeit. Kommen Sie doch bitte in mein Büro!“ forderte Corin Mac auf, die ihm in sein Büro folgte.
„Guten Morgen, Sir!“ Corin hatte sich derweil auf seinen Stuhl gesetzt, während Mac immer noch stand.
„Das ist mir jetzt etwas unangenehm, aber ich möchte Sie um sofortige Beurlaubung bitten, Sir,“ kam Mac gleich auf den Punkt, da sie am liebsten sofort ihren Urlaub antreten würde.
„Ich habe mich schon gefragt, wann Sie zu mir kommen, Colonel,“ erwiderte Corin. Er schaute Sie eine Weile eindringlich an, um dann fortzufahren: „Nehmen Sie erst einmal Platz, Colonel.“ Mac kam dieser Aufforderung ihres CO nach, schaute ihn dabei etwas verwirrt an. „Sir?“
„Ich habe mir Ihre medizinische Akte angesehen, Colonel, und mich über Ihre Krankheit informiert. Nur gesunde Offiziere können die hochqualifizierte Arbeit hier erledigen, deshalb liegt es in meinem Interesse, dass Sie bald wieder auf dem Damm sind. Es ist wichtig für Ihre Gesundheit, dass Sie sich erholen. Ab wann und für wie lange wollen Sie Ihren Urlaub antreten?“
„Wenn es Ihnen recht ist, Sir, würde ich meinen Urlaub gern heute Nachmittag bereits antreten. Und wenn Sie mich solange entbehren können, würde ich gern drei Wochen Urlaub nehmen.“
„Gut, Colonel, genehmigt! Bereiten Sie Ihre aktuellen Fälle so weit für die Übergabe an Cdr. Turner und Lt. Cdr. Roberts vor,“ mit diesen Worten entließ Corin Mac aus seinem Büro.
„Aye, aye Sir!“ antwortete Mac und begab sich in ihr Büro, um gleich mit der Arbeit zu beginnen.
In ihrem Büro angekommen, schloss sie die Blenden und ließ sich erschöpft und niedergeschlagen auf ihren Stuhl fallen. Sie entließ langsam und kontrolliert die Luft aus ihren Lungen. < So einfach hatte ich mir das nicht vorgestellt! Zum Glück hat der Admiral nicht gesagt, dass ich Harm noch Fälle übergeben soll! >
1900 ZULU (1400 EST)
JAG HQ
Falls Church, Virginia
Harm war gerade von einer Zeugenvernehmung zurückgekommen und stellte seine Tasche auf den Schreibtisch von Rick. „Hallo Rick, wie geht’s?“ grüßte Harm den Gunny und nahm von diesem die Telefonnotizen entgegen und sah sie flüchtig durch. „Gut, Sir, danke,“ erwiderte dieser. Mit einem freundlichen Grinsen machte er sich auf den Weg zur Besprechung mit dem Admiral. Im Vorbeigehen sah er, dass Mac’s Büro leer war. Alles war aufgeräumt, es lagen keine Akten herum. Es sah fast so aus, als hätte Mac ihr Büro aufgelöst. Dieser Anblick versetzte ihm einen Stoß in die Magengegend. Unsicheren Schrittes ging er weiter zum Büro des Admirals.
„Hallo Jen,“ grüßte Harm freundlich.
„Sir,“ erwiderte diese kühl.
„Wissen Sie, wo der Colonel ist?“ fragte er.
„Sie hat heute morgen Urlaub beantragt, Sir,“ erklärte Jen.
„Und wissen Sie wohin sie wollte?“
„Nein! - Sir,“ antwortete Jen und versuchte den genervten Unterton zu vermeiden, was ihr nicht ganz gelang. Sie wollte das Gespräch mit Harm so schnell wie möglich beenden.
Harm war irritiert. Das war so gar nicht Jen's Art. „Ist Ihnen eine Laus über die Leber gelaufen, Jen?“
„Nein, Sir. Wieso?“
„Sie sind mir gegenüber heute ziemlich feindselig,“ stellte Harm fest.
„Ach ja..., Sir?“
Mit einem immer noch irritierten Gesichtsausdruck wechselte Harm das Thema: „Ähm, der Admiral wollte mich sprechen, ist er frei?“
„Nein, er hat gerade noch ein Telefonat, Sir,“ versuchte Jen, ihre Haltung zu wahren.
