VS 10x08 - Machtspiel von fa sai und Elke

#1 von Petra-Andreas , 13.05.2007 00:23

Title: “Machtspiel”
Author: fa sai, Elke
E-Mail: wer uns erreichen will, weiß wo!
Feedback: immer erwünscht, aber bitte immer schön freundlich bleiben! ;-)
Rating: PG-13
Category: JAG-Story
Summary: Das ist unsere Vorstellung, wie es nach “H&F” weitergehen sollte.
Spoiler: 8. Folge der Virtual Season 10
Disclaimer: JAG und alle Charaktere gehören Donald P. Bellisario, Belisarius Productions, CBS und Paramount. Ausnahmen: Richard Quinn, Elizabeth McNeel und Adm. Corin sind eine Gemeinschaftsproduktion der Mitglieder des Forums. Julie Graham und Annabelle Lorenzen gehören Elke und mir ganz allein!!
Dank: Unser Dank geht an unsere Betas, die wieder eine sehr gute Arbeit geleistet haben!

1. Hinweis:
In den nächsten Folgen haben wir den Charakteren einige Zitate in den Mund gelegt, die es herauszufinden gilt. Wir wünschen viel Spaß beim Suchen! Auf den/die Gewinner/in wartet eine Sprechrolle in der nächsten Folge! (ausgenommen sind die Bibel-Zitate, die ‚unser/e’ Mörder hier verwendet/verwenden.)

2. Hinweis:
Wir schreiben eine Serie. Aus diesem Grund ist es notwendig die vorhergegangenen Folgen gelesen zu haben, um zu verstehen, worum es geht...

3. Hinweis:
Es handelt sich – wie der Name schon sagt – um eine virtuelle Saison – Also alles reine Fiktion. Das schließt auch die Werbung mit ein!


Was zuletzt geschah...

„Das war Sheriff Braxton. Er hat mir gerade mitgeteilt, dass an der Landstraße in der Nähe von Rancho Bernardo eine Leiche gefunden wurde.“


„Wer hat die Leiche gefunden, Sheriff?“ fragte Julie.

„Pfadfinder auf dem Rückweg von einer Nachtwanderung,“ antwortete der Sheriff tonlos.

Anna und Mac verzogen leicht das Gesicht. Eine Leiche zu finden war wohl eines der Dinge, auf die noch nicht mal Pfadfinder vorbereitet sein konnten.

„Gibt es schon Anhaltspunkte, wer der Tote ist und seit wann er dort liegt?“ fragte Harm.


„Hey, Christian, was ist?“ fragte Harm, als er bemerkte, dass der deutsche Polizist gedankenverloren in die Richtung des Leichenfundortes starrte.

Der schnappte aus seiner Reverie und sagte: „Es ist nur so ein Gefühl, aber irgendetwas beunruhigt mich an dieser ganzen Sache noch mehr als zuvor.“


Vorspann...


1930 ZULU (1130 Uniform)
Martha’s B&B, Arbeitszimmer
Poway, CA

Julie und Anna hatten das ehemals wohnliche Gästezimmer mit Martha's Hilfe vollständig umfunktioniert. Das schmale Einzelbett war an die von der Tür aus gesehen linke Wand geschoben worden, wo es nicht im Weg stand. Gegenüber der Tür befand sich ein großes von geblümten Vorhängen gesäumtes Fenster, vor dem eine große Couch stand, die von zwei Sesseln flankiert wurde. Vor der rechten Wand stand ein großer Tisch mit drei Stühlen.

Der in einem fröhlichen Gelb gestrichene und mit einer Blumenbordüre dekorierte Raum war vom leisen Summen der Laptops und des Druckers erfüllt. Vom geöffneten Fenster her wehte ein leichter Wind, der für etwas Kühlung sorgte. Auf dem Tisch stapelten sich Bücher und Ordner und diverse lose Notizzettel lagen überall verstreut.

Anna saß mittlerweile in bequemer schwarzer Jazz-Pant und weißem T-Shirt im Schneidersitz mit dem Rücken gegen die Vorderseite der Couch lehnend auf dem Boden und kaute auf ihrem Stift herum, während sie angestrengt auf den Bildschirm ihres Notebooks starrte, das sie auf ihrem Schoß balancierte. Um sich herum auf dem Boden hatte sie ihre Notizen ausgebreitet. Das Weiß des Papiers kontrastierte scharf gegen den dunkelblauen Teppich. Mit einem Seufzen strich sie sich eine widerspenstige Haarsträhne aus dem Gesicht, die sich aus dem losen Knoten, zu dem sie ihre Haare hochgesteckt hatte, selbständig gemacht hatte.

Julie hatte sich auf dem Sofa niedergelassen. Sie saß mit dem Rücken gegen die hohe Armlehne und hatte die Beine ausgestreckt, so dass ihr Laptop auf ihren Oberschenkeln lag. Auch sie trug eine bequeme schwarze Hose und dazu einen dünnen dunkelgrünen Pullover. Sie und Anna hatten entschieden, dass es für sie beide nervenschonender sei, dem Botschafter einen Bericht als Wasserstandsmeldung per E-Mail zu schicken anstatt sich am Telefon sein Gejammer über die Misslichkeit der gesamten Situation anhören zu müssen. Aus diesem Grund war sie nun damit beschäftigt, aus den wenigen Fakten, die sie bisher hatten, einen Bericht zu basteln, der ihnen den eifrigen Diplomaten wenigstens vorläufig vom Halse halten würde.

Mac hatte es sich in dem Sessel bequem gemacht, der zur Linken der Couch stand, und studierte die Ermittlungsakte des CSI im Fall des Mannes, der an der Landstraße gefunden worden war.

Harm saß in dem anderen Sessel zur rechten Seite des Sofas und übertrug einige seiner handschriftlichen Notizen auf sein Notebook. Christian saß am Tisch und machte sich gelegentlich Notizen, während er in Fachbüchern und Berichten blätterte.

Anna sah von ihrem Laptop auf und sah schmunzelnd in die Runde < Kreatives Chaos >, war der Gedanke, der ihr durch den Kopf schoss. < Naja, hoffentlich kreativ. > Sie streckte ihren Rücken ein wenig und nahm einen Schluck aus der Wasserflasche, die neben ihr auf dem Boden stand. Schließlich räusperte sie sich und sagte: „Wie wär's, wenn wir rekapitulieren, was wir bisher haben und dann zusammentragen, was jeder von uns dazu zu sagen hat?“

Die anderen sahen von ihrer Arbeit auf und äußerten ihre Zustimmung.

„Gut, dann fange ich mal mit den groben Eckdaten an.“ Anna legte ihren Stift zur Seite und setzte sich aufrecht hin. „Wir haben bisher vier Opfer; jeweils zwei Frauen und zwei Männer. Die deutsche Studentin Katrin Pieroth war Anfang Zwanzig, das Ehepaar Chapman in den Enddreißigern und unser letztes Opfer wohl Mitte Vierzig. Alle sind weiß und ihr Hintergrundcheck hat nichts ergeben, was auf eine Verbindung untereinander oder ein mögliches Motiv hindeutet. Die Frauen waren deutsche Staatsbürger. Die Männer hatten – in einem Fall eine direkte, in einem Fall eine indirekte - Verbindung zum Militär. Die Morde erfolgten wohl im Abstand von einer Woche.

Die identische Vorgehensweise deutet auf einen einzigen Täter hin. Er hat bisher immer ein 'Souvenir' in Gestalt von Organen der Opfer mitgenommen und bei den ersten drei entdeckten Opfern jeweils ein Bibelzitat an den Opfern zurückgelassen. Ansonsten gibt es bisher keine verwertbaren forensischen Spuren. Mac, kannst Du uns vielleicht kurz zusammenfassen, was die Polizei bisher zu unserem Opfer von heute morgen hat?“

„Sicher.“ Mac blätterte an den Anfang ihrer Notizen. „O'Mara hat vorhin durchgegeben, was sie bisher haben. Sie sind aber noch dran. Also... Der Name des Opfers ist Howard Nicholls. Er war Mitte Vierzig, geschieden, Installateur von Beruf und hat einen Sohn, der in Cleveland aufs College geht. Seine Ex-Frau arbeitet auf der Navy-Base in San Diego als zivile Bürokraft. Daraus ergibt sich eine, wie Anna schon sagte, indirekte Verbindung zu den Streitkräften. Nach der vorläufigen Einschätzung von Dr. Newman ist Nicholls ca. eine Woche vor den Chapmans gestorben. Die Vorgehensweise des Täters war nach dem ersten Augenschein heute Morgen so wie bei den anderen Opfern. Genaueres wird die Autopsie heute Nachmittag ergeben. Die Schrift auf dem Stück Papier, das die Spurensicherung bei der Leiche gefunden hat, war so verwittert, dass wir warten müssen, was das Labor dazu sagt.“

„Würde mich nicht wundern, wenn es wieder ein Bibelzitat ist,“ sagte Harm.

„Das bleibt abzuwarten,“ entgegnete Mac, ohne Harm anzusehen.

„Irgendwie ergeben die Hinweise keinen eindeutigen Sinn,“ seufzte Harm.

„Das könnte daran liegen, dass das Ganze meist mehr ist als die Summe seiner Teile,“ entgegnete Mac.

Julie sah Anna an und rollte mit den Augen.


Liebe Grüsse Petra

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RE: VS 10x08 - Machtspiel von fa sai und Elke

#2 von Petra-Andreas , 13.05.2007 00:41

„Christian, wie weit bist Du mit dem Profil?“ fragte Anna den bisher schweigsamen Polizisten. Der fuhr jedoch fort, nachdenklich auf eine bestimmte Seite in dem Buch zu starren, das gerade vor ihm lag.

„Erde an Christian!“ wiederholte Anna in einer Sing-Sang-Stimme.

„Hmm?“ Er sah schließlich auf und sah Anna fragend an.

„Sind da Nacktfotos drin oder weshalb starrst Du sonst so gebannt in das Buch?“ Anna feixte von einem Ohr zum anderen angesichts des erschrockenen Gesichtsausdrucks ihres alten Freundes. Der runzelte schließlich nur die Stirn und sagte: „Nein, leider keine Nacktfotos, aber das hier...“ Er deutete auf das fragliche Buch. „... hat mich auf eine Idee gebracht. Allerdings will ich erst den Besuch bei meinen Kollegen abwarten und noch etwas recherchieren, bevor ich Euch meine brillante Theorie präsentieren kann.“ Er fletschte die Zähne zu einem breiten Grinsen.

„Ach, komm schon. Wir fischen hier ziemlich im Trüben. Also gib uns wenigstens sein Persönlichkeitsprofil soweit wie Du es bisher hast.“ Julie fuhr sich mit einer Hand durch ihre kurzen Haare.

„Meinetwegen, aber es ist noch nicht vollständig und ich bin mir in manchen Punkten noch nicht sicher,“ gab Christian schließlich nach. Er stand auf, nahm seinen Stuhl und stellte ihn so, dass sie alle in einer Runde saßen. Er lehnte sich nach vorne und legte seine Arme angewinkelt auf seinen Knien ab. „Es gibt ein paar Eigenschaften des Täters bei denen ich mir relativ sicher bin. Es handelt sich aller Wahrscheinlichkeit nach um einen männlichen Weißen.“ Die anderen rollten mit den Augen, worauf er nur grinste. „Aber das habt Ihr Euch auch denken können... Er stammt aus der Mittelschicht und war ein mittelmäßiger Schüler. Trotzdem ist er als hochintelligent einzustufen. Er hatte wohl eine durchschnittliche Kindheit und wurde nicht das Opfer von irgendwie gearteter Gewalt. Es ist, als...“ Er rieb sich nachdenklich mit der Hand über das Gesicht. „Es ist, als wolle er allen, die an seinen Fähigkeiten gezweifelt haben, beweisen, wie intelligent er ist.“

„Also ein kleines unverstandenes Genie, das loszieht und wahllos Leute ermordet?“ fragte Mac ungläubig mit hochgezogener Augenbraue.

Christian schüttelte den Kopf. „So einfach ist das nicht. Einerseits sucht er eine allgemeine Anerkennung, von der er glaubt, dass sie ihm zustünde. Andererseits glaube ich nicht, dass es ein zwanghaftes Töten ist. Er hat sich bewusst für diesen Weg entschieden, weil...“ Er ließ einen Stoßseufzer entweichen und sein Gesichtsausdruck verfinsterte sich. „... weil es ihn reizt, versteht Ihr. Er inszeniert die Morde in einer Art die regelrecht schreit: 'Seht nur wie großartig ich bin.' Er sieht sich als Künstler und die Morde sind seine Ausdrucksform.“

„Vielleicht hätte er mal lieber einen Volkshochschulkurs in Aquarellmalerei belegen sollen,“ schnaubte Harm.

Christian sah ihn mit einem Schulterzucken an. „Ich habe zu den Gründen für seine Vorgehensweise eine Theorie, aber ich will das erst noch verifizieren...“

Anna sah Christian nachdenklich an. Julie tippte ihr auf die Schulter, woraufhin Anna sich zu ihr umwandte. Die beiden tauschten einen kurzen Blick und schon war die stille Kommunikation zwischen den beiden auch wieder beendet, bevor einer der anderen etwas davon bemerkt hätte.

Harm sah letztlich von seinen Notizen auf. „Das heißt also, dass die Theorie vom religiös motivierten Täter vom Tisch ist?“

„Ich bin mir relativ sicher, dass die Morde keinen religiösen Hintergrund haben. Die Bibelzitate sind wahrscheinlich kein Hinweis auf seine Motivation, sondern lediglich Teil seiner Inszenierung. Sie könnten Botschaften enthalten und sie können uns einen Hinweis darauf geben, wie er tickt.“

„Also wenn Ihr mich fragt, dann tickt der Typ eindeutig neben dem Takt,“ brummte Julie.

„Wenigstens können wir dem Botschafter mitteilen, dass die Morde nichts mit der Nationalität der Opfer zu tun haben. Das wird ihn ungemein beruhigen,“ sagte Anna.

Mac blickte nachdenklich in die Runde, bevor sie fragte: „Wird er weiter morden?“

„Ja,“ antworteten Christian und Anna simultan.

Harm runzelte die Stirn. „Irgendeine Chance, ihn zu stoppen?“

„Sicher,“ sagte Christian voller Überzeugung. „Es ist relativ simpel. Wir müssen ihn schnappen, bevor er das nächste Mal zuschlägt.“

Die fünf schwiegen sich für einen Moment an. Doch schließlich wurden sie aus ihren Gedanken gerissen, als Harms Mobiltelefon klingelte. Er zog es aus seiner Hosentasche und sah entschuldigend in die Runde und dann auf das Display, konnte aber keine Nummer erkennen. Er nahm das Telefonat an und meldete sich: „Rabb.“

Er lächelte als sich sein Gesprächspartner meldete und bedeutete den anderen, dass er zum Telefonieren in sein Zimmer gehen würde und verließ den Raum.


Während sich Julie und Mac daran machten, das allgemeine Chaos im Raum wenigstens halbwegs zu beseitigen, war Anna aufgestanden und stand nun neben Christian, der wieder in dieses ominöse Buch vertieft am Tisch saß. Sie sah ihn einen Moment schweigend an.

Sie legte Christian schließlich eine Hand auf die Schulter.

Christian drehte sich zu ihr um und sah sie fragend an. Sie neigte ihren Kopf in Richtung des Buches, bis ihr Blick schließlich wieder auf Christian zu ruhen kam.

„Das ist aber nicht das einzige, was Dir Sorgen macht, oder?“ Anna runzelte die Stirn.

Christian betrachtete scheinbar interessiert das Muster auf dem Teppich zu seinen Füßen, bevor er leise sagte: „Nein, ich fürchte nicht.“


Hinweis:
Wir haben uns die Splittscreen-Technik von „24“ ausgeliehen, um Euch die nächste Szene präsentieren zu können. Die Szenen, die in La Jolla „spielen“, sind fett/kursiv hervorgehoben.


2107 ZULU (1307 Uniform)
Haus der Burnetts // Martha’s B&B
La Jolla, CA // Poway, CA

Nachdem Harm die Tür des Arbeitszimmers hinter sich geschlossen hatte, begrüßte er seinen Anrufer: „Hallo Mom.“ Er wandte sich nach rechts und ging den Flur entlang. Vor seinem Zimmer blieb er stehen und öffnete die Tür.

„Wie geht es Dir?“ Seine Mutter hatte es sich im Wohnzimmer auf der Couch gemütlich gemacht. Die Zeitung von heute lag vor ihr auf dem Couchtisch.

„Mir geht es gut.“ Harm war nun in das Zimmer getreten und schloss hinter sich die Tür.

„Ich habe Dein Bild in der Zeitung gesehen. Warum hast Du nicht Bescheid gesagt, dass Du in der Nähe bist?“ Trish hatte sich die Zeitung vom Couchtisch genommen und betrachtete die Titelseite, auf der ihr Sohn abgebildet war.

„Ich wollte Dich schon anrufen, aber ich kam bislang noch nicht dazu. Wir haben sehr viel zu tun, Mom,“ entschuldigte er sich. Harm war in Richtung Schreibtisch gegangen und setzte sich auf den Stuhl, der am Fenster vor dem Schreibtisch stand.

„Ist schon gut. Aber ich war doch einigermaßen überrascht aus der Zeitung zu erfahren, dass Du in San Diego bist.“

„Mo-om!“ sagte er leicht empfindlich. „Wie geht es Dir überhaupt,“ wechselte Harm das Thema.

„Mir geht es gut und Frank auch.“

„Das ist schön zu hören. Was macht Frank so?“

„Er sitzt draußen auf der Veranda und arbeitet. Er hat sich mal wieder Arbeit mit nach Hause gebracht,“ sagte sie ein wenig vorwurfsvoll.

„Kann er es immer noch nicht lassen?“ sagte Harm mit einem Lächeln auf dem Gesicht.

„Nein, ich habe das Gefühl, dass er jetzt sogar mehr arbeitet als früher,“ seufzte sie. „Frank hat übrigens heute morgen den Artikel in der Zeitung gesehen. Wie kommt ihr denn überhaupt bei dem Fall voran?“

„Mühsam. Große Fortschritte haben wir noch nicht gemacht.“

„Ihr werdet den Fall schon lösen.“

„Das hoffen wir,“ erwiderte Harm mit einem Seufzer.

„Gibt es Probleme?“ fragte seine Mutter besorgt.

„Nein, nicht mehr als das Übliche, wenn man die Umstände bedenkt. Anna und Julie sind eine große Hilfe.“ < Wenn man mal davon absieht, dass sie mir ansonsten das Leben schwer machen!]/i] > fügte er in Gedanken hinzu.

„Wer sind Anna und Julie?“ wunderte sich Trish.

„Das sind die beiden deutschen Anwälte, mit den wir hier vor Ort zusammenarbeiten,“ erklärte Harm.

„Ach ja, ich habe gelesen, dass zwei der Opfer Deutsche waren und die deutsche Regierung selbst Anwälte mit der Aufklärung beauftragt hat.“

In diesem Moment kam Frank in das Wohnzimmer und sah seine Frau fragend an. Sie zeigte mit einer Hand auf den Telefonhörer und ihre Lippen formten das Wort „Harm“.


Frank bedeutete ihr, das Telefonat auf den Lautsprecher zu legen. „Harm, Frank ist gerade ins Wohnzimmer gekommen, ich stelle das Telefonat auf den Lautsprecher.“ Kaum hatte Trish die Taste betätigt, grüßte Frank seinen Stiefsohn: „Hallo Harm.“

„Hallo Frank,“ gab dieser freundlich zurück.

„Hast Du es endlich geschafft, Dich zu melden?“ Frank setzte sich neben Trish auf die Couch.

„Mom hat angerufen.“

„Deine Mutter war nicht sehr erfreut, erst aus der Zeitung zu erfahren, dass ihr einziger Sohn in San Diego ist und er es nicht für nötig hielt, sich bei ihr zu melden.“ Trish sah, wie sich Franks Mundwinkel nach oben bewegten.

„Wenn wir hier nicht zu viel zu tun hätten, hätte ich mich schon längst gemeldet,“ versuchte er sich zu entschuldigen.

„In Ausreden warst Du noch nie verlegen gewesen, Harm,“ bemerkte er mit einem Grinsen auf dem Gesicht.

„FRANK!“ kam es unisono von Harm und Trish. Frank musste bei dem „Ausbruch“ der beiden herzhaft lachen.

„Zwei vom gleichen Schlag. Wo hab ich da nur eingeheiratet,“ sagte er immer noch lachend, wobei Trish nur den Kopf schütteln konnte.

„Und Du bist immer noch ein richtiges Arbeitstier, habe ich gehört. Bringst Dir sogar die Arbeit mit nach Hause.“

„Da hat Deine Mutter mal wieder übertrieben!“ gab er zurück.

„So hat sich das aber nicht angehört, Frank,“ scherzte Harm.

„Ihr braucht jetzt beide nicht darüber zu debattieren, das habe ich mit Frank schon ein duzend Mal durch. Er wird sich nicht mehr ändern, Harm,“ mischte sich Trish in die Unterhaltung der beiden ein.

„Sonst alles in Ordnung bei Euch?“ wechselte Harm das Thema.

„Ja, danke der Nachfrage! Wie sieht es bei Euch aus?“ erwiderte Frank.

„Wie gesagt, haben wir sehr viel zu tun, aber wir ergänzen uns ganz gut.“

„Sag mal, wenn Ihr schon hier in der Nähe seid, wollt Ihr dann nicht alle bei uns vorbeikommen zu einem Abendessen?“ wollte seine Mutter wissen.

Hatte er eben richtig gehört? Hatte seine Mutter eben davon gesprochen, alle einzuladen? „Ich muss mal sehen, wann ich Zeit habe. Aber ich denke, dass ich das einrichten kann,“ nahm Harm die Einladung seiner Mutter an, während er nervös mit seinen Fingern auf dem Schreibtisch trommelte.

„Ich freue mich, Dich wieder zusehen. Aber Du kannst auch gern Deine Kollegen mitbringen. Ich kann mir vorstellen, dass Ihr ein bisschen Abwechslung braucht! Ihr seid alle herzlich willkommen,“ wiederholte Trish ihr Angebot.

< Also doch! > Harms Begeisterung über DIESE Einladung hielt sich sehr in Grenzen. „Ich denke auf mich können sie einen Abend verzichten. Aber ich weiß nicht, ob es die anderen einrichten können. Ich werde auf jeden Fall den anderen die Einladung weiterleiten,“ erklärte Harm als er ein Klopfen an der Tür vernahm. „Mom, Frank, ich muss jetzt Schluss machen... Es hat gerade geklopft.“

„Es war schön, wieder etwas von Dir gehört zu haben,“ erwiderte Trish „Ich rufe dann in den nächsten Tagen noch mal wegen eines Termins an.“

„Okay, Mom.“

„Mach's gut mein Junge.“


Liebe Grüsse Petra

Kalorien sind kleine Tierchen, die nachts die Kleidung enger nähen.

 
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RE: VS 10x08 - Machtspiel von fa sai und Elke

#3 von Petra-Andreas , 13.05.2007 00:49

2128 ZULU (1328 Uniform)
Martha’s B&B
Harms und Macs Zimmer
Poway, CA

„Mach’s gut,“ sagte er noch, aber seine Mutter hatte bereits aufgelegt. Mit einem Seufzer ging er zur Tür, um zu sehen, wer dort gerade geklopft hatte.

„Was gibts, Mac?“ fragte er, nachdem er die Tür geöffnet hatte und sah, wer vor der Tür stand.

„Telefonierst Du noch?“ fragte sie.

„Nein, ich bin fertig,“ sagte er und schwenkte das mittlerweile zugeklappte Telefon in seiner Hand.

„O.k. Ich wollte Dir auch nur sagen, dass wir im Arbeitszimmer klar Schiff gemacht haben. Julie und Anna wollen jetzt gleich zum CSI und ich begleite Christian zum Profiler. Wir fahren alle zusammen und könnten Dich beim Büro des Sheriffs absetzen.“

„Das wäre gut. Ich wollte ohnehin noch Kopien der bisherigen polizeilichen Ermittlungsberichte besorgen.“

„Gut, dann treffen wir uns in einer Stunde unten.“ Mac wandte sich zum Gehen.

„Hey, Mac, warte!“

Mac drehte sich um und Harm beeilte sich fortzufahren: „Das war meine Mutter.“ Er hielt das Telefon hoch.

„Sag ihr einen schönen Gruß von mir, wenn Du wieder mit ihr sprichst.“ < Warum erzählt er mir das? > Sie wollte sich erneut zum Gehen wenden, doch Harm kam ihr zuvor: „Sie wollte hören, was ich so mache und hat uns zum Abendessen eingeladen.“

„Harm, das ist doch kein Problem. Natürlich kannst Du zu Deiner Mutter fahren, wir kommen auch mal einen Tag ohne Dich aus.“ Mac krönte ihre Aussage mit der Sparversion eines Lächelns.

„Ähm, ich sagte, sie hat UNS zum Abendessen eingeladen.“ Nervös schaute er zu Boden und trat unbehaglich von einem Fuß auf den anderen.

Mac kämpfte derweil gegen ihren Fluchttrieb an. < Abendessen!! Mit Harm, seiner Mutter und seinem Stiefvater. Na wenigstens konnte der Tag nun offiziell nicht mehr schlimmer werden. >

„Ich weiß nicht, Harm...“ Sie hatte ein mehr als ungutes Gefühl in ihrer Magengegend und suchte nach einer Möglichkeit, die Einladung höflich abzulehnen.

Harm hob seinen Blick und schaute Mac nun direkt an. „Bitte Mac. Ich weiß, dass das kein guter Zeitpunkt ist...“ Noch immer stand sie auf dem Flur und er in der Tür. „... aber meine Mutter hat nicht nur uns beide, sondern auch Julie, Anna und Christian eingeladen.“

Mac hatte einen neutralen Gesichtsausdruck aufgesetzt, weshalb Harm einen letzten Versuch unternahm, sie von der Einladung zu überzeugen: „Es ist doch nur ein Abendessen – unter Kollegen. Komm schon, gib Dir 'nen Ruck.“

Seufzend gab Mac schließlich nach: „Okay einverstanden...“ < Ich weiß, dass ich das noch bereuen werde... >

Erleichtert atmete er aus. „Danke Mac.“ Ein dankbares Lächeln erschien auf seinem Gesicht, das sie gequält erwiderte. „Dann sage ich den anderen mal Bescheid...“ Damit trat Harm ebenfalls in den Flur. Mac machte einen schnellen Schritt zur Seite und er passierte in Richtung Treppe.

Mac sah Harm nach, als er die Treppenstufen hinunter verschwand und ließ die Luft aus ihren Lungen entweichen, die sie unbewusst angehalten hatte. Sie schüttelte ungläubig den Kopf. < Warum immer ich? >

2220 ZULU (1720 EST)
Sturgis’ Büro
JAG HQ, Falls Church, VA

Sturgis saß an seinem Schreibtisch und konzentrierte sich auf eine Akte, die vor ihm lag, als er durch ein Klopfen an der Tür hochblickte.

„Kommen Sie herein, Lt.,“ sagte er und wandte sich seiner Akte zu.

Lt. Elizabeth McNeel ging auf den Schreibtisch von Sturgis zu und wartete bis dieser mit seiner Arbeit fertig war.

„Was haben Sie für mich, Lt.?“ Mit diesen Worten klappte Sturgis die Akte zu und sah Liz fragend an.

„Sir, ich habe die Strafakte von Seaman Drewe besorgt und die Beurteilungen seiner Leistungen eingeholt. Das habe ich alles für Sie in diesen Ordnern zusammengestellt. In diesem Ordner...“ Liz reichte ihm eine rote Akte „...habe ich seine Beurteilungen zusammengefasst. Und hier, Sir, habe ich die Strafakte von Drewe...“ damit überreichte sie Sturgis eine beigefarbene Akte. „Die Anklagen wegen Diebstahl habe ich mit Post-Its für Sie markiert.“

„Danke, Liz,“ sagte Sturgis freundlich und warf einen Blick auf die Strafakte. Als er die erste Seite umblätterte, hob er erstaunt eine Augenbraue.

„Sie ist lang nicht wahr, Sir?“

Mit einem Grinsen blickte Sturgis von der Akte hoch und antwortete: „Ja, das ist sie in der Tat, Liz. Was sagen Sie, sollte der Seaman noch mal eine Chance bekommen?“

„Sir?“

„Sie haben die ganzen Informationen zusammen getragen. Sie kennen den Hintergrund... Was denken Sie, sollte der Seaman noch eine Chance in der Navy bekommen?“

„Obwohl die zivile Strafakte des Seamans sehr lang ist, hat er sich bis auf den Diebstahl der Übungsmunition in der Navy noch nichts zuschulden kommen lassen. Seine Beurteilungen sind tadellos. Seine Vorgesetzten bescheiden ihm sogar Führungsqualitäten und er hat sicherlich eine große Zukunft vor sich. Ich denke er hat eine zweite Chance verdient, Sir.“

„Dann sollten Sie sich eine gute Strategie überlegen, wie wir den Commander der Naval Base davon überzeugen können. Lassen Sie uns morgen früh nach Little Creek fahren, Liz.“

Mit einem „aye, aye, Sir,“ machte Liz kehrt und verließ Sturgis’ Büro. Dieser wandte sich erneut den Unterlagen zu, die Liz ihm eben gegeben hatte.


Breaking News
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Nächster Tag
1730 ZULU (1230 EST)
Naval Amphibious Base Little Creek, VA

„Sir, Ma’am, ich danke Ihnen!“ sagte Drewe. Die Freude über den Ausgang der Angelegenheit stand ihm auf dem Gesicht geschrieben.

„Bedanken Sie sich bei Lt. McNeel! Sie hat die Verteidigungsstrategie erarbeitet.“

„Ma’am!?“ wandte sich Drewe an Liz. Schüchtern streckte er ihr seine Hand entgegen. Liz ergriff seine Hand, woraufhin der Seaman ihre Hand überschwänglich schüttelte.