„Gut, dann werde ich hier auf ihn warten,“ sagte Harm und setzte sich auf den Stuhl neben der Bürotür. Jen würdigte ihn keines Blickes, sie versuchte, sich so gut es ging auf ihre Arbeit zu konzentrieren. < Ich hoffe nur, dass der Admiral das Telefonat bald beendet. >
Harm, den das Verhalten von Jen nun doch misstrauisch machte, stand auf und ging auf ihren Schreibtisch zu. „Jen, was ist mit Ihnen los?“ fragte er sie als er direkt vor ihrem Schreibtisch stand.
Jen sah ihn ungläubig an. Sie holte tief Luft. „Mattie hat mir erzählt, was vor vierzehn Tagen vorgefallen ist!“ antwortete diese mit einem verachtenden Blick. Mehr brauchte Jen nicht zu sagen. Harm stand mit offenem Mund da und war nicht fähig, irgendetwas zu erwidern.
Jen schaute auf das Telefon. „Der Admiral ist jetzt frei, Sir!“ sagte sie etwas freundlicher, weil sie ihrem Kummer hatte Luft machen können.
„Danke,“ sagte Harm geistesabwesend. Er wandte sich von Jen ab, zog seine Uniform straff und klopfte an die Tür des Admirals.
Nächster Tag [Dienstag]
2100 ZULU (1600 EST)
Dulles, International Airport
Washington D. C.
Anna und Julie hatten Mac abgeholt und waren mit ihr zum Flughafen gefahren. Mac hatte sich für bequeme Reisekleidung entschieden und trug eine beige Hose, ein enges rostfarbenes Langarmshirt und hatte einen ebenfalls beigen Pullover um die Hüfte gebunden. Julie und Anna waren formal gekleidet, weil sie direkt aus dem Büro kamen. Julie trug ein beiges Kostüm und Anna einen schwarzen Hosenanzug.
Nachdem Mac ihr Gepäck aufgegeben hatte, saßen die drei Frauen noch in der Lounge und unterhielten sich über Mac’s bevorstehenden Urlaub in Deutschland.
„Meine Schwester wird Dich morgen früh in Berlin abholen. Den ersten Tag kannst Du dann bei ihr verbringen, bevor sie mit Dir nach Usedom fährt und Dir dort alles zeigt. Den Mietwagen kannst Du vor Ort abholen,“ sagte Julie.
„Dein Rückflug geht dann ab Frankfurt. Dort kannst Du auch den Mietwagen abgeben. Alles ist soweit arrangiert,“ fuhr Anna fort „Übrigens würde sich meine Mutter sehr freuen, wenn Du bevor Du wieder losfliegst noch ein paar Tage bei ihr verbringen könntest. Hier sind die Adresse, Telefonnummer...“ sagte Anna und reichte ihr einen Zettel.
„Ich weiß gar nicht, wie ich Euch beiden jemals danken kann,“ erwiderte Mac und sah die beiden dankbar an.
„Erhole Du Dich gut und denk über alles in Ruhe nach,“ wehrte Anna den Dank von Mac ab. Dann spielte ein kleines verschlagenes Lächeln um ihre Lippen. „Außerdem werden wir noch sehen, wie dankbar Du mir dafür sein wirst, dass ich Dich meiner Mutter ausgesetzt habe.“
Mac sah sie misstrauisch an. „Weshalb habe ich nur das Gefühl, dass ich hier etwas verpasse?“
Anna musste ob des Gesichtsausdrucks ihrer Freundin nun doch herzhaft lachen. „Keine Sorge! Es ist eigentlich nichts Schlimmes. Außer vielleicht, dass meine Mutter Dich mästen wird, bis Du platzt und dass Du viel über Gartengestaltung und Gartenarbeit lernen wirst. Aber glaub' mir, Du wirst keine Zeit haben, Trübsal zu blasen. Das kann ich Dir versichern.“
„Es wird Zeit für mich,“ sagte Mac nach dem Check ihrer inneren Uhr.
„Erhol' Dich gut,“ sagte Julie mit einem sanften Lächeln.
Mac's Flug sollte in 80 Minuten nach Brüssel abfliegen. Dort hatte sie noch mal etwa 2 Stunden Aufenthalt, bevor ihr Flug weiter nach Berlin-Tegel ging.
Zum Abschied umarmte Mac Anna und Julie noch einmal und ging dann zum Security Check. Bevor sie diesen erreichte, drehte sie sich nochmals zu Anna und Julie um und winkte ihnen zum Abschied zu.
Anna und Julie warteten bis Mac den Security Check passierte und wandten sich dann zum Gehen.
2230 ZULU (1730 EST)
Haus der Familie Roberts
Vor dem Haus der Roberts fuhr ein schwarzer Touareg SUV vor.