„Leider läßt sich eine wahrhafte Dankbarkeit mit Worten nicht ausdrücken. Ma’am!? Ich weiß nicht, was ich ohne Sie getan hätte,“ sprühte er vor Begeisterung.

„Keine Ursache, Seaman,“ gab Liz freundlich lächelnd zurück.

„Lassen Sie in Zukunft solche Sachen! Denn noch einmal wird der Captain Sie so nicht davon kommen lassen,“ kam es mahnend von Sturgis.

„Das werde ich, Sir.“ Der Seaman salutierte den beiden Offizieren und wandte sich dann zum Gehen. Sturgis und Liz sahen ihm zufrieden nach.

„Das war gute Arbeit, Liz,“ sagte Sturgis nachdem der Seaman außer Hörweite war und sie sich auf den Weg zum Parkplatz machten.

„Danke Sir.“

„Ich glaube, Seaman Drewe wird Ihnen sein Leben lang dankbar sein. Ich hoffe wirklich, er hat seine Lehren daraus gezogen, denn ansonsten wäre unsere Arbeit umsonst gewesen.“

„Der Captain hatte aber nicht ganz unrecht, dass sein „Nachgeben“ als Freibrief für die anderen angesehen werden könnte. Es ist verständlich, dass er sich keine Nachlässigkeit in seinem Führungsstil nachsagen lassen will. Ihre Argumentation, dass er bei einem Rauswurf erst recht auf die schiefe Bahn gelangen würde, hat ihn aber schließlich überzeugt.“

„Sie haben die Vorarbeit geleistet. Ich habe nur Ihre Argumente vorgetragen!“ Mit einem gewinnenden Lächeln sah Liz Sturgis an.

Die beiden hatten Stützpunktkommandanten in einer zähen Verhandlung davon überzeugt, dem Seaman noch eine Chance zu geben. Dank der hervorragenden Vorarbeit von Liz war es ihnen schließlich gelungen, eine Einigung zu erzielen.

Drewe kam noch einmal mit einem blauen Auge davon. Er wurde um einen Rang zum Seaman Recruit degradiert und sein Sold für einen Monat um 1/3 gekürzt, das allerwichtigste für den jungen Mann war aber, dass er in der Navy bleiben konnte.

2330 ZULU (1530 Uniform)
Nancy Ridge Drive
Sorrento Valley, SD, CA

Es war ja so einfach...

Es war so einfach, dass es einem beinahe den Spaß verderben konnte. Beinahe... Er saß in seinem Wagen, einem ziemlich mitgenommenen blauen Pickup, und beobachtete die Straße im Rückspiegel, während er zufrieden an seiner Zigarette zog. Er ließ den Rauch langsam durch die Nase entweichen und schnickte die Asche durch das offene Fenster. Es waren ein paar Wolken aufgezogen, was die nachmittägliche Hitze etwas milderte. Auf der Straße herrschte der für die Tageszeit übliche Betrieb.

In dieser Gegend wohnten diejenigen, die sich nichts Besseres leisten konnten. Es war nicht das schlechteste Viertel der Stadt, aber wer der Tristesse entkommen konnte, tat es möglichst schnell. An den meisten Häusern blätterte der Putz ab und auch sonst war der beginnende Verfall offensichtlich.

Sie würden bald kommen. Die Polizei, die Tatortermittler, der Gerichtsmediziner und die „Fünf Musketiere“. Er verzog das Gesicht. Er begann daran zu zweifeln, dass sie wirklich ebenbürtige Gegner für ihn waren. Sie tappten absolut im Dunkeln und er war sich sicher, dass sie nicht kommen sehen würden, was er geplant hatte. Ein kaltes Lächeln spielte um seine Lippen. Er würde der Welt beweisen, wie genial er in Wirklichkeit war.

Seine Gedanken kreisten um die Ereignisse der letzten paar Stunden. Er hatte sich wirklich äußerste Mühe gegeben und war zufrieden mit seinem Werk. Es war ein gutes Gefühl, Herr der Lage zu sein und der Terror in den Augen seiner Opfer ließ das Adrenalin in sein Blut schießen. Er hatte erneut peinlich darauf geachtet, keine Spuren zu hinterlassen. Außer denen, die er hinterlassen wollte.

Er sah auf seine Uhr. Sie mussten jeden Moment auftauchen. Als er wieder in den Rückspiegel blickte, sah er mehrere Wagen um die Ecke biegen und vor dem Haus zum Stehen kommen. Er erkannte den Wagen des Sheriffs, den auffälligen schwarzen Wagen der deutschen Anwälte und den Mietwagen der beiden JAG-Ermittler.

Auf in eine neue Runde. Er drehte den Schlüssel im Zündschloss, startete den Wagen und fuhr davon.

0000 ZULU (1600 Uniform)
2352 Nancy Ridge Drive
Sorrento Valley, SD, CA

Die Wagen hielten vor einem dreistöckigen Haus, dessen ehemals weiße Fassadenfarbe einen unschönen Graustich angenommen hatte.

Nachdem der Sheriff sie alle darüber informiert hatte, dass eine Nachbarin des Opfers die Polizei alarmiert hatte und dass die Tat innerhalb der letzten Stunden geschehen sein musste, machten sie sich daran, sich den Tatort anzusehen. Der Sheriff hatte zwei seiner Deputies bereits in das Gebäude geschickt und ging voran, gefolgt von O'Mara. Mit leichtem Abstand folgten die beiden JAG-Ermittler, die Anwälte und der deutsche Polizist.

Die fragliche Wohnung befand sich auf der zweiten Etage. Auf halber Strecke kam ihnen Deputy Standley entgegen, der eine in Tränen aufgelöste ältere Dame die Treppe hinunterführte.

< Das muss die Nachbarin sein, die das Opfer gefunden hat, > dachte Mac, als sie an ihr vorübergingen.

Sie erreichten den Hausflur in der zweiten Etage und gingen auf die Wohnungstür zu, vor der der andere Deputy bereits auf sie wartete. Auf der nur angelehnten Tür prangte die leicht schief montierte metallene Zahl „23“. Der junge Polizist entschuldigte sich eilig, nachdem er einige Worte mit dem Sheriff gewechselt hatte. Anna und Mac hatten ein flaues Gefühl im Magen und wechselten einen vielsagenden Blick.

O'Mara stellte sich vor die Tür. „O.k., Leute, das läuft folgendermaßen. Ich und mein Kollege...“ Er deutete in Richtung des Mannes, der mit zwei Metallkoffern bewaffnet den Gang entlang kam. „... gehen zuerst rein. Wir rufen Sie, sobald wir uns einen ersten Eindruck verschafft haben. Ich weiß, dass ich Ihnen das eigentlich nicht sagen muss, aber sicher ist sicher: Fassen Sie nichts an und passen Sie auf, wo Sie hintreten. - Also dann.“ Er nickte seinem Kollegen zu und betrat die Wohnung.

„Wollen wir da wirklich alle reinmarschieren?“ fragte Harm, während er den Tatortermittlern nachsah.

„Ich muss mir den Tatort ansehen,“ sagte Christian. „Außerdem gibt die Wohnung Aufschluss über die Lebensumstände des Opfers.“

„Ich bin zwar nicht gerade versessen darauf, aber ich glaube schon, dass wir uns den Tatort anschauen sollten,“ ergänzte Julie.

Während die drei sich darüber unterhielten, worauf bei den weiteren Ermittlungen zu achten sei, stand Mac mit dem Rücken leicht gegen die Wand gelehnt und starrte ein sprichwörtliches Loch in das gegenüber liegende Mauerwerk.

„Alles o.k, Mac?“ fragte Anna.

„Ja, ja, es geht schon.“

Anna rollte innerlich mit den Augen. „Rückenschmerzen?“

„Hm.“

„Krämpfe?“

„Hm.“

„Nun, das erklärt, warum Du heute Morgen vor Tau und Tag durchs Haus gewandert bist und warum Du dunkle Ringe unter den Augen hast. - Mac, ich möchte, dass Du zum Arzt gehst. Tu es Julie und mir zuliebe, o.k.?“

In diesem Moment kam O'Mara aus der Wohnung und wenn sein Gesichtsausdruck irgendeine Aussage trug, dann die, dass es wirklich schlimm sein musste. Er fuhr sich mit dem Handrücken über die Stirn. „O.k., meine Herrschaften, wir sind fürs Erste fertig.“ Er hatte einen Notizblock in der Hand und blätterte einige Seiten um. „Der Name des Opfers ist Sheila Kelly...“ O’Mara sah von seinen Notizen auf. „Wenn Sie wollen, können Sie sich Leiche und Tatort jetzt ansehen, aber...“ Er pausierte. „... ich glaube es ist die Warnung angebracht, dass alle mit einem schwachen Magen besser hier draußen bleiben.“ Er sah in die Runde. Die fünf erwiderten seinen Blick fest und traten einer nach dem anderen in die Wohnung. O’Mara folgte ihnen.

Die Wohnung war zwar klein, aber hell. Ein kleiner Flur, ein Bad, eine Küche, Schlafzimmer und das Wohnzimmer – der Tatort.

Julie und Anna zogen jeweils ein paar Latexhandschuhe aus ihren Jackentaschen und zogen sie über. Die Wohnung war sehr ordentlich. Man merkte, dass hier ein Soldat gelebt hatte. Die Küche war peinlich sauber und das Bett war so bezogen, dass es den Münztest ohne Probleme bestehen würde. Doch die Ordnung dieser Wohnung war empfindlich gestört worden.

Alle hielten buchstäblich die Luft an, als sie das Wohnzimmer betraten. Sie beneideten die Menschen, die sich den Luxus erlauben konnten, sich so etwas nicht ansehen zu müssen. Doch sie mussten hinsehen, es sich aus nächster Nähe ganz genau anschauen. Es war schließlich ihr Job.

Der Raum war gemütlich eingerichtet. Vielleicht ein wenig altmodisch. Auf einem beigen Teppich, der schon bessere Zeiten gesehen hatte, standen ein Couch, ein Sessel und ein niedriger Tisch. An einer Wand stand eine Glasvitrine, deren Inhalt Annas Aufmerksamkeit erregte. Vasen, Nippes aus Keramik. Ein Segment enthielt jedoch ausschließlich zwei Votivkerzen, ein paar Heiligenbilder und in einer kleinen Schale einen Rosenkranz. Anna wandte sich um. Auf dem Couchtisch lag eine Bibel. Die Abnutzungsspuren auf dem Ledereinband zeigten, dass sie häufig gelesen worden war.

Die Luft war erfüllt von dem typischen metallisch-süßlichen Geruch. Das Blut, welches sich in einer großen Lache rund um den Leichnam ergossen hatte, begann zu trocknen. Der Körper lag mit dem Gesicht nach oben etwa in der Mitte des Raums. Anna war dankbar, dass die Augen geschlossen waren, das machte die Sache wenigstens etwas einfacher. Im Oberkörper klaffte ein großer Schnitt.

Mac starrte mit großen Augen auf die Leiche. Es war nicht so, als hätte sie noch nie vorher einen Toten gesehen. Schließlich hatte sie schon selbst getötet. Aber das war etwas völlig anderes. Die meisten Toten, die sie gesehen hatte, waren im Kampf gestorben. Es waren Soldaten, die wussten, auf was sie sich eingelassen hatten oder es zumindest wissen sollten. Aber hier war jemand inmitten seiner Tagesroutine unvermittelt einen Tod gestorben, der kaum grausamer oder brutaler sein konnte. Als ihr die Bedeutung dessen, was sie da sah, bewusst wurde, entschuldigte sie sich und eilte aus der Wohnung.

Harms erster Impuls war es, ihr zu folgen, doch Julie hielt ihn zurück. „Sie muss nur mal schnell an die frische Luft.“

In diesem Moment betrat Dr. Newman das Zimmer. „Guten Tag, die Herrschaften,“ grüßte er in die Runde. Sein Blick fiel auf den leblosen Körper in der Raummitte. „Allerdings muss ich sagen, dass ich – bei aller Wertschätzung – nicht sagen kann, dass es mich freut, sie unter diesen Umständen wiederzusehen.“

„Da sind Sie nicht der einzige, dem es so geht, Doc,“ sagte der Sheriff.

Der Gerichtsmediziner kniete sich neben die Leiche und öffnete seinen Koffer, um das Thermometer herauszuholen.

O'Mara steckte derweil ein zusammengefaltetes Stück Papier, welches in der Blutlache neben der Leiche gelegen hatte, in ein durchsichtiges Plastiktütchen. Er räusperte sich und wandte sich an die Gruppe: „So wie es aussieht, ist es eindeutig unser Mann.“

Anna stand neben dem Couchtisch. Sie hob eine behandschuhte Hand, deutete auf die Bibel, die dort lag und sah O'Mara fragend an. Der nickte nur, woraufhin sie das Buch aufhob. Sie schlug die Seite auf, die mit einem Heiligenbildchen als Lesezeichen markiert war, und las.

„Sie ist keine zwei Stunden tot,“ sagte Dr. Newman und verzog beim Aufstehen das Gesicht. „Oh, die Knie machen mir mehr und mehr zu schaffen.“

„Vielleicht sollten Sie über Ihre Pensionierung nachdenken, Doc. Ich denke in den letzten paar Wochen ständig daran, meinen Job an den Nagel zu hängen und ich habe keine schmerzenden Knie.“

„Ach, ich weiß nicht, George. Stellen Sie sich vor, wir würden uns dann ja kaum noch begegnen und müssten auf den regelmäßigen Austausch zynischer Nettigkeiten verzichten. Nicht auszudenken.“

Nachdem er die erste Untersuchung der Leiche beendet hatte, klappte er seinen Koffer zu und wandte sich zum Gehen. „Ich fange mit der Untersuchung an, sobald sie bei mir im Institut auf dem Tisch liegt. Ein vorläufiges Ergebnis gibt es hoffentlich heute Abend. Den Bericht gibt es morgen. Auf Wiedersehen, allerseits.“

Harm grüßte den Mediziner zum Abschied. Dann wandte er sich Anna zu, die in der Bibel des Opfers blätterte.

„Hast Du etwas Interessantes gefunden?“ fragte Harm und sah Anna über die Schulter.

„Nicht direkt.“

In diesem Moment betraten zwei Mitarbeiter des gerichtsmedizinischen Instituts den Raum. Sie manövrierten eine tragbare Stahlwanne, die sie neben dem Leichnam abstellten.