Die Sonne war hinter dicken Wolken verschwunden, so dass es zu dieser Tageszeit bereits ungewöhnlich dunkel war. Es wehte ein kühler Wind und man hätte denken können, es sei Herbst anstatt Frühling.
Aus dem Wagen stiegen zwei Frauen. Eine trug einen schwarzen Mantel über einem schwarzen Anzug. Die andere einen beigen Mantel über einem hellbeigen Kostüm. Die Frau in schwarz ging zum Kofferraum des Wagens und öffnete ihn. Heraus sprang schwanzwedelnd ein Golden Retriever, der sichtlich froh war, sich endlich wieder frei bewegen zu können.
Die beiden Frauen sahen sich um und sprachen kurz miteinander, bevor sie zielstrebig einen Hauseingang ansteuerten und klingelten.
Nach einer kleinen Weile öffnete eine blonde Frau die Tür und fragte: „Guten Tag, kann ich Ihnen helfen?“
Die Frau in Schwarz lächelte freundlich und sagte: „Guten Tag, Mrs. Sims. Mein Name ist Annabelle Lorenzen und das ist meine Kollegin Julie Graham. Wir sind Freunde von Sarah MacKenzie. Sie schickt uns.“
Harriet begann sich Sorgen zu machen. Die beiden Frauen sahen sehr offiziell aus und irgendwie hatte sie das Gefühl, dass irgendetwas nicht in Ordnung war. „Oh, kommen Sie doch bitte rein,“ sagte sie schließlich und trat einen Schritt zur Seite.
Anna zögerte einen Moment. Sie sah erst zu Sneaker hinunter, der freudig mit dem Schwanz wedelte und dann wieder zu Harriet. „Darf mein Hund mit hinein?“, fragte sie vorsichtig.
„Aber sicher, das ist kein Problem,“ erwiderte Harriet lächelnd. „Er scheint ja wirklich gut erzogen zu sein.“
Julie, Anna und Sneaker traten in den Eingangsbereich. Harriet wollte sie gerade ins Wohnzimmer führen, als A.J. die Treppe herunter gerannt kam, um zu sehen, wer da zu Besuch gekommen war.
„Hey, langsam A.J., Du fällst noch hin,“ ermahnte Harriet ihren Sohn leicht. An Anna und Julie gewand sagte sie: „Das ist mein ältester Sohn A.J.“
„Hallo A.J.,“ begrüßten Julie und Anna den kleinen Jungen.
„Hallo,“ begrüßte A.J. die beiden Frauen, doch er hatte nur Augen für den Hund, der zu Anna's Füßen saß und freundlich wedelte. Er sah Anna an und fragte: „Ist das Dein Hund?“
„Ja. Er heißt Sneaker. Du kannst ihn ruhig streicheln,“ beantwortete Anna lächelnd die Frage, die A.J. als nächstes gestellt hätte.
A.J. streckte seine Hand aus und streichelte Sneaker vorsichtig am Kopf. Dann drehte er sich zu seiner Mutter. „Mom, kann Sneaker mit mir in den Garten spielen kommen? Bitte!“
Harriet sah Anna fragend an, die sich daraufhin an A.J. wandte. „Von mir aus gerne, aber ich komme erst mal mit und schaue mir an, wie ihr miteinander spielt, damit es keine Missverständnisse gibt. Man muss nämlich ein paar Regeln beachten, wenn man mit Hunden spielt, vor allem, wenn sie so groß sind wie der liebe Sneaker hier. O.k.?“
„Oh ja!“, freute sich A.J. „Komm Sneaker, wir gehen in den Garten,“ rief er dem Golden Retriever zu und startete Richtung Tür.
Sondermeldung
Wolltest Du schon immer wissen, wie es ist, sich als richtiger ‚Flyboy’ zu fühlen? Für ihre deutschen Fans haben sich die Produzenten der Serie ‚J.A.G.’ etwas ganz besonderes einfallen lassen. Auf der US-Airbase in Ramstein erhalten interessierte Fans Flugunterrichte auf einer F-14. Auf der einwöchigen Veranstaltung erfolgt eine Unterweisung im Fliegen bei Gewitter, Auftankvorgänge, Landen auf Flugzeugträgern in der Nacht und und und. Wer sich dann nicht in der Lage fühlt, den Job eines F-14 Piloten zu übernehmen, kann immer noch beim JAG-Corps anheuern.
Der Beginn der Veranstaltung wird rechtzeitig vorher bekannt gegeben!!
Einige Zeit später...
Haus der Roberts
Nachdem sich Anna und Harriet versichert hatten, dass A.J. und Sneaker gut miteinander auskamen und nun damit beschäftigt waren Bällchen apportieren zu spielen und ausgiebig durch den Garten der Roberts zu toben, saßen die drei Frauen nun mit einer Tasse Tee im Wohnzimmer beisammen und kamen darauf zu sprechen, weshalb Julie und Anna eigentlich gekommen waren. Die beiden hatten Harriet erzählt, wie sie Mac kennen gelernt hatten und wie sie über die Jahre hinweg mit ihr in Kontakt geblieben waren.
„So, weshalb hat Colonel MacKenzie Sie beide denn nun geschickt?“, fragte Harriet, als sie Ihre Tasse auf den Tisch stellte und schaute die beiden Frauen, die ihr gegenüber saßen, erwartungsvoll an.
Anna grinste und warf ein: „Versucht Mac Sie nicht schon seit Jahren dazu zu bringen, sie Mac zu nennen...?“
Harriet musste lachen und sagte. „Ja, das versucht sie, aber alte Gewohnheiten legt man nicht so schnell ab. Mein Name ist übrigens Harriet, da wir alle Freunde von Mac sind, können wir uns ruhig duzen.“
Zustimmend nickten Anna und Julie.
„Mac hat für ein paar Wochen Urlaub genommen, um sich zu erholen...“, begann Julie zu erklären.
„Oh je, hat sich ihre Krankheit verschlimmert?“, unterbrach Harriet sie gleich besorgt.
„Nein, sie hat nur sehr kurzfristig entschieden, dass sie ein wenig Abstand von allem braucht. Und weil eben alles am Ende ziemlich schnell ging, hat sie es nicht mehr geschafft, Dich vor ihrer Abreise anzurufen,“ Julie betonte die Wörter 'von allem' leicht und Harriet ahnte, weshalb Mac die Flucht ergriffen hatte. „Diese Entscheidung hat nicht zufällig etwas damit zu tun, dass ich sie zu ihrem letzten Arzttermin begleiten musste,“ fragte sie deshalb etwas kryptisch.
„Wenn Du fragst, ob es zumindest auch etwas mit der Person zu tun hat, die sie ursprünglich zu diesem Termin begleiten sollte, so kann ich das wohl mit einem 'Ja' beantworten,“ antwortete Julie ebenso kryptisch.
Harriet seufzte. „Ich hab's geahnt. Immer, wenn es für eine Weile so aussieht, als hätten die beiden ihre Probleme endlich im Griff, passiert irgendeine Katastrophe.“
„Dieses Mal bin ich mir aber nicht sicher, ob sie den Schaden an ihrer Beziehung, Freundschaft oder wie auch immer man diesen 'Zustand' zwischen den beiden beschreiben möchte, wieder reparieren können,“ bemerkte Anna, während sie etwas abwesend in ihrer Teetasse rührte.
„Jedenfalls sitzt Mac jetzt in einem Flugzeug nach Europa, wo sie für ein paar Wochen Urlaub machen wird. Sie will die Zeit nutzen, um ein paar Entscheidungen zu treffen,“ sagte Julie.
„Sie überlegt, ob sie JAG verlassen soll, hm?“, fragte Harriet leise.
„Vor allem überlegt sie, ob sie Washington verlassen soll,“ sagte Anna und hob gleich eine Hand, als Harriet sie unterbrechen wollte und fuhr fort: „Alles, was in letzter Zeit passiert ist – und ich bin mir sicher, dass wir noch nicht einmal von allem wissen, was da passiert ist – hat Mac dazu veranlasst, eine Bestandsaufnahme von ihrem Leben zu machen. Es geht dabei nicht nur um Cdr. Rabb. Sie muss sich wohl wieder klar darüber werden, was sie für sich und ihr Leben will. Diese Entscheidung ist ganz allein ihre. Wir haben ihr nur angeboten, dass sie, wenn auch nur vorübergehend, in einem unserer ausländischen Büros arbeiten kann, wenn sie sich entscheiden sollte, Washington zu verlassen. Das ist das Mindeste, was wir tun können.“
„Weiß Cdr. Rabb schon davon?“, fragte Harriet.
„Nun, von ihrem Urlaub wird er sicherlich im Büro erfahren haben,“ konstatierte Julie und fuhr voller Sarkasmus fort: „Was ihre Motive angeht, so sollte es ihm eigentlich bereits gedämmert haben, aber andererseits ist er im Moment wohl mit anderen Dingen beschäftigt.“
„Er ist bestimmt sehr beschäftigt mit diesem Rüstungsprojekt. Er arbeitet da ja mit diesem Jura-Professor und zwei Zivilanwälten zusammen. Aber so was hat ihn in der Vergangenheit noch nie davon abgehalten, sich um Mac zu kümmern.“
Julie und Anna setzten beide ein verschmitztes Lächeln auf.