„Einen Moment noch.“ Anna schlug eine bestimmte Stelle in der Bibel auf und stellte sich so nah neben Sheilas Körper, wie es aufgrund der Blutlache möglich war. Harm konnte den beiden, ihn erstaunt anschauenden Männern nur ein Schulterzucken entgegnen, als Julie sich neben Harm und Anna stellte, die zu lesen begann: „Der Herr ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln. Auf grünen Auen lässt er mich lagern; an Wasser mit Ruheplätzen führt er mich. Labsal spendet er mir. Er leitet mich auf rechter Bahn um seines Namens willen. Auch wenn ich wandern muss in finsterer Schlucht, ich fürchte doch kein Unheil; denn du bist bei mir. Dein Hirtenstab und Stock, sie sind mein Trost. Du deckst für mich einen Tisch angesichts meiner Gegner. Du salbst mein Haupt mit Öl, mein Becher ist übervoll. Nur Glück und Gunst begleiten mich alle Tage meines Lebens, und ich darf weilen im Hause des Herrn, solange die Tage währen.“

Nachdem sie die Bibel zugeklappt hatte, blieb Anna noch einen Moment schweigend neben dem Körper stehen, bevor sie zurücktrat und den beiden Männern bedeutete, dass sie den Leichnam abtransportieren konnten.

„Ich hätte nicht gedacht, dass Du so religiös bist,“ bemerkte Harm.

„Das bin ich auch nicht,“ entgegnete Anna. „Aber Sheila war es.“

Mit diesen Worten legte sie die Bibel zurück auf den Tisch und verließ mit Julie und Harm die Wohnung.


2352 Nancy Ridge Drive
Sorrento Valley, SD, CA

Sie standen vor dem Gebäude und für einen Moment wusste niemand so Recht, was er sagen sollte. Also warteten sie darauf, bis der Sheriff sein Telefongespräch beendete und zu ihnen herüber kam. Sein Gesicht wirkte blass und müde.

„Was können Sie uns zum Hintergrund des Opfers sagen, Sheriff?“ fragte Harm.

„Bisher wissen wir noch nicht viel. Außer, dass Sheila Kelly als Petty Officer 2nd Class auf der San Diego Naval Station stationiert war. Sie arbeitete in der Personalverwaltung. Ihre Familie lebt in New York und wird wohl morgen hier eintreffen.“ Er machte eine Pause und schluckte sichtbar.

„Wenn Sie möchten, spreche ich mit den Angehörigen,“ bot Anna an. „Schließlich habe ich darin mittlerweile Erfahrung.“

Der Sheriff dankte ihr mit einem Nicken.


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Zur Freude eines einzelnen Marines hat „Beltway-Burgers“ mitgeteilt, dass sie demnächst eine Zweigstelle in der Kantine des JAG-HQ eröffnen werden. Alle sind herzlich zu der Neueröffnung eingeladen.





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RE: VS 10x08 - Machtspiel von fa sai und Elke

#4 von Petra-Andreas , 13.05.2007 00:52

Nächster Tag
1756 ZULU (1256 EST)
Capitol
Washington, Washington D. C.

Eine blondhaarige Frau setzte sich ihre Sonnenbrille auf, als sie aus dem Capitol in die Hitze von Washington D. C. trat. Sie trug ein rostfarbenes Kostüm mit einem weißen Top und lief eiligen Schrittes die Treppen hinunter in Richtung Mall. Sie hatte sich entschieden, trotz der Hitze noch etwas die Beine zu vertreten.

Die fast fünfstündige Besprechung mit Senator Kinsey war mehr als anstrengend und Bewegung war daher für sie eine gute Gelegenheit sich zu entspannen. Außerdem wollte sie noch ein Telefonat führen. Kaum hatte sie das Capitol verlassen, hatte sie auch schon ihr Mobiltelefon in der Hand und wählte die ihr sehr vertraute Nummer.

Sie hatte diese Nummer in den letzten Wochen ein paar Mal gewählt, aber sie hatte nie jemanden erreicht. Auch die Person, die sie zu erreichen versuchte, hatte sich nicht bei ihr gemeldet. Sie wusste, dass er viel zu tun hatte, aber für ein kurzes Telefonat war immer Zeit, dachte sie. Es war beinahe 13 Uhr, stellte sie fest als sie auf ihre Uhr sah. An der Westküste war es jetzt fast 9 Uhr morgens. Es war nicht zu früh, um ihn anzurufen. Hoffentlich hatte sie heute mehr Glück.

Während sie die Stufen des Capitols hinunterging, klingelte es am anderen Ende unaufhörlich. Aber auch diesmal hob niemand ab. Mit einem Seufzer legte sie auf. Sie war am unteren Ende der Stufen angekommen und stellte ihre Handtasche auf das Geländer und steckte sich ihre Sonnenbrille in die Haare. Sie nahm ihren Timeplaner aus ihrer Tasche und suchte darin nach einer Nummer. Als sie diese gefunden hatte, wählte sie die Nummer und wartete auf das Freizeichen am anderen Ende.


1659 ZULU (0859 Uniform)
Martha’s B & B
Poway, CA

Martha war gerade dabei den Frühstücksraum aufzuräumen, als sie im Foyer das Telefon klingeln hörte. Sie stellte die Teller, die sie gerade in der Hand hatte, ab und ging in den Empfangsbereich und beantwortete das Telefonat. „Martha’s B & B.”

„***“

„Guten Morgen, was kann ich für Sie tun?“

„***“

„Seit dem Frühstück habe ich ihn nicht mehr gesehen! Kann ich ihm etwas ausrichten?“

„***“

„Ist es sehr dringend?“

„***“

„Ich gehe mal schauen, ob er in seinem Zimmer ist. Einen Moment bitte.“ Martha legte den Hörer neben die Gabel und ging die Treppe hinauf.


Als sie gerade am Zimmer von Harm und Mac klopfen wollte, kam ihr Mac aus dem Zimmer entgegen.

„Mac, unten ist jemand am Telefon, der Harm sprechen möchte. Wissen Sie, wo er ist?“

„Nein, weiß ich leider nicht.“

„Es hört sich wichtig an... Würden Sie das Telefonat annehmen?“ bat Martha.

„Wer ist es denn?“ wollte Mac wissen.

„Das kann ich Ihnen leider nicht sagen, sie hat sich nicht vorgestellt.“

< Sie? Wer könnte das sein? PO Coates? Nein, wenn sie Harm nicht übers Handy erreicht hätte, hätte sie bei mir auf dem Handy angerufen. Harriet? Nein, auch sie hätte es bei mir versucht... > überlegte Mac bevor sie erwiderte: „Ich komme gleich, Martha.“

„Danke Mac. Das Telefon liegt unten. Sie kennen ja den Weg...“ Mac bestätigte die Aussage von Martha nur mit einem Kopfnicken. „Ich muss noch den Frühstücksraum aufräumen,“ sagte Martha und ging in Richtung Treppe.

Mac schloss die Tür hinter sich, bevor auch sie nach unten ging. < Wollte Mattie ihn vielleicht erreichen?> grübelte sie weiterhin.

Unten angekommen, nahm Mac den Hörer auf und meldete sich mit: „Col. MacKenzie.“

„... Guten Tag Col. MacKenzie,“ begrüßte Mac eine Frauenstimme nach einem kurzen Zögern. Eine leichte Missbilligung schwang der Begrüßung mit, aber Mac nahm sie nicht wahr, da sie weiterhin überlegte, wer die Anruferin sein könnte.

„Guten Morgen,“ erwiderte Mac die Begrüßung freundlich.

„Ich wollte eigentlich Harm sprechen. Ist er nicht da?“

„Tut mir leid, ich habe keine Ahnung, wo er im Moment ist. Haben Sie es schon auf seinem Handy probiert?“

„Ja, aber da hob niemand ab.“

„Dann weiß ich leider auch nicht, wo Sie ihn noch erreichen können.“ Mac kam die Stimme bekannt vor. Sie konnte sie jedoch keiner Person zuordnen. Wer war diese Frau? Etwas in ihrem Inneren veranlasste sie, die folgende Frage zu stellen. Wenn sie später jemand fragen würde, warum, würde sie jedoch darauf wohl keine plausible Antwort geben können: „Kann ich ihm vielleicht etwas ausrichten?“

„Nein, ich probiere es später noch einmal...“ Mac wusste nicht wie sie auf die Aussage reagieren sollte. Einerseits war sie froh, dass sie Harm nichts ausrichten brauchte, andererseits wollte sie natürlich schon wissen, wer ihre Gesprächspartnerin war. Gerade als sie zu einer Erwiderung ansetzen wollte, sagte die Frau: „Oder warten Sie. Könnten Sie ihm bitte ausrichten, dass ich angerufen habe?“

„Das ist kein Problem. Sagen Sie mir bitte noch Ihren Namen?“ Jetzt kam der Moment der Wahrheit. Aber wollte sie das wirklich wissen? Für einen Rückzieher war es jetzt aber zu spät! Sie drehte die Schnur des Telefons um ihren Finger, um ihre Nervosität im Zaum zu halten.

„Oh, entschuldigen Sie bitte. Ich habe vergessen, mich vorzustellen. Meine Name ist Alicia Montes.“

Mac hielt in ihrer Bewegung inne und konnte nur leicht nicken als sie den Namen ihres Gegenüber vernahm. Ihr Gesichtsausdruck hatte sich zu einer Maske verzogen. „Ja..., das werde ich ihm ausrichten,“ erwiderte sie nach einer Weile und versuchte, sich ihre Unsicherheit nicht anmerken zu lassen. Mit ihr hatte Mac nun am allerwenigsten gerechnet. Der Name versetzte Mac einen Stich. Irgendwie schien das „Pech“ wirklich an ihr zu kleben! Warum...? Alle ihre Fragen begannen mit diesem Wort. Warum sie? Warum musste ausgerechnet sie das Telefonat von Alicia annehmen? Warum ist sie es, die Harm ausrichten muss, dass sie angerufen hat? Ihr gingen noch mehr Fragen durch den Kopf, aber auf keine bekam sie eine Antwort.

„Ich danke Ihnen. Auf Wiederhören,“ verabschiedete sich Alicia von Mac freundlich. Aber war das Freundlichkeit, die aus ihrer Stimme sprach oder doch eher Genugtuung, dass sie Mac verunsichert hatte?

„Auf Wiederhören,“ erwiderte Mac und legte seufzend den Hörer auf. Sie musste sich zusammenreißen, um den Hörer nicht krachend aufzulegen.

In diesem Moment kam Christian die Treppen hinunter. „Mac, bist Du soweit?“ fragte er, aber sie bekam das nicht mit. Als er ihren versteinerten Gesichtsausdruck bemerkte, legte er ihr eine Hand auf die Schulter und fragte fürsorglich: „Ist irgendetwas?“

Noch ganz in Gedanken spürte sie eine Hand auf ihrer Schulter und sah Christian neben sich stehen. Als sie seinen fragenden Gesichtsausdruck sah, fragte sie: „Hast Du was gesagt?“

„Ich wollte wissen, ob mir Dir alles in Ordnung ist. Du siehst aus, als hättest Du einen Geist gesehen,“ erwiderte er besorgt.

„Oh... nein, es ist alles in Ordnung. Es ist nur... Weißt Du... ach... das Telefon ist eine Erfindung des Teufels, die die erfreuliche Möglichkeit, sich einen lästigen Menschen vom Leibe halten zu können, teilweise wieder zunichte macht,“ sagte sie verbittert und seufzte.

„Ich muss noch mal kurz in mein Zimmer, aber dann können wir los.“ Sie lächelte Christian leicht an und ging in Richtung Treppe, als eine weitere Frage in ihrem Kopf auftauchte, die sie noch mehr ins Grübeln kommen ließ. < Warum macht es mir nur so zu schaffen, dass sie angerufen hat? >

< Aaah, ja, ... Wenn Du nicht reden willst oder kannst, ist es schwer Dir zu helfen. Und ständig alles in sich hineinfressen, macht Dich nur noch mehr kaputt, > dachte Christian und sah ihr nachdenklich nach.

1745 ZULU (0945 Uniform)
Police Department, Northeastern Division
San Diego, CA

Deputy Standley hatte es sich auf seinem Stuhl im Großraumbüro des Polizeidepartments bequem gemacht und las das „News Journal“, die lokale Zeitung für den Bereich Rancho Bernardo und Poway. Neben sich auf dem Schreibtisch stand ein Becher mit heißem Kaffee und ein Teller, auf dem ein Donut und ein Muffin lagen.

Er hatte es sich gemütlich gemacht und genoss die kurze Freizeit, die er am heutigen Morgen hatte. Seit ein paar Wochen kam er nicht mehr dazu, so ausführlich die Zeitung zu lesen. Deshalb nahm er sich heute morgen hierfür besonders viel Zeit. Als erstes las er den Sportteil der Zeitung und studierte die Ergebnisse der Football- und Baseball-Spiele vom Wochenende.

Nun war er beim Lokalteil angelangt und las zunächst die Nachrichten, die seinen Heimatort direkt betrafen. Er blätterte auf die nächste Seite und las sich die Anzeigen durch. Er wollte die Zeitung gerade beiseite legen, als er eine Anzeige erblickte, die sich in ihrem Inhalt deutlich von den anderen Annoncen abhob, die veröffentlicht wurden.

Er setzte sich nun aufrecht auf seinem Stuhl und las die Anzeige in Ruhe noch einmal durch. Es gab keine Überschrift in der Anzeige, jedoch konnte man sie aufgrund der Hervorhebungen kaum übersehen:

__________________________________________________________________
... und Du sagst über mich: Siehe, der hat Böses im Sinn;
mit Unglück ist er schwanger und wird Lüge gebären.



... doch ich sage Dir: Behüte Deine Zunge vor Bösem
und deine Lippen, dass sie nicht Trug reden

__________________________________________________________________


< Wieso veröffentlicht jemand eine derartige Anzeige? > fragte sich der Deputy.

Die Zeitung lag aufgeschlagen auf seinem Schreibtisch und er studierte noch einmal die Anzeige. Er nahm die Seite auf, wobei er sie zufällig gegen das Licht hielt und sah in dem Zwischenraum ein Bild durchscheinen, das genau in den Zwischenraum zwischen den beiden Bibelzitaten passte. Er drehte die Seite um und besah sich das Bild genauer.

„Nein, das kann nicht sein. Oder etwa doch?“ fragte er sich laut. In diesem Moment blickte er über die Zeitung und sah Sheriff Braxton an seinem Tisch stehen, der sich über das Selbstgespräch seines Deputys wunderte. „Was tun Sie da, Standley? Haben wir nicht genug mit den Morden zu tun?“

„Sheriff, ich glaube, ich habe in der Zeitung etwas sehr Ungewöhnliches gefunden.“

„So, so, Sie haben was gefunden!?“

„Ja, Sir. Aber ich weiß nicht, was ich davon halten soll. Es kann möglicherweise im Zusammenhang mit den Morden stehen, aber ich bin mir da noch nicht sicher,“ antwortete der Deputy ohne auf den missbilligenden Unterton des Sheriffs näher einzugehen. „Ich glaube, der Mörder war am letzten Tatort anwesend und hat alles genau beobachtet. Sehen Sie hier,“ sagte der Deputy und deutete auf die Zitate. Der Sheriff stützte sich auf dem Schreibtisch ab.

„Ja und? Was soll mir das sagen?“ sagte er, nachdem er die Anzeige gelesen hatte, auf die der Deputy gedeutet hatte.