„Was ist?“, fragte Harriet.
„Naja, wir beide...“ Julie zeigte auf Anna und sich, „...sind diese Zivilanwälte.“
„Und Prof. Montes... ist eine Frau,“ ergänzte Anna.
Harriet's Lippen formten ein „oh“. Sie brauchte einen kleinen Moment um ihre Gedanken zu sortieren. „Ihr wollt mir jetzt aber nicht erzählen, dass Cdr. Rabb etwas mit dieser Montes angefangen hat, oder?“, fragte sie ungläubig. „Gerade jetzt, wo es Mac so schlecht geht. Das kann ich einfach nicht glauben,“ stammelte sie.
Julie hatte ihre Stirn in Sorgenfalten gelegt. „Tja Harriet, das ist die 1 Mio.-Dollar-Frage. Aber wir beabsichtigen, herauszufinden, was da genau los ist und dann werden wir sehen, ob man da noch etwas retten kann.“
Es legte sich eine nachdenkliche Stille über den Raum.
„Darf ich Euch etwas fragen?“ Harriet sah die beiden an.
Auf das Nicken der beiden fuhr sie fort: „Wie kommt es, dass ihr erst jetzt auf der Bildfläche erscheint, um Mac zu helfen. Dieses Drama entfaltet sich ja nun schon über mehrere Jahre.“
Julie lächelte milde. „Wir haben für über ein Jahr in einem unserer deutschen Büros gearbeitet und auch zuvor waren wir viel in der Weltgeschichte unterwegs. Natürlich haben wir regelmäßig mit Mac telefoniert und auch E-Mails geschrieben, aber wie Du weißt, trägt Mac ihren Gemütszustand nicht gerade am Revers. Und aus der Ferne ist schwer zu beurteilen, wie es jemandem geht. Besonders, wenn er darauf trainiert ist, seine Gefühle zu verbergen.“
„Wir haben uns damals, als die Hochzeit abgesagt wurde, natürlich so unsere Gedanken gemacht, aber Mac hatte ziemlich überzeugend klar gemacht, dass es ihr soweit gut geht und was soll man aus der Entfernung ausrichten. Zumal wir Cdr. Rabb nur aus Mac's Erzählungen kannten,“ ergänzte Anna.
„Und was jetzt?“ Harriet machte sich sichtbar große Sorgen.
„Erst einmal bittet Mac darum, dass Du A.J. wegen des Geburtstagsgeschenks vertröstest, denn solange sie im Urlaub ist, wird sie nicht mit ihm ins Museum gehen können und danach... nun irgendwie werden sie und Harm es wohl schaffen, sich für einen Nachmittag nicht an die Kehle zu springen,“ Julie schüttelte den Kopf und seufzte.
„Das ist kein Problem,“ sagte Harriet. „Ich werde A.J. sagen, dass Tante Mac für eine Weile verreist ist. Das versteht er schon.“ Sie machte eine kleine Pause. „Aber was ist mit Mac und Harm?“
„Mal sehen. Zunächst müssen wir herausbekommen, was im Hinblick auf Prof. Montes wirklich läuft und wenn da was läuft, was da in Harm gefahren ist.“ Ein listiges Lächeln breitete sich über Anna's Gesicht aus. „Und dann sehen wir weiter.“
„Wir werden wahrscheinlich Deine Hilfe brauchen, Harriet,“ Julie sah sie fragend an.
Harriet war entschlossen. „Hey, ich warte seit einer Ewigkeit, dass die beiden endlich mal zu Potte kommen. Natürlich helfe ich, wo ich kann. So, wie es jetzt ist, kann es jedenfalls nicht mehr weitergehen.“ Dann wuchs ein Grinsen auf ihrem Gesicht. „Ihr beide wisst aber schon, dass Mac Euch gehörig in den Hintern treten wird, wenn Ihr Euch in ihr Leben einmischt.“
Alle mussten herzhaft lachen
(etwa drei Wochen später)
0900 ZULU (0200 Tango)
Corpus Christi, Minicipal Marina
Corpus Christi, TX
John Adams – 53 Jahre alt, zerklüftetes Gesicht, untersetzte Figur – legte mit seinem Kutter gerade von der People’s Street ab. Es war ein lauer Junimorgen. In ca. drei Stunden ging die Sonne auf und John hoffte, heute mehr Glück beim Shrimp-Fang zu haben. Er stand hinter dem Steuerrad, hatte sich eine Pfeife angezündet, seine Mütze tief ins Gesicht gezogen und steuerte seinen Kutter in die Corpus-Christi Bay.
Nach einigen Minuten verschlechterte sich seine Laune, wie jeden Tag, wenn er an der Naval Station Ingleside vorbeikam. Zu viele schlechte Erinnerungen verbanden ihn mit der Armee, die er eigentlich hatte vergessen wollen. Aber auch nach all den Jahren hatte er nicht den Schritt gewagt, aus Corpus Christi wegzuziehen. Missmutig ließ er die Naval Station hinter sich und lenkte seinen Kutter weiter Richtung Süden. Noch in Gedanken versunken über seine Zeit als aktiver Soldat und seine Zeit in Vietnam erreichte er seinen angestammten Platz und begann seine Netze auszulegen.
Nachdem er seine Netze vollständig ausgelegt hatte, ging er auf die Brücke und setzte sich in seinen Stuhl. Er würde erst wieder in ca. 4 Stunden seine Netze einholen. Bis dahin gab es nichts weiter für ihn zu tun, als zu warten. Da es noch sehr früh am Morgen war, schloss er die Augen und döste vor sich hin.
0930 ZULU (0230 Tango)
Naval Station Ingleside
Ingleside, TX
Capt. Andrew Hall stand mit seinem XO, Cdr. David Walker auf der Brücke der USS Kingfisher und gab seinem XO die letzten Anweisungen, bevor sie ausliefen.
„XO, heute werden wir in der Corpus-Christi Bay die Arbeitsabläufe bei der Minensuche weiter verbessern. Nach der letzten Übung war ich mit den Leistungen nicht zufrieden. Machen Sie der Crew klar, dass ich dieses Mal keine Fehler dulden werde. Im Ernstfall können wir uns auch keine Fehler leisten.“
„Aye, aye, Sir,“ erwiderte Walker und wandte sich der Crew zu.
1100 ZULU (0400 Tango)
Corpus-Christi Bay, TX
John war zwischenzeitlich eingeschlafen, als ihn eine gewaltige Erschütterung begleitet vom ohrenbetäubenden Lärm zerberstenden Metalls aus seinem Stuhl riss. Der Kutter schwankte gewaltig und es dauerte eine Weile, bis er sich orientieren konnte. Er rappelte sich auf und als er von der Brücke herabblickte, sah er, dass die Hälfte des Buges fehlte. Direkt vor seinem Kutter sah er die Flanke eines Minensucher, der ihn gerammt hatte.
Capt. Hall und Cdr. Walker standen bereits an der Reling, um den Schaden an beiden Booten zu begutachten.
„Das haben Sie ja mal wieder klasse hinbekommen, Capt.,“ schrie John zu ihnen hinüber und riss sich wütend seine Mütze vom Kopf. „Mein Boot war nagelneu, noch nicht einmal abbezahlt.“
„Sir,...“ weiter kam Capt. Hall jedoch nicht, weil John weiter seinem Unmut Luft machte.
„Grrrrrrr, sehen Sie sich mein Boot an, da ist nichts mehr zu retten,“ John hatte derweil den Schaden an seinem Boot begutachtet, „und wer wird mir den Schaden jetzt an meiner ‚Mary’ ersetzen?“ mit bitterer Miene schaute er von Capt. Hall zu Cdr. Walker und wieder zum Captain, „Wie ich die Navy kenne, werden sie sich ja eh wieder rausreden und ich bin dann der Dumme,“ fluchte John weiter und machte kehrt, da er sich nicht auf ein weiteres Gespräch mit Capt. Hall und Cdr. Walker einlassen wollte.
1400 ZULU (0700 Tango)
Naval Station Ingleside
Ingleside, TX
„Stehen Sie bequem,“ befahl Capt. Byran. Ihre gesamte Körperhaltung verriet ihren Ärger über die Situation. Capt. Rita Byran war Mitte 40, 1,68 m groß und Afro-Amerikanischer Herkunft. Sie hatte ihre geflochtenen Haare zu einem Zopf zusammengebunden und wirkte dadurch streng. Was man in ihren Augen sah, zeugte von unendlicher Willensstärke.
„Capt., können Sie mir erklären, wie es zu diesem Zusammenstoß kommen konnte?“ kam Capt. Byran sofort aufs Thema. Sie war außer sich vor Wut, als sie von diesem Zwischenfall heute morgen erfahren hatte. Die beiden Offiziere standen weiterhin stramm vor dem Schreibtisch von Capt. Byran, die keine Anstalten machte, den beiden einen Platz anzubieten.