„Das sind Bibelzitate mitten im Anzeigenteil.“

Der Sheriff sah seinen Deputy erstaunt an. „Das kann alles mögliche bedeuten, Standley. Z. B. eine fanatische Sekte, die Mitglieder sucht oder ein...“

„Mit diesen Zitaten? Nein, Sir. Das glaube ich nicht. Als ich mir die Zitate genauer angesehen habe, habe ich noch etwas entdeckt,“ unterbrach er ihn und reichte dem Sheriff die Seite mit der Anzeige. „Was soll ich jetzt damit?“

„Halten Sie die Zeitung gegen das Licht, Sir!“

„Was soll denn das jetzt?“

„Das werden Sie gleich sehen.“

Der Sheriff hielt die Zeitung gegen das Licht. Er sah ebenfalls das Bild, nahm es jedoch nicht als wichtig zur Kenntnis. „Standley! Ich kann beim besten Willen nicht erkennen, was die Zitate mit unserem Fall zu tun haben sollen.“

„Haben Sie das Bild gesehen?“ Standley sah den Sheriff fragend an. Als dieser zur Bestätigung nickte, fuhr der Deputy mit seinen Ausführungen fort: „Ich weiß, das ist jetzt sehr weit hergeholt, aber das Bild passt genau in den Bereich zwischen den beiden Zitaten, so als ob es jemand mit Absicht so veröffentlicht hat. Es kann auch nur Zufall sein, aber je mehr ich darüber nachdenke, desto eher komme ich zu der Schlussfolgerung, dass das Absicht war, dass die Anzeige so geschaltet wurde, Sir.“

„Standley, also ich sehe da wirklich keinen Zusammenhang. Ich glaube nicht, dass derjenige, der die Anzeige veröffentlicht hat, irgendwelchen Einfluss auf die Gestaltung der Zeitung hat. Vergessen Sie die Sache und machen Sie sich wieder an die Arbeit. Wir haben noch genug zu tun, um den Mörder zu finden und sollten unsere Zeit nicht mit Mutmaßungen verbringen. Wir sollten uns lieber an die Fakten halten.“

< Welche Fakten? Noch haben wir nicht den leisesten Anhaltspunkt, wer der Mörder sein könnte, > dachte der Deputy. Laut sagte er jedoch: „Verstanden, Sir“ und packte die Zeitung beiseite. Als er diese Worte von Standley vernommen hatte, begab sich der Sheriff in sein Büro.

< Wenn mir der Sheriff nicht zuhören will, vielleicht spreche ich ja besser mal mit Commander Rabb!? > Bei diesen Gedanken hatte Standley schon den Telefonhörer in der Hand. Er wartete noch eine Weile, bis er sah, dass der Sheriff seine Bürotür hinter sich geschlossen hatte. Dann nahm er die Visitenkarte des Commanders aus seiner Schreibtischschublade und wählte dessen Handynummer.

Nachdem er das Freizeichen hörte, nahm er sich erneut die Zeitung und schlug die Seite mit der Anzeige auf. Der Deputy musste eine Weile warten ehe Harm das Telefonat entgegennahm. Langsam wurde er nervös und trommelte mit seinen Fingern auf dem Schreibtisch. < Was mach ich hier? > kamen ihm langsam Zweifel. Doch in diesem Moment hörte er die Stimme von Harm am anderen Ende der Leitung.

„***“

„Commander Rabb. Guten Morgen.“

„***“

„Deputy Standley, Sir.“

„***”

“Sir, ich wollte Ihnen mitteilen, dass ich heute etwas im „News Journal“ entdeckt habe, was möglicherweise etwas mit den Morden zu tun hat.”

„***“

„Dem habe ich es schon erzählt, aber er wollte nichts von meinen Vermutungen wissen.“

„***“

„Ich habe in der Zeitung eine Anzeige gefunden und habe die Vermutung, dass der Mörder Sie damit meint, Sir.“

„***“

„Das ist wirklich nur eine Vermutung, Sir...“

„***“

„Also die Anzeige besteht aus zwei Zitaten – Bibelzitaten.“

„***“

„Ja, Sir. Bibelzitate. Das war das erste, was mit stutzig gemacht hat. Dann ist zwischen den beiden Zitaten ein Freiraum gelassen. So als ob etwas fehlt. Durch Zufall habe ich dann entdeckt, dass auf der anderen Seite genau dort, wo sich dieser Freiraum ist Ihr Bild befindet, Sir.“

„***“

„Ja, ich weiß, dass das sehr weit hergeholt ist. Das hat der Sheriff auch schon gesagt. Aber ich glaube schon, dass der Mörder etwas damit ausdrücken will. Ich kann mich auch irren, was ich wirklich hoffe. Aber ich denke, Sie sollten dem nachgehen, Sir.“

„***“

„Danke, Sir. Die Anzeige ist im „News Journal“ veröffentlicht. Sie sind doch in Poway untergebracht, richtig?“

„***“

„Gut, dann bekommen Sie die Zeitung dort zu kaufen. Ich hoffe wirklich, dass ich mich irre, Commander.“

„***“

„Auf Wiedersehen,“ sagte der Deputy noch und legte den Telefonhörer auf. Erleichtert, seinen Verdacht Harm mitgeteilt zu haben, konnte er sich seiner weiteren Arbeit zuwenden.



Liebe Grüsse Petra

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RE: VS 10x08 - Machtspiel von fa sai und Elke

#5 von Petra-Andreas , 13.05.2007 00:56

1907 ZULU (1107 Uniform)
Martha’s B&B
Poway, CA

< Ich glaube nicht, dass das irgendwas zu bedeuten hat, > dachte Harm während er auf dem Flur vor seinem Zimmer stand. Gedankenverloren blickte er den Flur entlang, als er Julie in Richtung Arbeitszimmer gehen sah.

„Julie...“ rief er ihr hinterher, die sich daraufhin fragend zu ihm umdrehte. „Da wir gerade nichts weiter zu tun haben, wollte ich kurz mal in den Ort gehen und eine Zeitung kaufen.“

„Okay, ich sag’ Anna Bescheid. Da Christian und Mac ja bereits auf dem Weg nach San Diego sind, werden wir mal sehen, womit wir uns dann die Zeit vertreiben können,“ sagte Julie scherzend.

„Ach ja, richtig. Sie wollten bei O’Mara vorbeischauen, ob es schon etwas Neues gibt.“ Harm war in Gedanken noch bei dem Telefonat mit dem Deputy.

„Genau... Ist noch etwas, Harm?“ fragte Julie als sie seinen nachdenklichen Gesichtsausdruck bemerkte.

„Ich weiß nicht. Ich hatte gerade ein sehr seltsames Telefonat mit Standley. Deshalb wollte ich auch kurz mal weg.“

„Mit dem Deputy?“ fragte Julie erstaunt.

„Mhm, ja. Aber das erklär ich, wenn ich wieder da bin...,“ erwiderte Harm und wandte sich zum Gehen. Julie schüttelte über sein merkwürdiges Verhalten den Kopf und ging auf das Arbeitszimmer zu.


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2035 ZULU (1235 Uniform)
Martha’s B&B
Poway, CA

Nachdem Harm zurückgekehrt war, ging er zum Arbeitszimmer und hoffte, Anna und Julie dort vorzufinden. Er klopfte an die Tür und hörte von innen ein leises „Herein.“ Ein wenig erleichtert, sie auf Anhieb gefunden zu haben, trat er ein, legte die Zeitung auf den Schreibtisch und erklärte den beiden, was der Deputy ihm vorhin am Telefon mitgeteilt hatte. Anna und Julie hörten ihm aufmerksam zu.

Als er an die Stelle mit der Zeitungsannonce und dem Bild kam, schlug er die Seite auf und reichte sie Anna, die sie gegen das Licht hielt. „Christian ist der Spezialist dafür. Wir sollten ihn fragen, was er davon hält,“ meinte sie und gab die Zeitung an Julie weiter.

„Was meint Ihr, hat das was zu bedeuten?“ fragte Harm und sah von einer Frau zur anderen.

„Nach dem, was Christian bislang erarbeitet hat, könnte da etwas dran sein,“ erwiderte Anna. „Es könnte ein Anhaltspunkt sein.“

„Hat Christian gesagt, wann sie wieder zurück sein werden?“ Harm versuchte, seine Unsicherheit vor den beiden zu verbergen.

„Er sagte, dass sie wohl gegen 13 Uhr zurück kommen wollten.“

Harm warf einen Blick auf seine Uhr. „Okay, ich geh noch mal kurz in mein Zimmer. Treffen wir uns dann unten?“ Anna und Julie beantworteten seine Frage mit einem Nicken, woraufhin er das Zimmer verließ.

„Beunruhigt ist er doch wegen dieser Anzeige, obwohl er verzweifelt versucht hat, das vor uns zu verbergen,“ fasste Anna zusammen als Harm die Tür hinter sich geschlossen hatte.

„Du hättest ihn mal kurz nach dem Telefonat mit dem Deputy sehen sollen,“ erwiderte Julie und schüttelte nachdenklich mit dem Kopf.

„Sollte an dieser Anzeige wirklich etwas dran sein, wird Harm wohl versuchen, eventuellen Spuren alleine nachzugehen,“ mutmaßte Anna und Julie nickte bestätigend. „Das befürchte ich auch!“

„Männer!“ seufzte Anna.

2108 ZULU (1308 Uniform)

Harm kam gerade aus dem Bad und hing seinen Gedanken nach. < Nun sind es schon drei Leute, die der Zeitungsanzeige Bedeutung beimessen und hoffentlich irren sie sich alle. > Er musste jedoch zugeben, dass auch er selbst nach und nach das Gefühl hatte, dass die Annonce nicht zufällig veröffentlicht worden war.

Während er darüber nachdachte, was die Anzeige wohl zu bedeuten hatte, trat er an den Schreibtisch und schaute abwesend aus dem Fenster.

Kurz darauf sah er, dass Christian und Mac auf dem kleinen Parkplatz hinter dem Haus fuhren. Er drehte sich vom Fenster weg und wollte in Richtung Tür gehen, als sein Blick auf einen Zettel fiel, der an einer Vase auf dem Schreibtisch angelehnt war. Harm erkannte Macs Handschrift darauf und las sich die Notiz durch.

Drei Worte standen auf dem Zettel. „Alicia hat angerufen.“ Schlagartig waren seine Gedanken über die Anzeige in der Zeitung verflogen. Er kniff die Augen zusammen und nahm den Zettel auf.

Seit Tagen versuchte sie, ihn auf dem Handy zu erreichen, aber er wollte nicht mit ihr sprechen. Für ihn war die Affäre vorbei. Bislang hatte er jedoch keine Gelegenheit gefunden, ihr das zu sagen. Am Tag ihrer Abreise nach Miramar war er mit Alicia verabredet und er hatte vorgehabt, ihr seine Entscheidung mitzuteilen. Er musste diese Verabredung jedoch absagen und telefonisch wollte er es ihr nicht mitteilen, das war nicht seine Art. Außerdem er schuldete ihr ein persönliches Gespräch. Also hatte er für sich entschieden, kein Telefonat von ihr zu beantworten.

Harm hob seinen Blick von dem Zettel in seiner Hand und schaute erneut aus dem Fenster. Er sah, dass Christian und Mac hinter dem Auto standen und sich nun unterhielten. Mac lächelte Christian freundlich an...

„Ich danke Dir, dass Du mir zugehört hast,“ sagte Mac, ging einen Schritt auf Christian zu und umarmte ihn.

Christian erwiderte die Umarmung und strich ihr aufmunternd mit einer Hand über ihren Rücken, um ihr Mut zuzusprechen. Sie lösten sich aus ihrer Umarmung und Christian erwiderte lächelnd: „Keine Ursache, Mac. Ich helfe immer gern,“ und schloss sie nochmals in seine Arme.

Mac hatte Christian auf dem Rückweg von San Diego eine Kurzform ihrer „Beziehung“ zu Harm geschildert. Er hatte ruhig zugehört und Mac hatte sich alles von der Seele geredet. Es hat ihr gut getan, über ihren Kummer zu sprechen, besonders nach dem Telefonat mit Alicia. Sie hätte wirklich nicht vermutet, dass ihr dieses Telefonat so zu schaffen machte.

Christian hatte von Anfang an gespürt, dass trotz der eisigen Stimmung zwischen Harm und Mac beide viel für einander empfanden und die Bemühungen von Anna und Julie sprachen ihr übriges. Innerlich musste er über die Aktionen der beiden Frauen lachen. Da hatten sie sich viel vorgenommen bei den beiden Sturköpfen...

Nachdem was ihm Mac nun erzählt hatte, konnte er ihre Enttäuschung nachvollziehen und auch die Abneigung, die Harm gegen ihn hatte, ergab für ihn nun einen Sinn.

Als sie sich aus ihrer Umarmung endgültig gelöst hatten, gingen sie gemeinsam auf den Vordereingang zu.

Harm hatte die Szene vom Fenster aus beobachtet und spürte wie es anfing in ihm zu arbeiten. Unbewusst zerknüllte er den Zettel in seiner Hand.

Seine anfänglichen Bedenken gegenüber Christian schienen sich bestätigt zu haben. Das schlimmste für ihn war jedoch, dass Mac sich auf seine Annäherungsversuche auch noch einließ. Nachdem, was in den letzten Tagen vorfiel, hatte Harm das Gefühl, dass sie beide wieder etwas zivilisierter miteinander umgingen, sich wieder näher kamen.

Aber diese Geste, die er gerade beobachtet hatte, ließ ihn zweifeln, machte ihn wütend..., wütend auf Christian, dass er sich so offensichtlich um Mac bemühte, wütend auf Mac, dass sie sich auf Christian einließ...

Warum tat sie ihm – Harm – das an? Hatte sie wirklich mit ihrer Freundschaft abgeschlossen? War nichts mehr zu retten? Warum hatte er ihr nicht gesagt, dass nichts zwischen ihm und Alicia war? < Wie denn? > tadelte er sich selbst. < Wir konnten uns in der letzten Zeit nicht mal normal unterhalten, ohne dass wir uns stritten. >

Als Christian und Mac nun aus seinem Blickfeld verschwanden, bemerkte er den zusammengeknüllten Zettel in seiner Faust. Mit einem Seufzer ging er auf die Tür zu und warf den Zettel auf dem Weg nach draußen in den Papierkorb neben der Tür. Kaum hatte er das Zimmer verlassen, versuchte er sich wieder auf ihren Fall zu konzentrieren und seine Gedanken an die Szene eben zu verdrängen.

Harm kam die Treppe herunter und vergewisserte sich, ob Martha in der Nähe war. Da er sie nicht sehen konnte und auch keine Geräusche aus dem Frühstücksraum vernahm, entspannte er sich etwas. Sie hätten auch im Arbeitszimmer darüber reden können, aber da Martha nicht in der Nähe war, konnten sie die „Neuigkeiten“ auch gleich hier besprechen. Harm ging auf den Tisch zu, an dem Anna und Julie bereits Platz genommen hatten und setzte sich auf den Sessel, der der Treppe am Nächsten stand. Die Zeitung lag aufgeschlagen auf dem Tisch.

Anna und Julie hatten es sich auf dem Sofa bequem gemacht und warteten darauf, dass Christian und Mac von ihrem Termin zurückkamen. So saßen sie schweigend am Tisch und warteten. Als die beiden die Pension betreten hatten, wurden sie von ihnen nachdenklich empfangen.