„Wir waren unterwegs, um die Arbeitsabläufe bei der Minensuche zu verbessern, Ma’am. Dann fiel plötzlich das Radar aus. Der Radarleitoffizier versuchte noch, das Problem zu lösen, als es auch schon zu dem Unfall kam. Wir hatten den Kutter zuvor nicht auf unserem Radar gesehen. Außerdem hatte der Kutter von Mr. Adams auch keine Positionslichter an, so dass wir ihn aufgrund der Dunkelheit auch nicht mit bloßem Auge sehen konnten. Aber das soll keine Entschuldigung für den Vorfall sein.“
Capt. Byran nickte von Zeit zu Zeit. „Ich vermute, dass wir bereits beim Auslaufen die Probleme mit dem Radar hatten. Ich lasse meine Männer gerade das Radar auseinander nehmen, um herauszufinden, worin der Fehler bestand. Ma’am, ich übernehme die volle Verantwortung für diesen Zwischenfall,“ erklärte Capt. Hall. Der Blick von Capt. Byran verriet, dass sie auch nichts anderes erwartet hätte.
„Capt., ich werde durch Lt. Parker eine offizielle Untersuchung des Vorfalls durchführen lassen, um mir ein genaues Bild über die Vorgänge zu machen. Danach werde ich weitere Schritte einleiten. Bitte halten Sie sich und ihre Crew für die Befragung durch Lt. Parker bereit,“ befahl Capt. Byran.
„Aye, aye, Ma’am,“ erwiderte Capt. Hall.
„Okay, was den Schaden an dem Boot von Mr. Adams anbelangt, werde ich versuchen, mit ihm eine vergleichsweise Lösung der Angelegenheit zu erwirken. Wegtreten.“
„Aye, aye, Ma’am,“ erwiderten Capt. Hall und Cdr. Walker und verließen das Büro von Capt. Byran.
1630 ZULU (0930 Tango)
Naval Station Ingleside
Ingleside, TX
„Mr. Adams, danke, dass Sie so kurzfristig Zeit hatten, sich mit mir und Lt. Parker zu treffen,“ begrüßte Capt. Byran John Adams. Widerwillig erwiderte John den Handschlag von Capt. Byran.
„Bitte nehmen Sie Platz, Mr. Adams,“ Capt. Byran bot Mr. Adams einen Stuhl am Konferenztisch an, woraufhin sich dieser schwerfällig auf den Stuhl setzte. „Darf ich fragen, ob ihr Anwalt auch noch zu dieser Besprechung erscheint?“ fragte Capt. Byran nachdem alle am Konferenztisch Platz genommen hatten.
„Ich brauche keinen Rechtsverdreher,“ antwortete John missmutig.
Capt. Byran nickte kurz zur Bestätigung ehe sie fortfuhr: „Mr. Adams, für den Vorfall gestern morgen möchte ich mich bei Ihnen in aller Form entschuldigen. Ich habe bereits mit dem Capt. der Kingfisher gesprochen,“ begann Capt. Byran.
„Tse, ihr von der Navy haltet doch sowieso alle zusammen und der Captain des Schiffes kommt ungeschoren davon...“ begann John, der seiner Wut gegen die Navy wieder Luft machen wollte.
„Mr. Adams, dies ist keineswegs der Fall,“ unterbrach ihn Capt. Byran. „Das kann ich Ihnen versichern. Der Captain hat die Schuld für den Unfall auf sich genommen. Er wird in einem gesonderten Verfahren zur Rechenschaft gezogen werden...,“ Capt. Byran machte eine Pause, um ihre Worte wirken zu lassen.
„Mit einer einfachen Entschuldigung lasse ich mich nicht abspeisen!“ verkündete John.
„Mr. Adams, ich weiß, was es für Sie heißt, ihr Schiff und ihre Lebensgrundlage verloren zu haben,“ bei diesen Worten konnte sie ein deutliches missbilligendes Schnauben von John vernehmen. „Mr. Adams, ich möchte diese Angelegenheit so unkompliziert wie möglich für Sie und auch für uns lösen. In Zeiten wie diesen sollten wir unsere gesamte Kraft für den Erhalt und die Schaffung des Friedens einsetzen,“ der Unmut von John wuchs immer weiter.
„Ich habe das ganze Gerede über ‚Erhalt und Schaffung von Frieden’ und 'Verteidigung der Freiheit' satt,“ platzte es nun aus ihm heraus. „Ich habe selbst in Vietnam gekämpft. Ich weiß also, wovon ich rede.“ John sah Capt. Byran dabei das erste Mal direkt an. Diese erwiderte den Blick offen und John fuhr fort: „Ich kann das alles nicht mehr hören. Zu allem Überfluss konnte ich meinen Sohn nicht davon abhalten, sich freiwillig zu melden. Er ist seit Ende letzten Jahres im Irak stationiert und setzt dort unten für nichts und wieder nichts sein Leben aufs Spiel.“
Capt. Byran räusperte sich und versuchte, das Thema galant zu umgehen: „Mr. Adams, ich kann ihren Unmut verstehen, aber wir sollten beim Thema bleiben.“
„Mr. Adams,“ zum ersten Mal ergriff Lt. Parker bei diesem Treffen das Wort. „Capt. Byran hatte mich beauftragt, Ihnen ein Vergleichsangebot zu unterbreiten. Unter den gegebenen Umständen kann ich Capt. Byrans Wunsch nur entsprechen, die Angelegenheit ohne Einschaltung von Gerichten zu lösen. Ich habe hier eine Liste angefertigt, in der der Schaden ihres Bootes konkret beziffert wird, außerdem habe ich mir erlaubt, für die Zeit, in der sie ihrer Arbeit nicht nachkommen können, ihren Verdienstausfall zu berechnen,“ führte Lt. Parker weiter aus und reichte John eine Kopie der Aufstellung, die dieser sich aufmerksam durchlas.
Als John die Summe sah, die Lt. Parker errechnet hatte, bekam er große Augen. So viel Geld hatte er noch nie besessen. Am liebsten hätte John ohne weitere Verhandlungen das Geld sofort in Empfang nehmen wollen, wusste jedoch, dass es nicht ratsam war, erste Angebote anzunehmen.. Er hatte seine Euphorie schnell wieder im Griff und sah Capt. Byran ausdruckslos an. „Das ist jetzt nicht ihr ernst, oder? Sie wollen mich mit diesem Betrag abspeisen?“
„Das ist das äußerste, was wir Ihnen anbieten können, Mr. Adams,“ ergriff nun Capt. Byran wieder das Wort.
„Wenn das so ist, kann ich ja gehen und wir sehen uns vor Gericht wieder,“ stellte John unumwunden klar, der spürte, dass Capt. Byran mit allen Mitteln versuchen würde, die Sache ohne Einschaltung von Gerichten zu klären.
„Mr. Adams, ich halte nicht viel davon, wenn wir die Angelegenheit öffentlich austragen,“ entgegnete Capt. Byran.
„Dann machen Sie mir ein Angebot, mit dem ich leben kann,...“ erwiderte John.
Capt. Byran studierte John kurz, der jedoch einen völlig neutralen Gesichtsausdruck aufgesetzt hatte. Kaum hörbar seufzte sie auf, bevor sie fortfuhr: „Gut, Mr. Adams!“ Capt. Byran nahm ein Stück Papier, schrieb eine Zahl auf und reichte es John.
Er nahm sich sehr viel Zeit, um über den nunmehr angebotenen Betrag nachzudenken. In den Augen von Capt. Byran wohl etwas zu viel Zeit. „Das ist das letzte Angebot, was ich Ihnen machen kann, Mr. Adams!“ stellte Capt. Byran ausdrücklich klar.
„Okay, ich glaub, der Preis ist fair,“ antwortete John nach einer weiteren Pause, in der er Capt. Byran aus den Augenwinkeln beobachtete.
Liebe Grüsse Petra
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Ein Lächeln huschte über das Gesicht von Capt. Byran. „Dann wäre das geklärt. Schön, dass wir uns doch noch einigen konnten, Mr. Adams!“ Mit diesen Worten reichte Capt. Byran John die Hand, die dieser ergriff.
Mit einem Lächeln auf seinem Gesicht verabschiedete sich John von Capt. Byran und Lt. Parker.
(etwa eine Woche später)
1500 ZULU (0800 Tango)
Naval Station Ingleside
Ingleside, TX
Capt. Byran saß in ihrem Büro. Sie war mit sich und der Welt zufrieden. Sie war immer noch froh, die Sache mit dem Fischer so schnell geregelt zu haben. Der Fernseher in ihrem Büro lief und sie nahm die „Corpus Christi Caller Times“ von dem Stapel, der sich auf ihrem Schreibtisch befand und faltete sie auseinander. Als sie die Schlagzeile auf der 1. Seite las, verschlug es ihr fast die Sprache...
US-NAVY ERKAUFT SICH SCHWEIGEN EINES FISCHERS
TBC....
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