Christian blickte fragend von Anna zu Julie, die seinen Blick lediglich erwiderten. Als er jedoch keine Erklärung für ihre resignierten Gesichter erhielt, wandte er seinen Blick zu Harm und fragte: „Was ist los?“ Mac hörte die Besorgnis in seiner Stimme und trat neben Christian, um zu sehen, was ihn so beunruhigte.

„Ich denke, wir sollten uns alle setzen...“ begann Harm und sah Christian an. Christian und Mac kamen seiner Aufforderung nach und setzten sich auf die Sessel an der Stirn- bzw. Längsseite des Tisches.

Nachdem sie nun alle saßen, holte Harm tief Luft und erklärte noch einmal, was er vom Deputy erfahren hatte und worüber er mit Anna und Julie bereits gesprochen hatte.

Als er seine Ausführungen beendet hatte, griff Christian nach der Zeitung und sah sich die Anzeige genauer an. Nachdem er diese eingehend studiert hatte, reichte der die Zeitung an Mac weiter und sah von einem zum anderen.

„Was meinst Du? Hat das was zu bedeuten?“ fragte Harm nun doch etwas unsicher.

Christian nahm die Zeitung vom Tisch auf, die Mac wieder dort hingelegt hatte und sah sich die Anzeige noch einmal an. „Das könnte schon sein. So wie ich das sehe, würde dieses Verhalten genau zum Täterprofil passen, was ich erarbeitet habe. Seine Aversion scheint er auf Dich zu projizieren, Harm. Er will Dir und uns zeigen, dass er die Macht hat, das zu tun, was er tut, ohne dass es Konsequenzen hat, ohne dass wir ihm auf die Schliche kommen. Er fühlt sich überlegen, da wir noch nicht sehr weit mit unseren Untersuchungen gekommen sind. Er fühlt sich sicher, diesen Schritt zu wagen.“

„Kann es sein, dass er am letzten Tatort anwesend war und alles genau beobachtet hat?“ warf Anna ein.

„Das ist durchaus möglich!“

„Nur warum projiziert er seine Aversion allein auf Harm und nicht auf einen anderen von uns?“ fragte Julie.

„Nun, er sieht Harm als Alpha-Tier in unserer Gruppe. Also als eine Art Anführer...“

Mac schnaubte nur.

„Darf ich mich jetzt geehrt fühlen, dass er sich mich als Objekt seiner Wut ausgewählt hat?“ fragte Harm sarkastisch.

„So würde ich das nicht sehen. Die Annonce ist aber der erste Hinweis auf den Täter, dem es sich nachzugehen lohnt. Fraglich ist nämlich, wie er es geschafft hat, dass Dein Bild genau in den Zwischenraum der Anzeige platziert ist.“

Schweigen breitete sich über die kleine Gruppe aus. Alle hingen ihren Gedanken nach. Was wäre, wenn sie nun selbst ins Zentrum des Interesses des Täters geraten waren? Was, wenn – woran keiner zu glauben wagte – der Täter einen von ihnen als nächstes Opfer sähe? Plötzlich hatten alle ihren Blick auf Harm gerichtet und sahen ihn besorgt an. Dieser spürte die Blicke auf sich ruhen und erwiderte diese mit einem halbherzigen Lächeln.

Um das unangenehme Schweigen zu überwinden, erklärte Christian: „Ich werde mich gleich ransetzen und das Profil weiter verfeinern.“ Er schaute kurz auf die Uhr und fuhr fort: „Vielleicht kann ich für heute Abend noch einen Termin mit meinen Kollegen vereinbaren, ansonsten erarbeite ich das Profil alleine weiter.“

„Du weißt, dass wir heute Abend bei meiner Mutter und Frank zum Abendessen eingeladen sind?“

„Ja, das weiß ich, aber ihr müsst wohl auf mich verzichten. Ich muss diesem Hinweis nachgehen und je eher desto besser.“ Er schnappte sich die Zeitung und machte sich auf den Weg in sein Zimmer.

Alle sahen ihm fragend hinterher, doch keiner traute sich, etwas zu sagen.

0330 ZULU (1930 Uniform)
Haus von Trish und Frank Burnett
La Jolla, CA

Die tief stehende Sonne tauchte die großzügige Terrasse in ein warmes Licht. Die Burnetts und ihre Gäste saßen um einen ovalen Holztisch und aßen.

Trish und Frank Burnett saßen sich an den schmalen Enden des Tisches gegenüber. Dazwischen hatten auf der einen Seite Mac und Anna sowie auf der gegenüberliegenden Seite Julie und Harm Platz genommen. Sneaker betrachtete die Szenerie von Rand der Terrasse, wo er sich vor einem Wassernapf niedergelassen hatte.

Anna und Julie hatten das ungute Gefühl in der Magengegend, dass dieser Abend fürchterlich schief gehen könnte. Aber sie hatten sich zuvor auf Annas Zimmer darauf geeinigt, mal für einen Abend lang zu versuchen Optimisten zu sein. Das versprach, eine schwere Prüfung zu werden, insbesondere für Anna. Der Optimist erklärt, dass wir in der besten aller möglichen Welt leben, und der Pessimist befürchtet, dass dies wahr ist. < Bloß nicht darüber nachdenken. >

„Ich freue mich wirklich, dass Sie unsere Einladung angenommen haben,“ sagte Trish an Mac, Julie und Anna gewandt. „Es ist immer wieder schön, in so angenehmer Gesellschaft zusammen zu sitzen. Außerdem habe ich hiermit die seltene Gelegenheit, meinen Sohn mal wieder leibhaftig zu Gesicht zu bekommen, was selten genug vorkommt.“

„Gib Deinem Sohn eine Verschnaufpause, Trish,“ sagte Frank Burnett mit einem leicht amüsierten Lächeln. „Du weißt, dass er eine Menge um die Ohren hat. Da kann er nicht ständig bei uns auf der Matte stehen.“ Dankbar sah Harm seinen Stiefvater an.

„Wo leben eigentlich Ihre Eltern, meine Lieben?“

Bevor Mac in die Verlegenheit kam, auf diese Fragen antworten zu müssen, sagte Julie: „Meine Eltern leben seit einigen Jahren wieder in Deutschland. Daher komme ich auch nicht dazu, sie so oft zu besuchen wie ich es eigentlich möchte.“

„Meine Eltern pendeln zwischen Deutschland und ihrem Haus bei San Francisco,“ sagte Anna.

„Oh, Ihre Eltern leben also auch in Kalifornien? Wie schön.“

„Nur zeitweise, Mrs. Burnett. Die meiste Zeit verbringen sie in Deutschland. Meine Mutter hat einen großen Garten, um den sie sich mit Hingabe kümmert, was viel Zeit erfordert.“

„Ah, ich verstehe.“ Trish sah in die Runde und runzelte innerlich die Stirn. Ihr war die unsichtbare Mauer zwischen ihrem Sohn und der reizenden Col. MacKenzie, die gerade etwas geistesabwesend in ihrem Salat stocherte, durchaus aufgefallen.

Anna bemerkte unterdessen, dass die Gastgeberin Mac aufmerksam betrachtete. „Der Fisch ist wirklich ganz vorzüglich, Mrs. Burnett,“ versuchte sie die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, während sie ihrer Freundin unter dem Tisch einen Tritt versetzte. Mac schrak aus ihrem trance-ähnlichen Zustand auf und blickte Anna fragend an. Diese hatte sich jedoch an Mrs. Burnett gewandt, so dass Mac nun Julie fragend ansah.

„Ja, das Essen ist wirklich hervorragend,“ pflichtete Julie elegant bei und sandte Mac einen strafenden Blick.

„Vielen Dank. Es ist eines der wenigen Rezepte, die nicht nur Gemüse enthalten und trotzdem bei meinem Sohn Gnade finden,“ erklärte Trish, bevor sie mit einem schelmischen Lächeln fortfuhr: „Jedenfalls werde ich ihm nicht den Gefallen tun, sein berüchtigtes Rezept für fleischlosen Hackbraten auszuprobieren.“

„Mom!“ protestierte Harm.

„Was? Das Zeug ist furchtbar!“ verteidigte sich seine Mutter. Sie bemerkte, dass Mac nur mühsam ihr Lachen unterdrückte und nutzte die Gelegenheit: „Mac, sagen Sie mir jetzt nicht, dass er Ihnen dieses unsägliche Zeug auch vorgesetzt hat!?“

„Ich fürchte doch,“ sagte Mac mit einem Nicken.

„Ach, Harm, mit diesem Rezept wirst Du keine Pluspunkte bei einer Frau sammeln.“

In diesem Moment verflog Macs Lächeln und Harm sah aus, als würde er gleich an dem Salatblatt in seinem Mund ersticken. Julie beschloss, dass es höchste Zeit war, die Notbremse zu ziehen, bevor die Situation außer Kontrolle geriet. „Ich bin mir sicher, dass Macs Magen durch die zahlreichen Besuche von Schiffskantinen gut abgehärtet ist. Und was einen nicht umbringt, macht einen nur härter.“

Trish und Frank amüsierten sich köstlich, während Harm etwas leidend dreinschaute. „Das ist wohl wahr,“ stimmte Frank zu.

„Immerhin hat sich Mac während ihres Urlaubs dazu überwunden, frisch geräucherten Fisch zu essen, obwohl sie zunächst große Bedenken hatte,“ sagte Julie mit einem hämischen Grinsen. Doch Mac verteidigte sich: „Ich bin halt vorsichtig mit fremdartigem Essen.“

„Fremdartig?“ lachte Anna. „Was bitte ist an geräuchertem Fisch fremdartig?“

„Ach, kommt schon. Ich finde einen Fisch, der aussieht wie eine Schlange und an einem Metallstab baumelt, halt doch etwas gewöhnungsbedürftig.“ Mac stieg eine leichte Röte ins Gesicht.





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RE: VS 10x08 - Machtspiel von fa sai und Elke

#6 von Petra-Andreas , 13.05.2007 01:01

Rückblende...

Mac war den ganzen Vormittag an der Küste entlang geradelt. Es war überwiegend sonnig, doch der böige Wind trieb Wolkenfetzen vor sich her. Sie erreichte das Dorf, welches in der Nähe des Hauses lag, in dem sie wohnte. Ihr Magen grummelte und sie war doch ziemlich müde. Das erste, was sie bei ihrer Ankunft gelernt hatte, war, dass man an der Küste immer Gegenwind hatte, völlig egal in welche Richtung man unterwegs war. Irgendwie schien der Wind bei ihren Radtouren immer gegen sie zu drehen, sobald sie die Richtung änderte. < Irgendwie eine traurige Metapher für mein gesamtes Leben. > Sie seufzte und sah sich um. Sie hatte den Ortskern erreicht und überlegte, sich etwas zu essen zu besorgen, weshalb sie anhielt und vom Rad stieg. Nachdem sie ihre rote Windjacke zurecht gezupft hatte, schob sie ihr Rad den Weg entlang.

„Hallo, Ms. MacKenzie!“

„Mr. Teabing, wie geht es Ihnen?“ Sie hielt an und sah über den Gartenzaun.

Mr. Teabing stand im Garten vor seinem etwas windschiefen Häuschen und winkte ihr, zu ihm zu kommen. „Kommen Sie, ich will Ihnen etwas zeigen.“

Mac zögerte einen Moment, beschloss aber, dem netten älteren Herrn den Gefallen zu tun. Außerdem war es ja nicht so, als hätte sie gerade etwas Besseres zu tun. Und die Nahrungsaufnahme konnte schließlich noch warten. Sie lehnte also ihr Rad an den Zaun und ging durch die niedrige Gartenpforte in den Vorgarten.

„Kommen Sie, kommen Sie.“

Mac fand den Enthusiasmus von Mr. Teabing ansteckend und folgte ihm in den hinteren Teil des Gartens.

Mr. Seamus Teabing war ein englischer Seebär im Ruhestand, den es nach der Wende hierher verschlagen hatte. Sein Rücken plagte ihn und seine Knie versahen ihren Dienst als zuverlässiges Barometer. Er hatte einen peinlich gepflegten weißen Vollbart und kleine, dunkel funkelnde listige Augen in einem rosigen Gesicht.

Am Tage ihrer Ankunft hatte Mr. Teabing sie mit dem Hinweis begrüßt, dass er hin und wieder im Haus der Grahams nach dem Rechten sehe. Seitdem stattete er ihr fast täglich einen Besuch ab. Manchmal brachte er ihr Gemüse aus dem Garten oder Kuchen, den seine Nachbarin gebacken hatte. Manchmal begleitete er sie auf ihren Spaziergängen. Sie wurde das Gefühl nicht los, dass Julie den alten Seebären auf sie angesetzt hatte. Immerhin sprach er ihre Sprache und er war Seemann... Ha, ha. Das klang genau nach Julies Art von Humor.

„Was gibt es denn so ungeheuer Aufregendes, Mr. Teabing?“ rief Mac, als sie den hinteren Teil des Gartens betrat.

Mr. Teabing stand vor etwas, das aussah wie eine Art Schrank aus Metall, aus dessen vorderer Öffnung es gewaltig qualmte, als der alte Kapitän eine ca. einen Meter lange Metallstange herauszog, an der 6 ganze ausgenommene Fische baumelten... – und... zwei Schlangen?

„Die sind wirklich gut geworden,“ rief Teabing erfreut aus, als er die Fische von der Stange nahm und auf ein großes Holzbrett legte, welches auf dem Gartentisch lag.

Mac beäugte die Objekte seiner Freude etwas skeptisch und Teabing sah sie amüsiert an. Er nahm eine dieser Schlangen, schnitt sie in mehrere Teile und legte einen davon auf einen Teller, um ihn Mac geben.

Mac überlegte fieberhaft nach einer Möglichkeit, das Angebot abzulehnen. Irgendwie hatte sie etwas anderes im Sinn gehabt, als sie noch vor einigen Minuten überlegte, sich etwas zu essen zu besorgen.

„Nehmen Sie schon, meine Liebe. Der beißt nicht. Naja, jedenfalls nicht mehr.“ Mr. Teabing überlegte, weshalb die junge Frau so einen geschockten Gesichtsausdruck hatte. „Haben Sie denn noch nie geräucherten Aal gegessen? Das ist eine Delikatesse hier oben. Na los, probieren Sie.“ Mit diesen Worten drückte er Mac den Teller in die Hand und machte sich daran, sich selbst eine Portion auf einen Teller zu laden.

Mac starrte unschlüssig auf ihren Teller.

„Oh Lord, das ist mal wieder typisch für Euch Yanks. Keine Ahnung von gutem Essen. Es muss doch geräucherten Fisch bei Euch in den Kolonien geben, oder?“

„Ja, natürlich gibt es geräucherten Fisch.“ In dem Moment, in dem sie Worte ausgesprochen hatte, dämmerte es ihr und ihre Gesichtsfarbe färbte sich Rot.

„Oh, ich verstehe,“ grinste der alte Seemann wissend. „Sie haben das wohl für etwas anderes gehalten, hmm? Naja, der bessere Teil der Tapferkeit ist die Vorsicht, nicht wahr?“ Doch bevor Mac ein Wort herausbrachte, begann Mr. Teabing ihr aufgeregt über die Kunst des Räucherns zu erzählen.

Mac stöhnte innerlich. < Gaanz toll! Jetzt hält er mich endgültig für gestört. > Etwas geistesabwesend nahm sie einen Bissen von dem seltsamen Fisch. < Ich finde immer noch, dass er aussieht wie eine Schlange... Hmm, eigentlich gar nicht so übel... >

Ende Rückblende....

„Und da dachte ich, dass Ihr toughen Soldaten beim Überlebenstraining noch viel Schlimmeres essen müsst.“ Julie konnte sich kaum noch beherrschen.

„Nah,“ warf Anna ein. „Die haben doch immer ausreichend Rationen dabei. Denn wie man sieht, würden sie sonst verhungern.“

„Wenn Ihr meint,“ schnaubte Mac nun doch etwas beleidigt. „Ich verstehe nicht, weshalb Ihr wegen allem so zynisch sein müsst.“

„Also das trifft mich jetzt aber schwer,“ beklagte sich Julie. „Erstens sind wir keineswegs wegen allem und immer zynisch. Und selbst wenn, so sind Zyniker einfach nur Menschen, die die Dinge sehen, wie sie sind und nicht so, wie sie sein sollten.“

„Nehmen Sie es nicht so schwer, Mac. Jeder hat beim Essen so seine Vorlieben und Abneigungen,“ sagte Trish. „Wo waren Sie eigentlich im Urlaub?“

„In Deutschland. Es war wirklich toll. Zumal ich wirklich eine Pause von Washington brauchte.“

„Was haben Sie sich denn alles angesehen?“ fragte Frank interessiert.

„Zu Beginn war ich für einige Zeit an der Ostsee auf der Insel Usedom. Julies Eltern haben dort ein Ferienhaus und haben mich netterweise dort wohnen lassen. Es ist ein wirklich gemütliches kleines Fachwerkhaus mit Reetdach und man hat vom oberen Stockwerk einen wunderbaren Blick auf eine Bucht.“

„Das klingt wirklich traumhaft,“ sagte Trish.

„Ja, das war es auch. Ich bin viel am Strand gelaufen und habe Fahrradtouren gemacht, um mir die Gegend anzuschauen. Es war unheimlich erholsam. Und es war gar nicht so kalt und windig wie ich zunächst befürchtet hatte.“

„Das Wetter dort oben ist ziemlich unberechenbar. Da ist es sinnvoll, für alle Eventualitäten gewappnet zu sein,“ zuckte Julie mit den Schultern.

„Ich bin im Rahmen meiner Dienstreisen zwar schon häufig in Deutschland gewesen, aber leider war ich immer in Eile. An der Ostsee bin ich bisher leider nie gewesen,“ bemerkte Frank.

„Sie sollten sich unbedingt mal Zeit nehmen, sich die Gegend anzusehen,“ empfahl Anna. „Sie könnten sich einen Wagen mieten und an der Ostseeküste von Lübeck aus nach Osten fahren. Es gibt sowohl landschaftlich als auch kulturell wirklich viel zu sehen.“

„Und wenn Sie nach Usedom kommen sollten, dann wird es mir eine Freude sein, Ihnen unser Ferienhaus zur Verfügung zu stellen.“

„Vielen Dank, Julie. Ich werde sicher gegebenenfalls auf Ihr Angebot zurückkommen,“ bedankte sich Frank mit einem Lächeln.

„Oh, und ich habe auf Usedom einen unheimlich netten englischen Seemann kennengelernt, der dafür gesorgt hat, dass ich nicht verloren gehe.“ Dabei sah Mac Julie mit hochgezogener Augenbraue an, doch die tat so, als hätte sie den inquisitorischen Blick ihrer Freundin nicht bemerkt.

„Hast Du Dir sonst noch etwas angesehen?“ fragte Harm, der bisher auffallend schweigsam gewesen war. „Ich habe von Deutschland bisher nur Militärflughäfen und -krankenhäuser gesehen.“

„Ja, ich war in der Nähe von Frankfurt und habe Annas Mutter besucht,“ antwortete Mac mit einem schrägen Lächeln. „Ich hätte nie gedacht, dass Gartenarbeit so erholsam sein kann.“

Trish war etwas verwirrt. „Gartenarbeit?“

„Nun ja, wie Anna bereits erwähnt hat, hat ihre Mutter einen großen Garten. Sie öffnet ihn sogar während ein paar Tagen im Sommer für Besucher,“ erklärte Mac. „Und als ich sie besuchte, war eine Menge zu tun.“

„Meine Mutter hat die Erfahrung gemacht, dass Gartenarbeit eine gute Methode ist, einen klaren Kopf zu bekommen.“ Mit einem Grinsen fügte Anna hinzu: „Außerdem fand ich es eine niedliche Idee, mir einen Marine Colonel beim Gärtnern vorzustellen.“

Diese Bemerkung brachte ihr einen frustrierten Blick der Betroffenen und allgemeines Gelächter bei den übrigen ein.

„Hey, ich muss hier doch mal darauf hinweisen, dass Mrs. Lorenzen zufrieden mit meiner Arbeit war. Immerhin habe ich ein ganzes Staudenbeet angelegt,“ verteidigte sich Mac. „Im Übrigen würde ich schon gern später mal ein Haus mit Garten haben. Ich weiß nicht, aber Mrs. Lorenzen hat schon Recht, wenn sie sagt, dass die Arbeit etwas Meditatives hat.“

„Und nicht zu vergessen: Ein Tag Schuften im Garten und man hat definitiv keine Probleme mit dem Einschlafen. Einziger Nachteil: Am nächsten Tag spürt man jeden Knochen im Körper einzeln – auch die, von denen man zuvor nicht wusste, dass man sie hat,“ ergänzte Anna schmunzelnd.

„Haben Sie sich schon vorher mit Pflanzen und Gartengestaltung beschäftigt? Also ich finde es jedenfalls auch entspannend, wenn ich mal die Zeit finde, mich selbst um unseren Garten und die Pflanzen auf der Terrasse zu kümmern.“ Trish sah Mac erwartungsvoll an.

„Nein, leider hatte ich nie einen Garten...“ Julie wusste, dass es Mac unangenehm war, mit im Grunde wildfremden Menschen über ihre familiären Verhältnisse sprechen zu müssen und wollte gerade eingreifen, als Anna ihr aus den gleichen Gründen zuvor kam.

„Meine Mutter hat mir anlässlich unseres letzten Telefonates berichtet, dass viele der Besucher von dem Teil des englischen Gartens, den Mac angelegt hat, wirklich begeistert waren. Ich selbst habe zwar bisher nur Fotos gesehen, aber das hätte ein Profi auch nicht besser hinbekommen.“ Und mit einem Grinsen fügte sie hinzu. „Sollte Mac mal einen neuen Job brauchen, so würde meine Mutter wohl keine Sekunde zögern, sie als Gärtnerin einzustellen.“ Sie wandte sich direkt an Mac: „Und ich soll Dich daran erinnern, nächstes Jahr vorbeizukommen, damit Du Deine Arbeit in voller Schönheit bewundern kannst.“

Rückblende....

„Aber ich weiß doch gar nicht, wie man einen Garten anlegt!“ protestierte Mac und wischte sich ein paar Schweißperlen aus dem Gesicht.

Sie kniete neben einer kleinen asiatischen Frau mittleren Alters vor einer Rabatte. Beide pflanzten schon seit Stunden unzählige einjährige Sommerblumen in die entsprechenden Beete.

Mrs. Madeleine Lorenzen nahm eine weitere Pflanze aus dem großen Korb, der neben ihr stand, und fuhr fort, diese einzupflanzen. „Wieso, Du hast doch gesagt, dass Dir die englischen Gärten so gut gefallen, die Du in den Bildbänden gesehen hast. Also wäre es doch an der Zeit, dass Du es selbst ausprobierst. Ich gebe Dir ein Zimmer.“

„Ein Zimmer?“

Madeleine sah nun auf und sagte mit einer ausholenden Handbewegung: „Die gesamte Gartenfläche hier ist gewissermaßen eine Wohnung, in der es viele Zimmer gibt. Sie sind alle unterschiedlich eingerichtet, so dass sich ständig neue Ansichten und Perspektiven ergeben.“ Sie lächelte. „Ich gebe Dir ein Zimmer, das Du so einrichten kannst, wie es Dir gefällt.“

„Ich habe das aber noch nie gemacht.“

„Es ist ganz einfach. Vertraue Deiner Intuition.“ Mrs. Lorenzen hatte die letzte Pflanze für dieses Beet eingesetzt. Sie stand auf und klopfte sich mit den Händen den Schmutz von der Hose.

Mac stand ebenfalls auf und nahm den nun leeren Korb. „Intuition?“ Sie schnaubte in einer äußerst unfemininen Art und Weise. „Meine Intuition versagt immer, wenn es darauf ankommt.“

„Wir reden jetzt aber nicht mehr von Gartengestaltung, oder?“ fragte Annas Mutter mit einem wissenden Lächeln.

Mac sah zu Boden und sagte: „Nein, nur über mein chaotisches Leben.“

Madeleine hakte sich bei Mac ein und sagte: „Na, dann würde ich vorschlagen, dass wir zurück ins Haus gehen, den Zentner Erde abwaschen, der da an uns haftet und dann kannst Du mir bei einer Tasse Tee von Deinem chaotischen Leben erzählen, wenn Du möchtest.“

Eine Weile später saß Mac an dem großen Holztisch in der Küche und umklammerte krampfhaft ihre Teetasse.

Madeleine stellte eine Schale mit Teegebäck auf den Tisch und setzte sich ebenfalls. „Wenn Du noch etwas fester drückst, wird die Tasse zerbrechen,“ bemerkte sie schmunzelnd.

„Was? Oh, Entschuldigung!“ Mac lehnte sich mit einem Seufzen in ihrem Stuhl zurück. Schließlich sagte sie: „Was hat Anna Dir erzählt?“

Madeleine lächelte. „Sie hat lediglich gesagt, dass eine gute Freundin von ihr gerade eine harte Zeit durchmacht und dringend eine Auszeit braucht. Sie hat sehr wage angedeutet, dass es unter anderem gesundheitliche Gründe hat.“ Sie legte den Kopf schief und hielt einen Moment inne.

< Jetzt weiß ich, woher Anna das hat, > dachte sich Mac.

„Meiner Meinung nach ist es ein Mann,“ sagte Madeleine schließlich.

„Wie kommst Du darauf?“ fragte Mac mit einem schrägen Lächeln.

„Mal ehrlich, alle großen Probleme haben doch irgendwie mit Männern zu tun, oder?“

Das entlockte Mac dann doch ein Lachen. „Ja, das stimmt wohl.“ Sie atmete durch und begann ihr von den Ereignissen der letzten Zeit zu erzählen.

Ende Rückblende....



„Meinen Sie, dass ich die Fotos mal sehen könnte, Anna?“ fragte Trish begeistert.

„Sicher. Ich kann Ihnen gerne morgen ein paar Bilder per E-Mail schicken. Aber damit wir uns verstehen: Wenn jemand Mac einstellt, dann sind wir es.“ Anna setzte ihren strengsten Blick auf, konnte sich aber das Lachen kaum verkneifen.

Trish lachte und auch Frank schien überaus amüsiert.

„So wie es aussieht, wirst Du Mac ohnehin kaum in den Staaten halten können.“ Harms Tonfall war verdächtig neutral.

Während seine Eltern ob dieses Kommentars etwas verwirrt waren, runzelten Julie und Anna die Stirn. < Oh, oh... Das ist gar nicht gut. >

„Ich habe bisher nicht vor auszuwandern, Harm,“ sagte Mac erstaunt.

„Wieso eigentlich nicht? Wie ich höre, kannst Du in Europa einen guten Job bekommen. Mit den europäischen Polizisten scheinst Du auch hervorragend auszukommen. Was hält Dich noch hier?“

Mac war für einen Moment sprachlos und den anderen am Tisch erging es da auch nicht besser.

„Harm! Was ist bloß in Dich gefahren?“ Trish war entsetzt.

Mac hob die Hand und sagte: „Danke, Mrs. Burnett, aber das ist eine Sache, die Harm und ich unter uns ausmachen müssen.“ An Harm gewandt fuhr sie fort: „Weißt Du was, Harm? Vielleicht hast Du Recht. Wenn ich Washington verlasse, dann muss ich mich wenigstens nicht mehr damit auseinandersetzen, dass Du an einem Tag der beste Freund der Welt bist und mich am nächsten Tag für die Alicia des Tages versetzt.“

Während Frank offensichtlich ratlos, ob der Situation war, überlegte Julie fieberhaft, wie man die beiden verhinderten Liebenden besänftigen könnte.

Anna legte ihre Hand auf Macs Arm, um sie zu beruhigen, aber sie zog ihren Arm wütend beiseite und sah sie mit einem „damit-werd-ich-schon-selber-fertig“-Blick an. „Mac...,“ weiter kam Anna nicht, da Harm aufgebracht erwiderte: „Es ist jetzt also gänzlich meine Schuld? Ist es wirklich meine Schuld, dass Du alle wegstößt, die Dir nahe kommen? Du hast Dir außerdem nicht gerade ein Bein ausgerissen, um zu erfahren, was denn tatsächlich passiert ist.“

Trish warf Julie einen Blick zu, der eine Mischung aus Verwirrung und Besorgnis zeigte, doch Julie schüttelte nur leicht den Kopf, um zu signalisieren, dass es eine sehr schlechte Idee wäre, sich zwischen die Fronten zu begeben.

„Ach, und Du meinst, wenn es nicht Deine Schuld ist, bin ICH allein Schuld an allem?“ Mac stand auf und sah Harm verletzt an. „Vielleicht habe ich mir nur eine Seite aus dem Buch des großen Harmon Rabb Jr. geliehen, der ja immer alles besser weiß, auch wenn er sich dafür die Fakten zurecht biegen muss. Merkst Du eigentlich, wie wir uns gegenseitig zerstören?“ Ihr Gesichtsausdruck spiegelte ihre Enttäuschung wider.

Anna und Julie versuchten Mac zu beruhigen, aber sie hatte sich so in Rage geredet; alles, was in der letzten Zeit zwischen ihnen passiert war, kam wieder hoch. Sie dachte, sie wäre mit sich so im Reinen, dass sie in ihrer „Beziehung“ zu Harm nichts mehr erschüttern könnte. Aber sie musste sich heute doch eingestehen, dass dem wohl nicht so war.

Frank und Trish sahen sich nur verwundert an und konnten sich keinen Reim auf den Ausbruch von Harm und Mac machen. Trish sah die aussichtslosen Bemühungen von Anna und Julie und machte sich eine mentale Notiz, dass sie die beiden oder eine von beiden später nach dem Grund des Streites fragen würde.

„Wir waren die besten Freunde. Wir konnten über alles reden, wir haben uns gegenseitig zugehört, wir waren füreinander da. Was ist nur mit uns passiert? Ich habe Dir vertraut, aber das Vertrauen ist nicht mehr da.“ Sie machte eine ausladende Handbewegung. „Es tut jedes Mal mehr weh. Ich kann das nicht mehr und ich will auch nicht mehr.“ Sie sah Harm direkt ins Gesicht. „Es ist aus, Harm, verstehst Du, endgültig!“

Mac floh von der Terrasse und verschwand auf dem Weg, der von der Terrasse der Burnetts die Klippe hinunter führte. Auf ihrem Weg wischte sie sich eine vereinzelte Träne aus den Augen.


Harm sprang auf und wollte ihr folgen, doch Julie war ebenfalls aufgestanden und hatte seinen Unterarm in einem ehernen Griff. Sie schüttelte den Kopf.

„Ich gehe ihr nach,“ sagte Anna.

„Ähm, Anna...“

Anna folgte Julies Blick hin zu ihren eigenen Füßen. < Verdammt. > Mit den Schuhen würde sie sich auf dem Weg den Hals brechen.

„O.k. Julie, Du gehst ihr nach.“

„Ich komme auch mit,“ sagte Frank und wandte sich in Richtung Terrassentür. „Es ist fast dunkel. Ich gehe schnell eine Taschenlampe holen.“

„Das ist eine gute Idee,“ stimmte Anna zu.

Nachdem Frank mit einer Taschenlampe ausgestattet wieder auf die Terrasse trat, waren er und Julie auch schon auf dem Weg den Abhang hinunter.

„Würde mir bitte mal jemand erklären, was hier los ist?“ Trish sah von Anna zu ihrem Sohn.

„Es tut mir leid, Mom. Ich brauche einen Moment. Ich bin in meinem alten Zimmer,“ sagte Harm. „Aber ich bin sicher, dass Anna Dich gerne ins Bild setzen wird.“ Mit diesen Worten verschwand er ins Haus.

„Ich glaub's einfach nicht! Jetzt lässt er mich hier einfach stehen.“ Trish wurde zusehend ärgerlicher.

Sneaker hatte sich neben sein Frauchen gesetzt und schien besorgt zu sein. Anna streichelte ihm über den Kopf.

Trish öffnete die Tür ins Haus und sagte: „Lassen Sie uns hinein gehen. Ich mache uns einen Tee, während wir warten.“

Wenig später standen Trish und Anna in der Küche. „Nun gut. Anna, scheinbar sind Sie in der Lage, mir zu erklären, was hier gerade passiert ist.“

„Ich möchte gern warten, bis Julie zurück ist. Es ist wirklich einfacher, die Geschichte zu zweit zu erzählen. Obwohl ich ja sagen muss, dass es mir am liebsten wäre, wenn die beiden Betroffenen Ihnen selbst erzählen würden, was passiert ist.“

Trish schnaubte nur. „So wie ich meinen Sohn kenne, müsste ich ihm jedes Wort einzeln aus der Nase ziehen.“

„Nun gut,“ seufzte Anna. „Fürs erste soviel: In den letzten paar Monaten ist so einiges schief gelaufen zwischen den beiden.“ < Die Untertreibung des Jahres... > Sie runzelte die Stirn. „Naja, wenn ich es mir genau überlege, ist schon zuvor einiges falsch gelaufen. - In der letzten Zeit hat sich so manches ereignet, was in Kombination mit den „Sünden“ der Vergangenheit dazu geführt hat, dass die beiden kaum noch unbeaufsichtigt in einem Raum sein können, ohne sich an die Kehle zu springen. Mac hat sich über das vergangene Jahr hinweg so manches geleistet, was wir teilweise überhaupt nicht nachvollziehen können. Und Harm hat in der jüngeren Vergangenheit nach allen Regeln der Kunst Mist gebaut. Würzt man das dann mit dem scheinbar grundsätzlichen Unvermögen der beiden, miteinander zu kommunizieren, so resultiert das, wie heute Abend geschehen – in einer Katastrophe.“

Trish sah Anna an und sagte: „Man merkt, dass Sie Anwältin sind, meine Liebe. Sie haben jetzt eine Menge geredet, ohne viel zu sagen.“

„Ihnen entgeht wohl nichts, hm?“ Auf Trishs Kopfschütteln hin fuhr sie lächelnd fort: „Meiner Mutter kann ich auch nichts vormachen.“ Sie nahm einen Schluck Tee. „Ich möchte wirklich lieber warten, bis Julie und Mac wieder zurück sind.“ In diesem Moment klingelte ihr Mobiltelefon.

„Entschuldigen Sie bitte einen Moment,“ sagte sie an Trish gewandt, bevor sie den Anruf entgegen nahm.

„Hi Julie! Habt Ihr sie gefunden?“

„***“

Annas Gesichtsausdruck verfinsterte sich. „Oh. O.k. Kann sie gehen?“

„***“

„Gut. Wie lange werdet Ihr etwa brauchen?“

„***“

„Wir warten auf Euch.“

„***“

„Das sehe ich auch so. Bis gleich.“

Sie klappte ihr Telefon mit einem Stoßseufzer zu und sah Trish an: „Mrs. Burnett, ich brauche Ihre Hilfe.“

0705 ZULU (2305 UNIFORM)
34800 Bob Wilson Drive
Naval Medical Center San Diego, CA

Der Krankenhausflur war um diese Uhrzeit wie ausgestorben und die Neonröhren in der Decke verbreiteten ein fahles Licht. Eine der Röhren war wohl kurz davor, den Geist aufzugeben und flackerte, begleitet von einem rhythmischen Brummen.

Julie, Trish und Anna saßen angespannt auf unbequemen Plastikstühlen, die für wartende Angehörige aufgestellt worden waren. Sneaker saß zu Annas Füßen, die ihm geistesabwesend den Kopf kraulte. Er trug das Leibchen, welches ihn als Rettungshund auswies. Trotzdem hatte sich Anna mit dem Krankenhauspersonal einen ziemlichen Kampf geliefert, bevor diese schließlich nachgaben und ihr erlaubten, Sneaker mit in die Wartezone zu nehmen. < Dumme Schnepfe >, dachte sie. < Ich lasse meinen Hund doch nicht für Stunden im Auto. >

Etwa 30 Minuten zuvor waren sie mit Mac eingetroffen. Nun starrten sie alle auf die Tür, hinter der die Ärztin mit ihr verschwunden war. Julie und Anna hatten sich um die Formalitäten gekümmert und nun hieß es warten.

Anna hatte bei ihrer Ankunft noch gequalmt vor Ärger, doch jetzt rieb sie sich nur müde die Augen und auch bei den beiden anderen war die zunehmende Müdigkeit sichtbar. Sie richtete sich im Stuhl auf. „Julie, da wir, so wie es aussieht, eine ganze Weile warten müssen, wäre jetzt ein ganz guter Zeitpunkt zu erzählen, was überhaupt passiert ist.“

Julie streckte ihre Beine aus. „Eigentlich gibt es da nicht viel zu erzählen. Frank und ich haben Mac am Strand gefunden. Sie ist ein ganzes Stück weit gerannt. Sie hat im Sand gekauert und geweint. Und die ganze physische und psychische Anstrengung hat wohl die Krämpfe ausgelöst...“

„Oh, Mann. Es kommt aber auch alles zusammen.“ Anna schüttelte den Kopf.

Trish war, seit sie im Krankenhaus angekommen waren, auffällig ruhig gewesen.



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RE: VS 10x08 - Machtspiel von fa sai und Elke

#7 von Petra-Andreas , 13.05.2007 01:04

Anna sah sie von der Seite an und sagte: „Was möchten Sie wissen, Mrs. Burnett?“

„Bitte nennen Sie mich Trish!“ Anna und Julie nickten bestätigend bevor Anna fortfuhr: „Was möchten Sie wissen, Trish? Wir sind bereit Ihnen so viel zu erzählen, wie es möglich ist, ohne Macs Vertrauen zu missbrauchen.“

„Ich weiß ehrlich gesagt nicht, wo ich anfangen soll.“

„Glauben Sie mir...,“ sagte Julie mit einem Seufzen, „...das Gefühl kennen wir.“

Anna rutschte auf ihrem Stuhl herum und versuchte erfolglos eine halbwegs bequeme Sitzposition zu finden. Schließlich gab sie es auf. „O.k.“ Sie holte tief Luft. „Was wissen Sie über Mac und Harm?“

Trish lachte nur humorlos. „Gar nichts. Mal abgesehen davon, dass sie beiden Kollegen und - wie mein Sohn immer betonte - 'gute Freunde' sind. Sie haben sich mehrfach auf Missionen gegenseitig das Leben gerettet – wahrscheinlich häufiger als ich es wissen will. Mac hat Harm so sehr bei der Suche nach seinem Vater geholfen, dass ich ihr dafür ewig dankbar sein werde.“ Sie holte tief Luft. „Ich hatte immer das Gefühl, dass da mehr wäre. Jetzt bin ich mir aber nicht mehr so sicher. Aus Harm bekomme ich jedenfalls nichts heraus.“ Man konnte ihre Frustration deutlich hören.

< Willkommen im Club! > dachte Anna nur.

„Da Sie Harms Mutter sind und wir jede Hilfe brauchen können, werden wir Ihnen in der Super-Kurzfassung berichten, was in der letzten Zeit vorgefallen ist.“ Julie schüttelte den Kopf. „Vielleicht haben Sie ja eine Idee, was da zu machen ist.“

„Ich bin ganz Ohr.“


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0805 ZULU (0005 Uniform)

„...Das wäre also die Zusammenfassung. - So ganz grob,“ schloss Julie.

„Ich bin mir nicht ganz sicher, ob ich lachen oder heulen soll.“ Zu sagen, dass Trish erstaunt war, wäre die Untertreibung des Jahres gewesen.

„Glauben Sie mir, Trish, so geht es uns jeden Tag,“ sagte Julie mitfühlend.

„Oh ja, ich habe regelmäßig das Gefühl, dass ich entweder im Kindergarten oder in der Twilight Zone gelandet bin,“ brummte Anna.

Trish räusperte sich. „Nun gut. Was wird nun passieren?“

Anna lachte nur. „Oh, eines wird ganz sicher passieren. Sie kennen Ihren Sohn besser als ich, aber ich glaube, es ist so sicher wie das Amen in der Kirche, dass Harm ziemlich sauer sein wird, dass wir ihn vorhin ausmanövriert haben.“

Trish grinste. „Das mag ja so sein. Aber ich bin immerhin seine Mutter. Ich bin die einzige außer seinen Vorgesetzten, die ihm Befehle erteilen kann.“

„Sie sollten wissen, dass wir in unserer Verzweiflung bereits Harriet Sims um Hilfe gebeten haben. Wir sind für jeden Rat dankbar,“ bemerkte Julie.

„Es wird eine Weile dauern, den Schaden zu beheben,“ mutmaßte Trish. „Wenn man bedenkt, was Sie mir gerade erzählt haben und wenn ich mal davon ausgehe, dass in der älteren Vergangenheit noch mehr Leichen begraben sind, dann brauchen wir einen verdammt guten Plan.“

„Yep,“ stimmte Julie nickend zu. „Genau genommen brauchen wir zwei Pläne. Einen langfristigen, um die beiden nachhaltig zur Vernunft zu bringen, damit wir alle vielleicht doch noch bei einer Hochzeit weinen können.“ Annas Gelächter ignorierend fuhr sie fort: „Und einen kurzfristigen Plan, damit wir ab morgen...“ Sie sah auf ihre Uhr. „...ähm, ich korrigiere, ab heute wieder halbwegs zusammenarbeiten können, ohne dass sich die Szene von gestern Abend wiederholt. Wir können bei der Arbeitsverteilung nicht permanent auf dieses Pulverfass Rücksicht nehmen.“

„Wir wollen keinesfalls Macs oder Harms Professionalität in Frage stellen, aber selbst wenn die beiden sich zusammenreißen, wird es Reibungsverluste in der Zusammenarbeit geben und das kann fatal sein.“ Sie fuhr sich mit einer Hand durch die Haare. „Ich möchte Ihnen wirklich keine Angst machen, aber Sie haben ja bestimmt von dem Fall gehört, an dem wir gerade arbeiten?“ Auf Trishs Nicken hin fuhr Anna fort: „Es ist wirklich wichtig, dass die beiden nicht abgelenkt sind. Beide haben die schlechte Angewohnheit, Fehler zu machen, wenn ihre Emotionen ihr Urteilsvermögen beeinflussen. Wir können uns das momentan absolut nicht leisten.“

„Ich verstehe.“

„Also, was machen wir?“ fragte Julie.

Trish spielte nervös mit dem Riemen ihrer Handtasche.„Ich hätte noch eine Frage...“

„Schießen Sie los, Trish,“ ermutigte sie Julie.

„Warum machen Sie das alles?“ Auf Annas hochgezogene Augenbraue hin verbesserte sie sich schnell. „O.k., das klang anders als ich es eigentlich meinte.“ Sie atmete durch. „Ich meine, warum nehmen Sie das alles auf sich? Sie könnten ja auch einfach am Rande stehen und der Sache ihren Lauf lassen.“

Anna antwortete mit einem schiefen Lächeln: „Offen gesagt, die Frage stelle ich mir, seit wir hier angekommen sind... Aber eigentlich ist die Antwort ganz einfach. Zum einen ist Mac eine gute Freundin und es gehört zum Job von guten Freunden...“ Sie deutete auf sich und Julie. „... dem anderen auszuhelfen, wenn es Probleme gibt. Zum anderen ist es, was mich betrifft, so, dass ich zwar aus tiefstem Herzen ein Zyniker bin, aber manchmal mein romantisches Alter-Ego zum Vorschein kommt.“

„Ich hatte bisher nicht den Eindruck, dass Sie eine Zynikerin sind, Anna,“ lächelte Trish.

„Nun, kein Zyniker zu sein ist in heutigen Zeiten nahezu lebensgefährlich,“ grinste sie. „Aber Julie ist aus vollem Herzen Romantikerin...“

Julie zog die Augenbrauen hoch und schüttelte den Kopf. „Aber sicher doch.“

„Ich mache Ihnen einen Vorschlag: Während Sie beide sich um den kurzfristigen Plan kümmern, mache ich mir Gedanken um die langfristige Strategie. Ach, ich freue mich schon. Da man im Alter vor allem die Sünden bereut, die man nicht begangen hat, ist das eine gute Gelegenheit, mal an einer richtig schönen Verschwörung teilzunehmen. Was halten Sie von meinem Vorschlag?“

„Gut, Trish. Dann informieren wir Harriet und Jen, dass Sie an Bord sind.“ Julie sah zum ersten Mal in dieser Nacht zufrieden aus.

In diesem Moment öffnete sich die Tür zum Behandlungsraum. Mac stand auf der Schwelle und sah fürchterlich aus. Sie hatte dunkle Ringe unter den Augen und sah insgesamt total erschöpft aus.

Die drei Frauen sprangen von ihren Stühlen auf und fragte fast gleichzeitig: „Was hat die Ärztin gesagt?“

tb


Liebe Grüsse Petra

Kalorien sind kleine Tierchen, die nachts die Kleidung enger nähen.

 
Petra-Andreas
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